REVOLUTION TIMES HOMEPAGE

Auschwitz als Alibi
Kritik des bürgerlichen Antifaschismus

**Vorwort**

"Die glücklichen Zeiten kommen nicht wie der Morgen nach einer durchschlafenen Nacht."

Berthold Brecht

"Seid betroffen und zeigt Mitleid, aber bitte bloß kein Streit. Ein paar Sprüche gegen Nazis, aber ein Faustschlag geht zu weit."

Public Toys

Es sind wahrlich gelungene Inszenierungen, die uns hier eine nach der anderen dargeboten werden. Das vereinte "demokratische" Europa unter deutscher Führung setzt sich für die Menschenrechte ein: Es führt Krieg gegen einen "Diktator" wie Milosevic und hat Sanktionen gegen die Regierungsbeteiligung der rechtspopulistischen FPÖ in Österreich auf den Weg gebracht. Und nun folgt in Deutschland ein "Aufstand der Anständigen", aller wahrhaft ehrlichen "Demokraten" gegen die Barbarei des rechtsextremen Mobs. Aus allen Bereichen der Gesellschaft erhebt sich der Protest der Menschen gegen das Treiben der "dumpfen Glatzen". Alle Parteien der bürgerlichen "Mitte", alle gesellschaftliche Prominenz wie Gewerkschafter, Künstler, Politiker, Sportler und Wirtschaftsbosse stehen geschlossen in einer Front, sind sich einig wie selten. Ähnlich wie es ein Teil der Österreicher mit dem Slogan "Haider ist nicht Österreich" ausgedrückt hat, ist auch hier eine breite Koalition unter dem Motto "Gegen Gewalt und Intoleranz" aufgestanden (Von "Toleranz", "Menschlichkeit" und anderem bürgerlichen Plunder war die Rede; dabei gilt diese "Toleranz" nicht einmal für Alkoholiker, Obdachlose, Punks und andere Randgruppen in den deutschen Innenstädten). Den Ruf Deutschlands, sein Ansehen in der Welt, das durch die Umtriebe der "Ewiggestrigen" geschädigt werde, gelte es geradezurücken. Die kuriosesten Vorschläge wurden und werden gemacht, um dem Treiben der Nazi-Horden Einhalt gebieten zu können. Ein bißchen erinnert uns diese große Koalition an die Front der imaginären kapitalistischen Einheitspartei, bestehend aus ihren bürgerlichen Fraktionen von NPD über CSU, CDU, FDP, SPD, Grünen, PDS bis hin zur MLPD, welche alle in Wahlkampfzeiten eine "andere Politik" fordern und alle in der Forderung "Arbeit, Arbeit, Arbeit!" übereinstimmen. Als wenn (Lohn-) Arbeit unter kapitalistischen Verhältnissen etwas Geiles wäre und als wenn es uns allen gut ginge, wenn wir alle Arbeit hätten ... Bei all dem Betroffenheitsgeseier könnte man glatt drei Dinge vergessen: Zum ersten ist der Nazi-Terror auf der Straße wirklich nichts neues und existiert in dieser Form seit über 10 Jahren. Schon die Übergriffe von Hoyerswerda, Mölln, Rostock und Solingen haben zu ähnlichen Reaktionen geführt. Zum zweiten hat das Treiben der Nazis auch Ursachen, die sich nicht durch Gesetzesverschärfungen beheben lassen und die von der Politik in diesem Land hervorgerufen worden sind. Eben von jenen Leuten, die heute so sehr um Deutschlands Ruf besorgt sind und die sich an die Lösung des Problems machen wollen. Zum dritten scheint es so, daß es außer den Nazis keine anderen Probleme zu geben scheint. Probleme wie Arbeitshetze, Arbeitslosigkeit, Korruption und Politikerfilz, Mobbing und Streß, Sozialabbau, steigende Mieten, Preise und Steuern, vergiftete Lebensmittel, ... kurz: der alltägliche kapitalistische Normalzustand, der Sumpf der Ausbeutung scheint nicht mehr zu existieren. Zumindest haben diejenigen, die da in den Medien vom "menschenverachtenden" Treiben der Nazis herumschwafeln nicht diese Probleme, die auch wir nur allzugut kennen. Das ist für uns allemal Ansporn ein bißchen hinter die Kulissen der Betroffenheitbekundungen, Initiativen und Presseerklärungen der "demokratischen Gesellschaft" zu schauen.

Im Anhang drucken wir einige Texte ab, die wir in diesem Zusammenhang für recht brauchbar halten und auf diesem Wege einer größeren Öffentlichkeit zugänglich machen wollen. Es handelt sich hierbei um den vorzüglichen Text "Auschwitz oder das große Alibi" des italienischen Linkskommunisten Bordiga, der 1961 das erste Mal von der Gruppe "Programma Communista" veröffentlicht wurde, sowie um drei Texte aus unserer Feder, die in der Vergangenheit im "Revolution Times" erschienen sind. Es handelt sich hierbei um "'Antifaschismus' und Kapitalismus", "Antifa-Arbeit und unsere Probleme mit ihr" und "Die Nazis und die soziale Frage". Wir wollen mit dieser Broschüre versuchen unseren Beitrag zu einer Kritik des bürgerlichen Antifaschismus, d.h. also der "Politik" eines Großteils der Antifa und der Linken zu liefern. Schließlich ist der Antifaschismus das einzig relevante Politikfeld der "Linken". Als bürgerlichen Antifaschismus bezeichnen wir im folgenden einen solchen Antifaschismus, der sich auf seine Anti-Haltung beschränkt und die Funktion der Nazis für dieses System und eine gesellschaftliche Alternative nicht thematisiert. Wir sehen den Antifaschismus hingegen als Selbstschutz, nicht als Selbstzweck. Unsere Broschüre soll anregen zum Fragen und soll allzu Selbstverständliches in Frage stellen. Die Frage nach einer antikapitalistischen Perspektive, die unserer Meinung nach den einzigen Ausweg aus der kapitalistischen Barbarei und ihren Auswüchsen darstellt, werfen wir ebenfalls auf. Auch wenn vieles von dem, was wir hier schreiben nicht neu ist, ist es doch nötig es wieder in Erinnerung zu rufen und in einen Zusammenhang zu stellen, weil es sonst nur allzu wenige tun.

Red Devil

Kontakt: revtimes@gmx.net


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