1999-11-17 19:45
Ekstase bei Vollmond
Tirol hat Gröni lieb. Und Gröni sein Publikum. Das kann nach einem vor Leben pulsierenden Konzert in der Olympiahalle niemand bestreiten.
INNSBRUCK. Anfangs scheint keine Stimmung aufkommen zu wollen. Gröni legt mit einem gurgelnden "Nach mir" los, hängt sein Mikro in die am Bühnenrand klebende Meute und bekommt keine Antwort. Scheinbar klanglos fließt auch das zweite Lied, ebenfalls von der neuen CD "Bleibt alles anders", am Publikum vorüber.

Das Volk kann oder will die neuen Texten nicht kennen. Hungrig auf den alten Gröni taut die frierende Masse erst beim dritten Versuch auf: "Männer" knallt eben. Gefolgt von "Alkohol". Spätestens hier erwacht in den Leibern rhythmisches Leben.

Plötzlich scheint der Bann gebrochen. Gröni hat kapiert und lässt ein "Was soll das?" los. Er und sein Publikum haben einander wieder. Was dann folgt ist mehr als eine Mixtur von altem und neuem Material. Es ist eine beidseitige Liebeserklärung. Wie ein altes Turtelpaar, das sich zuletzt in Galtür, dann in der Olympiahalle und vorher am Bergisel traf, flirten Star und Fans was das Zeug hält.

Elastisch federt Gröni auf seinen Turnpatschen von der Haupt- auf die Minibühne mitten ins Publikum, greift nach Händen, hilft bei Textlücken neuer Versionen nach. Nach anfänglicher Skepsis scheint auch das Neue zu gefallen.

"Schmetterlinge im Eis", das laszive "Fanatisch" und vor allem "Selbstmitleid" begeistern. "Du stehst im Regen und du wirst nicht nass" schmettert Grönis Echo zurück auf die Bühne. Groovy, locker, natürlich und vor allem nah kommt dabei Gröni rüber. Der Pop-Star bebt vor Offenheit. Losgelöst von privater Alltagslast, tankt Gröni in der Menschenmasse mit sichtbarem Genuss Kraft auf. "Stillstand wäre der Tod," sagt er. Aus seinem Mund klingt es glaubwürdig. Scheint er doch nach dem Krebstod seiner Frau und seines Bruders wieder den Mut zur Bewegung gefunden zu haben.

Gröni ist wieder da. Im Leben. Alles dreht sich weiter. Das zeigen nicht nur bunte Mandalas - symbolisches Zeichen für das Lebensrad - im Hintergrund. Insgesamt präsentiert Gröni ein einfaches, auf Wesentliches reduziertes Bühnenbild. Beenden will er das Konzert mit "Bleibt alles anders". Auf der Leinwand ein laufender Gröni. Doch das Publikum lässt ihn nicht los. Neun Zugaben folgen.

Die Ballade "Ich hab dich lieb" fehlt ebenso wenig wie "Kommando". Bei "Vollmond" kippt die Freude in Ekstase: Gröni springt ins Publikum. Eine Riesenwelle von Armen fängt ihn auf.