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AK 47 informiert! #2


"Sind sie eigentlich eine Kuh oder eine Ochse?"
Könnte die Frage sein, die wir täglich Leuten stellen sollten, die immer wieder erstaunt feststellen, daß wir als professionelle Piercer nicht mit den weit verbreiteten und "beliebten" Ohrlochmaschinen stechen. Allgemein muß man dazu sagen: Nur weil eine gesundheitsgefährdende unprofessionelle Methode MASSENHAFT (von Juwelieren und allen möglichen Laien) praktiziert wird bedeutet dies noch lange nicht daß diese auch korrekt ist. Oder: Wenn ich einmal über eine rote Ampel gegangen bin und habe das überlebt bedeutet dies nicht automatisch, daß ich es beim nächsten Mal auch überlebe.

Hier nun ein paar Informationen zur PIERCING-PISTOLE, die auch an viele saarländische Juweliere verschickt wurde.
Jeder wirklich professionelle Piercer zuckt schon bei der bloßen Erwähnung einer Piercing-Pistole zusammen.
Die erste Piercing-Pistole wurde von Roman Research, später Studex, in den 60er Jahren hergestellt. Die Idee wurde einem Werkzeug entlehnt, das man im allgemeinen dazu benutzte, Kuhohren mit Marken zu kennzeichnen. Das Gerät wurde für den Gebrauch am Menschen nicht verändert, außer, daß ein Federdruck-System hinzukam. Der Federdruck ist notwendig, um ein stumpfes Stück Metall durch Gewebe zu drücken; zudem wurde dadurch vielen Leuten die Furcht vor dem Durchstechen des Fleischs per Hand genommen. Die Pistole ist entweder aus Plastik oder metallverkleidetem Plastik und kann daher nicht sterilisiert werden.
Was gibt es an Pistolen auszusetzen?
Die Pistole zum Ohrloch-Stechen ist, ungeachtet dessen, was die Hersteller behaupten mögen, weder ein sauberes noch sicheres Gerät. In medizinischen Zeitschriften u. a. Finnlands, Englands und der USA wurden Fälle von Krankheitsübertragung dokumentiert, darunter Hepatitis B und Pseudomonas Perichondritis. Diese Krankheiten wurden im Verlauf eines „normalen“ Ohrloch-Stechens übertragen, und die Autoren befürchten, daß weitere schlimmere Infektionen auf dieselbe Weise übertragen werden könnten.
Ein Krankheitserreger, der durch ein Loch im Ohr eindringt, findet sein Ziel ebenso gewiß wie ein Krankheitserreger, der durch irgendeine andere Verletzung der Haut eingedrungen ist. Es gibt keine Unterschiede hinsichtlich der Handhabung der Hygienemaßnahmen, die fürs Ohrloch-Stechen notwendig sind und fürs Body-Piercing. Ein Piercing ist ein Piercing. Ohrläppchen sind nicht auf wunderbare Weise von Krankheitsübertragung ausgenommen, und die Pistole ist dank ihrer Konstruktionsweise ein sehr wirkungsvolles Mittel, um Krankheiten zu verbreiten.
Wenn ein stumpfes Objekt wie die Rückseite eines Ohrsteckers durch die Haut getrieben wird, ist es unvermeidlich, daß Blutpartikel in die Luft geschleudert werden. Diese Partikel bedecken den Piercer, den Kunden und die Pistole mit einem feinen Sprühnebel von potentiell lebensgefährlichem Material. Häufig wird auch berichtet, daß man sogar sehen kann, wie das Blut spritzt. Diese Pistolen werden gewöhnlich überhaupt nicht gereinigt oder oberflächlich mit Alkohol abgewischt, ein wirkungsloses Desinfektionsmittel. Die Hersteller geben zu, daß Sprühnebel vorkommt, berufen sich aber darauf, daß man mit dem Gerät den Körper nicht berührt, weswegen die Notwendigkeit von Sterilisation nicht bestünde. Wer würde eine solche Rechtfertigung von einer Blutbank, einem Zahnarzt oder sonstwem akzeptieren, der mit Blut aus vielen verschiedenen Körpern zu tun hat?
Die Pistole kann nicht sterilisiert werden
Die Partikel, die versprüht werden, bleiben auf der Pistole haften und warten auf den nächsten Kunden. Einige Hersteller behaupten, daß ihr Gerät sicher sei, da dieses selbst nicht mit dem Ohr in Berührung kommt. Doch der Piercer berührt mit den Händen sowohl die Pistole als auch das Ohr, gewöhnlich ohne Handschuhe. Haare und bloße Hände kommen auch häufig in Kontakt mit dem Bereich, der durchstochen werden soll, oder mit der Pistole. Dieses Argument verliert noch mehr an Gewicht, wenn man berücksichtigt, daß die Pistole auch verwendet wird, um Knorpel, Nasenlöcher, Nabel und andere Körperstellen zu piercen, wo ein Kontakt von Pistole mit dem umgebenden Gewebe unvermeidlich ist. Die Tatsache, daß einige Hersteller sich bemühen, unmittelbaren Kontakt zwischen der Pistole und der Stelle, die gepierct werden soll, zu vermeiden, sagt einiges über ihr Vertrauen in die Sauberkeit der Pistole.  Die meisten, die eine Pistole verwenden, sind nicht eigens ausgebildete Verkäufer. Die Pistole wird häufig in der Kasse oder einem Schubfach aufbewahrt, was Cross-contamination noch verstärkt. Nur wenige Hersteller empfehlen, daß man beim Piercen mit der Pistole Handschuhe tragen soll; die überwältigende Mehrheit dieser Piercings wird durchgeführt, ohne daß der Piercer sich vorher wenigstens die Hände gewaschen hat. Zwangsläufig wird dann das Piercing über den Ladentisch hinweg durchgeführt. Der Bereich ist, wenn überhaupt Vorbereitungen unternommen wurden, nur oberflächlich mit Alkohol präpariert worden, einem sehr milden Desinfektionsmittel, das gegen Hepatitis und andere hartnäckige Krankheitserreger wirkungslos ist. Wenn überhaupt, wird die Stelle, wo gepierct werden soll, mit einem alten Filzstift, der neben der Kasse herumliegt, markiert. Der Kunde wird aufgefordert, die Stelle zu berühren, um zu zeigen, wo er gerne gepierct werden möchte. Das Anbringen von Markierungen ist beim Piercen mit der Pistole wenig sinnvoll, denn es gibt keine Kontrolle über den Winkel oder die exakte Stelle, wo das Piercing plaziert wird. Wegen dieses Mangels an Kontrolle wurde beim Piercen mit der Pistole mindestens einem Kunden die Nase gebrochen.
Die Pistole zerstört Gewebe
Das Piercing selbst wird mit der leicht geschärften Rückseite des Ohrsteckers durchgeführt. Das Loch, das entsteht, ist kein sauberes Piercing mit weichen Kanten, die leicht heilen werden, sondern ein ausgefranster Riß mit vielen Verletzungen und Zerstörungen des Gewebes, der Bakterien und anderem Material ideale Schlupfwinkel bietet. Wenn ein solches stumpfes Objekt durchs Gewebe gestoßen wird, ist das mit Sicherheit viel schmerzhafter für den Gepiercten, als eine sterile, einmal verwendete und an beiden Seiten abgeschrägte Piercingnadel, die viel schärfer ist als chirurgische Nadeln. Völlig falsche Hinweise zur Nachbehandlung werden dem Gepiercten gegeben, der angewiesen wird, möglichst häufig die Stelle mit schmutzigen Fingen anzufassen, verkrusteten Eiter durch das Piercing zu ziehen und innen das empfindliche Gewebe zu zerreißen. Einige der Produkte, die von den Herstellern verkauft werden, enthalten Banzalkoniumchlorid, eine wirkungsvolle und schonende antibakterielle Flüssigkeit. Leider bieten aber die meisten nur parfümierten Alkohol an oder raten zu Hydrogenperoxid. Keines dieser Produkte unterstützt die Bildung neuer Hautzellen in einem heilenden Piercing.
Schmuck für die Piercing-Pistole
Wir kennen alle seit unserer Kindheit die Ohrstecker, die mit der Pistole eingesetzt werden und die man während der ersten Wochen trägt. Es ist eine weit verbreitete Ansicht, daß diese Pistolen-Stecker speziell dazu dienen, den Heilungsprozeß zu beschleunigen. Tatsächlich sind sie jedoch darauf ausgerichtet, in ein Instrument zur Kennzeichnung von Kuhohren zu passen und dabei möglichst preiswert zu sein. Die Form des Steckers führt zu Infektionen, da sich hinter den Schmetterlingsflügeln auf der Rückseite Eiter ansammelt, der sich nur schlecht entfernen läßt. Gewöhnlich ist ein solcher Stecker zu kurz, um Schwellungen zuzulassen, die während des Heilungsprozesses vorkommen können, weswegen der Stecker häufig ganz oder teilweise ins Gewebe eingebettet wird. Das passiert fast zwangsläufig, wenn die Pistole für Nasenpiercings, Knorpel und andere Körperteile verwendet wird; doch auch bei simplen Ohrlöchern kann dies häufig beobachtet werden.
Einige Stecker bestehen aus rostfreiem Edelstahl von chirurgischer Qualität, doch die meisten Hersteller bieten auch vergoldete oder mit Gold gefüllte Stecker. Die Hersteller berufen sich darauf, daß das Gold über rostfreien Edelstahl gezogen wurde. Während dies technisch richtig sein mag, so läßt sich Stahl jedoch schlecht vergolden, weswegen die meisten dieser Stecker eine Zwischenschicht Nickel oder Kupfer enthalten, zwei Metalle, die stark reagieren. Vergoldet wird in einem Cyanidbad. Spuren von Cyanid oder sogar kleine Einschlüsse von Cyanid bleiben in der Vergoldung. Vergoldungen, Goldfüllungen oder „gewalztes“ Gold sind niemals geeignet für den Einsatz als Piercing-Schmuck.
Die Pistole wird mißbraucht
Bei weitem am schlimmsten ist jedoch der weitverbreitete Mißbrauch der Pistolen in den Händen von unmoralischen oder unwissenden Profit-Haien, die sie dafür verwenden, nicht nur Ohrläppchen, sondern andere Körperteile zu piercen. Piercer haben solche Stecker bereits in schwer entzündeten - sogar brandigen - Ohrläppchen, Ohrknorpeln, Zungen, Nasenlöchern, Brustwarzen, Nabeln und Genitalien gesehen. Wenn so etwas vorkommt, wird der Gepiercte zur Notaufnahme geschickt, wo der Schmuck chirurgisch entfernt werden muß. Dies ist sehr teuer, schmerzhaft und demütigend für den Gepiercten und ist verantwortlich dafür, daß manche eine sehr ungünstige, negative Meinung übers Body-Piercen haben. Einige Gepiercte haben Teile des Gewebes verloren, viele haben bleibende Narben und Nervenschäden. Die Pistole ist nicht dafür gedacht, um mit der Haut eines Menschen in Berührung zu kommen. Wie kann dies der Fall sein, wenn die Pistole in jemandes Nase, Nabel, Mund oder Genitalien gepreßt wird? Das Risiko von Krankheitsübertragung vervielfacht sich exponentiell, berücksichtigt man diesen Mißbrauch.
Es ist ein gefährlicher Trugschluß, der von den Herstellern der Pistolen verbreitet wird, daß Piercen leicht sei und ohne Risiko von jedem, der Lust dazu hat, durchgeführt werden kann. Ein professioneller Piercer verbringt jedoch gewöhnlich bis zu zwei Jahre in einer Vollzeit-Lehre und muß sich mit aktuellen Fragen hinsichtlich Gesundheit, Sicherheit, Ästhetik und ähnlichen Dingen auskennen. Piercing ist nur leicht und sicher in den Händen eines voll ausgebildeten, verantwortungsbewußten professionellen Piercers.

Halten Sie sich bitte diese Informationen vor Augen und fragen Sie sich selbst: ist es tatsächlich das Risiko wert ist. Schließlich ist das Ohrläppchen ein Teil des Körpers, dasselbe Blut strömt durch, es verfügt über dieselben Heilungskräfte und Möglichkeiten, Hautzellen zu regenerieren.

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