Subject: Re: Trafo Sek.Wicklungen parallel?
Date: Sun, 30 Jan 2000 15:59:04 +0100
From: "Ing. Franz Glaser"
Organization: http://members.eunet.at/meg-glaser/
To: Andreas Berger
Andreas Berger wrote:
> ich habe mir jetzt mal die Mühe gemacht und Deine HP angeschaut. Wenn
> ich ehrlich bin, hat es mich regelrecht erschreckt, wie lange der Aufbau
> dauerte vor lauter Werbung. Also "normaler User", der mal testhalber auf
> einen Link klickt und dann bei Dir landet, hätte ich mich reflexartig
> wieder zurückgezogen. Aber das ist ein anderes Thema.
Die Seiten haben den Zweck, Besucher aufzugabeln und möglichst auf
andere Seiten weiterzuleiten. :-)
> Ich habe dann den Text durchgelesen, genau analysiert und die
> Beispielrechnung am Anfang nachgerechnet. Ich zitier einfach mal:
>> Ein Trafo für 240VA hat ungefähr einen Wirkungsgrad von 90%, das
>> bedeutet, daß am ohm?schen Widerstand der beiden Wicklungen insgesamt
>> 10% der eingespeisten Spannung ?verheizt? wird (die Eisenverluste sind
>> niedrig und hier unberücksichtigt).
>
> Die 10% Spannungsverlust sind mir erst komisch vorgekommen (wegen der
> quadratischen Abhängigkeit der Leistung von der Sapnnung). Ich habe aber
> dann alles mal durchgerechnet und kann im Nachhinein die Richtigkeit
> Deiner Aussage bestätigen :-)
>
>> Der Trafo nimmt vom Netz in Wirklichkeit 266.7VA auf, vernichtet davon
>> 26,7 W und liefert 240VA an der Sekundärwicklung ab. Beide Wicklungen
>> zusammen verheizen 26,7W, die der Trafo an die Umgebung als Wärme abgeben
>> muß. Die Primärwicklung verliert 5% und die Sekundärwicklung verliert 5%
>> der Spannung.
>
> Das stimmt auch alles, nur die 5% auf der Primär und Sekündärseite
> stimmen IMHO nicht. Das Verhältnis dürfte anders sein. Denn:
>
> In diesem Beispiel ist das Übertragungsverhältnis (kurz: ü) 8,25. Wenn
> ich nun so wie Du den primären Innenwiderstand (Rp)auf die Sekundärseite
> transformiere, dann habe ich auf der Sek.-Seite die zwei Widerstände Rs
> (Innenwiderstand der Sek.-Seite) und (ü^2)*Rp (transformierter
> Innenwiderstand der Prim.-Seite). Weiter gehe ich davon aus, dass Deine
> Annahme mit den 5% richtig wäre, dann müßte an beiden Widerstanden die
> selbe Spannung abfallen. Daraus folgt: Rs=(ü^2)*Rp nach Einsetzen der
> Werte ergibt sich dass der primäre Innenwiderstand um Faktor 68 höher
> ist als der sekundäre. Ist das nicht ein bischen viel? Dann müßte der
> Querschnitt auf der Sekundärseite aber auch um Faktor 68 größer sein,
> was mir ein bischen utopisch erscheint. Aber vielleicht liegen die Werte
> ja doch in der Richtung, ich weis nicht, welche Querschnitte man für so
> einen Trafo verwendet. Vielleicht kannst Du ja was dazu sagen.
Ein Trafo mit einer einzigen Primär- und einer Sekundärwicklung sollte
die Verluste ungefähr 50/50% aufteilen. Alles andere wäre unwirtschaft-
lich.
Der Drahtquerschnitt soll bei ca. 2A bis 4A pro mm2 liegen, je nach
Wärme-Abstrahlvermögen. Kleine Trafos haben verhältnismäßig viel
Oberfläche, daher kann man ihnen auch mehr Verluste pro mm2 zumuten.
>> Daraus kann der Innenwiderstand der beiden Wicklungen berechnet werden.
>> Zur leichteren Berechnung ?transformieren? wir alles auf die Sekundärseite.
>> Der Spannungsabfall an der Sekundärwicklung + Primärwicklung beträgt
>> 0,11*24V = 2.67V bei 10A Last. Der Kupferwiderstand der Sekundärwicklung
>> UND der Primärwicklung (transformiert) zusammen beträgt daher 0,267 ohm
>> (Streu-Induktivität vernachlässigt). Er läßt sich mit einem Ohmmeter
>> messen.
>
> Ich habe alles nachgerechnet und keine Fehler gefunden. Nur mit dem
> letzten Satz kann ich mich nicht anfreunden. Wie kann ich mit einem
> Meßgerät einen transformierten Widerstand messen!? Das ist ein Ding der
> Unmöglichkeit.
richtig, die Sekundärseite allein.
Wenn ich annehme, daß Primär- und Sekundärwicklung den gleichen
Wicklungsraum haben, dann wird die Primärwicklung bei mehr Windungen
halt auch weniger Drahtquerschnitt haben. Daher ergibt sich das
quadratische Verhältnis der Cu-Widerstände: zB. doppelt so langer
Draht und halber Querschnitt = 4 * soviel Ohm.
Sie haben nur mit dem Querschnitt gerechnet und übersehen, daß der
Draht auch länger/kürzer ist. :-)
> Der weitere Teil des Artikel kann ich nur beistimmen, ich habe aber noch
> ein paar kleine Ungereimtheiten gefunden:
>
>> Es gibt für Transformatoren einige Faustformeln oder ?eingebürgerte?
>> Leistungsangaben. Zum Beispiel ist ein SM102A - Schnittbandkern für
>> einen 190VA Transformator geeignet. Aber das ist nur unter ganz bestimmten
>> Voraussetzungen zutreffend. Bei höherer Frequenz als 50Hz könnte die 220V -
>> Wicklung mit weniger Windungen auskommen und so einen dickeren Draht
>> erlauben. Weniger Windungslänge und ein dickerer Draht ist aber sehr
>> wirksam für eine höhere übertragbare Stromstärke. In der Tat sind in USA
>> (60Hz-Netz) die Transformatoren generell viel kleiner als bei uns in
>> Europa, was bei manchen amerikanischen Geräten zu Problemen führt, wenn
>> der Konstrukteur nicht an unsere 50Hz gedacht hat.
>
> Warum kann ich bei ein höheren Frequenz mit weniger Windungen auskommen?
> Ich habe bisher noch nie eine Frequenzabhängkeit beim
> Wicklungsverhältnis entdecken können.
Nicht das Wicklungsverhältnis, sondern beide Wicklungen brauchen
bei höherer Frequenz weniger Windungen. Das Verhältnis bleibt
natürlich gleich.
> Oder hängt das mit der
> Induktivität zusammen, die bei weniger Windungen sinkt? Das wäre ja bei
> einer höheren Frequenz nicht so tragisch, da der Kern ja nicht die Zeit
> dazu hat, in die Sättigung zu gehen.
Na, so ist das nicht. Der Magnetisierungsstrom ist der, der sich
aus dem Scheinwiderstand der Spule (hier berücksichtigt man
schlauerweise nur die Primärwicklung) ergibt: Z = omega * L.
Ein Trafo im Leerlauf ist ja sowas wie eine einfache Drossel.
Mit der Netzspannung und dem Z errechnet sich nach dem ohmschen
Gesetz der Leerlaufstrom = Magnetisierungsstrom. Der ergibt
bestimmte Ampere*Windungen und die ergeben mit der Eisenkernlänge
und dem Mü des Eisens eine bestimmte Feldstärke in Gauss bzw. Tesla.
Bei höherer Frequenz wird durch das omega auch das Z höher, oder -
man kann weniger L (Windungen^2) vertragen um das gleiche Z zu
erzielen. Weniger Windungen erzeugen aber auch weniger A*W und
daher weniger Gauß/Tesla.
Das L steigt quadratisch mit der Windungszahl, (damit sinkt die
Mag-Stromstärke auch mit dem Quadrat der Windungszahl) die Gauß
steigen aber nur proportional, bei gleicher Spannung und Frequenz
angenommen.
Deswegen treten weniger Gauß im Eisen auf, wenn man ein paar
Windungen mehr wickelt.
> Das Problem der USA-Trafos wird wohl eher die Sättigung des Kerns sein,
> was nicht so gesund für den Trafo ist.
> Die Kerne können bei höheren Frequenzen kleiner werden. Es wird zwar
> dadurch weniger Energie pro Periode übertragen, was aber die höhere
> Frequenz wieder wett macht.
Nein, ziemlich daneben, sorry.
Es hat mit dem Omega*L zu tun, sonst nix. Weniger Windungen
erlauben bei gleichem Trafo-Fenster einen dickeren Draht, und
dadurch geringere Verluste im Kupfer, das ist es! Weniger Drahtlänge
und dickerer Draht = weniger Verlust-Ohm = viel mehr übertragbare
Leistung bei höherer Frequenz.
>> Der Einschaltstromstoß wird von Elektro-Modefreaks gern mit einer Triac -
>> Nulldurchgangsschaltung ausgetrickst, aber das ist ein Unfug. Der Trafo
>> müßte im Spannungsmaximum eingeschaltet werden, der Ladeelko aber im
>> Nulldurchgang.
>
> Dass der Trafo (ohne Glättungs-Elko) genau im Nulldurchgang
> eingeschaltet werden müßte, stimmt für einen verlustlosen Trafo, aber
> nicht für einen realen, da die Innenwiderstände den Phasenwinkel
> "verbiegen". Der optimale Einschaltmoment dürfte irgendwo in der Nähe
> des Maximums liegen, aber ich habe jetzt keine Lust gehabt, eine
> inhomogene Differentialgleichung zu lösen. :-)
Nein, falsch!
Ein idealer Trafo müßte im Spannungsmaximum eingeschaltet werden.
Das ist der Moment, in dem er normalerweise kein Magnetfeld hat,
periodisch. Und das entspricht dem fehlenden Magnetfeld beim
Einschalten.
Im eingeschwungenen Zustand ist das Eisen bei Spannungs-Nulldurchgang
voll magnetisiert, von der vorigen Halbwelle. Dieser Zustand, diese
Voraussetzung fehlt aber beim Einschalten.
Die erste Halbwelle hat dann keine "alte" Vormagnetisierung des
Kerns abzubauen, ihr Magnetisierungsstrom fährt voll ins Eisen!
Normalerweise (im eingeschwungenen Zustand) tut die erste
Hälfte der Primär-Halbwelle nur eins: die alte Magnetisierung
abbauen. Diese ist aber beim Einschalten einfach nicht da.
Und wieder: Verluste spielen da fast keine Rolle.
Es ist dabei unerheblich, ob der Trafo ideal ist oder nicht, weil
es hier um den leerlaufenden Trafo geht, dessen Cu - Widerstand
nahezu vernachlässigbar ist, im Leerlauf.
Die Verschiebung des idealen Einschaltmomentes kommt nur durch
einen nachfolgenden C in die Betrachtung hinein, bei einer rein
ohm'schen Last würde immer noch gelten: Einschaltmoment ideal
im Spannungsmaximum.
Denn der Strom, der von der Primär- in die Sekundärwicklung
hinübertragen wird, geht praktisch nicht in die Magnetisierung
ein. Da ist nur ein kleiner Spannungsabfall in der Primärwicklung
zu berücksichtigen, im Kupfer, mehr nicht. Es werden also nicht
die ganzen 220V (311V spitze) für die Magnetisierung wirksam,
sondern nur ca. 210V eff.
Der Eisenkern selber ist IMMER 90 grad nacheilend gegen die
Primärspannung magnetisiert, mit einem vernachlässigbar kleinen
Fehler durch die Streuinduktivität, die bei Belastung natürlich
zunehmend wirksamer wird, aber nicht viel ausmacht in Grad.
Übrigens: ich bin leicht irritiert von Ihrer obigen Aussage,
daß der Kern keine "Zeit" hätte, in Sättigung zu gehen. Da
ist überhaupt keine Verzögerung zwischen dem Strom (in A*Wdg)
und dem Magnetfeld! Die einzige Verzögerung ist die vom
langsamen Stromanstieg im L der Spule, und die ist ganz
leicht zu berechnen. Wenn das L nicht vom Eisen und seiner
Sättigung beeinflußt würde, dann wäre alles ganz linear und
statisch zu betrachten, statisch in dem Sinn, daß da keine
Wirkungsverzögerungen auftreten.
MfG
--
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