Frankreich: Verhaftung von 2 Antifaschisten in Marseille

Am Freitag, den 15. Oktober 1999 wurden die beiden militanten Antifaschisten
YVES (40) und WILLIAM (38) aus Marseille verhaftet und eingesperrt, wegen
einiger Attentate aus den letzten Jahren. Sie waren Mitglieder der
antifaschistischen Gruppe FTP ("Francs Tireurs Partisans", zu Deutsch: "die
wirklichen Partisanschützen"), die seit 1991 den autonomen Kampf gegen FN
("Front National") und Anhängsel geführt haben:
- 14. Juli 1991: Angriff mit einem Molotow Cocktail  auf das FN-Büro in
Marseille
- 24. Oktober 1992: Sprengstoffzerstörung des Restaurants "La Truffe noire",
am Vorabend eines FN Jugendtreffens
- 6. Juni 1994: Sprengstoffzerstörung eines FN-Lokals in Marseille
- 16. Dezember 1994: Sprengstoffanschlag auf das italienische Konsulat, am
Tag des Besuchs durch S. Berlusconi in Aix-en-Provence, aus Protest gegen
die Machtübernahme einer Koalition mit der neofaschistischen italienischen
Nationalen Allianz.
- 3, April 1995: Sprengstoffanschlag auf die Villa von Maurice Gros,
Departementssekretär des FN, als Konsequenz zur Ermordung von Ibrahim Ali im
Februar 1995
- 21. Februar 1996: Sprengstoffanschlag auf das FN-Lokal im nördlichen
Viertel, wo ein Jahr davor die Mörder von Ibrahim Ali losgestartet waren
- 11. März 1997: Granatenangriff auf ein Lokal des FN in Marseille
- 21. Februar 1998: Sprengstoffanschlag auf ein Büro des FN in Bonneveine
- 9. Juni 1998: Sprengstoffanschlag auf das neue FN-Büro (gleicher Ort wie
am 11. März 1997), am Vorabend der Gerichtsverhandlung gegen die Mörder von
Ibrahim Ali
- 28. Oktober 1998: Sprengstoffanschlag auf den elektrischen Generator des
Stadiums von Vitrolles, um zu verhindern, daß dort ein Rockonzert für die
"französischen Identität" stattfinden soll, vom FN-Bürgermeister von
Vitrolles organisiert
Zu dieser Liste muß noch der Sprengstoffanschlag auf das DDTE am 1. Mai 1994
hinzugefügt werden, aus Solidarität mit den ArbeiterInnen der regionalen
Unternehmen und unterzeichnet mit "Arbeitslose mit Sprengkörpern".
Wobei aber noch zu erwähnen bleibt, daß laut eigenen Aussagen der Polizei
die Bomben nicht mit der Absicht gebaut wurden Menschen zu töten. Yves hat
sich mittlerweile offiziell als Einzeltäter zu den Anschlägen bekannt und
steht somit im Zentrum der Repressionen und Ermittlungen.
Die FTP haben sich stets zu einem radikalen Antifaschismus bekannt, und
damit deutlich eine antikapitalistische und internationalistische Sichtweise
vertreten. Den moralischen und politisch institutionalisierten
Antifaschismus a la SOS-Rassismus stets ablehnend, beabsichtigen sie auch
nicht irgendwelche Lehrstunden zu geben oder aus ihrem Kampf ein Beispiel
zum Nachahmen zu bereiten. Sie betrachteten es vielmehr als eine Form des
Kampfes unter vielen, weder effizienter noch legitimer als andere. Sie
schrieben ihn vielmehr als unlösbar verbunden in einem spezifischen,
geographischen Kontext, nämlich der Region von Provence Alpes Côte D'Azur
(PACA). Diese nimmt allerdings eine sehr einzigartige Position in Frankreich
ein. Lange Zeit Bastion der Linken, vom Zentrum bis zur extremen Seite, hat
die politische Abweichung vor zirka 30 Jahren begonnen. Und zwar mit einigen
politisch-mafiosischen Affären; über die, nicht einmal verdeckte,
Übereinkunft zwischen Polizei und faschistischen Kräften; bis hin zu 4 FN
dominiserten Gemeinden. Trauriger Höhepunkt war wohl die Ermordung von
Ibrahim Ali durch FN-Aktivisten im Jahre 1995.
Derzeit benötigen die beiden Antifaschisten  weder Glorifizierung noch
Applaus. Jene die dennoch genötigt sind dies zu tun, sollten dies durch eine
sachgemäße Darstellung ihrer Parolen und Handlungen tun. Allerdings
benötigen sie dringender politische und materielle Unterstützung. Politisch
aus dem Grund, daß der radikale Antifaschismus derzeit notwendiger denn je
ist, nicht weil die dringende Gefahr bestehen würde, daß FN und Konsorten an
die Macht kämen, aber daß ihre Ideen und Ansichten von den
Regierungsparteien umgesetzt werden. Materielle Unterstützung, weil dies
eine Notwendigkeit ist um im Knast überleben zu können und derzeit die
einzige Möglichkeit ist ihnen unsere Solidarität mitzuteilen.

Text übersetzt und zusammengestellt von Anarchist Black Cross (ABC)
Innsbruck. Kontakt zu ABC Innsbruck:
LOM
Postlagernd
6024 Innsbruck
Austria
e-mail: abcibk@hotmail.com

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