7000 bei Grönemeyer

"Anna hat gesagt, sei traurig, leide nicht! Ich wage mich millimeterweise wieder nach vorn. Deshalb bin ich hier." 7000 Fans in der seit Wochen ausverkauften Eilenriedehalle quittierten am Mittwoch die Worte Herbert Grönemeyers mit stürmischem Applaus.

Der Star hat im vergangenen Jahr innerhalb weniger Tage seinen Bruder Wilhelm und seine Frau Anna verloren. Sie starben an Krebs. Schicksalsschläge, die er verkraften muß.

Zweimal hat Grönemeyer seine Tour "Bleibt alles anders" verschoben. Und nun setzt er auf der Bühne alles daran, wieder der Alte zu sein: Ruckzuck schwitzt er sein Hemd durch, rennt und tobt umher bei seinen Brüllern "Alkohol", "Männer", "Bochum".

Und die Fans jubeln, signalisieren ihm: "Schön, daß es dich gibt". Da düsen die "Flugzeuge im Bauch", fetzt der "Mambo". Beide Songs neu arrangiert - der eine kaum noch gefühlig, der andere schrill. Weit weg also vom Original.

Die Balladen schmecken bittersüß: "Deine Tränen werde ich übernehmen - wenn sich alles verdunkelt, bring' ich dich durch die Nacht", heißt es in der aktuellen Single "Ich dreh' mich um Dich". Textzeilen, nicht nur so dahergesungen, sondern gelebt.
Das macht sie so eindringlich, so traurig. Besonders die "Schmetterlinge im Eis" mit der Zeile "keiner macht ungeschehen, keiner fängt für mich von vorn an". Die rasante Lasershow mit wild wuselnden Videoclips weicht bei diesen leisen Liedern einem schönen, ruhigen Blumenmotiv.

'Als Grönemeyer beim Liebeslied "Halt‘ mich" mit behutsamer Bandbegleitung am Keyboard sitzt, scheint es, als weite er die Instrumentalpassagen aus. Und wenn er sich mit dem Handtuch übers Gesicht fährt, ist es dann wirklich nur Schweiß, den er wegwischt? Sehr intim wirken diese Momente, vielen Fans merkt man das an. Doch würden sie das ebenso empfinden, wüßten sie nichts vom Schicksal des Privatmenschen Grönemeyer?

Dann bliebe es immer noch ein Konzert der Spitzenklasse. Mit einer brodelnden Halle, mit vielen rasanten und ausgelassenen Stücken, auf die die Fans abfahren wie eh und je. Und Grönemeyer bliebe auch ein Sänger, der das Prädikat "Rockpoet" wirklich verdient. Weil er beide Künste beherrscht: Rocken und Reimen.

km, HANNOVER