Stolz, Hass und Wut

What it means to be a skinhead

Sicher, "den" Skinhead oder den "wahren" oder "echten" Skinhead gibt es nicht. Jeder hat da seine eigene Meinung drüber wie über die Gesellschaft. Keiner hat halt "den" Kult für sich gepachtet. Aber eine Sache dürfte klar sein, daß ein Skinhead kein Rassist sein kann. Ansonsten findet man unter uns alle politischen Meinungen und Einstellungen. Für die einen habe ich mehr Verständnis und Akzeptanz übrig, für die anderen weniger. Aber im Leben eines Skinhead dreht sich ja auch nicht alles um die Politik. Auch wenn es schon schier unmöglich ist sich da rauszuhalten bei all den Medienlügen, Vereinnahmungen, Vorurteilen und Provokationen.

Allerdings ist festzustellen, daß bei einigen Skinhead zu einer Sauf-, Proll- und Posermode verkommt. Für manche scheint es, daß sie nochmal richtig die Sau rauslassen wollen, bevor der Ernst des Lebens beginnt. Den "Harten" rauskehren, aber wenn es hart auf hart kommt, haben sie Schiß vor der Bullerei.

Wenn ich in intellektuellem Deutsch zusammenfassen sollte, was Skinhead bedeutet, würde ich schreiben: Skinhead ist die einzige nicht-individualistische Jugendbewegung mit Bezug zur Arbeiterklasse.

Der Trend zur Mode beginnt meist dort, wo der Griff zum teuren Klischee-Outfit der Marke Ben Sherman, Fred Perry, Lonsdale oder Doc Martens beginnt (ich gestehe ein, daß ich auch nach diesen Marken greife, die längst nicht mehr so billig sind wie früher, sondern zu Statussymbolen verkommen sind; was ich in Polen am eigenen Leibe erfuhr). Die Kleidung damals trug man, weil sie billig, praktisch und zugleich Arbeitskleidung war. Praktisch ist sie auch heute noch. Arbeitskleilung? Wohl eher selten. Billig? Wohl keineswegs mehr. Zumindest bei uns. Abgesehen von ärmeren Ländern im Osten Europas oder Lateinamerikas, wo unsere Kluft abslouter Luxus ist und sich kein Kid aus der Arbeiterklasse mal schnell 'n Perry leisten kann ...

Und eigentlich funktionieren wir doch alle, oder? Am Wochenende putzt man sich raus, macht Party, macht die Alltagssorgen und das Alltags-Grau vergessen durch Alkohol, etc. Und in der Woche geht man wieder recht brav zur Arbeit und kuscht, wenn der Chef es befiehlt. Oder?

Dann gibt es da noch die Spezies Skinhead, die will ums Verrecken "unpolitisch" sein. Was das auch immer sein mag. Denn erstens hat ja jeder seine Sicht der Welt, ob er nun Glatze hat oder nicht. Und zweitens ist schon das Skinhead-Sein an sich politisch. Will man nicht etwas ausdrücken mit seiner Glatze, seinen Hosenträgern, seinen blank polierten Stiefeln, seiner Vorliebe für Skinhead-Reggae, Ska, Soul, Oi! und Punkrock? Und ist man als Skinhead nicht der geborene Staatsfeind, der gegen alle Autoritäten und Tabus aufbegehrt, auf alle etablierten Regeln und Gesetze der Gesellschaft scheißt. Ist Skinhead nicht an sich Anti-Establishment und Anti-Government?

Und von wegen "unpolitisch". Wo fängt für Euch "Unpolitische" Politik (welch ein großes Wort) eigentlich an? Wenn ich wählen gehe, Kohl hasse oder in einer Partei bin? Nein, Politik beginnt meiner Meinung nach dort, wo ich mich in der Gesellschaft bewege. Ob ich nach einem Konzert Ärger mit der Staatsmacht habe, randaliere, jemandem aufs Maul haue, ob ich rechte Sprüche dulde oder nicht, mich vom Chef kommandieren lasse oder die da oben einfach nur machen und damit unsere Zukunft verbauen lasse. Politik fängt da an, wo ich lebe. Etwas kaufe, eine Zeitung lese, unter Tarif arbeite oder was gegen die ganzen Atomkraftwerke habe.

Wie kann ich mich als Skinhead eigentlich mit "Unpolitischsein" rausreden? Welche Lebenslüge. Als Skinhead werde ich dauernd mit Vorurteilen der Bevölkerung und Verallgemeinerungen, Lügen und Märchen der Medien, Personenkontrollen und Verdächtigungen der Bullen, Konzertverboten, etc. konfrontiert. Ich bin Skinhead und Mensch und mitten in der Politik-Scheiße drin. Ob ich nun will oder nicht. Da ist es auch egal, ob ich mich nun als "unpolitisch" verstehe oder nicht. Es geht nicht darum, daß ich als Skinhead bewußt oder unbewußt die oder die Meinung habe.

Wir ob als Arbeiter im Allgemeinen oder als Skinhead im Speziellen) sind halt Opfer dieser Gesellschaft /Crucified by capitalism/, nur kommt es darauf an, wie wir darauf reagieren und damit umgehen. Wenn wir uns fügen und ihre Lügen und ihren Bullshit erdulden, werden wir zum oft beschworenem Rädchen in ihrem System. Finden wir uns ab, suchen uns unser Party- und Schmoll-Eckchen, erfüllen ihre Vorurteile, spielen wir unsere zugewiesene Rolle in ihrem System.

Wie wir unsere Rolle spielen würden, wenn wir das Klischee des fetten schwachgeistigen Monsters erfüllen würden, paßt es ihnen in den Kram, unser Skinheadsein auf Party und Biertrinken zu reduzieren.

Einfach nur Party ist zu wenig. Es gehört mehr zum "Way of life". Sonst könnte jeder von uns ja auch einem anderen "Kult" anhängen, denn diese haben nach eigenem Bekunden angeblich auch massig "Spaß" bei ihren Rave-Partys, etc.

Gehört nicht auch die nötige Verachtung und der nötige Haß für diese Ordnung mit all ihrer Heuchelei, Lüge, Ausbeutung und all dem anderen Bullshit dazu, wohlwissend, daß der Großteil der Arbeiterklasse noch Illusionen hinterherläuft oder bereits frustriert oder resigniert hat?

Gehört nicht auch der nötige Stolz auf die eigene Klasse und Herkunft dazu. Stolz darauf, was man selbst geschafft hat und daß einem nichts in den Arsch gesteckt wird. Der Stolz auf die eigene Kultur und Errungenschaften. Darauf, daß man sich trotz alledem nicht unterkriegen läßt.

Gehört nicht auch die nötige Wut über all das, was uns Tag für Tag widerfährt und der nötige Haß auf diejenigen, denen wir dies verdanken?

Verallgemeinerungen stinken (meist) zum Himmel und sind Gift für die klare Analyse.

Die (undifferenzierte) Berichterstattung in den Medien (sowohl den bürgerlichen als auch in einem Teil der linken Medien, die für sich immer in Anspruch nehmen Vorurteile zu bekämpfen) und die ständigen Lügen und unzulässigen Verallgemeinerungen, das alles macht mich wütend und haßerfüllt.

Ebenso wie eine Glatze keinen Skinhead ausmacht, macht ebenso ein Bekenntnis zum Sozialismus einen lange noch nicht zum Sozialisten! Und eine Meinung erfordert immer eine solide Grundlage, auch Information genannt.

Wer uns auch nach alledem nicht mag (auch wenn er uns persönlich kennt), der hat selber schuld und darauf scheißen wir. Sex mögen wir (SEX-IS-MUSS!), Bier trinken wir, unsere Herkunft und unsere wirklichen Feinde kennen wir und Faschos hassen wir wie dieses ganze Scheiß System! RED DEVIL

(aus Revolution Times # 7)

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