Eva Schmiedt:
Dracula und die historische Vorlage

Die historische Grundlage der Figur Dracula bildete Vlad Draculea III. und bezeichnet den Titel eines Horror-Romans des irischen Autoren Bram Stoker aus dem Jahr 1897.

Bram Stoker
Abraham „Bram“ Stoker (* 8. November 1847; † 20. April 1912) war ein irischer Schriftsteller. Er wurde als drittes von sieben Kindern in Marino Crescent in Clontarf bei Dublin geboren. Er war bis zu seinem achten Lebensjahr krank und konnte alleine weder stehen noch gehen. Diese traumatische Erfahrung spiegelt sich in seiner literarischen Arbeit wider. Ewiger Schlaf und die Wiederauferstehung der Toten, das zentrale Thema von Dracula, waren deshalb von großer Bedeutung für ihn.
Nicht nur seine Krankheit, sondern auch seine Genesung waren "Wunder" für seine Ärzte. Danach wurde er sogar Athlet und Fußballstar an der Universität zu Dublin. Er studierte Geschichte, Literatur, Mathematik und Physik am Trinity College. Er wurde Beamter, was ihn aber nicht zufrieden stellte. Daher arbeitete er als Journalist und Theaterkritiker. Sein Interesse am Theater führte zu einer lebenslangen Freundschaft mit dem Schauspieler Henry Irving. Stoker heiratete 1878 Florence Balcombe, die Ex-Freundin von Oscar Wilde, und zog mit ihr nach London, wo er als Manager von Irving's Lyceum Theatre arbeitete. Durch die Arbeit für Irving wurde er in die Londoner "High Society" eingeführt, wo er unter anderem auf James McNeil Whistler und Sir Arthur Conan Doyle traf. Im Gefolge von Irving bereiste Stoker die Welt.
Er besserte sein Einkommen als Autor von Büchern auf, das wohl bekannteste davon das 1897 veröffentlichte Dracula. 1890 traf er den ungarischen Professor Arminius Vambéry, der ihm von der Legende des rumänischen Prinzen Vlad III. Drăculea (Drakula) erzählte. Aus diesem Charakter entwickelte Stoker die Figur des Vampirs Drakula. Er arbeitete 7 Jahre an der Vampirsaga Dracula, die 1897 veröffentlicht wurde. Dafür studierte er die Kultur auf dem Balkan und die historische Person Vlad. Quellen waren unter anderem das Balkankartenwerk des British Museum, 'The Land beyond the Forest' (Emily Gerard, 1888), 'The Golden Bough' (James Frazer, London, 1890), 'Cartea pricolici' (Sabine Gould), 'Epos über den Blutfürsten Vlad' (Michael Beheim, Straßburger Druck, 1500), 'Die histori von dem posen Dracol' (Es gibt 12 Drucke, der früheste stammt von 1488, er wurde bei Marcus Ayrer in Nürnberg gedruckt. Dann gab es Drucke in Colmar, Lambach, St. Gallen, Augsburg, Bamberg und mehrmals in Nürnberg) und die 'Legende der Blutgräfin' (Gräfin Elisabeth Bathory, *1560, †1614, 1610 wegen Vampirismus festgenommen und in einen Raum ihres Schlosses eingemauert) sowie die Comentarii Papst Pius II. Stoker verzichtet in Dracula auf einen auktorialen Erzähler, sondern legt dem Leser eine Sammlung scheinbar authentischer Berichte in sortierter (nicht immer chronologischer) Reihenfolge vor. Die geschickte Verknüpfung dieser Quellen (und damit mehrerer Handlungsstränge) zu einer Geschichte, ergibt für den Leser den Eindruck einer realitätsnahen Aufzählung sorgsam recherchierter Fakten. Diese Fakten, welche die Protagonisten zuerst jeder für sich, später zusammen erkennen, erscheinen unglaublich und passen nicht in das Weltbild Londons im ausgehenden 19. Jahrhundert. So halten die Protagonisten an bekanntem, wissenschaftlich Bewiesenem fest, wenn sie dem unerklärlich Mystischen begegnen. Stoker stellt in seinem Roman den Vampir Dracula und seine Zauberkräfte der modernen Technik und Wissenschaft seiner Zeit gegenüber. Doch allein der Glaube an das Übernatürliche, das Annehmen des Undenkbaren und Unaussprechlichen kann das Monster besiegen.
Stoker liefert in der Blüte der Industrialisierung ein Plädoyer für die Mystik und bedient sich einer gerade aufkommenden seichten Literaturgattung, die durch die Industrialisierung erst möglich wurde.
Dracula ist ein Unterhaltungsroman, der sich verschiedener literarischer Elemente aus Abenteuerbericht, Liebeserzählung, Horrorgeschichte und Detektivroman bedient. Durch eine, für das prüde Viktorianische Zeitalter ungekannte, deutliche Erotik und Sexualität verknüpft Stoker (inzwischen untrennbar) die Begriffe Vampir und Liebe. In Bram Stokers Roman Dracula ist der untote Vampir erstmals nicht seelenlos. Was Stoker ganz zeitgemäß nur andeutet, wird in den Verfilmungen immer deutlicher herausgearbeitet. In Coppolas Bram Stoker's Dracula werden die Liebesgeschichte und die erotischen Beziehungen zwischen den Charakteren zur zentralen Motivation und zum Mittelpunkt der Handlung. Die Detektivelemente treten dagegen in den Hintergrund. Den überragenden Erfolg seines Romans hat Stoker den zahlreichen Verfilmungen zu verdanken.
Bram Stoker erlebte den großen Erfolg seines Romans Dracula nicht mehr. Er starb arm und unbekannt 1912 in London; einige Quellen nennen als Todesursache Erschöpfung, andere Syphilis. Dracula wurde nach Stokers Roman Thema zahlreicher Bücher und Filme.

Vlad III
Vlad III. Draculea (* 7. Dezember 1431 in Sighisoara (Schässburg); † 1476), deutsch „kleiner Drache“, auch Tepeş (deutsch „der Pfähler“) war 1448, 1456–1462 und 1476 Herrscher der Walachei. Die sich um seine Person rankenden Legenden dienten als Vorlage für Bram Stokers Dracula.
Als Sohn aus der Ehe zwischen Vlad II. Dracul und der Prinzessin Cneajna von Transylvanien wurde Vlad III. Draculea im Jahre 1431, in einem Haus in Schässburg (heute Rumänien, damals zu Ungarn gehörend (Fürstentum Siebenbürgen), später Österreich-Ungarn) geboren. Ein vermeintliches Geburtshaus, welches heute als Museum für mittelalterliche Waffen und 'Dracula-Gaststätte' dient, lässt sich in den Quellen nicht verifizieren. Heute ist Vlad Draculea weithin als Dracula bekannt geblieben, allerdings nicht wegen seiner Taten, sondern in Anlehnung an den Namen seines Vaters, der dem Drachenorden angehörte.
Die sagenumwobenen Blutsaugergeschichten, die das Oberhaupt der Vampire, Graf Dracula, mit Vlad Draculea in Zusammenhang bringen, gehören definitiv in die Gruppe der Hirngespinste und Fantasien. Vlad Draculea war, größtenteils nachweislich, Diener seiner Zeit in der es galt sich als Kriegsherr Respekt zu verschaffen. Wenngleich diese Taten in heutiger Zeit als Greueltat zu sehen sind, so ist festzustellen das sie der damaligen Zeit entsprechend waren.
Ebenso attraktiv wie unrichtig sind die immer wiederkehrenden Ortschaften, die mit ihm in Verbindung gebracht werden. Hier sei z.B. die Burg Bran (dt. Törzburg, ung. Törcsvar; Kreis Kronstadt (Brasov)) erwähnt. Bisher historisch nicht nachweisbar wird die Burg bis heute als Heimat Draculeas genannt. Zwar ist festzustellen das diese Burg immer wieder wechselnde Eigentümer verzeichnet, unter ihnen aber nicht ein einziges mal der Name Vlads aufgeführt ist.
1448 kämpfte der junge Draculea bereits um den Thron Walachiens und schafft es tatsächlich, wenn auch nur für kurze Dauer, Vladislav II. zu stürzen. Er setzte den Kampf seines Vaters († 1447) fort. Statt aber die militärische Unterstützung zu nutzen, die die Bojaren anboten, rief Vlad Draculea die Bevölkerung auf, gegen die zu der Zeit einrückenden Türken zu kämpfen. Im Fürstlichen Rat beanspruchte er vorrangig die weniger bekannten Familienangehörigen der Bojaren mit niederen oder mittleren Rängen für sich. Betreffend innerpolitischer Ziele versuchte Draculea, die Korruption zu beseitigen und durch Tribute mehr Sicherheit der Straßen und der Waren zu gewährleisten. Seine politischen Maßnahmen waren der zentralen Autorität zuzuordnen, die Konflikte mit den Adligen unter den Bojaren auslösten.

Der Drachenorden
Die "Gesellschaft mit dem trakchen", genannt auch "ordo draconis" und "societas draconia/draconis", wurde am 13. Dezember 1408 gegründet von Siegmund von Luxemburg und dessen Gemahlin Barbara von Cilli, vor allem zur Bekämpfung der Ungläubigen (der Osmanen) und der "im Verborgenen wütenden Christen", später also insbesondere der Hussiten, aber auch allgemein zur Solidarität und Rechtshilfe unter den Mitgliedern und nicht zuletzt zur Festigung des Königtums.
Motto des Ordens war: "O quam misericors est Deus justus et pius." ("O wie barmherzig ist Gott, wie gerecht und fromm.") Mitglieder waren nicht nur Adlige und Ritter, sondern konnten auf Vorschlag der Gründungsmitglieder weitere "virtuosi et bonae humanitatis viri" werden (begabte und charakterfeste Männer), ab 1409 gab es eine eigene Abteilung für ausländische Fürsten, die selber Unterabteilungen gründen durften. Dazu gehörten u. a. der österreichische Herzog Ernst, die Könige Heinrich V. von England, Wladislaw Jagiello von Polen, der litauische Großfürst Witold und ab 1431 Vlad II., Bojar der Walachei.
Zur ersten Klasse des Ordens gehörten nur 24 Personen; aus deren Kreis rekrutierten sich in den folgenden Jahrzehnten die königlichen Räte, die vor allem während Siegmunds langer Abwesenheit nach 1412 das Reich in Deutschland ganz im Sinne des Königs verwalteten und diesem so den Rücken freihielten. Während das allgemeine Symbol der oben abgebildete Drache war, dessen Schwanz den eigenen Hals umringt, der "Ouroboros", durften die 24 den am Kreuz hängenden Drachen tragen. Das Motto des Ordens entbehrt nicht einer gewissen Ironie, wenn man bedenkt, dass der berühmteste aller Blutsauger und Vampire, Dracula, indirekt diesem Orden seinen Namen verdankt. Denn Bram Stoker nannte die Titelfigur seines berühmten Romans nach Vlad III. "Tepes", der "Pfähler", der seinen Beinamen "Draculea", Sohn des Drachen, deshalb trug, weil sein Vater, Vlad II., Bojar der Walachei, sich "Dracul" nannte, "der Drache". Dieser war nämlich im Februar 1431 (im selben Jahr wie Oswald, vielleicht sogar mit diesem gemeinsam) auf dem Reichstag zu Nürnberg in die erste Klasse des Drachenordens aufgenommen worden.

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