Auschwitz als Alibi
Kritik des bürgerlichen Antifaschismus

**"Deutschland denken heisst Auschwitz denken"
oder: Die Antinationalen**

"Wenn wir uns als antideutsch bezeichnen, so tragen wir der Tatsache Rechnung, dass die deutsche Bevölkerung - heute auch - ein Kollektiv von besonderer Gefährlichkeit ist. Antideutsch bedeutet deshalb auch: Abkehr von der bisherigen linken Praxis der Massenorientierung."

"Solange der Anspruch auf Revolutionierung dieser Massen bestehen bleibt, solange werden die künftige Kundschaft mit allen Tricks umworben, ihre Taten entschuldigt und ein taktisches Verhältnis aufgemacht."

"Antirassismus ... wird, er muss minoritär sein"

Die "Antinationalen" entstanden Anfang der 90er aus Teilen der Konkursmasse der K-Gruppen und konstituierten sich 1990 auf der grossen "Anti-Wiedervereinigungsdemo" in Frankfurt, welche unter dem Motto "Nie wieder Deutschland" stand. Sie drehten sich um 180 Grad und behaupteten das abstrakte Gegenteil von dem, was sie in ihrer politischen Vergangenheit beflügelt hatte: statt als Freund und Repräsentant der Arbeiterklasse aufzutreten, wandten sie sich mangels gesellschaftlicher Perspektive in einer Art (antideutschem) Reflex auf die veränderte Lage in Deutschland gegen alle(s) Deutsche(n) zugleich, ob nun Arbeiter oder Kapitalist, Nazi oder Antifaschist. Zwischen Staatsgewalt, Kapitalinteressen und vereinnahmten Menschen (wenn diese auch z.T. immer wieder "willige Vollstrecker" sind) wird also nicht unterschieden. Die "Antinationalen" haben von ihrem Avantgarde-Dasein der Vergangenheit nicht Abschied genommen, sondern stellen nun ihre Abgehobenheit erneut in neuer Form unter Beweis.

An den Spruch Kaiser Wilhelms II anlehnend könnte man ihre politische Maxime folgendermassen zusammenfassen: "Wir kennen keine Klassen mehr, nur noch Deutsche!". Im Mittelpunkt ihres politischen Denkens stehen der deutsche Faschismus und Auschwitz ("Deutschland denken heisst Auschwitz denken"), die "unvergleichliche Bösartigkeit" und die "Besonderheit" alles Deutschen. Somit nähern sich die Antinationalen, die gerne Worte wie "spezifisch", "besonders" und "bestimmt" gebrauchen, sehr dem Rassismus, den sie selbst vorgeben abzulehnen (so reden sie von einem "Webfehler" der Deutschen und von einer "sozio- und psychogenetischen Geschichte" des "Rassenhass der Deutschen"; darin unterscheiden sie sich in nichts von ihren selbst gewählten "antifaschistischen Bündnispartnern" z.B. in den USA. "Es ist richtig, die deutsche Nation als eine kranke und geistig unausgeglichene Nation, als eine Gruppe von potentiellen Kriminellen zu behandeln." (Harry Hopkins, ein enger Mitarbeiter von Präsident Roosevelt; Daniel Goldhagens Buch "Hitlers willige Vollstrecker" zielt in die gleiche Richtung. Die Quintessenz seines Buches lässt sich in dem Aphorismus "Keine Deutschen - kein Holocaust" zusammenfassen, die Juden stehen in diesem Werk als einzige Opfer des Nazi-Faschismus da (Gleichgültigkeit gegenüber nicht-jüdischen Opfern wie Sinti und Roma, Behinderten, Homosexuellen, Kommunisten, etc.) und der Autor flieht sich in eine Art biologischen Kollektivismus, der das deutsche Volk als eine monolithische Einheit sieht und das Problem "ethnisiert". Ähnlich wie der Grossteil der Historikerzunft und die Antinationalen denkt er in den Kategorien von Nationen und nicht in denen von sozialen Klassen. Die Bedingungen des Krieges hätten es den Deutschen ermöglicht, ihre eigentliche Berufung zu zeigen und in die Tat umzusetzen.) Solche ideologischen Versatzstücke sollten das Vorgehen der Alliierten gegen das imperialistische Hitlerdeutschland rechtfertigen.). "Die Deutschen" sind für sie ein "barbarischer Stamm". Eine Art negativer Nationalismus prägt ihr politisches Weltbild. Wenn sie davon reden, dass etwas "spezifisch deutsch" wäre, so ist dies schon fast rassistisch und setzt voraus, dass "deutsch" etwas in Fleisch und Blut Übergegangenes oder gar Angeborenes ist.

Der Dreh- und Angelpunkt allen politischen Wirkens ist für sie die Nazi-Vergangenheit Anstatt diese Vergangenheit klar zu analysieren und mit der Gegenwart in einen Zusammenhang zu stellen, begegnen sie ihr mit moralischer Ablehnung, "politischer Empörung" und einem antideutschen Wahn. Das, was sie selbst ablehnen, die Konstruktion von Nationen, erledigen sie immer wieder von neuem für "die Deutschen".

Wenn sie Politiker dieses Landes kritisieren, dann nicht aufgrund ihrer realen, heutigen Politik, sondern aufgrund ihrer "braunen Flecken auf den weissen Westen", was beinhaltet, dass die Politik der meisten BRD-Politiker in Ordnung geht, sofern sie keine Nazi-Vergangenheit haben. Ihre Kritik an kapitalistischen Firmen besteht darin, dass einige von ihnen früher einmal Zwangsarbeiter beschäftigt haben - heute nicht mehr.

Da es ausser den Nazi-Verbrechen und der Nazi-Vergangenheit für die Antinationalen keine Kritik an den Verhältnissen in Deutschland zu geben scheint und sie auch jegliche Massen- oder Überzeugungsarbeit unter dem "Volk der Täter" ablehnen, existieren Probleme wie Arbeitslosigkeit, Sozialabbau oder Umweltverschmutzung nicht oder sind nebensächlich. So werden vor dem "grössten Verbrechen der Menschheitsgeschichte" alle anderen Verbrechen zur unwichtigen (weil nicht "interessanten" und "aufsehenserregenden") Nebensache; von gesellschaftlichen Ursachen ganz zu schweigen. Selbst haben sie es einmal in etwa so ausgedrückt, dass Leute ohne Auschwitz das Leben ganz passabel und den Berliner Kudamm wunderschön finden müssten (in was für einem Land leben solche Menschen, die so etwas behaupten und wie gut muss es ihnen gehen?). Wer Kritik an ihrer Sicht der Dinge übt und soziale Aspekte als Beweggründe für das Handeln der Menschen anführt, macht sich zum "Komplizen Deutschlands". Solch ein abstruses Ideologiegebäude lässt einen den demokratisch ausgeschmückten Polizeistaat und das Leben in Ausbeutung, Bevormundung und Entfremdung in der Überzeugung ertragen, dass dies Leben immer noch besser ist als unter Hitler. Somit ist das Denken der Antinationalen nicht nur ein Teil des bürgerlichen Sumpfes, in dem der Grossteil der Linken steckt, sondern er führt tief in ihn hinein, so dass ein Hinauskommen unmöglich wird, weil ausländische bürgerliche Staaten unkritisch als "Bündnispartner" gesehen werden, etc..

Die Antinationalen sind der Aufschrei frustrierter "Linker", die mit ihrem negativen Nationalismus nur ihre Perspektivlosigkeit manifestieren. Die einstige "Aburteilung" aller Gollwitzer Bürger als Rassisten und Antisemiten anlässlich ihres dortigen Auftretens verdeutlichte ihre Bedrouille: da sie weder aufklären können noch wollen, verallgemeinern sie lieber gleich und suchen gar nicht erst die politische Auseinandersetzung. Ihr "antifaschistischer Kampf" beschränkt sich darauf, sich unter hysterisch skandierten "Nie wieder Deutschland!"-Rufen als "MigrantInnen" zu "outen", die Deutschlandfahne zu verbrennen und alle, die nicht ihrer "Friss oder stirb"-Ideologie folgen, von vornherein als Rassisten zu beschimpfen. Sie schreien hysterisch gegen die Nation an und machen sie allein dadurch zu einer Art Fetisch bzw. Mythos. Es ist die alte Peinlichkeit. Ihr "Antinationalismus" ist nichts anderes als negativer Nationalismus, keineswegs Internationalismus. Er hat keinerlei Perspektive auf gesellschaftliche Veränderung und gleicht moralischer Selbstbefriedigung (durch das Aus-der-Masse-heraustreten).

Was den 2. Weltkrieg angeht, so ist man der Propaganda-Lüge vom "gerechten" Krieg "Faschismus gegen Demokratie" aufgesessen. Die Antinationalen erkennen nicht die Rolle, welche diese Begründung spielte und sie wollen nicht erkennen, dass auf allen Seiten materielle Interessen vorhanden waren und der 2. Weltkrieg ebenfalls wie der 1. ein imperialistischer war (man erinnere sich an die Grenzverschiebungen, Reparationen, an die Vertreibungen und die nationalistische Hetze auf allen Seiten, etc.). Sie wollen nicht sehen, dass der Westen den "Kampf für die Demokratie" dazu nutzte, um die Klassengegensätze herunterzuspielen. So forderten selbst Gewerkschaften und sozialistische und kommunistische Parteien dazu auf, Streiks zu unterlassen, da diese dem Kampf gegen Hitlerdeutschland schaden würden. Von der Rassentrennung in den USA oder der Kolonialpolitik der westlichen Alliierten ganz zu schweigen (hier spielte auch die französische KP eine widerwärtige Rolle).

Die Menschenfeindlichkeit ihrer kuriosen politischen Anschauungen gipfelt in ihrer Forderung "Bomber Harris, do it again!" anlässlich des 50. Jahrestages der Bombardierung Dresdens durch die Alliierten im 2. Weltkrieg. Sie lassen uns wissen, dass es bei den Bombardierungen Deutschlands durch die Alliierten "die Richtigen" getroffen habe. Dabei ist diese Ansicht pervers und zutiefst menschenverachtend und das "linke" Gegenstück zur Rechtfertigung der Verbrechen des NS-Staates durch die Nazis. Gerade solches Denken treibt viele in die Hände der Nazis, die diese Thematik für sich beanspruchen, weil die Linke den Bombenwurf nicht angreift, weil die Bomben ja auf Nazi- Deutschland fielen. Doch auch hier gilt für uns: Verbrechen müssen beim Namen genannt werden, egal von wem sie begangen werden bzw. wurden. Der 2. Weltkrieg war ebenso ein imperialistischer wie es eben auch der Krieg der NATO gegen Jugoslawien war. "Für Nation und Rasse" und "Für die Menschenrechte" sind da nur zwei verschiedene moralische Begründungen und dienen der Verschleierung der wirtschaftlichen Tatsachen und Beweggründe. Opfer aller imperialistischen Kriege war stets die Arbeiterklasse, ob nun im Widerstand, stillschweigend oder "Hurra!"-schreiend. Daran verdient haben stets die Rüstungsfabrikanten und die am (Wieder-)Aufbau beteiligte Industrie. Es gibt keinen "guten" imperialistischen Krieg. Und nur weil von den ca. 80 Millionen Deutschen und Österreichern nur die wenigsten wirklich aktiven Widerstand geleistet haben, rechtfertigt das nicht, sie dem deutschen oder einem anderen Imperialismus zu opfern. Die Verzweiflung der "Antinationalen" wird auch darin deutlich, dass sie bei der Bekämpfung der "Gefährlichkeit Deutschlands" auf das Ausland als "antifaschistischen Bündnispartner" setzen. Dieses könne das "Modell Deutschland" beenden oder zumindest "die Deutschen" hemmen.

Ihre Fixierung auf die deutsche Vergangenheit bringt ihre eigentliche Sorge zum Vorschein: dass es wieder einmal so kommen könnte wie damals. Dass sich die Geschichte aber meist nicht wiederholt, dass sich die Gesellschaft weiterentwickelt hat und dass ihre imaginären Bündnispartner alle selbst "Flecken" auf den "weissen Westen" haben (keine braunen, sondern demokratisch-legitimierte), darüber schweigen sie lieber, weil sie sonst ihren politischen Bankrott völlig eingestehen müssten. Ihre Kritiklosigkeit der Gegenwart, d. h. kapitalistischen Normalität, gegenüber offenbart aber auch ihre moralische und soziale Selbstzufriedenheit.

Kontakt: revtimes@gmx.net


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