Filmhaus Hasnerstraße - Filmkultur in Ottakring



In Österreich am 10. Juli 1998 neu angelaufene Kinofilme


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IHRE MAJESTÄT: MRS. BROWN (HER MAJESTY, MRS. BROWN)

GB / USA 1997. 10 Min.
Regie: John Madden, Buch: Jeremy Brock, Musik: Stephen Warbeck, Kamera: Richard Greatrex, Schnitt: Robin Sales, Darsteller: Judi Dench (Queen Victoria), Bill Connolly (John Brown), Geoffrey Palmer (Sir Henry Ponsonby), Antony Sher (Disraeli), Gerard Butler (Archie Brown), Richard Pasco (Doktor Jenner)
Kinostart: 10/7/1998

Großbritannien 1864: Königin Victoria fällt nach dem Tod ihres geliebten Gatten Albert in eine tiefe Depression und ist im Käfig kalter Hofrituale gefangen. Schon bald wird aus der einst populären Königin die "Witwe von Windsor", eine geheimnisvolle, einsame Gestalt. Niemand kann ihre Depression verscheuchen - bis eines Tages ein äußerst ungewöhnlicher Mann die Szenerie betritt: der schottische Jagdaufseher John Brown. Zwischen dem ungleichen Paar entwickelt sich eine innige, aber hoffnungslose Beziehung.
Die historisch verbürgte Hofgeschichte eines Hof-Skandals wird von der britischen Darstellerin Judi Dench getragen, die für ihre Rolle eine Oscar- und Golden Globe-Nominierung erhielt. Eine spannende und berührende Liebesgeschichte. (film.de)

Als sich nach dem Tod ihres Mannes die englische Königin Victoria von ihrer Umwelt abkapselt, wird ein schottischer Jagdhüter abkommandiert, um sie aus ihrer Lethargie zu reißen. Dem schlichten Naturburschen gelingt das Unmögliche, doch bald kursieren Gerüchte um eine nicht standesgemaße Liebesbeziehung, so daß sich der Vertraute aus Gründen der Staatsräson zurückzieht. Ein stimmungsvoll gezeichnetes Zeit- und Sittengemälde des 19. Jahrhunderts, bestechend durch hervorragende Ausstattung und gute Darsteller. Durch den Mut zur inszenatorischen Langsamkeit wird der Geist der viktorianischen Epoche beschworen, dem Zuschauer aber auch Geduld abverlangt.
Großbritannien im Jahre 1864: Königin Victoria trauert immer noch um den Verlust ihres Ehemannes Albert, der vor drei Jahren starb. Die Mittvierzigerin ist innerlich völlig erstarrt. Unfähig zu jeglicher Aktivität, hat sie sich ganz aus der Öffentlichkeit und den Regierungsgeschäften zurückgezogen. Aus der einst so populären Herrscherin ist die Witwe von Windsor geworden, deren treue Untertanen sich als Gefangene ihrer Trauer empfinden. Um ihren Sinn aufzuhellen, holt man auf Geheiß von Victorias Privatsekretär Sir Henry Ponsonby den einfachen schottischen Jagdaufseher John Brown auf die Isle of Wight. Der loyale Diener erinnert Victoria an glücklichere Tage mit Albert auf dem schottischen Feriensitz Balmoral und soll ihre Majestät zu Ausritten bewegen. Browns schottisches Temperament, seine männliche Stärke und Respektlosigkeit unterscheiden ihn wohltuend von den Höflingen und vermögen nach und nach den Trauerkokon der Königin zu durchbrechen. Er versteht ihre Tränen und läßt sich in seinen Reaktionen selbst von seinen Gefühlen leiten, anstatt sich den Floskeln der Hofetikette anzupassen. So spricht er die Königin völlig unstandesgemäß mit "Woman" an. Starrköpfig wartet er jeden Morgen mit ihrem gesatteltem Highland-Pony unter ihrem Fenster, bis Victoria den Schritt aus den düsteren Mauern in die heilsame Natur vollzieht. Auf den gemeinsamen Ritten um Balmoral entwickelt sich eine tiefe Beziehung zwischen beiden, die von Vertrauen, Zuneigung und Verständnis getragen wird. Aber der gesellschaftliche Unterschied ist unüberwindbar; Hof und Nation sind angesichts dieser Mesalliance bestürzt; man munkelt von geheimer Trauung und vom Abstieg ihrer Majestät zur einfachen "Mrs. Brown". Die Politiker fürchten überdies den Einfluß des Schotten auf die Königin, der sich immer mehr in die Zwangsvorstellung hineinsteigert, daß nur er Victoria beschützen kann. Aus Angst um ihr Wohlergehen übertreibt dieser Bodyguard des 19. Jahrhunderts seine Sicherheitsvorkehrungen und versucht, Victoria komplett von der Außenwelt abzuschirmen, auch vor ihrem Sohn Albert, dem Prinzen of Wales, den er sich mit respektlosen Äußerungen zum Feind macht. Erst der Premierminister und kluge Machtpolitiker Benjamin Disraeli kann sich Browns Hilfe versichern: aus Gründen der Staatsräson müsse die Königin ins öffentliche Leben zurückkehren, und alle Gerüchte um eine unstandesgemäße Affäre müßten verstummen. Für Victoria kommt dies einem Verrat an der Freundschaft gleich. Browns selbstloses Handeln zum Wohle ihres Volkes wird ihr erst an seinem Totenbett bewußt.
Der erfahrene Fernseh- und Theaterregisseur John Madden hat sich einer authentischen Geschichte angenommen. An exquisiten Schauplätzen und mit einer trotz geringer Geldmittel hervorragenden Ausstattung zeichnet er ein stimmiges Porträt des Zeitalters, das nach seiner 64 Jahre lang regierenden Herrscherin benannt ist. Der ruhige und sehr behutsame Erzählrhythmus setzt sich mutig von anderen "Period Pictures" (Historienfilmen) ab und versucht, sich dem Lebens- und Zeitgefühl der Epoche anzunähern und sich, soweit es dem Medium Film überhaupt möglich ist, auch auf ihre Langsamkeit und Rituale einzulassen.Vom Zuschauer verlangt dies eine mitunter viktorianische Geduld. Die hervorragende Judi Dench als Victoria, eigentlich ein wenig zu alt für die Rolle, macht sowohl die trauende Witwe als auch die wiedererwachende Mädchenhaftigkeit ihrer Figur glaubhaft. Sie stattet die Königin mit einer altmodisch anmutenden Körperlichkeit aus, wie sie nicht krasser mit ihrer Rolle als Chefin von 007 James Bond in den letzten Abenteuern des britischen Geheimagenten kontrastiert werden könnte. Selbst ihre stocksteife, gerade Körperhaltung spricht von nichts anderem als von ihren Seelenqualen. An ihrer Seite verkörpert der schottische Komiker Billy Conolly als Brown den Naturburschen par excellence mit kräftiger Statur, kantigem Gesicht und wildem Bart. Im Zusammenspiel der beiden lassen minimalste Körperregungen stärkste Gefühle erfahrbar werden, wenn etwa Victoria Brown die Hand küßt, als er ihr nach einer gegen ihn gerichteten Intrige freiwillig seine Demission anbietet. Ihre gemeinsame Welt ist die freie Natur, die Madden psychologisch auflädt, wenn er die Königin als schwarze Gestalt auf einem Schimmel durch einen wunderbar herbstlich gefärbten Wald reiten läßt. Auch wenn aktuelle Anspielungen zur Lage der britischen Royals nicht zu übersehen sind - wie Paparrazzi, die der Königin auflauern - , steht Maddens Film nicht im Verdacht, von den aktuellen Schlagzeilen um die Königsfamilie profitieren zu wollen. Denn nichts liegt ihm ferner als ein voyeuristischer Blick durchs Schlafzimmerfenster. (Ursula Vossen, film-dienst)

Weitere Kritiken der IMDb, offizielle Site: http://www.ecossefilms.com/intro.html








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