Erst wenige
Stunden vor Anbruch des 06. Juli 1946 erfuhren wir, daß an diesem Tage der un-
verzügliche Abtransport der, von wem auch immer, ausgesuchten Dorfbewohner, die heimatlos
werden sollten, stattfinden sollte. Etwa 230 Märzdorfer, Männer, Frauen und Kinder,
trieb man nun hinaus in die Fremde. Erstes Ziel war Plagwitz bei Löwenberg. Als wir
schweren Herzens die Dorfgrenze erreicht hatten, ließen wir unsere Blicke noch einmal
hinuntergleiten über unser einst so schönes und stilles, jetzt aber durch die polnischen
Eindringlinge entfremdetes und entstelltes Boberdörfchen. Trauer und Wehmut bedrückte
alle.
Bei der Ankunft in Plagwitz
traten die Polen noch einmal als unsere Beherrscher auf, plünderten und raubten von
unseren letzten, wenigen Sachen wo und was sie nur konnten. Über Nacht regnete es.
Durchnäßt gingen wir am Morgen des 07. Juli 1946 in die Viehwaggons. Erst am Mittag fuhr
der Zug ab. Wohin der Zug fuhr wußte niemand. Nach anderthalb Tagen in Kohlfurt, sahen
wir den ersten englischen Soldaten. Dort sagte man uns, daß unser Ziel in der englischen
Zone läge. Alle atmeten auf, wieder ein wenig Mensch sein zu können. Nach 10 Tagen
hatten wir unser Ziel Geldern am Niederrhein erreicht, etwa 1000 km von unserer Heimat
entfernt. Auf 9 Dörfer der umgebung wurden wir verteilt und dort in den Familien bzw.
Häusern zwangseingewiesen.
Der zweite Vertreibungsschub mußte am 06. Juli 1947
unser Dorf verlassen. (Dazu vgl. die
Tagebuchaufzeichnungen von Paul Knobloch, Märzdorf a.B.).