Bundesliga, WM, Olympia Was hat das noch mit Fußball, was hat das noch mit Sport zu tun?

„Das Spiel ist zum Schauspiel geworden mit wenigen Hauptdarstellern und vielen Zuschauern. Fußball zum Zuschauen, und das Schauspiel ist zu einem der besten Geschäfte der Welt geworden, das nicht stattfindet, damit gespielt wird, sondern um zu verhindern, dass gespielt wird. Die Technokraten des Profisports haben einen Fußball der Schnelligkeit und Kraft durchgesetzt, der auf Freude verzichtet, die Phan-tasie verkümmern lässt und den Mut zum Risiko verbietet." Eduardo Galeano

Wieder steht eines dieser Spektakel an, das für einige Wochen die Berichterstattung im TV und in den anderen Medien beherrschen wird.

Kommerzialisierung des Sports

Es vergeht kaum eine Woche, in der es nicht Nachrichten von neuen Doping-Skandalen, Club-Pleiten, millionenschweren Spieler-oder Vereins-Verkäufen, neuen Sport-Arenen oder Stadion-Neubauten, Skandalen wie dem um den Schiedsrichter Hoyzer oder um Korruption wie nun in den italienischen Clubs gibt. Die WM stellt dabei nur einen weiteren Schritt im Rahmen der Kommerzialisierung des Sports dar. Der Verkauf von Spielern und Vereinen, von Tickets und Fanartikeln, von Senderechten und Werbeplätzen gehört lange schon zum Fußballsport. Die einzelnen Verei-ne funk-tionieren inzwischen wie Wirtschaftskonzerne. Den Kom-merz im Sport anzuprangern, gehört längst zum guten Ton der Kommentare der Medien, ebenso wie die Verurteilung von Kriegsverbrechen und Steuererhöhungen oder das Gezeter über Korruption in der Politik.

"Wir sind Menschen, keine Ware!" erzürnte sich der Real Madrid-Kapitän Fernando Hierro wegen des geplanten Verkaufs eines Mannschaftskollegen. Ähnlich sagen viele Fans "Fußball darf keine Ware sein!". Warum aber sollten der Fußballsport und mit ihm die Fanartikel, Senderechte, Spieler, Werbeminuten, etc. nicht auch zur Ware werden, wenn alles andere in dieser Gesellschaft eine Ware ist (gerade die Fanartikel, Sendrechte, Spielerlizenzen, etc. zeigen anschaulich die Warenförmigkeit des Fußballsports - so kosten die Deutschland-Fahnen im Einkauf 17 Cent in China und werden hier für 5 Euro verkauft). Was für den Fußball(sport) im Speziellen, gilt für die Gesellschaft im Allgemeinen: Wie mit Computern, Vieh und Zitronen gehandelt wird, so wird hier eben mit Eintrittskarten, Fanartikeln, Lizenzen, Senderechten, Spielern, etc. gehandelt. Fußball ist eine Ware und ein Geschäft wie jede(s) andere.

Fußballbrot und Fußballdeko beim Friseur - Was hat das noch mit Fußball und Sport zu tun?

Fußball-Brot, Fußball-CDs, Fußball-Shirts usw. in den Läden. Dementsprechende Dekoration in Friseur- und Schuhläden, Dönerbuden, Fahrschulen und Bäckereien. Was hat das noch mit Sport und Fußball zu tun? Diese Frage stellen sich folgerichtig immer mehr Menschen. Der Sport und hier besonders der "Spitzenfußball" sind eher eine Nebensache, eine Hülle, ein Vorwand und ein Mittel zum Zweck, mit dem - wie sonst in der Wirtschaft auch - Profite gemacht werden - sonst lediglich mit an-deren Hypes, Moden und Mitteln. Hier werden gewisse Bedürfnisse einiger Menschen angesprochen, sie werden den Menschen entwendet und in konsumier- und verwertbaren Bedarf umgewandelt und den zu Fans gewandelten Menschen schließlich in Form der Fanartikel, TV-Übertragungen, etc. zurückverkauft. Dabei ist der Inhalt austauschbar und von daher belanglos, einzig das Geschäft zählt für die Konzerne. Von den Fans ganz zu schweigen: ihre Rolle ist reduziert auf die von Ticket- und Fanartikel-Käufern/innen, Zuschauern/innen und Statisten/innen, der sie nicht einmal nachkommen können, wenn ihnen das nötige Kleingeld für all das fehlt. Zur WM hat eh nur eine kleine Anzahl Zugang, da der Großteil der Karten erstens teuer und zweitens noch nicht einmal frei (ver)käuflich war. So wie der konkrete Mensch und seine realen Bedürfnisse nicht zählen, sondern nur der abstrakte Fan und seine mögliche, abschöpfbare Kaufkraft, so zählen auch nicht die realen und konkreten Waren, mit denen die Gewinne erzielt werden sollen, sondern lediglich die abstrakte Möglichkeit Gewinne mittels Waren zu erzielen. Daraus resultiert die Gleichgültigkeit den Fans gegenüber, ebenso wie die Austauschbarkeit der Waren und Moden.

Von Spaß und Lebensfreude kann auch keine Rede sein: Im Fußball(sport) geht es längst nicht mehr um Spiel und Gesundheit. Es geht nur noch um das Motto "Schneller, höher, weiter". Es geht um Rekorde. Wo immer es im Sport Preise gibt, geht es um Macht; wo immer es im Sport um Sieger und Verlierer gibt, geht es auch um Konkurrenz und Rangfolge. All das erinnert eher an wirtschaftliches Unterfangen als an Sport.

"Das Fußballspiel wird den einfachen Menschen weggenommen"

Als der englische Verein Manchester United (ManU) im letzten Jahr von dem US-amerikanischen Multimilliardär Malcom Glazer gekauft und angekündigt wurde, daß die Ein-trittspreise bis 2011 jährlich um rund neun Prozent steigen würden, gründeten rund 5.000 ManU-Fans den FC United Manchester, gemäß dem Aufdruck eines T-Shirts, das sie verkaufen: "Unser Club - unsere Regeln". Aus den eigenen Fan-Reihen wählten sie Trainer, Mannschaft, etc. aus. Hauptkritikpunkt ist, daß der Fußball den einfachen Menschen weggenommen wird. Dies zu ändern haben sich die Fans vorgenommen.

Das, was die ManU-Fans für den Fußball an- und ausgesprochen haben, ist Teil dieser ganzen Gesellschaft: jeden Tag wird uns das Ergebnis unserer Arbeit weggenommen, werden unsere Träume und Bedürfnisse uns entwendet und uns als konsumierbarer und verwertbarer Bedarf in Warenform zurückgegeben und -verkauft. Sei es unser Bedürfnis nach Abwechslung (z.B. in Form des Urlaubs oder von immer neuen Moden), nach Geselligkeit (z.B. in Form der Kneipen und Discos), nach Gemeinschaft (z.B. in Form der Events oder des Fußballspiels), nach Zerstreuung (z.B. in Form des TV), etc. Überall sind nicht wir es, welche die "Regeln" und die Verhältnisse bestimmen, sondern es sind die Verhältnisse, es sind die Firmen, für die wir arbeiten (wenn wir überhaupt Arbeit haben), die das bestimmen. Es sind die Verhältnisse, unter denen wir keinen Einfluß darauf haben, was wir wie und unter welchen Bedingungen herstellen, die sich auch darauf auswirken, daß wir auch außerhalb unserer Jobs keinen Einfluß haben. Und wir lassen es zu, weil wir all das mit uns machen lassen und nicht "Nein!" sagen. Unser Verhalten, also z.B. das unkritische Konsumieren von Waren, das passive Konsumieren von Fanartikeln, etc. sowie das willige Leisten von Überstunden oder der Verzicht auf Lohn zur "Jobsicherung": also unser Verhalten bestimmt auch die Verhältnisse, die wiederum auf uns zurückwirken.

Nationalistische Sportbesoffenheit

Die "anderen" (Fans, Mannschaften, etc.) werden nur noch als Konkurrenten/innen wahrgenommen. "Wir" spielen, ge-winnen, verlieren, etc. heißt es aus vielen Mündern - doch wir sitzen vor dem TV oder der Großbildleinwand, wir dürfen als Zuschauer/innen applaudieren, dürfen konsumieren, unsere Rolle als Statisten/innen in diesem Wettbewerb spielen, dürfen uns in die Fangemeinde integrieren. Die Straßen verwandeln sich in verlängerte Stadien und gleichen mit ihren Fahnenmeeren, mit den Trikot-Uniformen und allem WM-Schnickschnack und allen Fußball-Devotionalien einem einzigen großen Feldlager, in dem jede/r von uns seine Rolle als Fußvolk zu spielen hat. Aber warum spielen wir sie?

Viele Fans tragen die Farben eines Staates, der sich sonst nicht um sie schert, sie immer mehr Steuern bezahlen läßt und sie in die militärische wie nun in die Fußballschlacht schickt. Das Trikot wird wie eine Rüstung, wie eine Uniform getragen: dort ist die Individualität nicht zu finden, dort ist sie bereits verloren und den Werbestrategien zum Opfer gefallen. Es ist eine illusionäre Gemeinschaftlichkeit (ob nun auf der Straße, im Stadion, in der Kneipe oder sonstwo): Es ist die Gemeinschaft, in der Menschen mit ihren sonst gehaßten Chefs und Vermietern, sonst verfeindete Nachbarn und Kollegen, etc. "miteinander" jubeln und konsumieren. Im Fußballfieber sollen wir friedlich zusammen feiern, damit wir später wieder friedlich zusammen arbeiten: d.h. sowohl in der arbeitsfreien (Frei)Zeit als auch in der Arbeitszeit sollen wir tun, was von uns verlangt wird. Diese illusorische Gemeinschaftlichkeit besteht nicht in gleichen (sozialen) In-teressen, sondern im gemeinsamen Konsumieren: des TV-Spektakels wie der Ware in anderer Form. Und wie gemeinschaftlich ist schon die Gemeinschaft des Supermarktes (was verbindet sie?)? Ob wir nun Fahnen schwenken und Fußball-Devotionalien konsumieren oder unsere Körper mit anderen Symbolen der Warengesellschaft "schmücken" und anderes konsumieren: auf die eine oder andere Art gehen wir der kapitalistischen Ökonomie, ihrer Werbung und ihren diversen Moden auf den Leim und verarschen am Ende doch nur uns selbst bzw. lassen es zu, daß wir verarscht werden. Wir nehmen an dem großen Betrug teil, lassen Geschäfte mit unserem Bedürfnis nach Abwechslung, Gemeinschaft, Gesellig-keit, etc. machen.

Fans werden zu Kriminellen erklärt

Offiziell wird behauptet, die erhöhten Sicherheitsmaßnahmen richteten sich nicht gegen uns alle, sondern nur gegen eine gewalttätige Minderheit und sie dienten unserer Sicherheit oder richteten sich gegen mögliche Terroranschläge. In Wirklichkeit treffen diese Maßnahmen uns alle und gewaltbereite Fußballfans oder mögliche Terroristen werden nur vorgeschoben. Denn: Die Kameras filmen uns alle, die Computerdateien erfassen uns alle (so mußten doch bei der WM zu jedem Ticket persönliche Daten angegeben werden), wir alle bezahlen den Sicherheitsunternehmen ihre Gewinne mittels steigender Ticketpreise, etc. Die anfallenden Kosten der Sicherheit werden sozialisiert (wir zahlen sie als Steuerzahler/innen), die Gewinne privatisiert (und fließen den Konzernen zu; so läßt sich der Staat, dem es sonst an Geld für fast alles fehlt, die WM täglich rund 40 Mio. Euro kosten). Im Rahmen der WM wird neue Überwachungstechnik getestet, der "Ausnahmezustand" rechtfertigt dies. So sind z.B. alle Eintrittskarten mit einem RFID-Chip (RFID steht für Radio Frequency Identification) versehen, welcher alle Bewegungen der Fans überwacht. Ähnliche Chips sollen in Supermärkten eingesetzt werden. Unter dem Deckmantel der WM wird nicht nur neue (Überwachungs-)Technik ausprobiert, es gibt auch den Versuch die Ladenöffnungszeiten zu verlängern, ebenso wie den Einsatz der Bundeswehr im Inland zu rechtfertigen, etc.

Die menschliche Arbeitskraft ist auch eine Ware

Was für den Fußball, Vieh oder Zitronen zutrifft, trifft auch für die menschliche Arbeitskraft zu. Mangels anderer Mög-lichkeiten unseren Lebensunterhalt in dieser Gesellschaft zu bestreiten, sind die meisten von uns gezwungen ihre Arbeitskraft "Arbeitgebern" zu verkaufen (wer "nimmt"/kauft und wer "gibt"/verkauft hier die Arbeitskraft?). Daraus resultiert, was wir bereits zur Rolle der Fußballfans in Bezug auf den Fußballsport schrieben: Wir werden aufgrund der Verhältnisse zu Statisten/innen, die keinen Einfluß darauf haben, was da mit uns geschieht: im Stadion oder im Supermarkt ebenso wie im Büro, in der Fabrik oder eben in irgendeiner anderen Klitsche. Wir gehen einer Arbeit gegen Lohn (Lohnarbeit) nach oder sind auf Lohnersatzleistungen wie Arbeitslosengeld, etc. angewiesen und unsere Situation bessert sich nicht: sie ist gekennzeichnet durch Abhängigkeit, Streß und andere Alterssorgen, die jeden Montag morgen wie die Lohnarbeit von neuem ihren Lauf nehmen.

Wir werden verarscht solange wir es uns bieten lassen

Solange wir murrend mitmachen, solange wir weiterhin die hohen Preise bezahlen, solange wir uns verarschen lassen und den Fußballsport wie andere Waren passiv konsumieren, bleiben wir Statisten/innen, und handeln, wie es von uns erwartet wird. Es liegt an uns all dem ein Ende zu setzen: Denn wir werden nur solange verascht, wie wir uns verarschen lassen. Einige mögen bezahlbare Eintrittspreise oder ähnliches fordern. Wir fragen aber: Warum sollen wir überhaupt für irgendetwas bezahlen? Warum sollen wir Zuschauer/innen und Statisten/innen bleiben, uns also mit den uns zugewiesenen Rollen begnügen? Lassen wir uns nicht länger verarschen und spielen lieber selbst! Einige mehr oder weniger Fußballbegeisterte

www.oocities.org/revolutiontimes/ * www.wildcat-www.de *

http://aktive-fans.de

zurück zur Revolution Times Startseite       zurück zur Link-Seite