Sei froh, daß Du überhaupt Arbeit hast!

Gegen Gewerkschaftskrampf und Kapitallogik

Sei froh, daß Du überhaupt Arbeit hast!

So könnte man die derzeitigen Äußerungen der Wirtschaft und Politik zusammenfassen. Nach immer neuen Forderungen schwang sich der Lübecker Industrielle Christian Dräger dazu auf, die Verhältnisse in einem Artikel im "Handelsblatt" klar zu benennen.

Das deutsche Unternehmertum geht wiedereinmal in die ideologische Offensive. Nachdem man anfangs gezielt Testballons steigen ließ, werden ihre Forderungen nun immer deutlicher. Es zeichnet sich immer mehr ab, wohin die Reise gehen soll.

Und die Klassengesellschaft, ja sie existiere, so Dräger. Aber entlang ganz neuer Linien. So stellt er fest: "Mit Blick auf die Arbeitslosen stellt sich die Frage, ob hier nicht eine neue Art von Klassengesellschaft entstanden ist. Heute ist es nicht übertrieben zu behaupten, daß der Besitz eines voll sozialversicherten Arbeitsplatzes einem Privileg gleichkommt. Die neue Klassengesellschaft läßt sich also einteilen in die Klasse der privilegierten Arbeitsplatzbesitzer und die Klasse der unterprivilegierten Nicht-Arbeitsplatzbesitzer." Diejenigen, die sich von ihren Chefs ausbeuten lassen dürfen und mit der Angst vor Arbeitslosigkeit leben müssen, sind also "privilegiert". Und ganz nebenbei wird die gesellschaftliche Realität umgemünzt und der Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit als "überholt" dargestellt. Dräger tut gerade so, als wenn Arbeitslosigkeit erst seit gestern bestehe und als wenn er und seine "Kollegen" Unternehmer in dem Spiel, das sich Wirtschaft nennt, überhaupt keine Rolle spielen. Er tut so, als wenn nicht er und seinesgleichen über die Ausrichtung und Zielsetzung der Wirtschaft und über Arbeitslosigkeit, etc. bestimmen würden.

Dies muß als erneuter Versuch angesehen werden, der die fehlende Gegenmacht und den Bankrott der Gewerkschaftsführung ausnutzt, angesehen werden.

Dräger fragt nach den "Konsequenzen", die "aus dieser neuen Konstellation" zu ziehen seien und kommt wiedermal zu der Schlußfolgerung, daß die "Privilegierten" auf "einen Teil ihrer Vorrechte" " zugunsten der Nichtprivilegierten" verzichten sollten. Weiter heißt es wie selbstverständlich für Dräger und seine Kreise: "Arbeitsplatzbesitzende können nicht länger nur ihren Besitzstand wahren wollen, da der Gegensatz zwischen den neuen Klassen doch nur aufgehoben werden kann, wenn die Klasse der Privilegierten Verzicht übt." Es wird also wieder das alte Liedchen vom "Verzichtüben" und "Gürtelengerschnallen" im von Kanzler Kohl ausgerufenen "Freizeitpark Deutschland" angestimmt. Und frech argumentiert er gegen Ende seiner Ausführungen: "Solange die Klasse der Arbeitsplatzbesitzenden zu keinen Abstrichen bereit ist, wird es bei unserem Problem Nummer eins - der Arbeitslosigkeit - keine Fortschritte geben.

Diese Ausführungen belegen erneut das oft von unserer Seite geäußerte und von Unternehmer- und Regierungsseite geleugnete Argument, daß die bestehende Arbeitslosigkeit als Druckmittel gegen diejenigen verwendet wird, die noch Arbeit haben. Aus Angst vor dem Verlust des eigenen Arbeitsplatzes ist so mancher zu Zugeständnissen gegenüber dem Kapital bereit.

Dräger klammert allerdings die Rolle der Unternehmer vollkommen aus. Zu welcher Klasse rechnet er sie? Welche "Abstriche" oder "Beiträge" haben sie zu leisten? Oder geht es ihnen so schlecht, daß er sie zu der "Klasse der Unterprivilegierten" rechnet?

Wie auch immer, die immer neuen Forderungen und Gehirnwäscheversuche durch das Kapital und seine Vordenker zeigen, daß gerade auch die Idee des "Bündnis für Arbeit" nur den endgültigen Bankrott der Gewerkschaftsbürokratie bescheinigt und den Unternehmern die Tür geöffnet hat für immer neue Forderungen.

Wie immer predigen sie uns Wasser und trinken selber auf ihren Opernbällen, etc. Champagner. Für ihre Fehler, Profite und Politik dürfen wiedereinmal zahlen. Jetzt sollen wir schon froh sein, ausgebeutet zu werden. Sie werden immer wieder versuchen Arbeiter gegen Arbeitslose, "legal" Beschäftigte und "Illegale", "Billiglohnländer" gegen "Hochlohnländer", etc. auszuspielen. Lassen wir uns wie die Gewerkschaftsbürokraten a la Zwickel und Co auf ihre Logik ein, können wir nur verlieren und Opfer fauler Kompromisse werden.

Dräger und seinesgleichen verleugnet ihre Verantwortung für die bestehende "Arbeitslosigkeit" und "Schwarzarbeit". Arbeit ist genug vorhanden. Millionen Arbeitsplätze könnten im Umwelt- und Pflegebereich, im Wohnungsbau und durch Arbeitszeitverkürzung geschaffen werden. Auch die Stellen, die z.B. von Zivildienstleistenden unausgebildet und zu Billiglöhnen besetzt werden, könnten mit gut ausgebildeten und festangestellten Kräften besetzt werden.

Auch Geld ist genug vorhanden, es ist nur in den falschen Händen.

Wir müssen mit dem Denken der Unternehmer und Gewerkschaftsbürokraten brechen, Gegenwehr und eine linke Gewerkschaftsopposition dem entgegensetzen! Für den Erhalt und Ausbau der vorhandenen und unzureichenden sozialen Rechte und Errungenschaften! Kein Rückschritt und Sozialabbau! Klassenkampf statt Gewerkschaftsbürokratiekrampf und Kapitulation vor der Unternehmer-Logik und ihren Interessen! Red Devil

(aus Revolution Times # 4)

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