Der Taxifahrer konnte sich gar nicht beruhigen und fing immer wieder von vorne an: Es sei ja fantastisch, daß die Astronomen den Beginn der Sonnenfinsternis so präzise vorausgesagen konnten - aber wieso weigerten sie sich dann beharrlich, auch den Zeitpunkt der Wiederkehr von Jesus Christus bekanntzugeben? Eine Woche war jetzt vergangen, seit der Mondschatten die sambische Hauptstadt Lusaka - und einen breiten Streifen quer durch Zentralafrika - passiert hatte, und die erste totale Sonnenfinsternis des neuen Jahrtausends war hier noch nicht vergessen. Vor allem in und rund um Lusaka hatten sie viele gefeiert, und mehrere zehntausend Reisende in Sachen SoFi waren in das wenig bekannte Land zwischen Angola, Simbabwe und Ex-Zaire geströmt, das die günstige Kombination aus Wettersicherheit, politischer Stabilität und touristischen Attraktionen versprach. Aber wie das Naturschauspiel in breiten Kreisen der rund 9-Mio.-köpfigen Bevölkerung aufgenommen worden war, davon war nur wenig zu erfahren gewesen. Den Ausführungen unseres Taxifahrers am letzten Tag der Reise war zu entnehmen, daß man zumindest in seinem Bekanntenkreis das Ende der Welt gekommen glaubte und jetzt noch verwirrter als vorher war. Und in der wortgewaltigen sambischen Presse war die Sonnenfinsternis längst zum Politikum geworden.
»Die Regierung soll für ihre Sonnenfinsternis-Sünden
bezahlen«, verkündete die Schlagzeile, 
und der bunt hinterlegte Artikel auf der Titelseite der 
Wochenzeitung »Today« vom 27. Juni 2001 ließ 
keine Fragen offen: »Die sambische Regierung hat die 
Sonnenfinsternis in kriminell unverantwortlicher Weise 
behandelt.« So sähe es jedenfalls eine 
Oppositionspartei: Die UPND gehe davon aus, daß in den 
nächsten drei bis vier Jahren die Zahl der Blinden im Lande 
deutlich ansteigen werde - weil es nicht gelang, jedem 
Bürger zur einer Sonnenfinsternisbrille zu verhelfen. Und 
der zweite Vizepräsident der Partei schwöre bereits, 
daß »all diejenigen aufgespürt werden, denen 
das Wohlergehen des sambischen Volkes während der 
Sonnenfinsternis anvertraut war und die unverantwortlich 
handelten.« Und wenn die UPND die nächsten 
Wahlen im November gewänne, dann »werden wir 
sicherstellen, daß all diejenigen für ihre Sünden 
bezahlen, die dafür verantwortlich sein werden, daß 
tausende von Sambiern erblinden.« Mit diesem Feldzug 
werde man dann auch gleich ein Zeichen setzen, daß jede 
Regierung irgendwann zur Rechenschaft gezogen werde ...
Insbesondere war es nun unmöglich geworden, eine 
große Zahl von SoFi-Brillen zu beschaffen und für 
Pfennigsbeträge oder gratis zu verteilen. Mitte Juni beklagte 
sich Habatwa Mweene vom Finsternis-Unterkomitee für 
Wissenschaft und Sicherheit bitterlich in den sambischen Medien 
(hier zitiert aus The Post vom 15.6.): »Mein Komitee 
sollte sich um die Augensicherheit kümmern. Dazu hatten 
wir bei der Regierung einen Budgetplan eingereicht für eine 
Informationskampagne und für die Anschaffung von 
Sonnenfinsternisfiltern. Bis jetzt sind keinerlei Mittel freigegeben 
worden.« Damit, so Mweene, stehe Sambia praktisch 
unvorbereitet da, nur wenige seien bisher über Radio und 
Fernsehen erreicht worden, ein Großteil der 
Bevölkerung habe keinen blassen Schimmer, was es mit der 
Sonnenfinsternis auf sich habe, und außerhalb der 
Städte käme kaum jemand an die besagten Brillen 
heran. »Diese Situation ist umso skandalöser,« 
wetterte Mweene, »da unsere Nachbarn mehr Engagement 
gezeigt haben. Das vom Bürgerkrieg zerrissene Angola hat 3 
Mio. US-$ bereitgestellt und 6 Millionen Finsternisfilter zur 
Verteilung an die Armen gekauft. Madagaskar hat 14 Mio. Filter 
für die freie Verteilung beschafft. Zimbabwe wird jedem in 
der Finsterniszone kostenlose Filter geben. Und selbst Mosambik 
soll 5 Mio. US-$ und Millionen kostenloser Filter bereitgestellt 
haben. Sambia dagegen tat nichts.«
Immer wieder, so Mweene, habe man Druck auf die Regierung 
ausgeübt, das Finanzministerium aber habe »auf Zeit 
gespielt,« bis es zu spät gewesen sei. »Das 
Ergebnis der Fahrlässigkeit der Regierung werden 
verbreitete Augenschäden in der Nation sein,« so 
fürchte er: »Die Sonnenfinsternis hätte wie eine 
mögliche Seuchenepidemie behandelt worden sein sollen, 
und die Regierung hätte einschreiten müssen, um die 
Auswirkungen zu verhindern.« Das zeigte Wirkung: Kurz 
nach Mweenes Auftritt standen plötzlich doch noch 800 
Mio. Kwacha zur Verfügung! Das war zwar zu spät 
für flächendeckende Aktionen gewesen, reichte aber 
gerade noch, um Beamte in die ausgedehnten ländlichen 
Gebiete Sambias zu entsenden und wenigstens ein paar 
Informationen zu verbreiten. An eine Verteilung von SoFi-Brillen 
war freilich nicht mehr zu denken - und mit deren akutem Mangel 
waren auch wir bei jeder Gelegenheit konfrontiert worden, kaum 
daß unsere Expedition Lusaka gen Westen verlassen hatten. 
Der Konvoi aus vier wuchtigen Allradfahrzeugen (Verbrauch: 11 
bis 14 Liter auf 100 km!) sollte 14 deutschen Sternfreunden, 
darunter dem Autor, noch eine Viertelminute mehr Totalität 
bescheren als in der Nähe der Hauptstadt möglich 
waren, und wo immer wir auf dem Weg in den Kafue-Nationalpark 
Station machten, kamen wieder die Fragen: ob wir denn SoFi-Brillen
dabeihätten?
Offensichtlich war es zwar gelungen, die Bevölkerung 
flächendeckend zu beunruhigen - aber darüber 
aufzuklären, wie man die partiellen Phasen auch ohne 
industriell gefertigte Hilfsmittel völlig gefahrlos verfolgen 
konnte (mit einfachen Projektionstechniken zum Beispiel), war 
dann vergessen worden. Da halfen auch die 
allsonntäglichen Sondersendungen im Fernsehen nichts, 
wo sich Mweene zwar zum Sachlichkeit bemühte, die aber 
kaum jemand gesehen haben dürfte. Man darf wohl 
vermuten, daß ein Großteil der afrikanischen 
Landbevölkerung die Sonnenfinsternis lieber gar nicht 
beobachtet hat: Entsprechende Berichte gibt es ganz konkret aus 
Madagaskar, wo sich in den entscheidenden Stunden vielerorts 
ausschließlich SoFi-Touristen im Freien aufhielten. 
Glücklich jene Einheimischen, die - meist dank dem 
Kontakt mit den ausländischen Gästen - zum 
Betrachten der Finsternis ermuntert wurden und das Schauspiel 
fast überall unter wolkenlosen Himmel verfolgen konnten: 
Über dem gesamten Totalitätsstreifen quer durch den 
Kontinent Afrika, von Angola über Sambia und Simbabwe 
bis Mosambik, hatte sich nämlich in der Woche rund um die 
SoFi-Termin keine Wolke mehr blicken lassen, und nur auf 
Magadaskar mußte an einigen Orten eine 
überstürzte Flucht vor Wolkenfeldern angetreten 
werden. 
Der wolkenlose Himmel über dem ganzen Süden 
Afrikas war durchaus nicht garantiert gewesen, denn die 
Regenzeit hatte dieses Jahr lange angehalten. Noch bis zum 15. 
Juni war unsere insgesamt dreiwöchige Expedition im 
Süden Sambias mit ständigem Wechsel von 
großen Wolkenfeldern und blauem Himmel (und absolut 
kitschigen Sonnenuntergängen) konfrontiert worden. Die 
Victoria-Fälle an der Grenze zu Simbabwe hatten wir noch 
mit 80% ihrer vollen »Leistung« erleben dürfen: 
Nach ausgiebigen Regenfällen in Angola führte der 
Sambesi noch reichlich Wasser, und es dürften rund 500 
Millionen Liter Wasser gewesen sein, die jede Sekunde über 
die mehr als einen Kilometer breite Abbruchkante in die Tiefe 
stürzten. Und diesen Wassermassen kann man fast beliebig 
nahetreten: Keine 100 Meter jenseits der Kante gibt es schon 
wieder festen Boden, und von der sambischen wie der 
simbabwischen Seite kann man praktisch die ganze Breite der 
Fälle entlangwandern. Und sich immer wieder gehörig 
einnebeln lassen von den Gischtwolken, die sich in dieser 
Jahreszeit noch hoch über den Fällen 
auftürmen: Zusammen mit dem ohrenbetäubenden 
Rauschen der Fluten werden die Fälle zu einem Erlebnis 
für alle Sinne.
Ein Naturerlebnis allerdings, das sich die Anrainer gut bezahlen 
lassen: Wohl nicht ganz zufällig sind in den Wochen der 
Sonnenfinsternis die Eintrittspreise für die Nationalparks 
beiderseits des Sambesi auf 10 Dollar (Sambia) bzw. 20 Dollar 
(Simbabwe) gestiegen, und nur aus diesen Parks sind die 
Fälle direkt zu sehen. Einen kompletten Überblick gibt 
es angesichts der Breite der Abbruchkante und der 
ständigen Gischtwolken indes nur aus der Luft: Die 
meisten Expeditionsteilnehmer ließen es sich nicht zweimal 
sagen, daß Hubschrauberflüge über die 
Fälle angeboten wurden. Der Spaß kostete zwar 
über 100 Dollar pro Person für 15 Minuten, aber der 
grandiose Blick über den breiten Sambesi, die volle 
Ausdehnung der Fälle und das sich anschließende 
mäandrierende Schluchtensystem war die Invesitition 
wert, ebenso eine Sonnenuntergangskreuzfahrt auf dem Sambesi 
oberhalb der Fälle für 40 Dollar inkl. voller 
Verpflegung. Und auch der kostspielige Tagesausflug auf die 
simbabwische Seite (allein das Visum kostete weitere 30 Dollar) 
war eine gute Idee gewesen: Im Gegensatz zu manch aufgeregtem 
Medienbericht im Vorfeld war das Dörfchen Victoria Falls 
direkt hinter den Fällen völlig friedlich - und alles, 
vom Abendessen bis zum Internet-Cafe, kostete deutlich weniger 
als in Sambia. Dieses Land, das wir bei der Reiseplanung so 
schmählich an den Rand gedrängt hatten, läd 
geradezu zur Wiederkehr ein - vielleicht schon Ende 2002, wenn 
es hier abermals eine totale Sonnenfinsternis (wenn auch mitten 
in der Regenzeit) geben wird.
Doch für eine Reise ist Sambia allein schon groß genug, 
und das nächste Ziel unserer Expedition war der wenig 
bekannte Lochinvar-Nationalpark, südwestlich von 
Lusaka. Kaum dort angekommen, änderte sich auch das 
Wetter mit einem Schlag: Die Wolken zogen am ersten Abend wie 
mit einem Messer abgeschnitten davon und sollten über 
eine Woche lang nicht wiedergekehren. Damit konnte auch der 
astronomische Aspekt der Reise Fahrt aufnehmen: Schon an den 
ersten Tagen hatten wir zwar Ausschnitte des südlichen 
Sternenhimmels bewundern können, mitunter aus den 
Fenstern von Reisebussen, die durch die afrikanische Nacht 
rasten. Aber jetzt entfaltete die südliche Milchstraße, 
von Sagittarius bis Carina, ihre volle Pracht über unserem 
Zeltlager. Dabei war die visuelle Grenzgröße gar nicht 
einmal so berauschend (Experten schätzten sie auf etwa 6.3 
mag.), aber das Fehlen jeglicher künstlicher Lichtquellen 
verlieh der Milchstraße ebenso wie vielen Deep-Sky-Objekten 
eine Brillianz und einen Kontrast, den man in Europa lange 
suchen muß. Demonstrieren ließ sich das nicht nur an 
den legendären Süd-Objekten wie dem 
Kugelsternhaufen Omega Centauri, dem Eta-Carinae-Nebel oder 
dem dunklen Kohlensack neben dem Kreuz des Südens: 
Bereits in kleinen Fernrohren zeigte die Galaxie Messier 51 - im 
Großen Bären, wohlgemerkt! - so viele Einzelheiten wie 
hierzulande in wesentlich größeren Geräten.
Trotz der Überfülle der kosmischen 
Sehenswürdigkeiten trollten sich viele bald in ihre Zelte - 
denn mit dem Sonnenuntergang gerieten auch die Temperaturen 
in einen gehörigen Tiefflug! Schließlich befanden wir 
uns auf der Südhalbkugel, kurz vor der 
Wintersonnenwende - und das in gut 1000 Metern 
Meereshöhe. Auch die frostige Nacht nahe dem 
Gefrierpunkt konnte indes eine Handvoll Kometenfans nicht 
daran hindern, um 4 Uhr morgens schon wieder ins Freie zu 
treten: Es lockte der Komet C/2001 A2 (LINEAR), der wegen 
seiner ungünstigen Stellung im Sternbild Hase von Europa 
aus schon länger nicht mehr zu sehen gewesen war. 
Südlich des Äquators war er dagegen ab Anfang Juni 
wieder sichtbar geworden, doch keiner von uns wußte, wie 
hell er jetzt sein würde (zwar gibt es in Sambia hier und da 
schon Internet-Cafes, aber mit meist erbärmlichen 
Datenraten und astronomischen Tarifen von 10 bis 15 DM pro 
Stunde - in Abfragen endloser Datentabellen visueller 
Kometenschätzungen investierten wir da lieber nicht). Da 
der Kern von LINEAR im April und Mai in mehrere Teile 
zerbrochen war, konnten wir ebenso gut mit einem 
Helligkeitsausbruch wie einem völligen Einknicken der 
Entwicklung rechnen, wie es knapp ein Jahr zuvor einem anderen 
Kometen gleichen Namens widerfahren war.
Mit der Himmelsregion, in der LINEAR stehen sollte, kannte sich 
niemand von uns aus, und so begannen wir zunächst ein 
abenteuerliches Starhopping von der Kleinen Magellanschen 
Wolke aus - diese Nachbargalaxie der Milchstraße stand jetzt 
hoch am Südhimmel, während im Westen gerade der 
Schütze mit dem galaktischen Zentrum versank. Viel 
einfacher war es, kurzerhand die grobe Richtung, in der der Komet 
stehen sollte, mit dem Feldstecher abzutasten - und einer der 
helleren »Sterne« dort entpuppte sich prompt als der 
Komet, der mit mehr als 4. Größe auch leicht mit dem 
bloßen Auge zu erkennen war. Im Feldstecher war zudem ein 
mindestens 6 Grad langer schmaler Plasmaschweif zu erkennen, 
der LINEAR zu einer kleinen Reinkarnation des berühmten 
Hyakutake machte. (Noch deutlicher war die Ähnlichkeit 
auf Fotos mit stehender Kamera, die schon bei 30 Sekunden 
Belichtungszeit auf 400 ASA eine Schweiflänge von gut 12 
Grad zeigten - und eine intensive Türkisfärbung der 
Kometenkoma.) Die morgendlichen Jubelschreie der Kometenfans 
fanden zwar nicht das Wohlgefallen aller Reiseteilnehmer, waren 
aber angesichts des unverhofften Astro-Bonusses der Reise mehr 
als gerechtfertigt.
Die folgenden Tage gestalteten wir die Kometenbeobachtung 
zunehmend ökonomischer: Wenn man das Zelt nach Osten 
ausrichtete (dabei half am Abend zuvor jeweils der strahlend helle 
Mars, der der Erde näherstand als in den vergangenen 13 
Jahren und selbst in kleinen Fernrohren einige Details 
offenbarte), dann konnte man ihn sich auch anschauen, ohne 
sich ausgerechnet in der kältesten Stunde der Nacht aus 
dem Schlafsack schälen zu müssen (und 
großartige Veränderungen an LINEAR waren bis zum 
21. Juni ohnehin nicht auszumachen). Unsere Expedition hatten 
wir so angelegt, daß sich Nächte im Zeltlager und in 
(billigen) Hotels immer wieder abwechselten: Die 
regelmäßige Rückkehr in die Zivilisation oder 
zumindest an deren Rand brachte vor allem logistische Vorteile, 
von Leitungswasser bis zu frischem Strom aus der Steckdose, den 
vor allem die große Fraktion der Videofilmer zu goutieren 
wußte. So arm Sambia auch ist (und so armselig die meisten 
Straßen): Die Versorgung mit Wasser und Strom 
funktioniert auch in entlegeneren Landesteilen, und auch das 
Netz der Tankstellen ist zwar dünn aber gut versorgt (wenn 
auch der Dieselpreis außerhalb Lusakas rasch auf 
über 2 DM/Liter steigt). 
Ausgestattet mit einer Batterie improvisierter Ersatzkanister 
(aus 20-Liter-Speiseöltanks - andere scheint es im ganzen 
Land nicht zu geben) gewann unser Konvoi so die nötige 
Reichweite, um in immer abgelegenere Zonen vorzudringen: Der 
»Wilde Westen« Sambias, wo sich die Länge der 
Totalität fast 4 Minuten näherte, sich aber so gut wie 
keine kommerzielle SoFi-Tour hingetraut hatte, war nun 
erreichbar geworden. Der Abstecher zuvor in den kleinen 
Lochinvar-NP war eigentlich nur deshalb zu einem Abenteuer 
geworden, weil wir uns - trotz gleich drei
GPS-Navigationsgeräten! - erst einmal gehörig verfahren 
und schließlich nur über irrwitzige Feldwege und viele 
kleine Dörfer (voll überraschter Menschen) den 
Eingang erreicht hatten. Dort hatte uns dann auch die 
dominierende Eigenart sambischer Bürokraten wieder: 
Während sich die Sonne schon steil dem Horizont 
näherte, mußten Quittungszettel schier ohne Ende 
ausgefüllt werden. In dem recht überschaubaren Park 
(wo ausnahmsweise auch Menschen leben und fischen 
dürfen, ein Experiment des WWF) konnten wir auf der 
Suche nach Antilopen-Herden auch die ersten Erfahrungen mit 
den wirklich wilden Pisten des Hinterlandes sammeln - »the 
Real Africa« nennt sich Sambia durchaus zu Recht.
Eine andere Erfahrung brachte der Lochinvar-Park ebenfalls: Die 
Tierwelt Afrikas ist zwar reichhaltig, verteilt sich aber gut 
über die endlose Weite des Kontinents. So wie in einem 
kompakten zoologischen Park oberhalb der Victoria-Fälle, 
wo sich Warzenschweine, Antilopen, Giraffen, Zebras, 
Kaffernbüffel, Elefanten und sogar fünf (scharf 
bewachte) Nashörner vor den Kameras aufgereiht hatten, 
geht es in »richtigen« Nationalparks nicht zu. Und es 
sieht auch nicht überall im südlichen Afrika so aus, 
wie in den TV-bekannten Tierfilmen, wo das Wild auf weiten 
Ebenen kilometerweit zu sehen ist. Jetzt, nur Wochen nach Ende 
der Regenzeit, sah man von der Straße aus meist ersteinmal 
nur - Gras. Übermannshohes Gras! Aus dem fahrenden 
Auto war zwar manches Tier, von Antilope bis Elefant hinter 
diesem (nun quasi bewegungsunscharfen) Gras auszumachen, 
aber kaum daß man stand, war man wie von einer gelben 
Mauer umgeben. Oder man stand zwischen Bäumen fast so 
dicht wie in einem deutschen Laubwald, zwischen denen sich 
mitunter die Tierwelt und der weitere Verlauf der 
Straße verloren. Auf Safari in diesem Teil Afrikas zu sein, 
kann auch bedeuten, stundenlang geradewegs durch den Busch 
zu brechen, während beiderseits ständig Äste 
gegen den Wagen krachen oder sich unter dem Bodenblech 
verfangen ...
Der Finsternistermin rückte beständig näher, 
und auf dem langen Weg vom Lochinvar-MP zum Zielgebiet, dem 
drastisch größeren Kafue National Park, wurde nur 
noch ein paar Stunden Station in Lusaka gemacht: in erster Linie, 
um in einer kleinen Klinik einem Reiseteilnehmer fachkundig eine 
exotische Zecke entfernen zu lassen - das sollte übrigens 
der einzige medizinische »Notfall« der gesamten 
Expedition bleiben. Bereits zwischen den Victoria-Fällen 
und dem Abstecher nach Lochinvar hatten wir uns - nach der 
Übernahme der Geländewagen - ausgiebig in Lusaka 
versorgt, mit Campingequipment für mehrere hundert 
Dollar aber auch mit Landkarten. Die Einkäufe hatten sich 
mitunter schwierig gestaltet, weil das Angebot einfach zu 
groß war: Seit kurzem gibt es am Rand der Stadt ein riesiges 
Shoppingcenter (»Manda Hill«), wo uns insbesondere 
die Auswahl an exotischer (und teurer) Grilltechnik die Augen 
überquellen ließ - offenbar Auswirkungen der 
Nähe zum bekannt barbequewütigen Südafrika. 
Ein irisches Restaurant im Manda Hill Shopping Complex war 
auch bald zur »Stammkneipe« der Expedition 
geworden, denn »echte« afrikanische Restaurants 
sind in Afrika erstaunlich schwer zu finden.
Der Kauf der Landkarten wiederum hatte in den Keller des Amtes 
für Landvermessung geführt, wo sich trotz eines 
Streiks im öffentlichen Sektor die Türen für uns 
geöffnet hatten. Da lagen, in langen Regalen, Karten des 
gesamten riesigen Landes im Maßstab 1:25 000 - mit dem 
leichten Makel, daß einige Blätter der für uns 
besonders interessanten Region in der Nordwestecke des Kafue-Parks
fast 40 Jahre alt waren und noch die Aufschrift 
»Nordrhodesien« trugen - sie stammten noch aus der 
Kolonialzeit. Im Rechnerraum des Physikalischen Instituts der 
Universität (dem Reich von Prof.  Mweene, der uns auch im 
Vorfeld der Reise unterstützt hatte und in dessen 
Büro wir während des Trips an die Victoriafälle 
unser Astro-Gepäck hatten lassen können) hatten 
wir auch erste Reiseberichte absetzen können, und auf dem 
Dach des Intercontinental-Hotels hatten wir eine große 
amerikanische Expedition besucht, die gerade mit dem Aufbau 
ihrer Instrumente begann. Dem Expeditionsleiter Jay Pasachoff 
war ich in den vergangenen 18 Jahren immer wieder über 
den Weg gelaufen, sei es bei Sonnenfinsternissen selbst (erstmals 
1983) oder auf diversen Konferenzen - und schon hatten wir 
nichts besseres zu tun, als über die besten Orte für die 
nächsten paar Finsternisse zu diskutieren. Pasachoff, der 
sich auch als Autor astronomischer Lehrbücher einen 
Namen gemacht hat, ist der lebende Beweis, daß 
Sonnenfinsternisse auch heute noch von großer Bedeutung 
für die Sonnenforschung sind: Mit seinen Experimenten 
spürt er seit Jahren den Heizmechanismen der 
Sonnenkorona nach und ist dabei weitergekommen als so 
manche teure Weltraummission. 
Etliche Stunden hatten wir auch im Hauptquartier der gerade 
neugegründeten Nationalparkverwaltung (ZAWA) in 
Chilanga (15 km südlich von Lusaka) zubringen 
müssen, um all die notwendigen Papiere für einen 
mehrtägigen Aufenthalt im Kafue-NP zu erstehen. Ein 
ganzer Topf voll Geldscheinen (5.5 Mio. Kwacha) hatte 
schließlich den Besitzer gewechselt, und als Gegenleistung 
gab es - drei kleine durchgestrichene Angelscheine, auf die die 
ZAWA-Funktionäre die diversen Genehmigungen 
handschriftlich eingetragen hatten! Die Dokumente waren 
gleichwohl korrekt und vollständig, und im Nationalpark 
warteten tatsächlich mehrere sogenannte Scouts auf uns: 
Weil wir mangels bezahlbarer befestigter Camps mitten in der - 
von Löwen, Leoparden etc. bewohnten - Wildnis kampieren 
mußten, sind bewaffnete Wildhüter als Begleitung 
vorgeschrieben. Zuerst zelteten wir zwei Nächte direkt 
neben dem Fluß Kafue und lernten die urtümlichen 
nächtlichen Lautäußerungen der dort 
wohnhaften Flußpferde kennen (und nach einer Weile auch 
schätzen), dann zwei Nächte im 
äußersten Nordwesten des Parks, genauer gesagt 
sogar wieder einige Kilometer außerhalb, im angrenzenden 
Game Management Area (GMA), wo Jagd wieder erlaubt ist, auf 14 
Grad 02 Minuten Süd und 25 Grad 39 Minuten Ost.
Der Weg dorthin führte jetzt durch besonders dichten Wald, 
der sich auch die einzige Straße größtenteils 
wieder zurückgeholt hatte - normalerweise verschlägt 
es kaum einen Besucher hierher. Doch jetzt kam es hier 
mehrmals zu regelrechten Verkehrsstaus: Direkt vor uns war ein 
anderer Kovoi aus (kommerziellen) Expeditionsfahrzeugen 
gelandet, der mit den Straßenverhältnissen deutlich 
schlechter zurechtkam als wir inzwischen - und der gelegentlich 
auch mal ein Rad verlor. Und auch im GMA, wo wir an einem 
Waldrand erst das mannshohe Gras roden mußten, waren 
wir nicht wirklich allein: Bei einer Pirschfahrt am 
Finsternismorgen mit unseren Scouts fanden wir zwar - 
außer allerlei Vögeln wie Marabus und einem 
Schreiseeadler, der seinem Namen alle Ehre machte - kein Wild, 
dafür aber ein zweites deutsches Astrocamp, nur etwa einen 
Kilometer von unserem entfernt. Und in dessen Mittelpunkt 
stand jener beigefarbene Unimog, mit dem ein Pärchen aus 
dem Saarland auf dem Landweg in vier Monaten nach Sambia 
gereist war (einen noch fragmentarischen Reisebericht gibt es 
hier). Im Gegensatz zu
uns hatten die Saarländer indes keine »Angelscheine«
der ZAWA vorzuweisen, was noch zu einigen Wortgefechten mit 
unseren Scouts führen sollte.
Die Sonnenfinsternis würde in diesem Teil Sambias 3 
Minuten und 46 Sekunden dauern: Um noch weitere 10 Sekunden 
herauszuschlagen, wären ein Riesenumweg und 
mindestens eine weitere Tagesreise erforderlich gewesen, was der 
minimale Zeitgewinn einfach nicht wert war. Auch das Wetter 
zeigte sich weiter von seiner besten Seite, ohne eine Wolke am 
Himmel (abgesehen von Rauchschwaden entfernter Buschfeuer, 
die aber nie über die Sonne schwappten) - und mit dem 
stärksten Temperaturgang der ganzen Reise, von mehreren 
Grad unter Null (und Eis auf den Zelten und 
Windschutzscheiben) am frühen Morgen bis zu fast 30 
Grad am Nachmittag, als die Finsternis endlich beginnen sollte. 
Viele Parallelen drängten sich auf zu der Sonnenfinsternis 
von 1999, wie sie der Autor und mehrere andere 
Expeditionsteilnehmer gemeinsam in Bulgarien erlebt hatten: 
blauer Himmel, gemütliche Wärme und eine einsame 
Wiese voller leistungsstarker Optiken und Kameras. Die 
anderthalb Stunden der ersten partiellen Phasen 
plätscherten nur so dahin, während die Spannung 
unaufhaltsam stieg - und als dann kurz nach 3 Uhr endlich die 
Sonnenkorona aufstrahlte, als der Kernschatten des Mondes 
über uns hinwegschwappte, sah auch sie der 1999er 
erstaunlich ähnlich.
Das letzte Maximum der Sonnenaktivität war noch nicht 
lange vorüber und das Magnetfeld der Sonne hatte 
weiterhin eine ziemlich komplizierte Gestalt, die sich in 
sogenannten Streamern in alle Richtungen äußert: Wo 
die Sonnenpole bzw. der Äquator waren, war auf den ersten 
Blick nicht zu erkennen. Verglichen mit 1999 gab es zwar weniger 
große Protuberanzen, aber ein Exemplar machte das mehr 
als wett: Während der gesamten Totalität war diese 
schwebende rosa Gaswolke über dem Mondrand zu sehen, 
in der Nähe einer hellen Koronakondensation. Wesentlich 
ausgeprägter als 1999 (oder auch in den ganzen 90er 
Jahren) war die Intensität der Horizontfarben 
während der Totalität: Hier könnten die 
Rauchschwaden doch eine - positive - Rolle gespielt haben. Vor 
und nach der Totalität waren auch noch ausgeprägte 
Fliegende Schatten auf einem aufgehängten Bettlaken zu 
sehen und sogar (obwohl das gar nicht vorbereitet war) 
problemlos mit einer Videokamera aufzuzeichnen. Und dann gab 
es noch eine unerwartete Beobachtung der Auswirkungen der 
Finsternis auf die Tierwelt: Weder an den Tagen vor noch nach der 
SoFi waren wir je nennenswert von Mücken belästigt 
worden - aber kurz vor dem 2. Kontakt waren plötzlich 
Schwärme von ihnen aufgetaucht und über uns und 
selbst die Teleskope hergefallen. Bis zum Sonnenuntergang haben 
sie sich dann nicht wieder beruhigen wollen ...
So wie wir hat die Sonnenfinsternis nur eine kleine Minderheit der 
mehreren zehntausend »Eclipse Chaser« erlebt, die 
sich in jenem Juni ins südliche Afrika aufgemacht hatten: 
Es gab zwar noch eine Handvoll anderer Touren, die den Safari-Aspekt
in den Mittelpunkt gestellt hatten und bis zu drei Wochen 
lang durch die Lande gereist waren, und auch anderenorts im 
Kafue-NP (und sogar noch etwas weiter westlich) waren isolierte 
Beobachtergruppen gewesen. In Angola waren einige wenige, in 
Simbabwe und auf Madagaskar immerhin einige angekommen, 
das Gros der Finsternisreisenden war aber lieber in Lusaka 
geblieben oder hatte sich nördlich der Stadt bei Chisamba 
nahe der Zentrallinie aufgebaut, wo auch gleich noch ein 
zehntägiges wunderliches Musikfestival 
(»Solipse«) mit psychedelischem Einschlag 
abgehalten wurde. (Von ähnlichen »Events« 
hatte wir auch schon 1994 in Chile, 1995 in Indien und 1999 in 
Bulgarien gehört - heutzutage geht es wohl nicht mehr 
ohne ...) Die verrückteste Art, die Sonnenfinsternis 
mitzunehmen, praktizierten jedoch die Passagiere mehrerer 
Charterflüge aus dem Ausland (u.a. Österreich), die 
teilweise erst am Morgen des 21. Juni auf dem Airport von Lusaka 
gelandet waren: Man war dann gleich dort geblieben und 
verließ das Land schon Stunden nach der Finsternis 
wieder.
Weder den mysteriösen Umtrieben auf dem Solipse-Festival 
noch dem »Besuch« der Ultrakurzsonnenfinstler 
konnte die sambische Presse hernach gute Seiten abgewinnen 
(letztere sah man gar als Beleidigung des Landes an), und 
überhaupt wurde die SoFi weithin als ziemlicher Reinfall 
für Sambia an sich gewertet. Nicht nur wegen der 
Befürchtungen über die angeblich anrollende Welle 
von Erblindungen aufgrund der fehlenden Finsternisbrillen: Man 
habe es ferner versäumt, das Tourismuspotential des 
Landes anzupreisen und zu entfalten, und Profit gemacht 
hätten eigentlich nur ausländische Veranstalter. Es 
wird sich noch zeigen müssen, wie gerechtfertigt die 
Befürchtungen Mweenes und der Oppositionspolitiker 
bezüglich der öffentlichen Gesundheit waren: Die 
Erfahrungen aus anderen Ländern, die von 
Sonnenfinsternissen »getroffen« wurden, haben 
immer wieder gezeigt, daß bleibende Augenschäden 
extrem selten sind. Und was die vermeintlich vertanen Chancen 
angeht, Sambia auf die Landkarte des Welttourismus zu setzen: 
Zumindest von den Teilnehmern unserer Expedition hat die 
meisten eine derartige Afrika-Euphorie gepackt, daß 
längst an den nächsten Reiseplänen gefeilt 
wird, sei es anläßlich der nächsten totalen SoFi, 
die schon wieder Angola und danach insbesondere Simbabwe und 
Mosambik treffen wird, oder einfach so.
War die erste Sonnenfinsternis des neuen Jahrtausends die 
»beste« aller Zeiten oder wenigstens der letzten 
Jahre? Diese Frage wurde später in
Internet-Diskussionsforen viel gestellt und sehr unterschiedlich 
beantwortet. Es gab schon Expeditionen, da geriet das Erlebnis 
der Sonnenfinsternis selbst im Strudel der anderen Ereignisse 
und Erfahrungen fast völlig in Vergessenheit (die
40-Sekunden-SoFi in Indien 1995 war so ein Fall), in anderen Jahren 
war sie so spektakulär oder mit so bemerkenswerten 
Eindrücken verbunden, daß sie spielend mithalten 
konnte (wie im winterlichen Sibirien 1997 bei -30 Grad). 2001 war 
vielleicht ein mittlerer Fall, wo sich das Erlebnis Sonnenfinsternis 
und das Reiseland die Waage hielten. Gerade die letzte Woche in 
Sambia, die sich unsere Expedition - nach einer anstrengenden 
11-stündigen Rückfahrt nach und einiger Hektik in 
Lusaka - noch gönnte, sollte die Finsternis als emotionaler 
Höhepunkt der Reise noch einmal herausfordern. Jetzt zog 
es uns an die Mündung des Flusses Chongwe in den 
Sambesi, an der Südgrenze des Lower Zambezi National 
Parks - und hier, ausgerechnet an der landschaftlich 
schönsten Stelle, marschierte auch noch all die 
afrikanische Tierwelt auf, die sich in den anderen beiden 
Nationalparks meist im hohen Gras versteckt hatte.
Da gab es eine große Flußpferd-Herde direkt vor 
unserem Zeltplatz, einen »Hauselefanten«, der 
gelegentlich durch das Lager zog (ohne dabei irgendetwas zu 
beschädigen) - und auf einer Nachtpirsch, diesmal unter 
professioneller Führung, stießen wir auf nicht weniger 
als neun Löw(inn)en auf Wanderschaft. All das wurde aber 
noch in den Schatten gestellt durch eine unverhoffte Begegnung 
mit 30 bis 40 Elefanten aller Altersklassen, die eines Abends dicht 
vor unserem Auto die Straße überquerten, das ganze 
auch noch dramatisch im Gegenlicht der untergehenden Sonne: 
Das hatte definitiv einen höheren emotionalen 
Impakt auf die Insassen jenes Fahrzeugs als die ganze 
Sonnenfinsternis! Die bisher komplexeste SoFi-Expedition, an der 
ich teilgenommen habe, ging jetzt ihrem unweigerlichen Ende 
entgegen, wobei uns die Sonne bis zum letzten Moment nicht 
loslies. Denn als wir - und eine Anzahl anderer Finsternisfans - 
bereits die Gangway zu unserem British-Airways-Jumbo auf dem 
Flughafen von Lusaka erklommen, schickte sich die Sonne gerade 
an, auf den Horizont aufzusetzen. Und es kam, wie es kommen 
mußte: zu einem Stau auf der Treppe, als alle SoFi-Fans noch 
einmal ihre Kameras auspacken mußten, für ein 
Abschiedsfoto von jedem himmlischen Körper, der uns 
hierher, 65 Grad und 10 Flugstunden nach Süden, gelockt 
hatte ...
(Version vom 25. Juli 2001)