Red & Anarchist Skinheads in New York City
Interview mit Abby vom Never Surrender-Zine
RT: Abby, stell' Dich mal vor und erzähl' mal was über Dein Zine und Deine weiteren Aktivitäten!
A: Ich bin 21 Jahre, Skinhead Girl und lebe in Brooklyn, NYC, und ich sympathisiere mit revolutionären Ideen. Ich liebe es zu Ska, Oi! und Hardcore Konzerten zu gehen, in coolen Kneipen Bier zu trinken, mit meinen Freunden rumzuhängen, in meiner Band zu spielen, zum Fußball zu gehen, (Brief-) Kontakt zu Skinheads zu haben, etc. Ich bin politisch aktiv, als Skinhead und als Anarcho-Syndikalistin...Ich kämpfe für eine klassenlose Gesellschaft, wo die Menschen die Kontrolle über ihre Leben haben, im Gegensatz zu heute, wo die da oben die Fäden in Händen halten. Als ein Skinhead, der in einer klassenbewußten Familie von Gewerkschaftern aufgewachsen ist, macht es für mich den meisten Sinn das zu sein, was ich bin und zu tun, was ich tue...Bevor ich Skinhead wurde war ich Punk...Als die Punks anfingen Nirvana anstelle von Conflict zu hören und als sie anfingen Heroin zu nehmen statt wie früher Bier zu trinken, fühlte ich mich verloren und im Stich gelassen. Ich machte mein Ding weiter. Als Dan, der früher auch Punk war, Skin wurde und RASH startete, beeinflußte mich das. Viele meiner Freunde waren Skinheads...Zwei Jahre später fing' ich mit meinem Zine Never Surrender an, das allen antirassistischen Skins und Redskins gewidmet ist. Es gibt einfach zu viele Zines in der Szene, die sich "Keine Politik" oder " Weder rot noch rassistisch" auf die Fahnen schreiben. Die meisten dieser Zines sind schlecht und man kann von ihnen sagen "Nicht der Rede wert!". Sie besprechen und interviewen Nazibands, aber sie nennen sich "unpolitisch". Ich möchte eine Szene, die sich erinnert und weiß, wofür sie einsteht und die aufhört, Skinheads zu entmutigen, eine eigene Meinung über das zu haben, was um sie abgeht. Meine Politik hat einen direkten Bezug zu dem Stolz auf meine Klasse. Nicht alle Skins sollten unbedingt politisch sein, aber linke Ideen schaden dem Skinhead Way of Life nicht. Für mich ergänzen sich da Stärke und Antrieb. RASH hat eine Menge Skins davon abgehalten sich die Haare wachsen zu lassen, seitdem wir eine neue Bedeutung und Zugehörigkeit als die bisher bekannte eingebracht haben.
RT: In Revolution Times # 4 war ein Brief vom RASH Skin Dan aus NYC abgedruckt, worin er von einem bevorstehenden Prozeß berichtete. Wie sieht' s jetzt für ihn aus?
A: Dan wurde im Sommer 1996 während eines Fußballspiels unseres Teams Metrostar in New Jersey festgenommen. Er war ein Wochenende im Knast und er hat mit Bußgeld zu rechnen, vielleicht sogar Knast und ein Gerichtstermin steht noch aus (bis jetzt ist er noch nicht festgelegt!). Er hat einen Anwalt und eine Menge Unterstützung von verschiedenen Gruppen. Er ist ein sehr bekannter Skinhead und Aktivist, was ihm hoffentlich von Vorteil sein wird. Er ist angeklagt wegen unerlaubtem Waffenbesitz und für das Verprügeln von Naziskins. Er war nicht der einzige, der festgenommen worden ist, aber der einzige Skinhead. Es waren andere Skins ( nicht nur RASH Mitglieder) an der Prügelei mit den Nazis beteiligt. Wir werden euch über den aktuellen Informationsstand auf dem Laufenden halten.
RT: Seit wann gibt es RASH in NYC? Was für Aktionen und Projekte habt Ihr bisher als RASH gehabt?
A: RASH gibt es seit 1992 in Brooklyn, NYC. Die Anzahl unserer Aktiven wechselt. Nicht alle Redskins in NYC unterstützen RASH oder sind Mitglieder. Wir haben unsere Kneipen und Orte, wo wir hingehen. Manchmal gibt es Streß, weil irgendwelche Arschlöcher damit anfangen... RASH hatte bisher alle möglichen Aktivitäten. Wir waren bei Demos dabei, hatten Konferenzen, Vortragsreihen, Konzerte, Streikposten, Nighter, Zines, Berichterstattung in den Medien (TV, Zeitungen), internationale Reisen und Kontakte, etc. Dan und ein RASH Skin aus Florida waren neulich in Spanien für einen Monat und haben eine Menge Kontakte gemacht und Tonnen an Musik und Infos mitgebracht.
RT: Wie ist die Szene in NYC?
A: Die Szene hier ist ungeheuer riesig und schwierig zu erklären. Die meisten Skins bleiben nicht länger "dabei" als ein oder zwei Jahre und die ganze Attraktivität ist eine ganz andere als zu Anfang der 80iger. Heutzutage kann sich jeder die Kreditkarte seines Vaters ausleihen und ein Skinhead "werden". Kauf die richtigen Klamotten, ein Exemplar von Spirit of 69 und du bist der Skin! Zum Glück sind diese Typen wieder schnell verschwunden und du bleibst mit den anderen zurück, die immer da sind. Genau wie die Jungs von Oxblood, RASH und Skins, die Politik nicht interessiert, aber die gerne zum Fußball gehen und mit uns rumhängen. Wir RASH Skins bleiben nicht unter uns, wir haben viele Freunde und Beziehungen in der Skinszene, die das unterstützen, was wir tun. Wir haben auch zu politischen Gruppen gute Beziehungen...Wir sind auch alles Mitglieder irgendwelcher Gruppen wie Anti-Racist-Action, Workers Solidarity Alliance - North American Section of the International Workers Association, Empire State Soul Club, Empire Supporters Club, etc.).
RT: Ihr habt ja auch im Internet einige Seiten. Es zeichnet sich ein gewisser Bishop dafür verantwortlich. Wer ist denn das?
A: Bishop ist ein RASH Skin, der unsere Internetseiten erstellt...Er reist von Stadt zu Stadt, ist aber über das Internet stets erreichbar.
RT: Wie ist die Situation der amerikanischen Skinheadszene?
A: Die Situation ist die: Die meisten Skins sind nicht rassistisch. Obwohl es in jeder Stadt anders ist, gibt es in einigen Städten eine Menge Ärger zwischen Nazis und normalen Skins und Punks, während in anderen Städten wie NYC selten Probleme mit organisierten Nazis auftreten - die Probleme kommen hier eher aus der "unpolitischen" Szene. Da ist dieser Trend des "Unpolitischsein". Es existiert eine Art von undefinierbarer Ehrfurcht oder Respekt für Boneheads und ihre Musik. Ich kenne einige Zines und Internetseiten, wo Skins ihre "unpolitischen" Absichten darlegen und gleichzeitig Boneheadmusik besprechen, es "RAC Oi!" nennen und sich damit rausreden, es sei nur Musik gegen Kommunismus (wie "unpolitisch"!). Diese Musik ist nun nicht länger verachtet, sondern jetzt ist sie akzeptiert auf einem "Gegen Links"-Level. Aber die meisten Skins hier sind nicht an Nazidreck interessiert, auch wenn einige Kontakt zu Nazis haben, was wir für genauso beschissen halten wie wenn sie selbst welche wären. RASH kennt keine Toleranz gegenüber Boneheads in der Szene. Dies sollte Konsens sein.
RT: Was ist zu der "unpolitischen" Fraktion zu sagen?
A: Was soll ich dazu sagen? Das ist ein Produkt von George Marshalls "Skinhead Bibel". Seine verdammte "Bibel" hat mehr Schaden verursacht als Gutes, wie ich denke. Er versucht Skinheads so darzustellen wie sie wirklich sind, tut dies aber auf eine sehr selektive Weise. Er weiß verdammt nochmal genau, wer RASH ist und wo er uns hier in NYC finden kann, aber hat er auch nur den Versuch unternommen als er sein neuestes Buch bzw. den Film gemacht hat? ...Der "Keine Politik" Trend hat ein kurzes Leben. Es kommt der Tag, wo man Stellung beziehen muß.
RT: Du schriebst mir was über die Bands The Strike und The Adjusters. Erzähl' uns mal mehr über sie. Wie ist die Musikszene so in NYC?
A: The Adjusters sind eine sozialistische Mod Ska/Soul Band aus Chicago. Mein Freund Duraka ist der Sänger der Band. Er ist ein Mitglied der Democratic Socialists of America, ist Unterstützer von RASH und diese Band wird bei unserem Treffen im April spielen. The Strike sind ebenfalls eine sozialistische Mod Band und kommen aus Minneapolis. Sie werden auch im April für uns spielen. Einige andere nennenswerte Bands sind Those Unknown, eine Redskin Oi! Band aus NYC. Sie sind auch Unterstützer von RASH und gute Freunde von uns. The Spectre ist eine Skaband aus Columbus und in ihr spielen ebenfalls RASH Mitglieder.
Die Musikszene hier in NYC ist sehr groß. es gibt viele Bands und hörenswerte Konzerte. Die Oi! Szene hat viele Bands, aber es gab in den letzten 6 Monaten nur ein Konzert. Es gibt eine Menge Punkkonzerte. In East Village hängen die meisten Punks und Skins rum (West Village ist zu spießig und teuer), z.B. auf dem St.Marks Place. Aber größtenteils leben hier Punks, die viele Häuser besetzt haben. Die meisten Skins leben in den Vororten (Queens, Brooklyn, Bronx, Staten Island) oder kommen von Long Island und New Jersey. Die meisten Bars und Clubs, wo die Leute rumhängen, sind in East Village. Gelegentlich ist was los in Brooklyn oder Queens.
RT: Wie schaut' s mit den Naziskins aus?
A: Das Naziskinnetzwerk in Amerika bietet verschiedene Möglichkeiten: Entweder schließen sie sich in ihren eigenen Nachbarschaftsgangs zusammen oder sie machen in größeren Zusammenschlüssen wie Resistance Records, Aryan Nations, Confederate Hammerskins, etc. mit. Es ist einfach durch Überwachung und Recherche aufgrund ihrer Zines und Internetbeiträge zu sehen, was sie wollen. Es gibt viele Nazis in diesem Land (und nicht alle sind Boneheads!), die viele Kontakte zu den Oberen dieses Landes haben und in verschiedenen Städten gut organisiert sind. Wir haben es mit ihnen in unserer Stadt zu tun (hauptsächlich Staten Island).
RT: Mit wem arbeitet Ihr zusammen?
A: Rassismus betrifft uns alle und es vereint uns der Kampf gegen Rassismus mit allen, die etwas gegen diese Arschlöcher haben.
RT: Was denkst Du über das Problem des Sexismus? Ist das auch ein Problem in der Skinhead Szene?
A: Das Problem des Sexismus (egal in welcher Szene oder Kultur) wird erst dann verschwinden, wenn der Kapitalismus beseitigt ist. Bis dahin haben wir es mit ihm in unserem täglichen Leben in verschiedenem Maße zu tun. Sexismus war immer ein Problem in der Skinheadszene. Es gibt da einen alten Spruch: Es gibt keine Skinheadmädchen, es gibt nur Mädchen von Skinheads. Diese Meinung vertreten einige Skinheads, aber die haben noch keine Skinhead Girls von RASH getroffen... Sicher gibt es einen Mangel an Skinhead Girls. Aber es gibt hier coole Skinhead Girls (auch unpolitische) und wir hängen zusammen auf Konzerten rum.
RT: Was bedeutet es für Dich Skinhead/ Skingirl zu sein?
A: Es bedeutet eine Menge Skinhead zu sein, ein Mädchen und politisch aktiv dazu.
Ich bin sehr stolz auf das, was ich bin und was ich tue. Ich versuche alle um mich herum zu ermutigen mit dem weiterzumachen, was sie tun, ob sie nun Skinheads sind oder nicht. Ich versuche ein Gleichgewicht zwischen Politischem und Persönlichem zu haben, so daß ich nicht erdrückt werde. Ich würde gerne viel öfter reisen und Redskins in aller Welt treffen.
RT: Letzte großartige Worte...
A: Ich hoffe, daß meine Antworten nicht zu langweilig waren. Zum Schluß möchte ich noch folgendes loswerden: Der Skinhead Way of Life ist kein einfacher Weg, besonders wenn du politisch bewußt oder aktiv bist. Da ist eine Menge Scheiße in der Welt und in der Szene; warum sollten wir nicht versuchen das zu ändern? Ich lebe um zu widerstehen und nicht um mich zu fügen! Skinhead ist ein Stück davon.
Abby, 4.Februar 1997.
Kontaktadresse: Never Surrender, Abby, P.O. Box 1418, Cooper Station, New York, NY, 10276, USA.
(aus Revolution Times # 6)