"Welche Perspektive hat die Anti-Globalisierungsbewegung? Eine notwendige Kritik"

III. Ist der "Neoliberalismus" das Produkt einer "falschen Politik"?

Wenn die AGB vom "Neoliberalismus" redet, so meint sie die Politik der Deregulierung und Privatisierung, welche seit einigen Jahren verstärkt durchgeführt wird. Diese Politik ist allerdings nicht das Ergebnis "falscher Ideen", die zu einer "falschen Politik" führen, sondern die Antwort des Kapitalismus auf seine tiefe strukturelle Krise. Der "Neoliberalismus" ist dabei der ideologische Ausdruck der materiellen Klasseninteressen der herrschenden Klasse. Wenn man davon ausgeht, dass die derzeitigen Zustände nicht sein müssten (also dass sie eine beliebige Variante ganz anders möglicher Entwicklungen darstellen), wenn die Mächtigen nur anders wollten, ist es selbstverständlich, an das Gewissen und die Verantwortung der Mächtigen zu appellieren und das System nur anders organisieren zu wollen statt es zu beseitigen. Diese Herangehensweise ist idealistisch, denn sie geht davon aus, dass Ideen die Welt bestimmen. Wenn angenommen wird, dass die Politiker oder Manager bloss "verantwortungslos" oder "korrupt" sind, heisst dies, dass die AGB viel an der Organisation des Staates oder der Lohnarbeit auszusetzen hat, aber nichts am Bestand dieser, d.h. sie akzeptiert sie als "naturgegeben". Es stört sie nicht, dass es Politiker gibt, es stört sie lediglich, dass diese ihren vermeintlichen "Aufgaben" nicht nachkommen. Dies ignoriert allerdings die ökonomischen Verhältnisse und Zwänge, gegen die auch Politiker nicht ankönnen. Der derzeitige Abbau des Lebensstandards ist nicht eine mögliche Entscheidung der Herrschenden, sondern eine wirtschaftliche Notwendigkeit, sozusagen der stumme Zwang der Verhältnisse. Logische Konsequenz dieser Sicht der Welt ist es Appelle an die Verantwortlichen zu richten, sie sollten ihrer "Verantwortung" gerecht werden bzw. zur "Vernunft" kommen. Überhaupt: Die "neoliberale" Doktrin zu kritisieren ist etwas anderes als die kapitalistische Wirtschaftsweise als ganzes zu kritisieren.

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