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Der Teufelstisch


Der Teufelsspuk auf dem Eberhardsberg

Der rüstige Ritter Kuno, Schloßherr und Gebieter zu Gräfenberg,
saß mit seinen Zechkumpanen bei Tische. Sie fraßen wie die
Scheunendrescher und soffen wie die Bürstenbinder. Gute Tischmanieren
als Ritterknabe anerzogen, waren längst vergessen: Niemals aus der
Schüssel zu trinken, nichts abzubeißen und wieder in die Schüssel
zu legen, andere Dinge als Speisen nicht während des Essens mit der
bloßen Hand anzufassen, nicht mit dem Finger in Senf und Salz zu
rühren, sich nicht über den Tisch zu legen, nicht krumm dazusitzen,
nicht die Ellbogen auf den Tisch zu stützen, nicht mit dem Messer in
den Zähnen zu stochern, nicht mit dem vollen Mund zu sprechen und zu
trinken, nicht in den Trunk zu blasen, sich nicht in das Tischtuch zu
schneuzen, nicht zu schmatzen und zu rülpsen oder gar zu furzen.
Zu vorgerückter Stunde lud sich Ritter Kuno, mit vom Bier gelöster
Zunge, beim Teufel zu Tische ein, sozusagen höchstpersönlich. War der
wackere Rittersmann von allen guten Geistern verlassen?
Eines schönen Tages erschien ein Bote aus der Unterwelt im
Gräfenberger Schloß. Er überbrachte dem verdutzten Ritter die
Einladung des Höllenfürsten zu einem Festmahl. Auf dem nahen
Eberhardsberg sollte zur Geisterstunde getafelt werden, und zwar just
zum Zeitpunkt des vollen Mondes. Wohl oder übel mußte der Schloßherr
der Einladung folgen. An Ort und Stelle angekommen, sah er den
Leibhaftigen, wie er aus umherliegenden Felsbrocken einen Riesentisch
zurechtzimmerte. Der Teufel hatte Mumm in den Knochen. Die
Tischplatte war mit Speisen und Getränken schwer beladen. Mit einer
herrischen Geste lud Luzifer zum Mahle. Im ersten Gang gab es Eiermus
mit Pfefferkörnern, Safran und Honig darein, Hirse und Gemüse. Im
zweiten Gang Bachforellen mit Ingwer gesotten, Stockfisch mit Öl und
Sardinen. Im dritten Gang Schweinskeule mit Gurken und in Schmalz
gebratene Spatzen mit Rettich. Als Nascherei zwischen den Mahlzeiten
ein "Gewürzpulver", ein Gemisch aus Pfeffer und Zucker über Brot
geröstet. Alles in allem keine ungewöhnlichen Gerichte für einen
Hochgeborenen. Ritter Kuno und der Beelzebub machten reinen Tisch.
Sie schlugen sich den Leib voll und jagten das Bier gleich eimerweise
durch ihre trockene Kehle. Am Ende der Mahlzeit schlug Ritter Kuno
das Kreuz zum Dankgebet - wohl mehr der Macht der Gewohnheit als
einer plötzlichen Eingebung folgend. "Malefizkruzifix", fluchte der
Teufel, bekam eine Gänsehaut, klapperte mit den Zähnen und
schlotterte mit den Knien. Laut furzend verschwand er in den
mondhellen Nachthimmel. Schwefeldämpfe verpesteten die Luft.
Ritter Kuno hielt sich die Nase zu: "Pfui Deibel, brrrr!".
Zurück blieb das Kunstwerk des Teufels aus Kalkgestein.
Teufelstisch hieß es von nun an und für alle Zeiten. 


Maintained by Christof Westhues, Igensdorf  Last updated 13.07.98