Skinetas Revival Zine

"Kämpfen wir für unsere Rechte!"

Das Skinetas Revival (SR) ist ein Skinheadfanzine aus dem katalanischen Barcelona. Mit der Macherin, Rudith, stehen wir seit einiger Zeit in Kontakt. Lest nun selbst was sie uns über ihr Zine und ihr sonstiges Treiben zu sagen hatte.

RT: Rudith, Du machst ein Zine namens Skinetas Revival. Bitte erzähl' uns mal etwas über Dein Zine? Ist es wirklich ein Skingirl Fanzine?

SR: Unser Heft ist komplett von Skingirls aus Barcelona und anderen Städten gemacht. Manchmal veröffentlichen wir Fotos, Comics und einige Artikel von Skinheads, das ist nicht der Normalfall. Unser Zine hat nicht den Anspruch sich mit unseren musikalischen Vorlieben zu beschäftigen (dafür gibt es eine Menge anderer Zines, die diese Arbeit leisten: WPF, Tropikal, Shanty Town, ...). Wir haben den Anspruch mit unserem Heft über die politische Verfassung der Skinheadszene nachzudenken und die Gedanken, Probleme und das Klassenbewußtsein von Skinheads und Skingirls aufzugreifen, immer von einer femininen Sichtweise, die in anderen Zines nie vorhanden ist. Skingirls in anderen Zines geben sich wie Sexobjekte, sie sind sexy auf Fotos und so und das war' s dann auch schon ... Unsere Stimme und Meinung in der Szene ist verstummt, aber mit Skinetas Revival haben wir den Anspruch von der ganzen Szene wahrgenommen zu werden. Sicherlich kannst Du auch bei uns was über Musik lesen, aber das ist nicht die Hauptsache und der Schwerpunkt.

RT: In Eurem Zine habt Ihr einige Artikel über das Problem des Sexismus. Wie ist da die Situation in Eurer lokalen Szene?

SR: Man kann sehen wie die Boneheadgirls total dem Willen der Boneheads unterworfen sind. Sie sind sexistisch, machomäßig und patriachalisch. In unserer Szene ist der Sexismus und Machismus feiner. Es gibt eine Menge monogamer Partner und unsere Beziehungen sind gleichwertig. Wir machen zusammen die Hausarbeit, wir teilen alles. Aber außerhalb der Beziehung ist die Situation anders. Auf politischen Veranstaltungen ist unsere Stimme leise und beinahe verstummt, es ist sehr schwer uns Gehör zu verschaffen. Was die Sexualität angeht ist es nicht respektiert, wenn Frauen wie die Männer mehrere Sexpartner haben. Wenn du wie sie handelst, nennen dich gleich "Flittchen".

RT: Wir haben davon gehört, daß in Spanien zwei SHARP-Skins von Boneheads umgebracht worden sind. Wie ist die Situation bei Euch? Gibt es viele Auseinandersetzungen mit diesem Pack?

SR: Guillem Agullo und Davide sind vor 4 Jahren umgebracht worden: Guillem von Boneheads (organisiert in der Accion Radikal) und Davide von einem Nazi"punk". Von 1991 bis 1993 gab es einen enormen Anstieg der Bonehead-Gewalt in Barcelona und Valencia. Aber weil sie oft sehr dumm sind, hat die Polizei sie oft verhaften können.

RT: Seit wann gibt es Skinheads in Spanien? Einmal bitte Skinheadgeschichte Spaniens in Kurzform!

SR: Die ersten Skinheads in Spanien traten in Barcelona in Erscheinung, nach der Fußballweltmeisterschaft 1982. Sie tauchten beim FC Barcelona auf. Es waren Redskins und sie nannten sich Boixos Nois. Auf der Gegenseite gab es damals auch Boneheads bei Espanol RCF, die berühmt-berüchtigten Brigadas Blanquiazules. Damals gab es als Folge jede Menge Kämpfe auf unseren Straßen. Danach infiltrierten einige Mitglieder der faschistischen Brigadas Blanquiazules die Redskins um Boixos Nois, was zu einer Art Rezession in der Szene führte: Viele Redskins wechselten die Seiten. So waren damals die verbleibenden Redskins nicht nur mit den Faschisten konfrontiert, sondern auch mit ihren ehemaligen Freunden und Genossen....Nach und nach verließen die übrigen Redskins Boixos Nois und begannen sich auf der Straße und in SHARP zu organisieren. Die Gewalt auf der Straße nahm bis jetzt ab und nun organisieren sich Redskins wieder und SHARP geht seinen Weg weiter. Alles begann hier mit den Redskins, denn Katalonien, unsere Nation, wird vom spanischen Staat unterdrückt wie Irland von England...Wir wuchsen auf zusammen mit dem Ska von Dr. Calypso und Skatala, dem radikalen Rock von Kortatu und Korroskada, dem Reggae von Potato und dem Power Pop von Brighton 64...

RT: Hier in Deutschland gibt es leider viel zu wenige Skingirls. Das ist ein großer Mangel! Wie ist da bei Euch die Situation?

SR: Im Vergleich mit den Jungs und Männern sind wir hier in Katalonien und Spanien eine Minderheit. Das Verhältnis liegt etwa bei 5:1. Die meisten Skingirls gibt es in Barcelona und Madrid. Diese Tatsache spiegelt meiner Meinung nach die Rolle der Frau in der Gesellschaft wieder. Die Beteiligung der Frauen in der Öffentlichkeit ist ja auch recht gering. Unsere Rolle ist reduziert auf die Familie (Versorgung und Organisation). Unsere Identität sowie unser Bewußtsein ist sozial gesehen nicht erkennbar, wir hätten einige Probleme der öffentlichen Meinung hinzuzufügen. Und wie können Frauen wirklich ihren eigenen Way of Life kennen?...Du brauchst schon einen starken Charakter, mußt sehr selbstsicher sein, um deiner sexistischen Rolle zu widerstehen und aus ihr auszubrechen. Wieveiel Bücher und Zines handeln über Skingirls? Zähl' sie, es sind nur ein paar...Unsere eigene Aufgabe muß es sein uns aus dieser Rolle zu befreien...

RT: Du schriebst mir auch, daß du in Orgull Bolxevic ("Stolze Bolschewiken") organisiert bist. Gegen was kämpft Ihr alles und mit welchen (militanten) Mitteln?

SR: Wir kämpfen gegen Patriarchat, Sexismus, Kapitalismus, Ausbeutung, Faschismus, Fremdenfeindlichkeit, Institutionen der Unterdrückung und Gewalt (Polizeisystem, die Gesetze wie z.B. das Corcuera' s Gesetz und die Gesetze gegen Flüchtlinge, die Armee), nationale Unterdrückung, Liberalismus. Wir versuchen zu allererst mit vereinten Kräften zu kämpfen, also auch mit anderen Organisationen zusammenzuarbeiten, die gleiche Ziele haben: Sozialismus und Unabhängigkeit für Katalonien, und das auch hinweg über Länder- und Staatsgrenzen. Dann machen natürlich auch ganz viel Werbung für uns und unsere Ziele und vertreiben politisches Material. Wir möchten durch den Alltagskampf Klassenbewußtsein schaffen, konkret Probleme bekämpfen und unsere Lösungen anbieten. Wir streben eine Gesellschaft an, in der jeder frei sein kann.

RT: Welche Aktivitäten habt Ihr bisher entwickelt?

SR: Orgull Bolxevic gibt es jetzt schon 2 Jahre. Das erste Jahr war geprägt von der Verhaftung und Gefängnisstrafe für Cel.lules. Das hat fast all unsere Kraft für ihn in Anspruch genommen. Wir haben drei Konzerte organisiert mit Bands wie Dr. Calypso, Entre Vandals, Inadaptats, Skatobeat und Skatala. Seitdem hatten wir auch diverse Soliparties und haben nun unser eigenes Lokal Assciacio Popular Octubre.

RT: Wie sieht' s denn so mit Eurer Musikszene in Bezug auf Ska, Punk & Oi! aus?

SR: Wir haben hier' ne Menge an Bands. Alle 15 Tage gibt es ein Konzert einer lokalen Band in einem Nachtclubh oder einem besetzten Haus...Fantastisch! Katalanischer Ska: Dr. Calypso, Discipulos de Otilia, Mount Zion, Inspector Tuppence, Amusic Skazz Band, Spliff Sound, Kommando Moriles, Knockouts, PK2, La Thorpe Brass, Andere spanische Bands sind z.B. Malarians, TTAK... Katalanischer Oi!: Entre Vandals, Crit de Lluita, Pilseners, Suburban Rebels. Andere spanische Bands sind Zakarrak, Radio 77, Santos Inocentes, Ruin Boys...

RT: Welche Bands und Mailorder und Zines, etc. kannst Du uns empfehlen, welche sollten wir boykottieren?

SR: Empfehlen kann ich folgende: an Zines: besonders WPF, Shanty Town, Skinetas Revival, Street Kids, Colorao...
an Mailordern: Capita Swing, Plastic Disc und Colour Songs an Fußballsupportern: InterCity Cule (Barca), Herri Norte Taldea (Athletic Bilbao), Indargorri (Osasuna), Brigadas Amarillas (Cadiz), Cel.lules Ilergetes (Lleida), Celtarras (Celta)...
Boykottiert: - an Fußballsupportern: Brigadas Blanquiazules, Boixos Nois, Frente Athletico, Ultra Sur (alles Faschisten!)... an Parteien: Estat Catala, CEDADE, Alternativa Europea (alles Faschisten!)... an faschistischen Kollektiven: Thule, Frente Norte Skinhead, Bases Autonomas, Vanguardia Revolucionaria, Accion Radikal... an faschistischen Mailordern: BSO, Carnaby. an faschistischen Zines: Cirrosis...

RT: Wie sind Eure Beziehungen zu Punks? Was dekst Du über das Motto "Punks & Skins united!"?

SR: Unter den Punks gibt es einige, die einfach nur destruktiv und chaotisch sind, sie wollen nur Spaß haben. Sex, Drugs (nicht nur Alkohol!) und Rock' n ' Roll paßt da wohl sehr gut...Mit diesen Punks (wir nennen sie "schwarze Schafe"), ähnlich wie mit den Boneheads, haben wir schlechte Beziehungen, besser gesagt: gar keine! Mit dem Rest haben wir keine Probleme. Ich habe viele Punkkumpel und wir gehen gemeinsam zu Konzerten und man sieht sie auch bei Demonstrationen. Sie sind O.K. Ich denke, daß es in der Punkszene ein großes Problem gibt. Im Gegensatz zu uns Skinheads, die wir uns kritisch mit den Boneheads auseinandersetzen (wir wissen wer wer ist und wofür wir kämpfen), findet in der Punkszene keine Auseinandersetzung mit diesen schwarzen Schafen statt. Das Problem wird nicht gesehen, man läßt sie ihre fremdenfeindlichen Einstellungen leben und die Szene zerstören.

RT: Deine Vorlieben und Abneigungen?

SR: Vorlieben: gute Konzerte, Biertrinken, Ganja, mit Freunden ausgehen, Gedanken über Gesellschaftsprobleme und Lösungen machen, für die Lösung der bestehenden Probleme zu kämpfen, Kontakt zu haben mit Skinheads und Skingirls in aller Welt, zu reisen, Aufrichtigkeit, Skingirl zu sein!!! Oi! Abneigungen: "unpolitische" Leute, die von der Einheit der Skinszene reden, damit aber die Boneheads meinen und nicht uns!!!, Antikommunisten, Stalinisten, Nazis, Faschisten, Heuchler. Alle Staaten, die den Menschen unterdrücken und deshalb beseitigt werden müssen, der Freiheit wegen.

RT: Hast Du Kontakte zu Skins in anderen Ländern?

SR: Ja, habe ich. Zu SHARPs und Redskins in ganz Spanien.

RT: Du hast mir von dem nationalistischen Stolz mancher SHARPs in Madrid geschrieben. Was kannst Du uns darüber erzählen?

SR: Die Leute dort, auch SHARPs und Redskins, wollen ihre eigene nationale Identität, die verschieden von der spanischen ist, welche nicht wirklich existiert. Sie wollen ihre Unabhängigkeit wie Leute im sonstigen Spanien. Spanien ist künstlich kreiert, von den Interessen der Herrschenden, die das kastillianische (Madrid liegt in der Landschaft Kastillien) Bewußtsein zerstörten.

RT: Wie ist z.Zt. die politische Situation in Spanien?

SR: Die soziale Sicherheit schwindet. Es gibt heute immer mehr Arbeitsverträge, die nicht die Rechte der Arbeiter respektieren. Die Gewerkschaften kämpfen nicht für die Rechte der Arbeiter, sie sind nur Marionetten der herrschenden Parteien und der Konzerne. Es gibt kaum Jobs mit guten sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen. Wenn du solch einen Job gefunden hast, bist du so glücklich, daß du niemals daran denken wirst ihn zu schmeißen... Die Medien lügen auch hier über die Dinge, die überall in der Welt passieren. Es gibt viel Korruption und die Medien schweigen darüber. Und wenn sie über Skinheads berichten...es sind natürlich alle von uns gefährliche Mörder und Zerstörer der Gesellschaft...!?!...Es gibt keine gute kulturelle Infrastruktur. Die offizielle Kultur ist zu teuer, um sie zu konsumieren, und die alternative Kultur hat viele Schwierigkeiten zu überleben. Es ist schwer für einen Arbeit zu finden. Einige studieren, weil es besser ist als den lieben langen Tag auf der Straße rumzuhängen, weil du keine Arbeit kriegst...Die politischen Bewegungen, die nicht von Parteien ausgehen, haben meist keinen politischen Raum.

RT: Gibt es bei Euch Bücher über Eure Skinheadszene wie hier in Deutschland?

SR: Es gibt hier keine Bücher über die Skinheadszene. Krapula vom WPF-Zine will angeblich ein Fotobuch veröffentlichen... Andererseits haben spanische SHARPs drei Ausgaben des Albums "Stay SHARP" herausgebracht. Auf der letzten gab es auch einige Fotos und Texte über die Bands, die du im Computer sehen kannst.

RT: Welche Frage wärst Du gerne noch gefragt worden?

SR: Die Fragen, die du mir in diesem Interview gestellt hast.

RT: Deine letzten Worte an unsere Leser und Leserinnen?! Ich möchte Euch ermuntern weiterhin gegen Faschismus und Faschismus zu kämpfen wie ihr es bisher schon getan habt. Kämpft weiter, sucht Lösungen und versucht eine bessere Gesellschaft aufzubauen, wo es auch für uns Skinheads möglich sein wird unseren Way of Life zu leben. Vergeßt nicht unsere Kultur, erinnert Euch unserer Wurzeln und seid solidarisch! Kämpfen wir für unsere Rechte! Don' t let them step on! BE UNITE AS ONE! Ende 1996 (aus Revolution Times # 7)

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