Frankfurter
Neue Presse 1999 Es war eine schöne Party nach einer langen Konzertreise, die für
Herbert Grönemeyer nun zu Ende gegangen ist. Eigens für Frankfurt hatte der
Rockmusiker aus dem Ruhrpott einen allerletzten Termin an den Tourneeplan
drangehängt. In der Festhalle waren es noch einmal 9 000 Fans, die mit
Herbert Grönemeyer den finalen Gesang anstimmen wollten. Als er auf der Bühne
erschien, empfingen sie den 43-Jährigen mit schier unerschöpflicher
Begeisterung.
Knapp drei Stunden brauchten Grönemeyer und Fans, um sich auf längere
Zeit zu verabschieden: Der Schauspieler und Musiker macht jetzt erst einmal
Konzert-Pause. In der Festhalle zeigte er sich - trotz der Schicksalsschläge,
die ihn zuletzt trafen - erstaunlich gut aufgelegt. Allein die Zugaben waren
abendfüllend.
Grönemeyer, der ehemalige musikalische Leiter des Bochumer
Schauspielhauses, der mit zwölf Jahren seine erste Band gründete, später
Rechts- und Musikwissenschaften studierte, kehrte bei seinem Auftritt bis zu den
Anfängen seiner Musik zurück. Einige frühe Kompositionen hat er musikalisch
entstaubt. Doch Refrains wie "Ich hab' Dich lieb" oder
"Heimat" klingen heute seltsam süßlich angesichts der Wandlung Grönemeyers
vom Deutschrocker der 80er Jahre zum Avantgardemusiker zwischen Computerästhetik
und Rock.
Die Songs der aktuellen Platte "Bleibt alles anders" sind
fast alle am Keyboard oder Computer entstanden. Die neue Experimentierfreude in
Nummern wie "Nach mir", "Bleibt alles anders" oder
"Fanatisch" mit den Möglichkeiten, die Drum 'n' Bass, Breakbeat,
Jungle und Trip-Hop bieten, hat den Sound des alten Grönemeyer zwar verdrängt,
klingen aber nicht weniger eindringlich. "Energie" etwa hört sich
nach bestem Brit-Pop an.
Aber ein Herbert Grönemeyer, der nicht selbst in die Klaviertasten
greifen würde oder nicht die Höhepunkte seiner fast elf Millionen Mal
verkauften Tonträger spielte, wäre nicht der echte Grönemeyer:
"Bochum", "Männer", "Alkohol", "Was soll
das", "Flugzeuge in meinem Bauch", "Sie mag Musik nur, wenn
sie laut ist" bringen die Halle immer wieder zum Kochen. Auf einem langen
Laufsteg steht Einheizer Grönemeyer mitten im Publikum, schaltet und steuert
die Menge nach Belieben. Er tanzt, ist nicht so verkrampft wie früher. Dazu
eine erstklassige Video- und Lightshow. Insgesamt drei Mal kehrt der Musiker
nach dem Konzert auf die Bühne zurück. "Vollblut", "Der
Mambo" oder "So gut" - Grönemeyer zögert den endgültigen
Abschied immer wieder hinaus. Riesenjubel am Ende.