Auschwitz als Alibi
Kritik des bürgerlichen Antifaschismus

**Erklärungsversuche**

Die bürgerlichen Analysen beschränken sich meist auf die Beschreibung und das Aufzählen der Parolen und der Aktionen (also auf die äussere Form) und das Ableiern von gesellschaftskritisch anmutenden Allgemeinplätzen und Halbwahrheiten. Ignoranz und Vereinfachung haben allerdings noch nie etwas zur Lösung eines Problems beigetragen. Die bürgerlichen Medien und Politiker greifen - aus dem Gesamtkontext gerissen - einzelne Aspekte (vor allem die Form des Faschismus) auf, ohne sie zu erklären. Zu einer wirklichen Auseinandersetzung mit den ideologischen Grundlagen der extremen Rechten ist es bisher nicht gekommen. Eine solche ist sicherlich auch nicht erwünscht, da sich sonst die politische Nähe vieler Gedanken und Werte der "Neuen Mitte" mit denen der Nazis erweisen würde.

Es heisst auch, dass ein Verfall der Werte zu den Ursachen der "Rechtsentwicklung" gehöre. Dem muss aber widersprochen werden, da die Werte der Nazis nur die auf die Spitze getriebenen Werte der bürgerlichen Gesellschaft sind (z.B. Ehre, Treue, Konkurrenz, Pflicht, Untertanengeist, Arbeitsethos, etc.). Genau diese Werte haben die Diktatur der Nazis ermöglicht, wie sie heute die Diktatur des demokratischen Kapitalismus ermöglichen.

Rassismus und Faschismus werden als ein Problem "schlechter" Ideen und nicht als Produkt gesellschaftlicher Verhältnisse und materieller Interessen dargestellt. So versucht die Regierung dieses Problem in idealistischer Art mit Hilfe von Aufklärungskampagnen zu beseitigen, während sie auf der anderen Seite bereits wieder durch ihre Politik neuen Nährboden für den Rassismus schafft.

Alle bürgerlichen Erklärungsversuche bleiben im Sumpf des Systems stecken. "Demokratiedefizite" wurden von dem liberalen Vorzeige-Ausländer der Grünen, Cem Özdemir, bei der ostdeutschen Bevölkerung ausgemacht, wie jedes Mal, wenn die dortige Bevölkerung nicht das gewünschte Bild abgibt (z.B. auch in Bezug auf den hohen Anteil von PDS-Wählern). Die alte These von "zuviel Rotlicht macht braun" und das Lamentieren über den staatlich "verordneten Antifaschismus" der DDR war auch wieder zu vernehmen. Es müssten bloss Vorurteile beseitigt werden, Aufklärung genüge. Gesellschaftliche Ursachen werden nicht angesprochen, der Grossteil der Ursachen wird in der Arbeitslosigkeit und der Dummheit einiger Menschen gesehen. Als wenn jeder Arbeitslose automatisch Rassist werden würde (ähnlich der Theorie der Antinationalen, das "spezifisch" Deutsche wäre der Grund dafür, dass in Deutschland der Rassismus gedeihe). Dass aber nicht jeder, der arbeitslos ist bzw. dies zu befürchten hat, "rechtsradikal" denkt, handelt oder wählt, kann ein solches Erklärungsmuster nicht erklären. Dieser Erklärungsversuch berücksichtigt nicht, dass Meinungen aufgrund bestimmter gesellschaftlicher Erfahrungen (wessen Politik schafft die Rahmenbedingungen für solche Erfahrungen?), der dem jeweiligen Menschen zur Verfügung stehenden Informationen (wer entscheidet darüber, wer welche Informationen erhält?) und in einem bestimmten gesellschaftlichen und politischen Klima (wer schafft dieses?) entstehen.

Erklärungsversuche, welche der Sozialisation in der DDR die Verantwortung zuschreiben (als Stichworte seien hier genannt: Aufwachsen in Plattenbauten, Kinderkrippen, "Demokratiedefizit", autoritärer Staat DDR, etc.), können nicht die auch im Westen existierende Nazi-Szene erklären. Ebensowenig können sie die Wahlerfolge der REPs in Baden-Württemberg und Berlin und die der DVU in Schleswig-Holstein und Bremerhaven erklären. Wie kommt es, dass bereits in den 80ern etwa 13 Prozent der westdeutschen Bevölkerung antisemitische Vorurteile hatten?

Relativierung des Problems

Während das Problem der Nazis nur auf das der Gewalt reduziert wird und von einem Teil der bürgerlichen Politiker als Alibi für den Ausbau des Überwachungsstaates ausgenutzt wird (diesmal im Kampf gegen "Nazis", demnächst wieder gegen "kriminelle Ausländer"), relativiert ein anderer Teil das Problem in altgewohnter Manier. So sprechen die CSU-Rechten um Spranger klar davon, dass "rechtsradikale" Parteien "keine ernsthafte Bedrohung für Demokratie und Gesellschaft" darstelle und dass das Bild von Terror und Kriminalität in Deutschland "abseits der Realität" liege. Die Aktionsbündnisse gegen rechts seien "politisch gefährlich" und führten zu "Irritationen".

Das Problem wird trivialisiert durch Politiker wie den CDU-Bundestagsabgeordneten Wolfgang Bosbach, der allen Ernstes meinte, wer mehrmals wöchentlich trainiere und danach müde ins Bett falle, der komme nicht so leicht auf krumme Gedanken. Oder durch den Oberbürgermeister von Düsseldorf, welcher zum städtischen Einheits-Empfang sogar Nazis um den stadtbekannten Torsten Lemmer einlud.

Wie ernstgemeint die Appelle für "Zivilcourage" sind, wird auch deutlich, wenn Berlins Innensenator Werthebach (CDU) antifaschistische Demonstrationen wie die vom 7. Oktober 2000 gegen die NPD-Bundeszentrale in Köpenick nutzt, um vor "gewalttätigen Ausschreitungen von Linksextremisten" zu warnen und somit dem Treiben der NPD kein Wort widmet, sondern versucht den Protest gegen die NPD zu diskreditieren. Im Internet und in der täglichen Regierungspropaganda spricht die Regierung auch ganz klar von ihrem Kampf gegen "linke" und "rechte" Extremisten, der nun langsam wieder hinter der zu Ende gehenden Kampagne des Staates gegen die Nazis in den Vordergrund rückt.

Der grösste Widerspruch zum öffentlich verkündeten Kampf gegen "rechts" stellt der Umgang mit offiziellen Statistiken dar. Im Panorama-Beitrag "Gewalt, Chaos, Umsturz" vom 24. August 2000 wurde darauf aufmerksam gemacht, dass es seit der "Wiedervereinigung" 117 Tote durch Nazi-Gewalt gab; die Kohlregierung sprach von 34, die jetzige Regierung hat die Statistik auf 24 "korrigiert" (Begründung: die "Erfassungsmerkmale" seien geändert worden). Selbst die "Frankfurter Rundschau" und der Berliner "Tagesspiegel" sprachen von 93 Ermordeten. So werden die Ausmasse der "rechten Gewalt" verharmlost und gerade von der Regierung heruntergespielt, welche vorgibt die Nazis energisch bekämpfen zu wollen.

Kontakt: revtimes@gmx.net


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