Bevor Ösen eingesetzt oder Druckknöpfe angebracht werden, stellt sich immer die Frage: Wie wird verhindert, daß der Gummi- oder Latexstoff an diesen später hochbeanspruchten Stellen ausreißt? Das Alltagsleben zeigt uns häufig Situationen, wo das Unheil erfolgreich abgewiesen wird...
Die naheliegende Frage sollte demnach sein: Warum reißen die Knöpfe an Jeans oder die Schuhe an den Schnürsenkel-Löchern nicht aus? Die Antwort lautet: Es liegt am Material. Stets sind hoch beanspruchbare Materialien beteiligt, wie eben Jeansstoff oder Leder. Diese Materialien sind aufgrund ihrer typischen Eigenschaften besonders zugfest und strapazierfähig. Auf unsere Aufgabe übertragen, liegt der Schluß nahe, daß in Zugzonen eingelegte Stoffe oder auch Leder das Ausreißen von Ösen u.ä. verhindern können. Mit Jeansstoff habe ich keine Erfahrung. Ich hab's nie probiert, weil der sehr saugfähige Jeansstoff und das isolierende Gummimaterial sich meiner Einschätzung nach nur schlecht vertragen. Leder einzulegen, sollte bei Gummi möglich sein. Nur: die wirklich hochbeanspruchbaren Lederflecken sind oft zu dick für unsere Zwecke. Was bleibt und sehr zweckmäßig ist, ist der ca. 0,5mm starke, gewebeverstärkte Gummistoff. Er vereint eine solide Textilbindung (denke an den Jeansstoff!) mit der glatten und für uns zweckmäßigen Gummioberfläche.
Die Arbeitstechnik ist einfach, solange ausschließlich Gummistoff beteiligt ist. Bei der Mischung Latex/Gummi ist etwas Aufmerksamkeit angebracht. Die nächsten Bilder zeigen, entgegen aller hier üblichen Konvention, die interessierende Partie von der Seite - der Hintergrund dient nur zur Kontrastierung, aber nicht als "Arbeits-Unterlage" im hier üblichen Sinne.
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Breite den Stoff glatt aus. Um es hervorzuheben: Wir blicken auf einen Querschnitt durch die Arbeitsstelle und nicht, wie hier sonst üblich, auf eine Draufsicht! |
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Ein angemessenes Stück von der Kante entfernt (=Breite des Gummieinsatzes + 2 mal Dicke des Basisstoffs), wird in gewohnter und hier mehrfach beschriebener Weise ein Streifen aus gewebeverstärktem Gummistoff aufgeklebt. Je nach Anforderung kann dieses gewebeverstärkte Gummistück aus einem einzelnen Flecken bestehen, oder aus einer Leiste, wenn z.B. ein geschnürtes Kleidungsstück angefertigt werden soll. |
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Nach gründlichem Anpressen und einer Trocknungszeit von minimal einer Stunde wird der noch offene Teil des Gummistoffs mit Kleber eingestrichen. Ebenso die Oberfläche des derzeit noch offen daliegenden gewebeverstärkten Gummistoffs. |
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Nach der dem Kleber angepaßten Trocknungszeit wird das noch offen daliegende Ende des Stoffes straff und eng über den Gewebestreifen gezogen. Wichtig ist dabei, das Material ganz dicht und knapp um den innenliegenden gewebeverstärkten Stoff umzuschlagen, andererseits aber das Material nicht zu überdehnen. Dies gelingt bei Gummi leichter als bei Latexstoff. Kräftiges Anpressen mit dem Falzbein und/oder Preßbrettern nebst Schraubzwingen, was ich bei längeren Teilen nur empfehlen kann, beendet die Arbeit. |
Bei der Verbindung "Latex/Gummi" - auch in diesem Falle ist der gewebeverstärkte Gummistoff innen - wird entgegen den sonstigen Gepflogenheiten, Kontaktkleber verwendet - obwohl Latex besser mit einem reinrassigen Latexkleber verbunden werden sollte. Ich schlage vor, den Latexstoff sehr vorsichtig mit mildem Lösungsmittel (echtes Terpentin oder Isopropanol) zu reinigen und für den Kontaktkleber aufzubereiten. Nach der Trocknung (und ein paar zurückgehenden Kräuselungen) Kontaktkleber sparsam auf den gewebeverstärkten Gummistreifen auftragen und ihn nach wenigen Sekunden Trocknungszeit auf die Latexfläche aufbringen, anpassen und kräftig und (ausnahmsweise!) lange mit dem Falzbein anreiben und danach zwischen Brettern pressen! Dies verhindert die Faltenbildung im Latexstoff. Klar, daß beim zweiten Klebeschritt zuerst der Gummistoff mit Kleber versehen wird, bevor der Latexstoff umgeschlagen wird.
Da ich bislang noch kein Experiment in dieser Richtung mit einem reinen Latexkleber vorgenommen habe, um Gummistoff mit Latex zu verbinden, kann ich auch keine Tips dazu geben.
Manche Kleidungsstücke, wie z.B. Korsagen sollen geschnürt werden.
Da Gummi und Latex sehr empfindlich gegen Punktbelastungen sind, können
natürlich nicht einfach Schnüre durch gestanzte Löcher gezogen
werden. Die Löcher müssen auf jeden Fall mit Metallösen
verstärkt werden, genauso wie wir es von jedem geschnürten Schuh
her kennen. Die Arbeitstechnik ist einfach, das Material billig. Das
Kleidungsstück sollte aber schon bei der Planung so angelegt werden,
daß an der Stelle, wo die Schnürung hinsoll, auch die
beträchtlichen Zugkräfte aufgenommen werden.
Konkret muß also die Stofflage so ausgelegt werden, daß sie nicht
ausreißt. Dazu nehme ich den Gummi -oder Latexstoff doppelt und
verstärke ihn innenliegend mit einer Lage aus gewebeverstärktem
Gummituch, wie es im technischen Gummihandel preiswert als Meterware
erhältlich ist. Die Gewebeverstärkung ist der
Schlüssel zum Erfolg! Die Latex-/Gummiverbindung
wird mit Kontaktkleber geklebt; entsprechende Sorgfalt und Vorsicht
vorausgesetzt. Der innenliegende Streifen sollte etwa 1,5cm bis 2cm breit
sein, aber mehr schadet auch nicht. Manchmal läßt sich der Streifen
sogar als Merkmal des Kleidungsstücks verwenden. Ich habe z.B. ein
Schnürkorsett gemacht, bei dem ich das Mittelteil aus dem
gewebeverstärkten Gummi gefertigt habe, das ich vor den Zusammenbau
(Klebeflächen natürlich geschützt) mit einem Acryllack
andersfarbig glänzend lackiert habe.
Bevor die Ösen eingesetzt werden können, brauchst Du:
Zeichne zunächst die Mittelpunkte und Umfangskonturen der späteren
Lochungen auf dem Werkstück auf. Dabei ist besonders auf die genaue
und regelmäßige Anordnung der Löcher zu achten. Jede
Ungenauigkeit äußert sich hier in späteren, unschön
sichtbaren "Wellenlinien" im Verlauf der Ösenreihe. Arbeite hier besonders
sorgfältig und millimetergenau! Nach der Auswahl der Ösen wird
die Revolverlochzange auf den dazu passenden Lochdurchmesser eingestellt.
Dabei gilt: Der Außendurchmesser des Ösenschaftes sollte knapp
durch das gestanzte Loch passen. Die Öse darf also nicht zu streng
hindurchgehen, darf andererseits aber auch kein Spiel haben. Nach dem Stanzen
der Löcher können die Ösen mit der Ösenzange eingepreßt
werden. Der Ösenschaft sollte dabei nach der nicht-sichtbaren Seite
zu liegen kommen, da er optisch unschön aufbördelt. Qualitativ
hochwertige Ösen haben stets ein Gegenstück aus Metall, das die
Umbördelung auffängt und glättet. Eine solche hochwertige
Öse kommt auf ca. DM 0,20 pro Stück. Sie macht aber beim Einsetzen
keinen Ärger und verursacht auch später keine Schwierigkeiten.
Fazit: Beste Qualität kaufen! Sie ist bereits nach dem ersten verdorbenen
Kleidungsstück billiger als die "billige" Baumarkt-Wasre.
Hinweis: es gibt kombinierte Loch- und Ösenzangen ab ca. DM20,-- im
Baumarkt. In der Regel sind sie von besserer Qualität als die reinen
Ösenzangen. Wenn Du nur Löcher in der Nähe des Randes eines
Kleidungsstücks mit Ösen versehen willst, ist eine solche Zange
nur scheinbar eine gute Wahl, da sie in einem Werkzueg alle benötigten
Funktionen vereint. Doch Vorsicht: Da diese Zangen auf "Durchstanzen" konstruiert
sind, wird die Verwendung bei Gummi- oder Latex-Werkstoffen oft an der
Elastizität des Materials scheitern. Folgerung: Stanze die Löcher
konventionell mit der Revolverlochzange und nutze nur die Präzision
des Einsetzens bei der Ösenzange.
Und ein Tip: bei schwarzem Latexstoff ist die Wahl des Schreibgerätes oft schwierig. Abhilfe schaftt ein provisorischer Streifen aus glattem Papierklebeband, der auf das Werkstück geklebt wird. Mit einem feinen, dunklen Kugelschreiber lassen sich alle wichtigen Mittelpunkte und Konturen aufzeichnen. Nach dem Lochen kann der Klebestreifen abgezogen werden und die Oberfläche des Werkstücks hat keine Spuren eines Schreibgerätes.
Knöpfe und Knopflöcher können nicht in der üblichen Art ausgeführt werden, wie wir es von normalen Stoffkleidungsstücken her gewohnt sind. Bevor Du Dich an ein Gummi-Kleidungsstück wagst, solltest Du einige Versuche mit den von Dir verwendeten Materialien und den gewünschten Knöpfen machen. Das kostest Zeit und Geld - aber immer noch weniger als ein verdorbenes Werkstück.
Knöpfe werden nicht genäht, sondern genietet. Wegen der Materialeigenschaften von Gummi bzw. Latex ist das Annähen nahezu unmöglich. Damit beschränkt sich die Auswahl ausschließlich auf Metallknöpfe. Die benötigten Knöpfe und ggf. das passende Einsetzwerkzeug sind im Lederwarenfachhandel erhältlich. Damit der Knopf aber nicht nach wenigen Sekunden Tragevergnügen ausreißt, muß, genau wie beim Einsetzen von Ösen, der Stoff von hinten mit einem geeigneten Streifen (bei einer Knopfleiste) oder Flecken (bei Einzelknöpfen) aus gewebeverstärktem Gummistoff verstärkt werden.
Knopflöcher sind noch empfindlicher gegen das Ausreißen als Knöpfe. Auch hier gilt: Gummi- oder Latexstoff doppelt nehmen und eine Lage gewebeverstärkten Gummistoff dazwischen kleben! Das eigentliche Knopfloch wird mit einem Schreinerstechbeitel der zum Knopf passenden Größe gestochen. Zusätzlich wird für die quer verlaufenden Schnitte ein 2mm breites Stechbeitel benötigt, das es leider nicht zu kaufen gibt. Ich habe meines aus einem 4mm-Lochbeitel selber geschliffen. Zur Sicherheit sollte das Knopfloch umnäht werden.
Fazit: Knopflöcher und Knöpfe sind eine aufwendige Angelegenheit, die Geschick und Spezialwerkzeug, sowie einige Vorversuche erfordern. Wenn die Knöpfe nicht nur als Zierde (z.B. als Button-down-Knöpfe an Hemden) dienen sollen, ist sorgfältige Arbeit nötig, und das Bewußtsein, daß auch mal was danebengeraten kann. Meine Empfehlung: Knöpfe besser vemeiden!
Klettverschlüsse haben zwei große Vorteile:
Klettverschlüsse bieten sich an, wenn möglichst glatte Verschlüsse gewünscht werden, die nur wenig auftragen. Bei Kopfkissen oder Bettbezügen sind sie sicher die beste Wahl. Ihr Nachteil ist offenkundig, wenn sie an Kleidungsstücken verwendet werden: Sie sind optisch nicht attraktiv. Dem läßt sich mit einem einfachen Trick abhelfen. Bevor der Verschluß geklebt wird, wird das entsprechende Teil des Kleidungsstückes mit Ziernieten versehen. Auch wenn sich das Hinterkleben mit gewebeverstärkten Gummistoff empfiehlt, ist es nicht unbedingt nötig, da die Niete - im Gegensatz zu Knöpfen - keine Belastung aufnehmen müssen. Nach dem Einsetzen der Niete kann der Klettverschluß angebracht werden. Er sollte die auf der Innenseite hervorstehenden Gegenstücke der Niete abdecken. Falls nicht, dann besser einen Flecken aus dünnem Gummi- bzw. Latexstoff darüberkleben, damit andere Teile des Kleidungsstückes nicht eingerissen werden können.