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Zur Geschichte Rüsselbachs


"Von dem im Jahre 742 gestifteten Bistum Eichstätt wurde das Christentum über das Saalefeld und den angrenzenden Nordgau verbreitet. In der nördlich und westlich vom Pegnitzfluß liegende Gegend sind als Pflanzschulen des Christentums die Pfarrei Velden und Kirchrüsselbach zu betrachten." So beginnt eines der Pfarrbücher, die uns durch die lange und wechselhafte Geschichte der Pfarrei Kirchrüsselbach führen.

Schon vor der ersten urkundlichen Erwähnung - so ist zu vermuten - hat wohl eine Ansiedlung in diesem Tal existiert. Sie war geschützt vor den gefürchteten Nordwinden. Ein Bach, umsäumt mit Rüstren spendete Wasser. Bau- und Brennholz gab es genug. Im Laufe der Jahrhunderte wurde aus Ristelibach Ristelbach und schließlich Rüsselbach.

Etwa um das Jahr 900 dürfte die Besiedelung der Gegend am oberen Schwabachufer abgeschlossen gewesen sein.

Bald nach der Stiftung des Bistums Bamberg (1007) wurde im Jahre 1011 (Diplom 1010) Rüsselbach mit seinen über 40 Filialen (= zugehörenden Orten), auch Thuisbrunn und Trubach, dann Velden mit ihren Tochterkirchen Plech und Betzenstein auf Veranlassung Kaiser Heinrich II vom Bischof Gundokar I zu Eichstätt an das Bistum Bamberg abgetreten. Um 1100 dürfte die Flur auf die Siedler aufgeteilt und die Menschen, stolz als freie Bauern, seßhaft geworden sein. Rüsselbach hatte großes Ansehen erlangt. Das wird z.B. daran deutlich, daß im Jahre 1344 Papst Clemens VI "... der hiesigen zu St. Jacobs Ehre gestifteten Kirche nebst ihrer Filia zu Igensdorf alljährlich einen 40-tägigen Ablaß" erteilte.

Die Besitzverhältnisse wechselten (wie für die frühe Zeit üblich) oft: Nachdem Rüsselbach zum Bistum Bamberg (s.o.), später zum Besitz der Hohenstaufen gehörte, kam es 1109 in den Besitz der Herren von Wildenstein, 1268 kamen Rüsselbach zusammen mit Hiltpoltstein an die Wittelsbacher. Rudolf II verpfändete sie an den böhmischen König Karl, bis schließlich die Reichsstadt Nürnberg im Jahre 1503 ganz Hiltpoltstein und den größten Teil Rüsselbachs erwarb. Am Aufgang zum Pfarrhof und in der St. Jacobus Kirche finden sich Wappen und Namen der Nürnberger Bürger, die die Grundherrschaft innehatten: Ebner, Harsdorfer, Zollner, Haller, Heiden, Pfinzing, u.a..

Der größere Teil des Pfarrbezirks lag im Gebiet der Reichsstadt Nürnberg, der kleinere stand unter bayerischer Herrschaft, nämlich Ewach halb, Penzendorf, Oedhof halb, Haus halb. Das bayerische Territorium stand unter dem Landgerichte Auerbach, später Schnaittach.

Als in Nürnberg die Reformation eingeführt wurde, blieb das für Rüsselbach nicht ohne Folgen. Auch hier wurde 1542 die lutherische Lehre verkündet. Von den katholischen Pfarrern sind nur zwei bekannt: Heinrich Münzmeister, der 1414 in der Urkunde über eine Trauung als hiesiger Pfarrer aufgeführt ist. Priester Palkmacher, der bei der Religionsveränderung die hiesige Pfarrei verlassen hat und von seinem Nachfolger 30 fl. erhielt.

Erster evangelischer Pfarrer, Georg Wagner, gewesener Augustinermönch, kam an 1524 und ging in der Bauernrevolte 1525 wieder nach Nürnberg.

Der 30-jährige Krieg hat die Gegend stark betroffen. Im Taufbuch des Jahres 1634 steht nach dem 25. Mai die Bemerkung: "... da ist die Noth und das liebe exilium (Ausziehen, aus dem Dorf fliehen) recht angegangen und ein Sterben erfolgt. - bellum, fames, pestis -." (Krieg, Hunger, Pest).

Dennoch wurden treu fast jährlich die wichtigen Ereignisse festgehalten.

So lesen wir z.B. unter dem Jahr 1693: "Am 23. Juli, nachts 12 Uhr kam im Wirtshaus zu Mittelrüsselbach, Hs. Nr. 21 Feuer aus und ist diese Haus, dann das Haus Nr. 22 mit Stadel abgebrannt."

1717: "Am 16. September mittags 11 - 12 Uhr kam in Mittelrüsselbach, Hs. Nr. 18 Feuer aus. Diese Haus sowie die Häuser Nr. 17, 19, 4 und 5 und der Stadel von Nr. 9 wurden in Asche gelegt."

1776 wird der alte Kirchturm abgebrochen und durch einen neuen ersetzt. 1777 - 1779 wird eine "Hauptreparatur" an der Kirche vorgenommen. Sie bekommt ihr heutiges Gesicht.

Interessant ist eine Eintragung aus dem Jahre 1790: "Kam Georg gleich, Hufschmied, von Hohenstadt nach Unterrüsselbach und führte den vorher unbekannten, später bedeutenden Hopfanbau (Anm.: Hopfenanbau) in hiesiger Gegend ein.

Zwischen Auerbach und Nürnberg kommt es hier in Rüsselbach immer wieder zu Kompetenzrangeleien. Es geht immer wieder um Steuerabgaben, aber auch um Dienstgehorsam, den beide "Parteien" von den Rüsselbachern einfordern. So befahl z.B. das Landgericht Auerbach im Jahre 1799 wegen des Ablebens des Kurfürsten Karl Theodor die Einstellung aller Tänze, Lustbarkeiten, das Siegeln mit schwarzem Siegellack und täglich einstündiges Trauergeläute, wozu sich der Schullehrer ohngeachtet Nürnbergischen Gegenbefehls aus Furcht vor Strafe auf 8 Tage verschwand. Warum er verschwand? Er hatte böse Erfahrungen in der Auseinandersetzung der Herren aus Preußen und der Nürnberger erlebt: Der Schulmeister Adam Kramer, der von 1769 bis 1804 hier Lehrer war und aus Hiltpoltstein stammte (sein Vater war dort Schulmeister). 1793 wurde vom Auerbacher Amtsknecht der Hiltpoltsteiner Amtsknecht (im Nürnberger Namen und Auftrag), der im Mittelrüsselbach bei seinem Dienst bei einer Hochzeit ergriffen und für etliche Wochen in Fesseln in Auerbach gehalten. Bei solchen handgreiflichen und z.T. auch blutigen Übergriffen war es sehr klug, kurz unterzutauchen.

1796, ein betrübtes Jahr: Das (franz.) Kriegsheer zieht durch. Am 10./11./12. August lag anfangs die kaiserliche Armee 30.000 Mann stark bei dem Lindenhof, bald darauf kamen die Franzosen. Es wurde hier alles ausgeplündert...

1806: 18. Sept. ist die Reichsstadt Nürnberg und ihr Gebiet mit Bayern vereinigt worden.

1808: Bei der 1808 erfolgten Einteilung des Königreiches kam der Pfarrbezirk zum Pegnitzkreis unter das Generalkommisariat Nürnberg zum Landgericht und Rentenamt Gräfenberg in Neunkirchen, Ewach, Oedhof u. Benzendorf aber zum Landgericht Lauf.

1810: Dekanat Gräfenberg wird gebildet (erster Dekan: J.H.W. Witschel - erst in Igensdorf, dann Gräfenberg). 1837 wird Gräfenberg zum oberfränkischen Kreis und das Landgericht Lauf zu Mittelfranken gehörig.

1816 war eine große Hitze. Die Folge: eine große Teuerung.

Im Jahre 1848 wird berichtet: "Das Revolutionsjahr ging hier ohne besondere Störung vorüber. Zu Ewach ist durch Gesindel von Forth u. Büg ein Landfriedensbruch versucht worden"

1851: "war ein nasses Jahr, die Ernte desselben eine geringe u. die Folge davon eine ziemliche Teuerung." Auch im Jahre 1853 war die Ernte gering. Viele mußten deshalb 1854 hungern.

Anläßlich des Lutherjubiläums wurde 1883 in der St. Jacobuskirche Luthers Bild angebracht.

1897: "am 2. Dezember (bzw. 3.) waren es 25 Jahre, daß der verdiente Kantor und Lehrer K. Brandler dahier auf gezogen (Anm.: hergezogen) war. Aus diesem Anlaß wurde eine Schulfeier veranstaltet."

Im gleichen Jahr, 1897, wird die Freiwillige Feuerwehr zu Rüsselbach gegründet.

1901 brennt es im Schulhaus. Das erste Mal am 31. Oktober in einer Dachkammer; das zweite Mal am 7. November in der Holzlade. Nur mit Mühe konnte ein Übergreifen auf die benachbarte Scheune (Gebhard) verhindert werden.

Nicht nur Feuer bedrohte Hab und Gut, forderte zum Teil sogar Menschenleben.

So kam es am 25. Februar 1902 in Oberrüsselbach zu einem Erdrutsch, durch den der Bauer Johann Friedrich Meier erdrückt wurde.

Am ersten Pfingstfeiertag des Jahres 1909 (30. Mai) flog früh um 9 Uhr das lenkbare Luftschiff des Grafen Zeppelin von Friedrichshafen und Nürnberg her kommend über Unterrüsselbach.

Im Januar 1910 wird ein neuer Komet beobachtet.

Das Jahr 1911 schien für unsere Landwirtschaft kein gutes Jahr zu werden. Am 5. April war es so kalt, daß das Wasserrohr platzte. "Aber es war eine so reiche Kirschenernte, wie sie seit Menschen=Gedenken nicht war." Nach der Kirschenernte begann aber eine dreimonatige Dürre. Die Temperaturen betrugen früh um 8 Uhr schon 20 Grad, mittags und auch abends manchmal 30 Grad im Schatten. Es kam aber kein Menschenleben durch Hitzschlag in Gefahr.

Am 16. November diese Jahres war schließlich abends um 10.26 Uhr ein Erdbeben bemerkbar, das seinen Herd im oberen Inntal gehabt haben soll und besonders um den Bodensee und in Würzburg Schaden anrichtete, in unserer Gegend bekam in Forchheim ein Haus einen Riß. Es stürzte am 20. November ein.

Das nächste große Ereignis ist der 1. Weltkrieg. In bewegenden und persönlich festgehaltenen Worten berichtet der Chronist über Familienschicksale, Ängste und Befürchtungen, aber auch voll Dank für Hilfe in der Not und gegenseitigen Beistand und Fürbitte. Ein Feldbrief ist als Zeugnis dieser schweren Zeit beigelegt. Er beginnt: "Im Schützengraben den 11. Juli 1915 - Sehr geehrter Herr Pfarrer und Frau. Ich teile Ihnen mit, daß ich Ihre Sonntagsblätter mit Freuden empfangen habe..." Er berichtet von einem schweren Gefecht, das er heil überstanden hat.

Am 18. Mai 1915 kommt es in Ober- und in Kirchrüsselbach zu einem schweren Unwetter. Zwei Stunden Sturm, Regen, Unwetter. Die Kartoffeln werden aus dem Acker geschwemmt, Brücken stürzten. Im Mittelrüsselbach läuft der Bach über die Straße.

Und immer wieder Berichte über Verwundung und Tod. Seite um Seite.

Am Sonntag nach Weihnachten, 29.12.1918 fand der feierliche Dankgottesdienst für die Heimgekehrten statt. Auch drei Veteranen von 1870 beteiligten sich am gemeinsamen Kirchgang und ehrten die Gefallenen.

Mit großem Fleiß und Eifer gingen die Menschen ans Werk, waren in Landwirtschaft, aber zunehmend auch im Handwerk und als Pendler nach Nürnberg tätig.

Im Jahre 1919 wird der Krieger-Verein Rüsselbach gegründet.

Am 13. November 1927 wird der Posaunenchor gegründet.

Die Aufzeichnungen enden im Jahr 1932 und beginnen erst wieder 1959. Über die Zeit des zweiten Weltkrieges und über die Nachkriegszeit wird der Verfasser dringend Aufzeichnungen suchen und Zeitzeugen befragen, um einen kontinuierlichen Bericht weiterzuführen.

1858 wird im August das (alte) Leichenhaus in Kirchrüsselbach geweiht.

1961 stürzt ein tschechisches Verkehrsflugzeug hinter Oberrüsselbach ab. Alle Insassen kommen dabei ums Leben.

1964: Im Frühjahr wird das "alte" historische Pfarrhaus wegen Unbewohnbarkeit abgerissen. Im Februar 1965 fand in dem neuen Gemeindesaal ein vielbeachteter Vortrag des Historikers W. Held statt.

Am 1. Advent des Jahres 1965 wird das "neue" Gesangbuch eingeführt.

1967: Das Ehrenmal für die Kriegstoten der beiden Weltkriege wird geweiht.

1969: Die Kirche wird renoviert.

1971: Der Frauensingkreis - Frauenchor wird gegründet.

1973: Der Schützen-Verein wird gegründet.

1978: Der Sportverein Rüsselbach wird gegründet.

1980: Der Dorfverschönerungs-Verein wird gegründet.

1985 ff.: Kirchenrenovierung

Albrecht Meinl, Pfarrer

Quelle: Festschrift 100 Jahre MGV Rüsselbach


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