LEBEN statt Lohnarbeit!

Das folgende Flugblatt verteilten wir:

LEBEN statt Lohnarbeit!

Die gewaltigen Angriffe von Kapital und Staat auf den „Lebensstandart“ von ArbeiterInnen, Arbeitslosen, StudentInnen und RentnerInnen muss unbedingt Widerstand entgegengesetzt werden. Eine Demonstration wie die heutige, kann nur ein Ausdruck des Unmuts sein, aber noch nicht Teil des alltäglichen Kampfes am Arbeitsplatz und Wohnort. Das muss nicht zwangsläufig die Bedeutung dieser Demo mindern. Sie könnte auch mobilisierend auf den alltäglichen Widerstand zurückwirken. Das kann sie aber nur, wenn sich alle Beteiligten und OrganisatorInnen der Beschränktheit solcher Einmalereignisse wie dieser Demo bewusst sind. Eine mangelnde Verankerung in die alltäglichen Klassenkämpfe, lassen Demonstrationen wie diese dann doch als eine isolierte Aktion und nicht Teil eines kontinuierlichen Widerstandes wirken.

Das zweite Problem ist, dass die sozialen Forderungen dieser Demonstration doch allzu bescheiden und brav sind. Keine einzige Forderung weist über das heutige kapitalistische System hinaus. So fordern die Organisatoren dieser Demo einen gesetzlichen Mindestlohn von 10€ die Stunde. Auf den ersten Blick scheint dass eine vernünftige Forderung zu sein. Doch sie kritisiert nicht die Lohnarbeit an sich, sondern nur eine ungenügende Höhe des Lohnes. Diejenigen die sich daran fest beißen, sind sehr unkritisch gegenüber der kapitalistischen Ausbeutung.

Das Kapital beutet die besonderen Eigenschaften der Ware Arbeitskraft aus, die darin besteht mehr Wert zu schaffen, als sie selbst wert ist. Die Lohnabhängigen sind es, die den größten Teil des gesellschaftlichen Reichtums schaffen, aber sie haben über diesen keine Verfügungsgewalt. Die Lohnabhängigen sind von den Produktionsmitteln ( Arbeitsgebäude, Maschinen und Rohstoffe…) getrennt. Dadurch haben sie keinen Einfluss darauf, was und wie produziert wird. Auch das Produkt, dass sie in ihrer Arbeitszeit herstellen, gehört nicht ihnen, sondern der KapitalistInnenklasse, für die sie arbeiten, und der sie ihre Arbeitskraft verkauft haben. Das Produkt ihrer eigenen Arbeit entfernt sich von ihnen, und wird Ware der KapitalistInnenklasse. Sie sind für ihren Lebensunterhalt auch gezwungen, krankmachende (viele „Lebensmittel“), todbringende (Rüstung) und unsinnige Güter herzustellen.

Von dem Verkaufserlös dieses von ihnen erarbeitete Produkt, fließt nur ein Teil in Form des Lohnes zu ihnen zurück. Dieser Lohn deckt nur den Bedarf nach den notwendigen Lebensmitteln und gibt vielleicht noch ein wenig „Luxus“ her. Das Kapital und der Staat sind sehr streng in ihrer Beurteilung, was für Lohnabhängige und Arbeitslose verzichtbaren Luxus darstellt. Daher die ständigen Angriffe auf unseren Lebensstandart. Diese Angriffe können wir nur zurückschlagen, indem wir radikal und konsequent sind. Dazu gehört, dass wir klar aussprechen: Lohnarbeit ist das Elend an sich! Der Lohnabhängige produziert die Macht des Kapitals und seine eigne Ohnmacht.

Und die Forderung nach einem Mindestlohn führt nicht aus diesen Elend heraus. Eine Politik die Mindestlöhne fordert, ist - wie jegliche Politik - nichts anderes als eine alternative Elendsverwaltung. Ebenfalls zu dieser Elendsverwaltung gehört die Forderung nach der 30-Stunden-Arbeitswoche. Die OrganisatorInnen diese Demonstration geben sich reichlich Mühe immer schön brav im Rahmen des Kapitalismus zu bleiben. Und im Rahmen dieser "realen Politik" fordern sie die 30 Stundenwoche, dabei die Kleinigkeit „vergessend“ dass die Arbeitszeit nach den Profitbedürfnissen des Kapitals, und nicht nach unseren geregelt ist. Das Kapital strebt danach die Arbeitszeit maßlos auszudehnen. Und nur der radikale und konsequente Kampf der Lohnabhängigen vermag dieser Maßlosigkeit Grenzen zu setzen.

Die OrganisatorInnen dieser Demo behaupten dass die deutsche Gewerkschaftsbewegung zu einem solchen Kampf fähig wäre und verkaufen uns das als Realismus! In einer Zeit, in der ver.di im öffentlichen Dienst noch nicht einmal die bestehende 38,5 Stundenwoche verteidigen kann, behaupten unsere "RealpolitikerInnen" mit dieser Gewerkschaftsbewegung ließe sich eine 30 Stundenwoche erkämpfen! Wir sehen: Linke Realpolitik ist so realistisch dass sie schon wieder unrealistisch ist. Dieser utopischen „Realpolitik“ stellen wir unsere Unbescheidenheit entgegen: Jede Minute Lohnarbeit ist eine zuviel!

Bis jetzt ist es nur eine kleine Minderheit, die sich dessen bewusst ist und sich so Radikal äußert. Aber auch Teilkämpfe mit reformistischen Forderungen können sich radikalisieren! Diese Radikalisierung zu behindern, ist die Hauptaufgabe der Gewerkschaftsbürokratie. Im öffentlichen Dienst hat sie sich offen als eine Kraft zu erkennen ergeben, welche die Angriffe zur Verlängerung der Arbeitszeit mitgestalten will statt sie offensiv zu bekämpfen. Den Gewerkschaftsbonzen geht es nicht wirklich um den „Lebensstandart“ der Lohnabhängigen, sondern darum ihre „Tariffähigkeit“ zu behalten. Hauptsache Kapital und Staat akzeptieren die Gewerkschaftsbürokratie als Verhandlungs- und Tarifpartnerin. Dass die ausgehandelten Tarife oft die Arbeitszeit verlängern, ist für diese Bonzen zweitrangig. Wie WaschmaschinenvertreterInnen Waschmaschinen verkaufen, so diese „ArbeitervertreterInnen“ die ArbeiterInnen.

Mit diesen Gewerkschaften können wir nur verlieren! Sie organisieren für uns die permanente Niederlage. Nicht wenige ArbeiterInnen überall auf der Welt haben dies schon erkannt. Sie verlassen in ihrem Kämpfen die bürokratischen Hindernisse der Gewerkschaften und organisieren selbständig ihren Widerstand. So genannte „wilde Streiks“, die ohne Gewerkschaften durchgeführt werden, sind nur der sichtbarste Ausdruck dieser Selbstorganisation. Oft nimmt sie auch eine versteckte und unsichtbare Form an, wie zum Beispiel das Nehmen unerlaubter Pausen; die Sabotage an den Produktionsmitteln, um in der Zwischenzeit, wo diese nicht funktionieren, ein wenig Ruhe zu haben; Langsamarbeiten.

Doch die OrganisatorInnen dieser Demo setzen nicht auf die Selbstorganisation im Klassenkampf, sondern auf die Gewerkschaften, linke PolitikerInnen (WASG und Linkspartei) und eine „andere Politik“. Doch die Politik ist das besondere Geschäft und Privileg einer bestimmten Klasse, der Klasse der BerufspolitikerInnen. Die Interessen dieser politischen Klasse sind mit denen der Kapitalistenklasse grundsätzlich verschmolzen. Diese beiden herrschenden Klassen mögen untereinander auch ihre Differenzen haben, aber in der Frage der Ausbeutung und Unterdrückung der lohnabhängigen Menschen halten sie fest zusammen. Auch linke PolitikerInnen sind im Ernstfall, dass heißt: wenn sie mitregieren, Teil der herrschenden Allianz, wie die PDS durch ihre Regierungspolitik im Berlin und Mecklenburg-Vorpommern eindrucksvoll bewiesen hat.

Appelle an den Staat sind deshalb illusorisch und unterwürfig. Jeder soziale Protest der nicht grundsätzlich staatsfeindlich ist, stellt eine Rebellion auf den Knien da. Und diese Art von "Rebellion" ist das Geschäft aller sozialdemokratischer Berufs- und Hobbypolitiker(z. B. MLPD, Linkspartei, Attac...). Auch eine der objektiven Hauptfunktionen der OrganisatorInnen dieser Demo ist es, sozialen Unmut in staatskonforme Bahnen zu lenken, ob sie sich dessen nun bewusst sind oder nicht.

So betonen sie nur die Gegnerschaft gegenüber dem Privatkapital. Dass auch im staatlichen Sektor die kapitalistische Ausbeutung von Lohnarbeit organisiert wird, „vergessen“ die linken RealpolitikerInnen nur allzu gern. Der Staat ist nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems. Dies beweisen auch die ehemaligen und noch bestehenden „sozialistischen Staaten“, die in Wirklichkeit nichts anderes als staatskapitalistische Systeme waren und sind.

Selbstverständlich führen Privatisierungen des staatlichen Sektors zu vermehrter Ausbeutung, Preiserhöhungen und Verschärfung des allgemeinen Elends. Aber was wollen wir? Nur dafür kämpfen, dass das Elend nicht noch schlimmer wird oder für ein Leben ohne Elend?! Wir Lohnabhängigen und Arbeitslosen sind oft viel zu bescheiden. Wir formulieren unsere Wünsche und Sehnsüchte nur noch im Rahmen des angeblich Möglichen. Doch das, was möglich ist, wird auch durch unser eigenes Verhalten bestimmt. Je mehr Menschen bewusst für eine klassenlose Gesellschaft ohne Staat kämpfen, umso realistischer wird diese.

Es ist eine Lüge der Politik, dass die Menschheit ohne kapitalistische Wirtschaft und staatliche Politik nicht leben könne! „Ohne Staat gibt es Chaos“, lautet ihr altkluges Gestammel. Als ob die staatliche Politik etwas anderes wäre als das bürokratisch organisiertes Chaos (z. B. Arbeitsämter)! Die Arbeiter-Innenklasse hat in revolutionären Situationen schon oft bewiesen, dass sie fähig zur staatenlosen Selbstorganisation ist. Das am Ende diese Ansätze immer wieder durch staatliche Gewalt in Blut erstickt wurden, ist auch Folge „linker Realpolitik“! Zum Teufel mit ihr!

Wir haben die kapitalistische Ausbeutung und staatliche Gewalt mehr als satt! Also Schluss mit der Bescheidenheit! Kämpfen wir langfristig für ein Leben ohne Elend! Für die Vergesellschaftung der Produktionsmittel, für Selbstorganisation und Selbstbestimmung! Unser Glück liegt jenseits von Kapital und Staat!

www.oocities.org/raetekommunismus/, http://www.wildcat-www.de/

Einige sozialrevolutionäre ArbeiterInnen und Arbeitslose

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