Auschwitz als Alibi
Kritik des bürgerlichen Antifaschismus

**Die Beweggründe des "anständigen Deutschland":
"Rechtsextremismus kann Standort Deutschland schaden"
oder: Die Beweggründe der Wirtschaft**

"Gewalt gegen Ausländer trifft die deutsche Wirtschaft zutiefst"
L. v. Wartenberg, Hauptgeschäftsführer des BDI

"Das heisst, das bedroht auch ein Stück das wirtschaftliche Fortentwickeln der Bundesrepublik und hier insbesondere der ostdeutschen Länder."
Trittin im Südwestfunk, Berliner Zeitung, 31. Juli 2000

"Das derzeitige Bild Deutschlands schadet unserer weltweiten Rekrutierungsfähigkeit."
Bernd Ebersold, bei der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften für Aussenbeziehungen zuständig ist, zitiert nach Berliner Zeitung, 7. August 2000

Die Kapitalisten übten sich in Eintracht mit den bürgerlichen Politikern und waren besorgt um das "Ansehen" und den "Ruf" des Wirtschaftsstandortes Deutschland. Der "Ruf" und das "Ansehen" Deutschlands" sind wirklich überzeugende und beruhigende Argumente gegen "rechts". Auch nach den Brand- und Mordanschlägen von Rostock, Mölln und Solingen waren die Politiker schnell zur Stelle und verurteilten wie der damalige Bundesinnenminister Seiters oft nicht die Täter, sondern beklagten sich lediglich, dass die Täter mit ihren Anschlägen dem deutschen Ansehen in der Welt geschadet hätten. Damals begründete man im gleichen Atemzug mit den Anschlägen die Notwendigkeit das Asylrecht einzuschränken.). Die Ford AG schaltete eine ganzseitige Anzeige in der Süddeutschen Zeitung, das Kieler Einkaufszentrum "Sophienhof" hängte Plakatbänder "gegen Fremdenfeindlichkeit" auf. Das Stadt-Marketing der Stadt Neumünster rief gar zur Teilnahme an einer antifaschistischen Demonstration Mitte September auf. Der "Stern" Nr. 32 wusste sogar zu berichten: "Im brandenburgischen Rathenow initiierten Unternehmer ein Bündnis gegen Fremdenhass, nachdem ausländische Investoren trotz schönster Gewerbeflächen und Steuervorteilen fortgeblieben waren."

Die Wirtschaft lehnt die "Fremdenfeindlichkeit", "rechte Gewalt" und den "Hass" ebenso wie die Regierung ab, nicht etwa aus prinzipiellen Gründen. Nein: Die grösste Sorge für die Wirtschaft und die Politik sich gegen den Faschismus auszusprechen ist die Angst vor negativen Auswirkungen auf den "Standort Deutschland" und nicht die prinzipielle Ablehnung des Rassismus und Nationalismus, der von Teilen der Nazis offen zur Schau gestellt und gelebt wird. Abgelehnt werden die rassistischen Auswüchse prügelnder Nazis (oder solcher Leute, die sich dafür halten), weil sie dem "Ansehen" und somit u.a. dem Export schaden; akzeptiert und mitgetragen wird hingegen die rassistische Abschiebepolitik. Da es einzig und allein darum geht, Schaden von Deutschland abzuwenden richtet sich das Hauptaugenmerk gegen die Gewalt "rechter" Schläger und es werden nicht die Bedingungen thematisiert, unter denen solche Verhaltens- und Denkweisen entstehen. Die rassistische Politik der etablierten bürgerlichen Parteien spielt in der derzeitigen Diskussion keine Rolle in der Auseinandersetzung. Das "anständige" Deutschland darf sich in Kampagnen wie "Wochen des ausländischen Mitbürgers" und "Tolerantes Brandenburg", etc. als "human", "tolerant" und "weltoffen" selbst in Szene setzen oder darf sich vor den Karren von Initiativen wie "Gesicht zeigen" oder "Courage zeigen - Für Toleranz und Demokratie" spannen lassen. Solcher bürgerlicher Politzirkus dient als Vorzeigeaktion für das eigene Gewissen und für die Imagepflege im Ausland. Denn: "Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit schaden uns in jeder Hinsicht," hiess es bereits in der Regierungserklärung der CDU/SPD-Koalition in Brandenburg (so in Berliner Zeitung, 25. November 1999). Im Umkehrschluss heisst dies, wenn die Nazis Deutschland nützen würden, dann wären ihre Aktionen gut(zuheissen).

Noch deutlicher drückte es Herr Höppner aus: "Wir müssen aufpassen, dass die Vorfälle nicht zu einer Gefahr für unseren Wirtschaftsstandort werden." Diese Äusserung des SPD-Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt drückt erstens die Sorgen und Beweggründe der bürgerlichen Demokraten und der Wirtschaft den Nazis entgegenzutreten aus und zweitens zeigt es die Arroganz gegenüber den heutigen Opfern "rechter" Gewalt, welche nur Kollateralschäden der demokratischen Barbarei (in diesem Falle der staatliche Rassismus) sind. Es geht also nicht um die Sache an sich oder um die Opfer, noch ist eine "antifaschistische" Gesinnung vorhanden, sondern es geht einzig und allein um den Ruf des Wirtschaftsstandortes Deutschland, dem alle ihre Gesinnung und Politik unterzuordnen und nach dem sie ihr Handeln auszurichten haben.

Für den Vorsitzenden der Unternehmensverbände Schleswig-Holstein/ Hamburg sind das Problem "weniger die rechtsextremistischen Vorkommnisse selbst, die das Ausland irritierten, als das Lamentieren der Politiker darüber". Dass es die Sorge um die eigenen Profite und nicht um die Opfer ist, welche die Wirtschaft zum "Engagement" gegen "rechts" treibt, verdeutlicht auch ein Beitrag in der Monatszeitschrift der Industrie- und Handelskammern Kiel und Flensburg, wo es heisst: "die IHKs verurteilen die zunehmenden Übergriffe gegen Ausländer aufs Schärfste (...) Es darf nicht sein, dass eine Minderheit das Ansehen Deutschlands gefährdet. (...) Millionen von Menschen aus vielen Ländern tragen mit ihrer Arbeitskraft erheblich zur Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft bei. (...) Die positiven Ansätze in der Diskussion um die Einwanderungspolitik haben nur Aussicht auf Erfolg, wenn die Attraktivität Deutschlands als Produktions- und Arbeitsort nicht durch radikale Gewalttäter beschädigt wird." D.h. alle, die sich nicht den Bedürfnissen der "Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft", d.h. den Klasseninteressen des Kapitals, unterordnen und für diese wichtig, d.h. nützlich, sind, wirken als störend, weil sie nicht gebraucht werden und den Profiten schaden. Dazu gehören "radikale Gewalttäter" ebenso wie Flüchtlinge. Der Staat und das Kapital brauchen die Ausländer als billige und qualifizierte Arbeitskräfte, als Konsumenten und als Touristen; als arme Habenichtse sind sie nicht willkommen. Wer den staatlichen Rassismus mitträgt, das Handeln (z.B. gegen Flüchtlinge) dem Staatsapparat überlässt und ihn demokratisch in Wahlen absegnet, stellt kein Problem für den "Standort" dar.

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Während der Antifa-Kampagne des Staates wurde versucht ein "Wir"-Gefühl zu schaffen. Es sei im Interesse aller, "unseren Standort" gegen diese "rechten Gewalttäter", deren Taten "unsere Arbeitsplätze" gefährden würden, zu verteidigen, etc. Den "Kampf" gegen den Rechtsextremismus hatte die neue Bundesregierung 1998 bereits zur "Chefsache" erklärt. Eine Politik, welche die Verwaltung der Gesellschaft nach kapitalistischen Gesichtspunkten ("Sachzwängen") und im Interesse des Profites regelt, beinhaltet auch, dass die Politik in Bezug auf die Nazis und die Ausländer ebenso betrieben wird. In diesem Sinne wird z.Zt. auch ein Einwanderungsgesetz diskutiert, das den wirtschaftlichen Interessen entspricht und die benötigten Arbeitskräfte beschaffen hilft.

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In diesem Zusammenhang ist auch der Entschädigungsfond für Zwangsarbeiter interessant. Seit Monaten versuchen Staat und Wirtschaft das nötige Geld zusammenzukriegen und haben es bis heute nicht geschafft. Der Fond soll eine Art Schlussstrich darstellen. Zumindest was das finanzielle angeht, wird dies auch offen zugegeben. So heisst es etwa, dass die Stiftung "umfassende und dauerhafte Rechtssicherheit" bedeuten würde, was hiesse, dass die Firmen nie wieder mit der Forderung nach Entschädigungszahlungen für NS-Zwangsarbeiter behelligt würden. Diese Stiftung namens "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" ist auch bezeichnend, zumal das grössere Deutschland seit der Annexion der DDR seiner neuen "Verantwortung" nicht nur einmal nachgekommen ist. Diese "Verantwortung" begann mit den Blauhelmmissionen Anfang der 90er, führte zur aktiven Beteiligung am Angriffskrieg gegen Jugoslawien im Jahre 1999 und zur Verhängung von Sanktionen gegen Österreich im Jahr 2000. Da erscheinen die Kampagne gegen die Nazis in Deutschland, die Stiftung und der Fond für ehemalige NS-Zwangsarbeiter wie ein "antifaschistisches" Feigenblatt, welches die neue Rolle (des imperialistischen) Deutschlands etwas verschleiern und das Ausland beschwichtigen soll. Auch hier äussert die Wirtschaft ihren Hauptbeweggrund: "die Menschen im In- und Ausland schauen auf uns: Unser internationales Ansehen steht auf dem Spiel." Man will sich also gewissermassen vom schlechten Ruf frei- und ein gutes Image erkaufen, womit die Frage der Verantwortung und der "Vergangenheitsbewältigung" auf eine Frage des Geldes reduziert wird. Auch den "Linken", die fleissig über die Höhe der Entschädigungen mitdiskutieren und die Stiftung begrüssen, sei nur gesagt: Die deutsche Bourgeoisie kann sich von ihren Verbrechen weder "freikaufen" noch diese damit "wiedergutmachen"; sie haften am deutschen Kapital wie ein Makel und verdeutlichen nur allzusehr wozu die Kapitalisten bereit sind, wenn nur der nötige Profit winkt.

Kontakt: revtimes@gmx.net


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