Filmhaus Hasnerstraße - Filmkultur in Ottakring



In Österreich am 23. Oktober 1998 neu angelaufene Kinofilme


Zur Homepage         Zur Gesamtübersicht         Zur Monatsübersicht

SLIDIN’ - ALLES BUNT UND WUNDERBAR

A 1996. 92 Min.
Regie: Barbara Albert (TAGADA), Reinhard Jud (ASI LU), Michael Grimm (CRASH), Buch: Barbara Albert, Reinhard Jud, Michael Grimm, Kamera: Wolfgang Lehner, Schnitt: Karina Ressler, Darsteller: TAGADA: Maria Kastner (Petra), Sandra Maria Schöner (Manu), Michael Hochmair (Andi), Georg Friedrich (Mike), Special Appearance: Barbara Demmer, Nina Proll; ASI LU: Martina Pöltl (Billie), Gerd Lukas Storzer (Chris), Doris Hick (Romana), Martina Schwabenitzky (Maja), Christoph Theussl (Ronnie), Ronnie Stemper (Paul), Stefan Wassmann (Norbert), Thomas Dirnhofer (Tommi), Special Appearance: Nicole Ansari, Milan Simic; CRASH: Markus Zeindlinger (Alex), Martin Music (Tschako), Harald Schmid (M.C.), Hermann Redlingshofer (Robbie), Eva Mayer (Michi), Laura Weiss (Iris), Thomas Dirnhofer (Tommi), Swantje Wascher (Nadja), Martin Schöndeling (Heli), Elke Gschwindl (Susi), Tom Hanslmaie (Joe), Erich Knoth (Pepi)
Kinostart: 23/10/1998

Jugendliche treiben durch die Nacht und machen neben oberflächlichen Bekanntschaften auch einige elementare Erfahrungen. Sie überschreiten Grenzen.

tagada
Petra und Nicole leben in ihrer bunten und grellen Welt. Sie streunen herum, schnorren und reißen Burschen auf. Als sie mit einem fremden Mann mitgehen, entsteht eine Kluft zwischen den beiden. Unabhängig voneinander versuchen sie, ihren Idealen nachzulaufen. Schließlich landen sie wieder beieinander.

asi lu
Nachtleben, Sex, Amphetamine und Kleiderfetischismus. Aber auch Frustration und das Gefühl von Beengtheit. Billie erlebt in ihrer Umgebung zu viele leere Vorgaben. Am Ende macht sie ernst aus den Dingen, die von anderen nur als Nervenkitzel benutzt werden.

crash
Unterwegs zu einem Rave versacken junge Leute auf der Landstraße. Der Zufall verschlägt sie in ein für sie fremdes Milieu. Unvermittelte Ereignisse heizen die Stimmung an. Aggressionen platzen aus dem scheinbaren Nichts heraus. Zurück bleiben Erinnerungen und das Gefühl, etwas erlebt zu haben.

Barbara Albert, Michael Grimm und Reinhard Jud im Gespräch mit dem Produzenten Franz Novotny
Franz Novotny: Eure Geschichten handeln mehr oder weniger von Sex. Was war euch daran so wichtig?
Reinhard Jud: Billie fühlt sich eingeengt von den ganzen partnerschaftlichen Ritualen und wählt sich dann auf ihre Art die Männer. Es ist immer schön, Menschen zu zeigen, die sich selbst bestimmen, und es ist noch viel schöner, daß das einmal nichts mit irgendeiner Sehnsucht zu tun hat. Wollen, aber nicht können, oder zu feige sein dafür.
Franz Novotny: In den Previews kam sehr deutlich rüber, daß diese Figur verstanden wurde und daß das nicht ein "niederer" Zug dieser Frau ist, sich so zu verhalten.
Reinhard Jud: Sie greift eben danach. Das kommt aus dem Moment heraus. Das ist in ihrem Körper drinnen, und sie macht es einfach. Sie macht es mit zwei Männern und hinterher mit einem dritten, wo auch Liebe dabei ist. Das funktioniert dann plötzlich, weil sie eine Schwelle überschritten hat. Und danach ist sie kein gefallenes Mädchen, sondern rein geblieben.
Franz Novotny: Wunderbar. Eine Frage an Barbara Albert: ist dir daraus ein Männerstandpunkt ablesbar, oder ist das auch für eine Frau nachvollziehbar?
Barbara Albert: Für mich wirkt sie dabei nicht so selbstbewußt. Sie begibt sich manchmal in heikle Situationen, und sie spielt auch das Mäuschen vor Männern.
Franz Novotny: Barbara, deine Heldin Petra spielt eine Frau, ist aber ein Mäuschen, und das ist ihr Problem, nehme ich an.
Barbara Albert: Nein, das finde ich nicht. Okay, natürlich ist sie unsicher, und natürlich will sie in Wahrheit schon auch von Männern angeschaut werden. Sie will einfach Zuneigung und daraus resultierend in irgendeiner Form auch Sex. Wenn man noch nie mit einem Mann geschlafen hat, weiß man noch nicht genau, was man will.
Franz Novotny: Sie hat ihr erstes Erlebnis.
Barbara Albert: Ja, aber mit 14 würdest du es nie so betrachten, weil du dir darunter noch nicht das vorstellst, was du später darüber weißt. Petra will das Ganze sicher romantischer, als sie es bekommt. Wie später in der Vespaszene, wo ihre Freundin Nicole mit Andi herumfährt und alles sehr romantisch ist. So etwas würde sie vielleicht lieber wollen, als in einem Hinterzimmer von einer Boutique im Vorbeigehen entjungfert zu werden. Das ist für mich auch das Thema vom Film. Petra will es wissen und geht einen Schritt zu weit.
Franz Novotny: Bei Michael kommen seine Helden ja irgendwie nie zum Schuß, und wenn ich das richtig verstanden habe, ersetzen sie das mit Sprüchen, Aggression und durch schnelle Autos.
Michael Grimm: Es geht sehr stark um den ersten Sex. Das ist in der Figur vom Alex angelegt, bei dem man davon ausgehen kann, daß er noch nie mit einem Mädchen geschlafen hat, wo hingegen M.C. Mädchenschwarm ist und Mädchen kriegt, ohne daß da wirklich viel Arbeit dahinter steckt.
Franz Novotny: Was sind die grundsätzlichen Unterschiede von Land zu Stadt?
Michael Grimm: Der gesellschaftliche Druck am Land ist weit stärker als in der Stadt, der Katholizismus greift tiefer, und die Leute sind viel stärker den Launen der Natur und der Enge - samt Kontrolle ausgesetzt. Davon sind sie geprägt. Sie flüchten in die Stadt und verändern sich. So eine Figur ist Susi, die Kellnerin im Landespresso.
Barbara Albert: Mir gefällt es, daß alle Figuren in allen Geschichten etwas positives finden. Selbst am Ende, als sich Pepi umbringt, bleiben sie mit dem Gefühl zurück, daß alles weitergeht. Das gilt auch für Petra und Nicole, genauso wie für Billie. Sie haben alle nichts Verzweifeltes. Obwohl es so aussieht, daß sie sich treiben lassen und nicht wissen, was sie wollen, geht es immer wieder darum, sich ungebrochen auf das Leben einzulassen.
Franz Novotny: Es ist keine verlogene Fernsehware geworden. Es tritt kein Kommissar auf, um irgendeinen Scheißdreck aufzuklären, der keinen interessiert. Es ist echt. Die Leute spielen überzeugend, und man glaubt es ihnen auch.

Maria Kastner, 16 (Petra): Was "Power" anbelangt ist mir Petra sehr ähnlich. Ich will auch nicht alleine zu Hause herumsitzen, sondern lieber weggehen. Sie ist eine "G´schichtldruckerin", die ich früher wahrscheinlich auch war. Ich finde das Drehbuch ziemlich realitätsnah. Wenn Sätze oder Ausdrücke vorkamen, die ich so nie sagen würde, habe ich das mit Barbara Albert besprochen. So haben wir "Zopferl" statt "Schwanzerl" reingenommen oder "Wimmerl" statt "Pickel" verwendet. Ich habe schon einmal in einem Jugendfilm mitgespielt. Da mußte ich Dinge sagen, die ich komisch und verkrampft fand.
Martina Pöltl, 23 (Billie): Billie ist eine selbständige junge Frau, die genau weiß, was sie will und was nicht. Sie hat ihre coolness, ist aber auch unsicher, was Beziehungen betrifft. Sie will sich nicht öffnen, davor hat sie zuviel Angst. Billie ist sehr schnelllebig, das ist typisch für unsere Zeit. Sie hat Spaß und genießt ihr Leben. Ich habe noch keinen österreichischen Film gesehen, der ausschließlich in der Jugendszene spielt. Das finde ich toll und es ist einmal was neues. Es hat mich total fasziniert, daß die gesamte Filmcrew aus jungen Leuten bestanden hat.
Martin Music, 21 (Tschako): Da ich kein Schauspieler bin, war es anfangs ein bißchen schwierig eine gewisse Hemmschwelle zu übertreten. Um mich in Tschako besser einfühlen zu können, mußte ich auf persönliche Erlebnisse zurückgreifen. Es gab eine gewisse Zeit, da war ich Tschako, eine Zeit, die nicht gerade von Happiness gezeichnet war. Das war in erster Linie exzessiver Drogenkonsum. Insofern war es schwierig, in diese Zeit zurückzugehen. Der Dreh war sehr real. Ich besitze selbst ein Auto und kenne die Stimmung ganz gut, wenn man mit Freunden zu Festen fährt. Wenn das Szenario nicht stimmig gewesen wäre, hätte ich Tschako auch nicht spielen können.
Markus Zeindunger, 24 (Alex): Ich finde die Stimmung des Film extrem heutig. Junge Leute gehen anders miteinander um als Erwachsene. Da werden Energien und Gefühlstemperaturen frei, ob die nun warm oder kalt sind. Die Banden sind lose und es gibt keine Verbindlichkeiten. Ich gehe nicht auf Raves, und es war schon spektakulär einen solchen hautnah mitzuerleben. Jetzt ist ein Rave kein nebulöses Ding mehr für mich. In diesem Sinne hat es mich einer mir vorher unbekannten Jungendszene nähergebracht und meine Aktzeptanz ihr gegenüber ist sicher gewachsen.
Mitreißendes Generationsporträt im amerikanischen Independent-Stil, das auf überoriginelle Gags und technische Effektspielereien verzichten kann. Simpel gedreht, sensationell gespielt - ein Movie, in dem sich nicht nur raver wiederfinden. (City)

Alle Texte: Filmcasino

Episodenfilm, dessen drei Kapitel ("Tagada", "Asi Lu", "Crash") lediglich gemeinsam ist, daß sie alle von Wolfgang Lehner fotografiert wurden und es so manch junges, interessantes Gesicht zu entdecken gibt. Allen Einwendungen zum Trotz ist "Slidin´" der weitaus überzeugendste heimische Spielfim, der noch bis Jahresende herauskommt. (Michael Omasta, FALTER)

Gerade noch im Premierenprogramm der Viennale, nun schon regulär in einem Kino in Ihrer Nähe: Slidin' - Alles bunt und wunderbar, ein neuer Film aus Österreich, versucht, zwei oder drei Dinge, die das heimische Kino seit langem behindern, zu ändern. Da ist zunächst die Sache mit der Wirklichkeit: Wie realistisch kann man sein im Kino? Nie genug, muß die Antwort heißen, und den Herstellern von Slidin' ist das glücklicherweise klar. Ihre asymptotische Annäherung an die Wirklichkeit des adoleszenten Lebens in Wien ist um Sachlich- und Umstandslosigkeit bemüht - und stellt nebenbei ein paar junge Mimen vor, die das Eintrittsgeld allein schon wert sind.
Inszeniert wurde Slidin' von Barbara Albert, Reinhard Jud und Michael Grimm: ein Episodenfilm, dessen Geschichten aber nicht streng voneinander getrennt laufen, sondern (schon in der farbintensiven Kameraarbeit Wolfgang Lehners) ineinander verfließen - in einer nächtlichen Ausfahrt durch Wien (und über Wien hinaus), in Zwischenstops bei den Kids am Karlsplatz, in Discotheken und an einer heruntergekommenen Raststätte, wo der geplante Spaß einer freien Nacht schnell gegen Null verflacht. Anti-Idyllen aus Österreich: Slidin', soviel dürfte feststehen, ist der künstlerisch spannendste Film dieser Woche. (Stefan Grissemann, DIE PRESSE, 22/10/1998)

Warten auf das Große Irgendwas. "Slidin'" - Untertitel: "Alles bunt und wunderbar" - ist ein neuer Film aus Österreich. Er sieht anders aus als das, was man hierzulande üblicherweise unter Erzählkino versteht. Gut so.
Die blaue, kalte Stadt liegt vor einem, gleich in der ersten Einstellung. Man taucht ab, in die Passage, U-Bahn-Station Karlsplatz, begleitet nur von langsamer elektronischer Musik und einer Kamera, die bereit ist, auf alles zu reagieren, dabei zu sein, wenn die Dinge passieren, um die es in Slidin' geht. Zwei Mädchen, die Heldinnen der ersten Filmepisode, treffen jemanden, den sie kennen. Es folgt, was folgen muß, weil es in diesem Film nicht um das Besondere, sondern - ganz dezidiert - um das Alltägliche geht: Begrüßung, Plauderei, Verabschiedung, Weiterstreunen, Warten auf das Große Irgendwas. Die sprachlichen, textilen und körperlichen Codes stehen zunächst noch im Mittelpunkt von Slidin' - Alles bunt und wunderbar: Wie reden die Kids in Wien, Stand 1998, miteinander, wie kleiden sie sich, wie gehen sie miteinander um? Slidin' ist, wenn man will, auch eine Art ethnographischer Film.
Barbara Albert heißt die Regisseurin der ersten Episode, zwei weitere - inszeniert von Reinhard Jud und Michael Grimm - werden, wenig später, folgen. Slidin' ist kein teurer Film, und vermutlich ist diese gewisse erzählerische Wendigkeit, von der er so sehr profitiert, genau darauf zurückzuführen. Wenn man an der Sache schon nichts verdient, kann man ja wenigstens versuchen, sie richtig zu machen. Das Bemühen um Wahrheit im Umgang mit Schauplätzen, Worten und Gesichtern ist dem Film anzusehen: Er erzählt von nichts anderem als vom Leben in Wien, von schnellem, irgendwie lustlosem Sex, von der Stadt, durch die viele Wege an die immergleichen Orte führen - und von der Depression, die man gerade dann nicht wegkriegt, wenn man sich vornimmt, sie für wenigstens ein paar Stunden nicht mehr zu spüren.
Vor allem in Alberts Episode ist der liebende Blick zu spüren, mit dem sie die Welt ihrer Heldinnen (bemerkenswert: Maria Kastner, Cornelia Stastny) anschaut: wie die Mädchen in einem Nachtclub tanzen, ganz für sich; wie sie sich, heimlich fast, um die Liebe bemühen, die eigentlich irgendwie uncool ist; wie sie sich am Ende im Prater verlieren, im Rausch der Farben, im Blau und Rot und Purpur einer Vergnügungswelt, die zwar falsch ist, aber eben doch schöner als all die anderen verfügbaren Welten. Wovon man dermaßen detailliert erzählt, das muß man lieben.
Nicht alles an Slidin' ist makellos: Manche Motive wiederholen sich, ohne neue Informationen zu liefern, mancher Schauspieler scheint noch ein wenig ungeschliffen, und bisweilen verlieren sich auch die Filmemacher für lange Augenblicke in der schlichten Schönheit der Farben und der Sounds. Aber die vielgesichtige Musik Kim Pil Jungs und die farbgesättigte Kameraarbeit Wolfgang Lehners halten das Interesse an den Geschichten dieses Films am Leben.
Es zahlt sich aus: Die dritte Episode von Slidin', Michael Grimms Arbeit, wagt sich dann auf fremdes Terrain, raus aus Wien, für eine nächtliche Ausfahrt, die zuerst Spaß verspricht und dann doch nur Traurigkeit bereithält. Die Grundmotive des teen movies sind da: Man trinkt und fährt, warum auch nicht, man rast mit dem Auto um die Wette, man droht einander Prügel an, ohne Grund, auf irgendeiner trostlosen Raststätte, und man lernt, wie es ist, einander auf die Nerven zu gehen in einer wirklich schlechten Nacht.
Grimm gibt Slidin' ein unerwartetes Finale, ein gar nicht mehr modisches, sondern tatsächlich realistisches Bild vom provinziellen Dasein und vom Unglück, mit dem Leben nicht genug anfangen zu können. Gegen Ende gibt es da noch einen allzu dramatischen Moment, der nicht recht zur Wirklichkeitsnähe der Episode passen will, aber abgesehen davon funktioniert der proletarische Realismus Grimms, mit seiner stufenlosen Steigerung der Aggressionen, erstaunlich gut.
Vor kurzem erst demonstrierte ein heimischer Film namens Beastie Girl, wie weit man am Ziel vorbeischießen kann, wenn man sich mit der Jugendkultur und der Wirklichkeit anlegt. Slidin' ist dazu so etwas wie die Antithese, ausgehend von Larry Clarks Kids und, zuletzt, von Mirjam Ungers bemerkenswertem Kurzfilm Speakeasy. In Slidin' verliert man leicht die Orientierung, weil hier fast alles gleich viel wert ist. Das spricht für diesen Film: Anders als so läßt sich die Wirklichkeit der Kids in Wien nämlich nicht behandeln. (Stefan Grissemann, DIE PRESSE, 24/10/1998)

weitere Kritiken der IMDb

Zur Homepage         Zur Gesamtübersicht         Zur Monatsübersicht

DIE MASKE DES ZORRO (THE MASK OF ZORRO)

USA 1997. 132 Min.
Regie: Martin Campbell, Buch: John Eskow, Ted Elliott, Terry Russio, Musik: James Horner, Schnitt: Thom Noble, Darsteller: Antonio Banderas (Alejandro Murrietta), Anthony Hopkins (Don Diego de la Vega), Catherine Zeta-Jones (Elena), Stuart Wilson (Don Rafael Montero), Matt Letscher (Capt. Harrison Love)
Kinostart: 23/10/1998

Don Diego, nicht mehr der jüngste, vereint seine kleiner werdenden Kräfte mit dem jungen Alejandro, dem er die Kunst des Fechtens lernt. Für Zorro gibt es nur einen großen Gegner: Don Rafael: Der Mann, der die Frau seines Herzens tötete, seine geliebte Tochter stahl und ihn einsperrte. Nun ist er wieder da und Zorro junior führt die Klinge gegen ihn im Kampf für Ehre, Gerechtigkeit, Wahrheit und Liebe.
Mit absoluter Starbesetzung, produziert von Steven Spielberg und unter der Regie von Martin Campbell ("Goldeneye") ist "Die Maske des Zorro" eine bewußte Anspielung an die vergangenen Klassiker mit Douglas Fairbank und Alain Delon. Im Stil der Abenteuerfilme der 40er ahre kommen erneut große Gefühle, Spannung und peppige Dialoge über die Leinwand. (film.de)

Der mexikanische Adlige Don Diego de la Vega, der als maskierter Rächer Zorro zum Volkshelden geworden ist, wird nach seinem letzten Auftreten vom spanischen Gouverneur in den Kerker geworfen. 20 Jahre später kann er sich befreien und findet in dem Banditen Alejandro einen würdigen Nachfolger in der Zorro-Rolle, mit dessen Hilfe er seinen alten Widersacher zu Felde zieht. Unterhaltsamer Mantel-und Degenfilm, der die klassischen Muster des Genres wiederbelebt, wobei er von einem erstklassigen Darstellerensemble - allen voran Antonio Banderas als Idealbesetzung der Titelrolle - blendend unterstützt wird.

Mexiko, 1821. Die letzten Stunden der spanischen Herrschaft sind angebrochen. Obwohl die Truppen des mexikanischen Generals Santa Anta auf dem Vormarsch sind, hält der spanische Gouverneur Don Rafael Montero die Stellung und will noch willkürlich aus der Menge herausgegriffene Bauern erschießen lassen. Doch dies verhindert der legendäre Volksheld Zorro, der als Retter in höchster Not auftaucht und dem Gouverneur einen Strich durch die Rechnung macht. Mit Begeisterung verfolgen die Straßenjungen Joaquin und Alejandro die Heldentaten ihres Idols. Als Zorro, hinter dessen Maske sich der Edelmann Don Diego de la Vega versteckt, in sein Heim zu seiner Frau Esperanza und seiner kleinen Tochter Elena zurückkehrt, wird er von Monteros Soldaten gefangengenommen. Dabei wird Esperanza getötet, Elena vom Gouverneur nach Spanien verschleppt. Don Diego wandert ins Gefängnis. 20 Jahre später sind aus den Jungen Joaquin und Alejandro Murrietta, die den letzten Auftritt Zorros als Kinder miterlebt hatten, Straßenräuber geworden. Bei einem Hinterhalt wird Joaquin angeschossen und tötet sich selbst, um nicht in die Gefangenschaft des sadistischen Captains Harrison Love zu geraten; Alejandro kann fliehen. Seinen Weg kreuzt der gealterte Don Diego, der aus dem Gefängnis entkommen konnte. Er sieht eine neue Aufgabe vor sich, denn sein alter Rivale, der Ex-Gouverneur Montero, ist nach Mexiko zurückgekehrt, an seiner Seite die zu einer Schönheit herangewachsene Tochter Diegos, Elena. Diego wird Alejandros Lehrmeister, um ihn darauf vorzubereiten, die Rolle Zorros zu übernehmen. Gemeinsam vereiteln sie Monteros Plan, eine Goldmine auszubeuten, um mit dem Geld Kalifornien von Santa Ana abzukaufen. Elena kommt dem Geheimnis ihrer Herkunft auf die Spur und verliebt sich in Alejandro. Im großen Showdown bei der Goldmine gibt es einen Doppelkampf zwischen Don Diego und Montero auf der einen sowie Alejandro/Zorro und Captain Love auf der anderen Seite. Don Diego stirbt nach erfolgreich bestandenem Kampf und hinterläßt mit Alejandro und Elena ein glückliches Paar, das seine Tradition weiterführen wird.
Roberto Rodriguez war urspünglich als Regisseur für das Projekt angekündigt worden, realisiert hat es nun der durch Actionfilme wie "Goldeneye" (fd 31 697) bekannte Martin Campbell, der bisher kaum eine eigene Handschrift entwickelt hat. Schwer vorzustellen, wie die Verbindung von traditionellen Hollywoodmustern und modernem Actionkino bei Rodriguez ausgesehen hätte. Mehr als zwei Dutzend Filme um den maskierten Rächer hat es bisher gegeben, von denen allerdings nur die Filme mit Douglas Fairbanks ("Das Zeichen des Zorro", USA 1920) und mit Tyrone Power ("Im Zeichen des Zorro", USA 1940) das Genre der Mantel-und-Degenfilme um klassische Beispiele bereichert haben. Die meisten Zorro-Filme, ob die "Republic"-Serials der 30er und 40er Jahre oder die italienischen und spanischen Kopien der 50er und 60er Jahre, sind wenig bemerkenswert. Die starbesetzte Neuauflage "Zorro" (1974) von Italo-Western-Regisseur Ducio Tessari mit Alain Delon in der Titelrolle scheiterte kläglich. Campbell setzt nun ganz auf die bewährten klassischen Hollywoodmuster, und diese funktionieren erstaunlich gut. Sein Film ist pralles Abenteuerkino mit prachtvoller Ausstattung, eleganten Fechtszenen und der notwendigen Mischung aus Spannung, Humor und Herz, wobei durch die Doppelung der Zorro-Rolle ein besonderer Reiz entsteht. Der Film läßt sich ungewöhnlich viel Zeit, um die Beziehung zwischen Lehrmeister und Schüler zu entwickeln, so daß die Kampfszenen nicht in den Vordergrund treten. Alejandro erhält nicht nur Lektionen in den Kampftechniken mit dem Degen, sondern auch in vornehmem Benehmen und Charme. Antonio Banderas ist eine Idealbesetzung: Die Wandlung vom ungehobelten Banditen zum Edelmann verkörpert er überzeugend und verbindet dabei das Draufgängertum eines Douglas Fairbanks mit der augenzwinkernden Ironie eines Stewart Granger. Selbst Leonardo DiCaprio kann mit Mantel und Degen keine bessere Figur machen. Ein Husarenstück zu Pferde vollführt er nicht weniger gekonnt als das erotische Spiel mit Catherine -Jones als Elena, die ebenso heißblütig beim Flamenco wie treffsicher im Umgang mit dem Degen ist. Anthony Hopkins ist als gealterter Don Diego gewohnt überzeugend, die Nebenrollen sind typengerecht besetzt. Kurzum: Campbell ist ein Mantel-und-Degenfilm gelungen, der das Potential des Genres voll ausschöpft und junge Zuschauer ebenso unterhalten kann wie deren Eltern, bei denen er Erinnerungen an Kinoabenteuer der Jugendzeit heraufbeschwört. (Peter Hasenberg, film-dienst)

Die gebeutelte Bevölkerung von Mexiko liebt ihn, die Kinder verehren ihn, und die Frauen schwärmen für ihn - der Mann mit der schwarzen Maske, Zorro, ist wieder da. Don Diego de la Vega, besser bekannt unter dem Namen Zorro (Anthony Hopkins) kann nach zwanzig Jahren Gefängnis fliehen, um endlich den Tod seiner Frau zu rächen und seine geraubte Tochter Elena (Catherine Zeta Jones) aus den Fängen seines Erzfeindes Don Raphael Montero (Stuart Wilson) zu befreien. Doch der einst so gelenkige und waffenflinke Zorro ist in die Jahre gekommen. Er braucht einen Verbündeten: einen jungen Zorro! Er findet den Dieb und gesuchten Vagabunden Alejandro Murieta (Antonio Banderas) und lehrt ihn nach einigen Auseinandersetzungen nicht nur die Kunst des Fechtens und des Peitscheschwingens, nein, er feilt auch an seinem Aussehen und macht ihn gesellschaftsfähig. Somit ist der neue und frisch gestriegelte Zorro bereit, sich den bösen Machenschaften des Monteros zu stellen, den Rachefeldzug des alten Zorro zu unterstützen, den Tod seines eigenen Bruders zu rächen, hunderten Mexikanern das Leben zu retten und sich nebenbei in die Tochter des Ex-Zorros zu verlieben.
Klingt das nicht turbulent? Si senõr - und es macht einen Heidenspaß, eine solche Ideal-Besetzung (Banderas, Hopkins, Zeta-Jones) bei diesen Abenteuern zu begleiten. Regisseur Martin Campbell (GOLDENEYE) ist es gelungen, einen spritzigen, witzigen und auch temporeichen Abenteuerfilm zu schaffen, der alle Zutaten für einen Sommer-Blockbuster beinhaltet. Hier und da sind zwar die üblichen Filmklischees anzutreffen, doch werden diese durch die gute Regie und das konsequent durchgezogene Drehbuch wieder wett gemacht. Campell schafft es den Charakteren genügend Tiefe zu geben - keine Figur ist zu blaß oder wirkt zu dick aufgetragen. Hinzu kommen eine gehörige Portion Selbstironie sowie witzige Dialoge, die diesen Film so sympathisch machen. Schmunzelnd denkt man hier und da an die Zorro-Filme der 40er und 50er Jahre. Die Darsteller spielen mit sichtlichem Spaß ihre Rollen. In der Originalfassung ist Anthony Hopkins der britischste Mexikaner, den man je gesehen hat, und Banderas ist seit DESPERADO actionfilm-erprobt. Die Kamera (Phil Meheux) ist immer fest am geschehen und fängt mit Stil die teilweise hervorragenden Actionsequenzen ein. Der Schnitt von Thom Noble ist rasant und einfallsreich. Der Digitale Ton läßt hervorragend abgemischt so manchen Peitschenhieb neben dem Kinonachbarn einschlagen und selbst die zum x-ten mal von sich selbst kopierte Musik von James Horner stört nicht weiter und macht das Actionspektakel zu einem lohnenswerten Filmbesuch (aber statt Popcorn bitte feurige Nachos mit Käse-Dip). (dk, The Limited Edition ONLINE)

In der von effektgeladenen Monster- und Actionkrachern überladenen Filmindustrie fristet das gute alte Heldenabenteuer - wenn überhaupt - nur ein Schattendasein. Um so erfreulicher, wenn ein maskierter Reiter dem kränkelnden Genre wieder Leben einhaucht, indem er gekonnt die leicht angegrauten Tugenden wie Leidenschaft, Mut und Degenkämpfe hochhält und sie mit einer gehörigen Priese Selbstironie auffrischt.
In der Eröffnungsszene mischt Zorro eine öffentliche Hinrichtung auf und kann durch sein heldenhaftes Eingreifen die Herzen der Bevölkerung für sich gewinnen. Doch er zieht auch den Zorn des fiesen Gouverneurs Don Rafael auf sich, der es schafft, hinter das Geheimnis Zorros wahrer Identität zu kommen: Er dringt mit seinen Schergen in das Haus des Rebellen ein, wo es zu einem Kampf mit unglücklichem Ende kommt: Zorros Frau wird versehentlich getötet, der Held in Gefangenschaft gesteckt und Don Rafael nimmt die kleine Tochter an sich, als deren Vater sich später auch ausgibt. Zwanzig Jahre später beginnt die eigentlich Geschichte: Don Diego de la Vega, so Zorros richtiger Name, kann aus seinem Gefängnis entkommen. Er trifft auf den Herumtreiber und Tagedieb Alejandro und verbündet sich mit ihm. Don Diego, mittlerweile alt und grau, will den jungen Heißsporn zu seinem Nachfolger ausbilden, was sich als kein leichtes Unterfangen herausstellt. Nach zahlreichen Lektionen im Fechten, Reiten und anderen Zirkuskunststücken gilt es, noch die letzte Hürde zu nehmen: "Ich muß Dich etwas lehren, was gänzlich außerhalb Deiner Fähigkeiten liegt - Charme." Grund für all diese Mühen ist wieder Don Rafael, der neue, finstere Pläne schmiedet. Um diese zu vereiteln gibt sich der frisch ausgebildete, junge Zorro als einen spanischen Edelmann aus und schleicht sich durch diese List in gehobenen Kreise des Gouverneurs und in das Herz dessen (mutmaßlicher) Tochter, die zu einer Schönheit herangewachsen ist, die selbst Salma Hayak alle Ehre machen würde...
Goldeneye-Regisseur Martin Campbell hat es geschafft, einen richtig schön "altmodischen" Abenteuerfilm zu dirigieren, ganz nach den Regeln des traditionellen Filmhandwerks. Die Stärken liegen vor allem im Drehbuch, das seine Charaktere respektiert, und sie nicht einfach nur als Dialogfüller zwischen den Actioneinlagen mißbraucht. Auch die Schauspieler leisten gute Arbeit, allen voran Anthony Hopkins, der es mit seinem gewohnt erhabenen Spiel vermag, die leicht schnulzige Nebenhandlung über den Verlust seiner Tochter zu entschärfen. Nicht nur für diejenigen, die der Nostalgie der Legende Zorro etwas abgewinnen können, ist der Film sehenswert. (Sneak Review - Der Kinokult im Saarland)

"Ich bin kein 24-Stunden-Kunstwerk". "Die Maske des Zorro": Martin Campbells Wiederbelebung der alten Filmlegende ist ein überraschend temporeiches, elegantes, witziges Stück Actionkomödie. Mit dem spanischen Star Antonio Banderas, der neben Anthony Hopkins virtuose Fecht- und Verführungskunst zelebriert, sprach Hannelore Gude-Hohensinner.
In den frühen spanischen Arbeiten von Pedro Almodovar war Antonio Banderas eines der prominentesten Gesichter des europäischen Autorenkinos. Spätestens seit Die Maske des Zorro nimmt seine Bekanntheit Dimensionen an, die dem 38jährigen selbst unheimlich sind.
STANDARD: Wie fühlt man sich, wenn man seinen Namen über eine Million mal im Internet finden kann?
Banderas: Wie oft? Das ist doch nicht möglich. Aber seit der Starr-Report übers Internet verbreitet wird, werden wir lernen müssen zwischen "berühmt" und "berüchtigt" zu unterscheiden.
STANDARD: Wie gehen Sie als relativer Neuling in Hollywood, mit dem amerikanischen Star-System um?
Banderas: Ich wehre mich gegen diese Vereinnahmung. Der Unterschied zwischen einem Schauspieler und einem Star ist, daß der Schauspieler in unterschiedliche Charaktere schlüpft, um Geschichten zu erzählen, während ein Star sich selbst zum 24-Stunden-Kunstwerk stilisiert. Elizabeth Taylor ist ein Paradebeispiel dafür. Sie ist eine gute Schauspielerin, aber ihre beste Rolle ist, sich selbst zu spielen. Sollten widrige Umstände mich doch irgendwann in diese Richtung treiben, dann hoffe ich, es nicht mehr zu merken.
STANDARD: 53 Filme stehen bis jetzt auf Ihrem Haben-Konto. Rückblickend gesehen, was war der wichtigste?
Banderas: In Bezug auf meine internationale Karriere Interview mit einem Vampir. Ich hatte zwar nur eine Nebenrolle, spielte aber neben zwei Publikumsmagneten, Tom (Cruise) und Brad (Pitt), und Hollywood wurde auf mich aufmerksam. Aufgrund der guten Kritiken wurde mir dann die Hauptrolle in Desperado angeboten, ein Film, der bei den 17- bis 20jährigen, der umworbensten Altersgruppe, enorm gut ankam.
STANDARD: Die Maske des Zorro hat gute Kritiken eingeheimst. Hat Hollywood von all den Steroid- und Latex-Helden so sehr die Nase voll, daß es in der Schublade der abgelegten Idole herumkramt?
Banderas: In der Tat mußte man tief graben, um ihn dort aufzuspüren, wo man ihn in den 40er Jahren abgelegt hatte. Denn alles was danach kam waren B-Movies und katastrophale Fernsehserien. Wir haben versucht, dieser Figur so etwas wie Modernität einzuhauchen: Idole sind nicht unfehlbar, Helden kommen häufig über den Umweg Schicksalsschlag zu ihrem Heldentum. Die Maske Zorros ist das eigentlich Magische, sie erst verwandelt den jeweiligen Träger in einen Kämpfer gegen Unterdrückung. Der Film handelt in erster Linie von einem Mann, der, von primitiven Rachegefühlen geleitet, erst einen harten Läuterungsprozeß durchläuft, bevor er sich des Tragens der legendären Maske würdig erweist.
STANDARD: Diese Produktion mußte sich ihren Erfolg hart erarbeiten: Robert Rodriguez, der als Regisseur vorgesehen war, schmiß das Handtuch wegen eines zu kleinen Budgets. Auch unter der Regie von Martin Campbell (Golden Eye) war der Film nicht unter 70 Mio.$ zu machen. Man sprach von Schmiergeldzahlungen in Mexiko, um einen reibungslosen Dreh zu "erkaufen".
Banderas: Auch ohne diese Details hat uns der Dreh alles abverlangt. Unser Set befand sich bei Mexico City, in einer Höhe von 1600 m was bei der dünnen Luft und der permanenten körperlichen An-strengung zu Erschöpfungszuständen führte, die nur durch Sauerstoffzufuhr gemildert werden konnten.
STANDARD: Die Choreographie der Kampfszenen ist auf sehr hohem Niveau. Wo haben Sie so gut fechten gelernt?
Banderas: Ich habe mit der spanischen Olympiamannschaft hart trainiert. Duelle mit gezücktem Degen leben von Visualität, von der Leichtigkeit der Bewegungen. Die Figur des Zorro erhält ihre Spannung dadurch, daß er neben seinem sozialen Engagement elegant und galant ist.
STANDARD: Zorro hat allein auf dem USA-Markt die Herstellungskosten leicht eingespielt - was jetzt an Einnahmen in Europa dazukommt, ist der Gewinn der Produzenten. Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?
Banderas: Ich habe gerade meine erste Regiearbeit vollendet, Crazy in Alabama mit meiner Frau Melanie Griffith in der Hauptrolle - ein Drama, das in der Zeit der Rassenunruhen im tiefen amerikanischen Süden spielt.
STANDARD: Es wird gemunkelt, daß Sie die Hauptrolle in der Verfilmung von Phantom der Oper übernehmen.
Banderas: Ich war zum 50. Geburtstag von Andrew Lloyd Webber eingeladen und habe auf Drängen des Geburtstagskindes einige Lieder gesungen - zum ersten Mal vor größerem Publikum, auch aus Phantom der Oper. Ich habe erst hinterher gemerkt, daß es so etwas wie ein Screen Test war. Jetzt ist es beschlossene Sache, daß wir das Projekt zusammen realisieren werden. (Hannelore Gude-Hohensinner, DER STANDARD, 20/10/1998)

(...) Die Maske des Zorro benützt, ziemlich kritiklos, alte Muster des Hollywood-Abenteuerfilms, mit einer so naheliegenden Besetzung (Antonio Banderas, Anthony Hopkins), daß einem die Falschheit des Films von Anfang an ins Auge springt. (...) (Stefan Grissemann, DIE PRESSE, 22/10/1998)

Von Edelmut und Sex-Appeal
Die Maske starrt, der Mantel bauscht, der Degen blitzt, die Peitsche knallt. Und eigentlich sollte dazu unüberhörbar der Deckel jener Mottenkiste knarren, aus welcher der dazugehörige Held zuunterst hervorgekramt ward. Aber o Wunder, man hat den bisher eher unbesiegbaren Humorlosen das Verlieren und vor allem das Lachen gelehrt. Dieses übertönt sogar das Ächzen der morschen Balken dieser uralten Hollywoodkonstruktion aus Mantel, Degen und Selbstjustiz. Z ist Trumpf. Z wie Zuperman, Zozialismus und Ziesta: Zorro also. Selbst Coca Cola oder IBM könnte der Neid fressen. Nur ein Buchstabe, ein simples, fetzig hinge(k)ritzeltes Z, und alle wissen, er reitet wieder.
Zorro - Rächer der Entrechteten und Enterbten, Retter der Witwen und Waisen, Hollywoods Robin Hood, verzeichnete Comicfigur und einfallsloses Faschingskostüm. Zorro, der noch den Stummfilm um seinen (unt)adeligen Edelmut bereicherte - und Dutzen- de Nachfahren in Kino und Fernsehen später zuletzt nur noch mit Maske bekleidet - selbst für billige Wirtinnenverse focht. Z: sogar das Bankinstitut gleichen Namens ist ja vergessen, verweht. Doch der remakelbehaftete Kinozeitgeist wurde nun doch einmal mehr fündig. Wobei man zum Glück die alte Formel (Z = Doppelspiel multipliziert mit Doppelrolle) noch einmal mal zwei genommen hat.
Anthony Hopkins veradelt den latinoblen Gutedel fast zur Shakespearefigur, indem er nach Enttarnung, Passion und Auferstehung rechtzeitig Buchstabe und Mission auf einen jungen Desperado überträgt. Den stattet Don Antonio Banderas mit original spanischer Grandezza und almodovarischem Sex-Appeal aus - ein sicherer Winner bei Kritik und Publikum. Douglas Fairbanks mag besser gefochten, Alain Delon charmanter parliert haben - in der jüngsten Version zählt vor allem auch, wie Antonio die schöne Elena mit schneidiger Schärfe aus dem Korsett schält. Die altmodische Vermählung von Action, Romantik und Humor macht das ominöse Z zeitgeisttauglich. (Rudi John, KURIER)

Weitere Kritiken der IMDb, offizielle Site: SONY

Zur Homepage         Zur Gesamtübersicht         Zur Monatsübersicht

EIN PERFEKTER MORD (A PERFECT MURDER)

USA 1998. 105 Min.
Regie: Andrew Davis, Buch: Patrick Smith Kelly, nach dem Bühnenstück "Dial M For Murder" von Frederick Knott, Musik: James Newton Howard, Kamera: Dariusz Wolski, Schnitt: Dennis Virkler, Darsteller: Michael Douglas (Steven Taylor), Gwyneth Paltrow (Emily Bradford Taylor), Viggo Mortensen (David Shaw), David Suchet (Mohamed Karaman), Sarita Choudhury (Raquel Martinez)
Kinostart: 23/10/1998

Der wohlhabende und mächtige Geschäftsmann Taylor will einen Killer anheuern, um seine untreue Frau Emily ermorden zu lassen. Doch dabei heuert er für 500.000 Dollar Honorar ausgerechnet ihren Liebhaber, den Künstler David Shaw, an. Dies führt die drei zu einem tödlichen Katz- und Maus-Spiel, aus dem es schon bald für keinen mehr ein Entrinnen zu geben scheint.
Im Hitchcock-Stil ("Bei Anruf Mord") zeigt Regisseur Andrew Davis ("Auf der Flucht") einen Thriller, der selbstverständlich an die Neuzeit angepaßt ist und um einiges komplexer als die Vorlagen der Vergangenheit gestrickt ist. Michael Douglas ist -wie immer- sehenswert. (film.de)

Ein reicher New Yorker Börsenmakler kommt hinter das Liebesverhältnis seiner jungen Ehefrau mit einem Künstler. Er verlangt von ihm, seine Frau zu töten und setzt als Druckmittel sein Wissen um die wahre Identität des Künstlers ein, der als Heiratsschwindler gesucht wird. Dieser wiederum engagiert einen Dritten für die Tat, den aber die Frau in Notwehr ersticht. Langsam kommt sie den Plänen ihres Mannes auf die Schliche. Kriminaldrama nach dem Bühnenstück "Bei Anruf Mord", das die Handlung in die New Yorker High Society verlegt und sich stilistisch am Oberflächenglanz ihrer Schauplätze orientiert. Handwerklich solide und recht spannend inszeniert, inhaltlich wie darstellerisch aber frei von Überraschungen.

Ein reicher Wall-Street-Broker, seine weitaus jüngere Frau und ihr ebenso junger, sich als Künstler versuchender Liebhaber bilden die klassisch-schicksalhafte Figurenkonstellation des Films. Erstmals wurde die Geschichte nach Frederick Knotts Bühnenstück "Bei Anruf Mord" von Alfred Hitchcock verfilmt (fd 3733); Regisseur Andrew Davis und Drehbuch-Debütant Patrick Smith Kelly gaben ihr eine zeitgenössische Färbung mit New York als mondäner Kulisse. Steven, der Ehemann, kommt sehr bald hinter das Verhältnis seiner Frau Emily, die als Übersetzerin bei den Vereinten Nationen arbeitet, und ebenso schnell hinter die Identität des vermeintlichen Künstlers David: Er ist ein gesuchter Heiratsschwindler, der unter falschem Namen in der Stadt lebt. Steven beauftragt David, seine Frau umzubringen, andernfalls würde er ihn an die Polizei verraten. David geht darauf ein, heuert aber einen Killer für den Auftrag an, den Emily wiederum in Notwehr ersticht. Scheinbar unbeeindruckt, tarnt Steven die Tat weiterhin als Einbruch, doch seine Frau schöpft Verdacht - auf Grund ihres Wohnungsschlüssels, der nicht mehr in die Tür paßt, weil Steven ihn verwechselt hat. Nur der zuständige Kommissar steht ihr intuitiv zur Seite, noch allerdings fehlt ein Motiv.
Andrew Davis überließ nichts dem Zufall. Die Rolle des skrupellosen und einsamen Repräsentanten der amerikanischen Oberschicht besetzte er mit Michael Douglas, der nicht nur durch diverse Filme auf diesen Typus festgelegt ist, sondern ihn auch - seit "Wall Street" (fd 26 649) - für das Hollywood-Kino entscheidend mitdefiniert hat. Der Typus scheint auch sein Umfeld zu beeinflussen: Manche Szenen im Appartement oder im Büro scheinen Filmen wie "Enthüllung" (fd 31 129) und "The Game" (fd 32 845) entnommen zu sein. Die Rolle der Ehefrau ist nicht weniger routiniert entwickelt: schön, jung und unglücklich, empfindsam, aber im entscheidenden Moment "tough" - leichtes Spiel für Gwyneth Paltrow. Der Künstler David schließlich wohnt in einem jener pittoresk-schäbigen ehemaligen Industrieviertel von Manhattan, die den Vorteil eines großzügigen Platzangebotes bieten, und wo man auf einer ganzen Fabriketage viel "kranke" Kunst als Indiz für die zerrissene Seele des charmanten Bösewichts aufstellen kann. Viggo Mortensen müht sich redlich um Profil und Ambiguität seiner Rolle, doch wie Douglas behält er das Maskenhafte seines Parts allzu sehr bei, das die wahren Beweggründe kaschieren soll, letztlich aber auf Kosten einer plastischen Rollengestaltung geht.
Davis ist ein erprobter Action-Regisseur, der Chuck Norris und Jean-Claude van Damme zu Erfolgen verhalf, bevor er mit "Auf der Flucht" (fd 30 442) sein handwerkliches Talent jenseits von Pyrotechnik und Gewalt unter Beweis stellte. Auch "Ein perfekter Mord" ist vor allem perfektes Handwerk. Das aalglatte Ambiente, in dem sich die Figuren bewegen, scheint sich auf die Stilistik des Films zu übertragen, die dem alten Hollywood-Dogma folgt, daß eine unsichtbare Regie die beste ist. Von Darstellern, Bildern und Bewegungen im Film sind also an keiner Stelle Überraschungen zu erwarten. Der Regisseur und mit ihm das Publikum verlassen sich ganz auf die Wendungen des Drehbuchs als Spannungsquelle. Im Vordergrund steht darin die Frage, durch welchen Umstand der gewandte Finsterling Steven sich verraten wird, und was ihn überhaupt antreibt, abgesehen von blinder Rachsucht. Dem emsigen Streben Emilys nach Wahrheit, das zugleich ihre einstmals so solide wirkende Lebensgrundlage zerstört, entnimmt der Film tatsächlich einen Großteil seiner Attraktivität. Unterhaltung von der Stange zwar, aber immerhin Unterhaltung. (Oliver Rahayel, film-dienst)

Spätestens seit "Wall Street" ist Michael Douglas in der Rolle gnadenloser Geschäftsmänner eine Klasse für sich. Und so verkörpert er auch in "Ein perfekter Mord" den Part des berechnenden Manipulators, der sprichwörtlich über Leichen geht, mit bekannter Präzision und voller bedrohlicher Zwischentöne: Nicht was, sondern vielmehr wie er es sagt, läßt schlimme Dinge befürchten.
Die lassen nicht lange auf sich warten, denn Douglas alias Steven Taylor initiiert eine mörderische menage à trois mit seiner vermögenden Frau Emily und deren Liebhaber David, einem Maler mit zweifelhafter Vergangenheit. Immer mehr verstrickt sich das Trio in einem tödlichen Schachspiel, bei dem ein "Bauer", ein "Läufer" und schließlich der "König" auf der Strecke bleiben und sich Paltrows Figur Emily vom naiven Opfer in einen Racheengel verwandelt.
Der Film basiert auf Frederick Knotts Bühnenstück "Dial M for Murder" und wurde vor fast 45 Jahren von Alfred Hitchcock ("Bei Anruf Mord") verfilmt. "Ein perfekter Mord" aber ist kein bemühtes Remake, sondern ein solider, unsentimentaler, durchweg spannender und zeitgemäßer Thriller, bei dem nur der Schluß enttäuscht. Statt eines psychologischen Schachmatts bemühte Drehbuchautor Patrick Smith Kelly nämlich die plumpeste aller Varianten: Er läßt eine Figur zur Waffe greifen. (Rico Pfirstinger, focus)

Wer die Handlung dieses Filmes nicht schon kennt, sollte sich was schämen, handelt es sich doch schließlich bei diesem Film um das Remake von Alfred Hitchcock's Klassiker "Bei Anruf Mord". Nun, für alle Kulturbanausen:
Emily Bradford (Gwyneth Paltrow) hat ein Verhältnis mit dem jungen Künstler David Shaw (Viggo Mortensen). Das ganze geht zwar schon 6 Monate so, doch daß ihr Ehemann Steven (Michael Douglas) das bemerken könnte, war ihr nie in den Sinn gekommen. Der zynische Pedant kümmert sich eigentlich nur noch um seine Firma und ihre Ehe ist schon längst gescheitert. Eines Tages jedoch taucht Steven bei David auf und unterbreitet ihm ein Angebot, daß er nicht ausschlagen kann: Eine halbe Million für den Tod seiner Frau! Der gute David ist in Wahrheit nämlich ein vorbestrafter Heiratsschwindler und Steven steht knapp vor dem endgültigen finanziellen Ruin. Da seine Frau aber steinreich ist, und sie ihn sowieso bald verlassen würde, scheint es, als habe er den perfekten Mord geplant. Davis soll ins Haus schleichen und die nichtsahnende Emily töten, die ihn anscheinend bei einem Einbruch erwischt hat - doch, wie das nun mal mit perfekten Plänen so ist, geht die Sache mächtig schief und nach und nach treten immer mehr Ungereimtheiten auf.
Wenn jemand einen Film von Alfred Hitchcock neu inszeniert, weil er glaubt die gleiche Geschichte besser erzählen zu können, so ist das wohl ein schlagender Beweis für Größenwahn, aber Andrew Davis begeht diesen Fehler zum Glück nicht. Ab einem Moment in der Geschichte verläßt er den vom Meister betretenen Pfad und schlägt einen neuen, durchaus ebenso interessanten Weg ein.
Was die Besetzung angeht, so hat er wohl einen Volltreffer gelandet! Die Rolle des eiskalten Zynikers hatte wohl noch nie einen so genialen Träger gefunden wie in dem Spiel von Michael Douglas, auch wenn man ihn in letzter Zeit (The Game) fast ausschließlich, und wohl auch schon besser in dieser Rolle zu sehen bekam. Gwyneth Paltrow (Sieben) hat zwar an einigen Stellen Probleme mit der Verzweiflung ihrer Rolle, aber sie macht ihre Sache doch recht gut. Lediglich Viggo Mortensen ist insofern ein Manko, als daß seine Rolle sowieso nur dazu taugt, gut auszusehen.
Der Film ist jedoch zum einen zwar technisch sehr gut umgesetzt, zum anderen jedoch einfach zu platt und zu gezwungen. Die einzelnen Gesten, mit denen Davis seine Darsteller agieren läßt, sollen den Zuschauer anscheinend mit der Nase auf die jeweilige Situation stoßen und sind stellenweise katastrophal übertrieben. Auch die Anspielungen, die alle Charaktere sich vor der Tat gegenseitig zuspielen sind an und für sich ja recht witzig, aber zugleich auch ziemlich platt und viel zu offensichtlich, als daß daraus eine Spannungssteigerung hervor gehen könnte. Die Kamera hat die kühl-kalkulierten Szenen zwar wunderbar eingefangen, doch eine unfreundliche Atmosphäre allein sorgt leider nicht für die nötige Dramatik.
Diese kommt auch erst dann auf, als der Film den Verlauf des Originals verläßt und man hat das Gefühl, als ob das Drehbuch bis dahin ob der großen Ehrfurcht vor dem Meister nicht richtig atmen konnte, denn ab da funktioniert der Film.
Es ist kein Reißer, kein Meisterwerk oder gar ein moderner Klassiker und es darf sich auch nicht so recht mit dem Original messen, doch "ein perfekter Mord" ist ein ordentlicher, zusammenhängender Thriller - halt nur nicht perfekt! (Schröders kleine Filmseiten)

Das muß wahre Liebe sein! Zwei Männer wetteifern darum, wer das größere Schwein ist. Der Ehemann stellt den Liebhaber "seiner "(das Tollste, was ich je besessen habe) Frau zur Rede und macht ihm ein Angebot: 500.000 könne er steuerfrei haben. Dafür daß er verschwinde, fragt der langhaarige Schönling mit dem Boheme-Touch. Steuerfrei, nicht umsonst, meint der Geschäftsmann Steven Taylor (Michael Douglas), der mittellose Maler müsse dafür schon seine Frau und Millionenerbin Emily Bradford Taylor (Gwyneth Paltrow)umbringen. Nun hat der Künstler David Shaw (Viggo Mortensen) ein Vorleben als Heiratsschwindler und zögert keine Sekunde, den Deal anzunehmen. Ein detaillierter Plan wird besprochen, der Auftragskiller soll in die Wohnung des Ehepaars Taylor eindringen und sobald ein Anruf das Opfer aus dem Bad lockt, morden.
"Bei Anruf Mord" könnte man dies nennen, aber so hieß ja schon das Original Hitchcocks. Als entfernte "Nachmache" (remake) ist "Ein perfekter Mord" gar nicht perfekt. Vor allem weil die beiden Kontrahenten meist lügend und schauspielernd auftreten, fällt sehr unangehm auf, wie hölzern diese doppelt gespielten Sätze daherkommen. Liegt es vielleicht an der Synchronisation?
Der modernere Mordfilm kommt im Vergleich zum Klassiker deutlich und drastisch daher, packender ist er nicht. Auch im Vergleich zur aktuellen Thrillerproduktion ist dieser mäßige Mord nur Mittelmaß. Zwischenzeitlich blitzt das zur Zeit beliebte intellektuelle Duell auf, das Gegeneinander von Gatten und Geliebtem kann jedoch nicht anhaltend packen. Der Plot bedarf an einigen Dreh- und Angelpunkten deutlicher Nachhilfen, das Design des Films versucht sich in dunkel und kühl, bemerkenswert ist es eigentlich nicht.
So wie der Film den Vergleich zu Hitchcock scheut, erwähnt auch die Werbung die Vorlage gleich gar nicht: Sie hebt die Stars Michael Douglas und Gwyneth Paltrow hervor. Erster darf nur einen Schatten der dankbaren Rolle aus "The Game" abgeben. Die Frau mit dem kiefer-verrenkenden Namen gibt den üblichen liebenswürdigen Chic, doch auch schon in "Sie liebt ihn - sie liebt ihn nicht" (Sliding Doors) konnte sie die "Großen Erwartungen" nicht erfüllen. (Günter H. Jekubzik, FILMtabs)

(...) Und Michael Douglas als Killer in einem Remake von Hitchcocks Dial M for Murder , das ist ja auch nicht unbedingt das, was man schon immer sehen wollte. Ein perfekter Mord ist exakt gleich originell wie sein Titel: die Geschichte einer Bosheit gegen Gwyneth Paltrow, gegen Hitchcock, gegen das Kino. (Stefan Grissemann, DIE PRESSE, 22/10/1998)

Im goldenen Krimi-Käfig. "Ein perfekter Mord", neuer US-Thriller mit dem unveränderlichen Michael Douglas, schreibt einen Hitchcock-Film um. Vergeblich.
New Yorks Künstler sind nicht von dieser Welt. Sie wohnen in Ateliers, die so weitläufig sind, daß Hollywoods Kameras durch sie hindurch in den Himmel schweben, fliegen, tanzen können. Sie lieben Frauen, die anderen Männern versprochen sind, und wenn sie malen, sind sie wild, gestisch, ohne Gnade. Sie sind, in einem Wort, leidenschaftlich, Liebende vielleicht, aber ebensogut Mörder. Einen dieser Künstler, wie nur das Kino sie erfinden kann, spielt Viggo Mortensen in A Perfect Murder / Ein perfekter Mord, einem Film, der sich traut, Alfred Hitchcocks Dial M For Murder / Bei Anruf Mord umzudichten für ein neues, besseres Hollywood.
Andrew Davis heißt der Regisseur, den Warner Bros. für ihr Remake verpflichtet haben. Einen passablen Film, The Fugitive, hat Davis immerhin vor ein paar Jahren gemacht. An A Perfect Murder scheitert er, nicht nur, weil an Hitchcock zu scheitern leicht ist, sondern vor allem, weil er nichts anzufangen weiß mit seinem Material. Da ist zunächst Michael Douglas, in seiner angestammten Rolle des arroganten Geschäftsmannes, der sein Privatleben auch nicht anders verwaltet als seine Aktenordner.
Daheim, im goldenen Käfig, hält er die blonde Gwyneth Paltrow gefangen, in einer eisigen Beziehung, die jeden Luxus hat, aber keine Liebe. In Hollywood suchen Sympathieträger und Identifikationsfiguren immer nur die Liebe, also sucht auch Gwyneth. Aber sie hat schon gefunden, was sie gesucht hat, Viggo nämlich, den Künstler, ihren Liebhaber. Dumm ist nur, daß der Gatte weiß, worauf der Konkurrent hinauswill: auf das viele Geld Gwyneths. Schnell ist ein Plan bei der Hand: Der Gatte setzt den Nebenbuhler unter Druck, verlangt den Mord an seiner Frau und ist bereit, dafür ein stattliches Honorar zu zahlen.
Nun gehört Hitchcock nicht zu den großen Unbekannten der Filmgeschichte. Die Story von einst, die sich hier zwar leise verändert präsentiert, darf als bekannt vorausgesetzt werden: Der Mordversuch mißlingt, ein Unbekannter stirbt, und im folgenden gehen noch viele Dinge schief, denn daß Verbrechen sich nicht auszahlt, weiß man ja schon länger.
An A Perfect Murder ist alles offensichtlich. Sein wahres Ich kann niemand hier länger als drei, vier Dialogsätze lang für sich behalten. Die Ödnis der Figuren, der Handlung, des Milieus führt zur handelsüblichen Kompensation im Bildlichen: Die Kamera kommt gar nicht nach mit dem Produzieren großer Bilder, sie stilisiert Gwyneth, das Mädchen von nebenan, zur Sexgöttin hoch, und die kleinen Rangeleien, die diese Geschichte von Anfang an begleiten, münden in ein fiebriges Crescendo künstlicher Gewalt. Am Ende kommt Ein perfekter Mord nicht mehr los von der Zwanghaftigkeit seiner immer noch originelleren Gewaltanwendung. Der Nachspann bereitet dem Treiben, dem man lange gleichmütig zugesehen hat, dann endlich ein Ende. Und es ist, als hätte man gar nichts gesehen: statt der Bilder nur Leerstellen, statt der perfekten Morde nur das mechanische Auf und Ab gut geölter, unaufhaltsam arbeitender Krimi-Kolben. (Stefan Grissemann, DIE PRESSE, 27/10/1998)

Er hätte, witzelte Alfred Hitchcock zu Lebzeiten, "Bei Anruf Mord" auch per Telefon inszenieren können. Jetzt hat der leider längst Verstorbene das Remake seines Klassikers offenbar per Geisterbeschwörung inszeniert. Und herzrhythmusstörend beklemmender denn je. 1964 mußte Onkel Alfred noch vier Personen aufbieten, um das düster-sardonische Kammerspiel eines ausgetüftelt geplanten Gattenmords auf Touren zu bringen. 1998 kommt er mit drei aus... ...indem er zwei Charaktere in einem auflöst. Das verdichtet Plot und Spannung einer im tödlichen Dreieck aufgestellten Falle um eine weitere, giftige Atmosphäre.
Bis dann doch noch ein weiterer Typ auftritt, aber nur, um einen neuen, unerwarteten Trumpf auszuspielen. Vorerst aber fesseln die blonde Unschuld im verzeihlichen Sündenfall, der verderbte, bankrotte Börsenhai in fast auswegloser Bredouille und eine undurchsichtige Künstlernatur in love und fataler Zwickmühle einander und in weiterer Folge natürlich den bange ahnenden Zuschauer. Darüber hinaus fielen Hitchcocks Geist (es kann kein anderer sein, der so werktreu und dennoch anders das Thema variierte) noch ein paar neue ver- und entwirrende Details ein, die vor allem als Tribut an die Gegenwart zu verstehen sind.
Selbst die seinerzeit von keinem Zukunftsforscher der Welt erahnte Erfindung des Handys konnte ihn nicht irritieren. Sichtlich inspiriert auch Bestrollenverwerter Michael Douglas mit diabolischer Konsequenz und doppelbödiger Souveränität. Ebenso Everybody's Darling Gwyneth Paltrow - hier zum ersten Mal mit zwei Gesichtern und unterschiedlicher Gefühlstemperatur. Ob auch die demnächst folgenden anderen Fälle von vorsätzlichem Hitchcock-Recycling - darunter "Psycho" und "Das Fenster zum Hof" - mit Hitchcocks Hilfe aus dem Jenseits rechnen können, wird sich noch weisen. Wer es aber bis dahin nicht erwarten kann, wird um etwas Tischerlrücken nicht herumkommen. (Rudi John, KURIER)

Weitere Kritiken der IMDb, offizielle Site: Warner Bros.








Zur Homepage         Zur Gesamtübersicht


Zur nachfolgenden Woche Zur vorangegangenen Woche
1998
November 6/11/1998 13/11/1998 20/11/1998 27/11/1998  
Oktober 2/10/1998 9/10/1998 16/10/1998 23/10/1998 30/10/1998
September 4/9/1998 11/9/1998 18/9/1998 25/9/1998  
Jänner Februar März April Mai Juni
Juli August September Oktober November Dezember


Besucher seit 11/1997: