Kölnarena "Zurück ins
Leben"
Herbert Grönemeyer wieder auf der Bühne
Von Thorsten Keller
Na gut, das Vorprogramm: Anstelle einer Anheizer-Band hat Herbert Grönemeyer - wie schon
im Mai 1998 in der Sporthalle - einen DJ mitgebracht, der die 14 000 in der ausverkauften
Kölnarena mit pulsierender House-Musik beschallt. Was die Fans wenig kümmert: Genausogut
hätte der Mann aus den Gelben Seiten vorlesen können. Der Applaus schwillt erst an, als
zwei Roadies die DJ-Ausrüstung vom Laufsteg tragen.
Auch der Auftakt von Grönemeyers Set ("Nach mir") entspricht der Dramaturgie
des Vorjahres. Doch die für diesen Song im CD-Booklet als Koautorin ausgewiesene Anna
Henkel, Grönemeyers Ehefrau, lebt nicht mehr: Im November 1998 erlag sie einem
Krebsleiden. "Du setzt mich aus auf einem dunklen Meer", singt Grönemeyer,
"schwimmst nicht mehr hinterher, hast dich weggestohlen, hast dich
weggestohlen." Es wimmelt an diesem Abend von Textzeilen, bei denen das Publikum, im
Wissen um diese familiäre Tragödie, schwer zu schlucken hat. "Auch wenn sich alles
verdunkelt", singt Grönemeyer, "bring ich Dich durch die Nacht", und man
fragt sich, ob es sich bei der Vorjahres-Ballade "Ich dreh mich um dich" nun um
routiniert angerichtetes Soft¦eis à la Grönemeyer handelt oder um einen kaum mehr
stilisierten, höchstpersönlichen Song im Angesicht des Todes.
Nach dem ersten Song, nach den ersten, langanhaltenden Ovationen, erklärt sich der
Künstler, zunächst umständlich und auch ein wenig schockgefroren: Dies sei die
"erste Tournee nach einer komplexen Zeit". Dann benennt der Sänger die
übergeordnete Mission dieser Konzertreise: "Es ist der Versuch, zumindest
millimeterweise wieder ins Leben zurückzufinden. Ich wünsche euch viel Spaß." Ende
der Durchsage.
Bald danach folgen die ersten Klassiker: "Männer" und "Bochum", für
die Fans vorne an der Bühne ein willkommener Anlaß, selbstgemalte Plakate
("Glückauf, Herbert!") und die Schals eines angeblich unabsteigbaren
Fußballvereins vorzuzeigen. Nach der ersten Ballade des Abends ("Halt mich")
ist die Show dann auch wunderkerzenmäßig ein Selbstläufer.
Bei den schnelleren Songs ist Grönemeyer - weite Khakihose, Weste, Turnschuhe - permanent
in Bewegung, joggt über den Laufsteg, und verbreitet zwei Stunden lang eine Aura
verschärfter Rastlosigkeit. Herbert rennt, Herbert ackert, Herbert zappelt, aber das
Verdikt des Berliner Satirikers Wiglaf Droste aus den 80er Jahren gilt immer noch: Herbert
kann nicht tanzen.
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