Das Freiburger Persönlichkeitsinventar in der revidierten Fassung (FPI-R)


Art des Tests:

„faktorenanalytisch begründetes Verfahren zur mehrdimensionalen Erfassung individueller Persönlichkeitsstrukturen“

Entstehungsgeschichte

Grundkonzept

Testaufbau/Testmaterial

FPI-R: 10 Standardskalen (mit je 12 Items) + 2 Zusatzskalen (mit je 14 Items), insgesamt 137 Items

FPI-A1: Skalen des alten FPI-A, der meistbenutzten FPI-Form, wurden übernommen, insgesamt 114 Items, (31 Items wurden umformuliert, davon 23 sprachlich korrigiert, 7 inhaltlich abgeschwächt, bei einem wurde eine doppelte Verneinung entfernt)
FPI-R 1: Lebenszufriedenheit FPI-A1 1: Nervosität
FPI-R 2: Sozial Orientierung FPI-A1 2: Spontane Aggressivität
FPI-R 3: Leistungsorientierung FPI-A1 3: Depressivität
FPI-R 4: Gehemmtheit FPI-A1 4: Erregbarkeit
FPI-R 5: Erregbarkeit FPI-A1 5: Geselligkeit
FPI-R 6: Aggressivität FPI-A1 6: Gelassenheit
FPI-R 7: Beanspruchung FPI-A1 7: Reaktive Aggressivität & Dominanzstreben
FPI-R 8: Körperliche Beschwerden FPI-A1 8: Gehemmtheit
3. FPI-R 9: Gesundheitssorgen FPI-A1 9: Offenheit
FPI-R 10: Offenheit  
  FPI-A1 E: Extraversion
FPI-R E: Extraversion FPI-A1 N: Emotionale Labilität
FPI-R N: Emotionalität FPI-A1 M: Maskulinität

Korrelationen zwischen FPI-R und FPI-A1 (47 identische Items):

Anwendungsbereiche

Durchführung

Voraussetzungen:

Schriftliche Darbietung:

Mündliche Darbietung:

Darbietung am Bildschirm:

Typische Einwände:

Auswertung

Auswertung per Hand:

Auswertungsprobleme:

Auswertung mit dem Computer:

Interpretation

Bedeutung der einzelnen Persönlichkeitskonstrukte und Beispiele:

FPI-R 1: Lebenszufriedenheit

lebenszufrieden, gute Laune, zuversichtlich vs. Unzufrieden, bedrückt, negative Lebenseinstellung

-> Grundstimmung und eher positive oder negative Lebenseinstellung und -erfahrung werden erfaßt, die einen Einfluß auf die Leistungsmotivation und das körperliche Wohlbefinden haben

Bsp.:

FPI-R 2: Sozial Orientierung

sozial verantwortlich, hilfsbereit, mitmenschlich vs. Eigenverantwortung in Notlagen betonend, selbstbezogen, unsolidarisch

-> erfaßt wie ausgeprägt die Disposition zu mitmenschlicher Hilfsbereitschaft ist. Ist unabhängig von allen anderen Skalen.

Bsp.:

FPI-R 3: Leistungsorientierung

leistungsorientiert, aktiv, schnell handelnd, ehrgeizig, konkurrierend vs. Weniger leistungsorientiert oder energisch, wenig ehrgeizig und konkurrierend

-> erfaßt individuelle Unterschiede der Leistungsorientierung im beruflichen und außerberuflichen Bereich; aber keine Aussagen über direkte, aufgabenbezogene Leistungsmotivation oder tatsächliche Leistungsfähigkeit. Zusammenhänge mit höherer Lebenszufriedenheit und geringerer Gehemmtheit.

Bsp.:

FPI-R 4: Gehemmtheit

gehemmt, unsicher, kontaktscheu vs. Ungezwungen, selbstsicher, kontaktbereit

-> erfaßt vielfältig bedingte Gehemmtheit, welche als als soziale Hemmung und Schüchternheit oder als Selbstunsicherheit und Ängstlichkeit erlebt wird. Nur mit körperlichen Beschwerden korreliert.

Bsp.:

FPI-R 5: Erregbarkeit

erregbar, empfindlich, unbeherrscht vs. Ruhig, gelassen, selbstbeherrscht

-> empfindlich-reizbare Komponente des Temperaments, welche mit aggressiven Zügen, dem Gefühl der Überforderung und allgemeiner Unzufriedenheit verbunden sein kann.

Bsp.:

FPI-R 6: Aggressivität

aggressives Verhalten, spontan und reaktiv, sich durchsetzend vs. wenig aggressiv, kontrolliert, zurückhaltend

-> mißt aggressive Verhaltenstendenz. Zusammenhänge mit Erregbarkeit und Offenheit.

Probleme: Niedrige Werte bei dieser Skala und zugleich bei Offenheit können die Folge der Antworttendenz sein, einen guten Eindruck machen zu wollen. Ein hoher Skalenwert muß noch nicht manifeste Aggression bedeuten.

Bsp.:

FPI-R 7: Beanspruchung

angespannt, überfordert, sich oft „im Stress“ fühlend vs. wenig beansprucht, nicht überfordert, belastbar

-> individuelle Unterschiede der subjektiv erlebten Beanspruchung oder Überforderung. Es wird aber nicht über die tatsächliche Belastung oder objektive Belastbarkeit ausgesagt. Korreliert deutlich mit hoher Erregbarkeit.

Bsp.:

FPI-R 8: Körperliche Beschwerden

viele Beschwerden, psychosomatisch gestört vs. wenige Beschwerden, psychosomatisch nicht gestört

-> relative Häufigkeit typischer körperlicher Beschwerden. Zusammenhänge mit Lebensunzufriedenheit, Gehemmtheit und Beanspruchung.

Probleme: Sowohl die möglichen symtomatischen Bedeutungen der bejahten Beschwerden als auch ein allgemeiner Hinweis auf eine psychosomatische Störung sind zu beachten.

Bsp.:

FPI-R 9: Gesundheitssorgen

Furcht vor Erkrankungen, gesundheitsbewußt, sich schonend vs. wenig Gesundheitssorgen, gesundheitlich unbekümmert, robust

-> relativ prägnante Tendenz, sich überdauernde Sorgen um Gesundheit, Ansteckung und andere Risiken zu machen. Um zwischen realistischen und hypochondrischen Gesundheitssorgen zu unterscheiden, müssen die objektiven Befunde geklärt werden. Geringer Zusammenhang zur Skala Körperliche Beschwerden.

Bsp.:

FPI-R 10: Offenheit

offenes Zugeben kleiner Schwächen und alltäglicher Normverletzungen, ungeniert, unkonventionell vs. An Umgangsformen orientiert, auf guten Eindruck bedacht, mangelnde Selbstkritik, verschlossen

-> erfaßt drei Facetten: Persönlichkeitsmerkmal, die Tendenz im Sinne von sozialer Erwünschtheit zu antworten, Tendenz zur Selbstidealisierung. Zusammenhänge zur Skala Aggressivität, zu geringer Lebenszufriedenheit und höherer Erregbarkeit.

Probleme: Mehrdeutigkeit: Persönlichkeitsskala und gleichzeitig „Lügen“-Skala

Bsp.:

FPI-R E: Extraversion

extravertiert, gesellig, impulsiv, unternehmungslustig vs. introvertiert, zurückhaltend, überlegt, ernst

-> erfaßt wesentliche Komponenten der Persönlichkeitsdimension Extraversion/Introversion con Eysenck. Hohe Korrelationen zu geringer Gehemmtheit (3 Items identisch) und hoher Leistungsorientierung (2 Items identisch) und geringere Zusammenhänge zu Aggressivität (1 Item identisch).

Bsp.:

FPI-R N: Emotionalität

emotional labil, empfindlich ängstlich, viele Probleme und körperliche Beschwerden vs. emotional stabil, gelassen, selbstvertrauend, lebenszufrieden

-> erfaßt wesentliche Komponenten der Eysenckschen Presönlichkeitsdimension Neurotizismus bzw. Emotionale Labilität/Emotionalität. Beziehungen zu geringer Lebenszufriedenheit (1 Item identisch), höherer Erregbarkeit (1 Item identisch), höherer Beanspruchung (3 Items identisch), mehr körperlichen Beschwerden, mehr Gesundheitssorgen und größerer Gehemmtheit.

Bsp.:

Testmethodische Interpretationshilfen:

Standardmeßfehler der Rohwerte & Standardfehler der interindividuellen Differenz zweier Rohwerte -> daraus lassen sich die Vertrauensgrenzen der Rohwerte und die kritische Differenz zweier Rohwerte ableiten

Interpretationsprobleme:

Beziehungen zwischen Skalen und Statusmerkmalen:

Die Interpretation sollte von diagnostisch qualifiziertem Diplom-Psychologen vorgenommen werden. Außerdem wird das Studium der 3.ten Auflage des FPI für eine gründliche Interpretation empfohlen.
Bei individueller Begutachtung sollten die Ergebnissen vom Psychologen in einem persönlichem Gespräch mitgeteilt werden, und nicht durch bloßes Vorführen des Persönlichkeitsprofils.

Angaben zur Normierung

Gütekriterien

Objektivität

Reliabilität

Validität

FPI-A1: FPI-R:

Kritik:

+ Weite Verbreitung (FPI ist zweithäufigst verwendeter Test in Deutschland)
+ Neunormierung und ständige Wartung des FPI lobenswert
+ Pflege der Informationsdatenbank, die Statistiken zu speziellen Gruppen und auch
individuelle anonymisierte Itembeantwortungen enthält
+ wissenschaftlich fundierte Konstruktion (-> Faktorenanalyse, Itemanalyse etc.)
+ weiter Anwendungsbereich -> unzählige Publikationen
+ sehr wirtschaftlich, ökonomische Informationsgewinnung
+ gut geeignet für die reine Deskription der 12 Persönlichkeitsdimensionen
+ gute Akzeptanz bei den Probanden, probandenfreundlicher Test

- selbst heute noch gibt es nur wenig Hinweise zur Validität und Reliabilität des FPI-R
- Normen gelten nur für Westdeutschland und West-Berlin und sind schon 15 Jahre alt
- keine Parallelformen
- hohe Verfälschbarkeit
- sowohl unipolare als auch bipolare Skalen z.B. Emotionalität
- FPI-R hat nur einen Meßbereich mittlerer Bandbreite verglichen mit ähnlichen Tests, mißt weniger Konstrukte
- einige Items waren mit dem logistischen Modell von Rasch nicht konform; Gegenargument der Autoren: mit dem klassischen Testtheorie lassen sich facettenreichere Persönlichkeits-inventars konstruieren
- Offenheitsskala: neben ihrer Mehrdeutigkeit
    - Das, was die Skala „Offenheit“ mißt, korreliert negativ (-.07) mit allgemeinem
    Verständnis von Offenheit (-> Schmidt und König)
    - Fortführung der Offenheitsskala unökonomisch, da Erwünschtheitsskalen eine zweifelhafte
      Validität besitzen und eine positive Einstellung zum Test Voraussetzung ist (-> Ostendorfer)
- FPI-A1: unnötig, da schlechtere Gütekriterien und eingeschränkter Meßbereich; Gegenargument: wird benötigt für Längsschnittstudien
- wenig Angaben über Vergleichbarkeit des FPI-Rs zu ähnlichen Verfahren

Literatur: