Grönemeyer singt sich ins Leben zurück
Von RALF KÜHLING
Schwerin - Nein, ein Abend der Trauer und des Selbstmitleides
sollte es nicht werden. Das hat Herbert Grönemeyers verstorbene Frau Anna so gewollt. Ihr
Wunsch war ihm heilig, als er am Freitag vor 8000 Zuschauern in der ausverkauften Sport-
und Kongresshalle in Schwerin sein Bühnencomeback gab: "Meine Frau Anna hat
angesichts des Todes gesagt: Trauere, aber leide nicht. Deshalb viel Spaß beim
Konzert!"
Anna sagte: Trauere, aber leide nicht.
Diese Worte waren die einzigen zu dem doppelten Schicksalsschlag, der ihm vergangenen
November erst seinen Bruder Wilhelm, dann die Frau nahm, und ihn alle Konzerttermine
absagen ließ. Jetzt ist Herbert wieder da.
Er nutzte die Bühne, die er so lange gemieden hatte, zum großen Lauf zurück ins
Leben: Grönemeyer, 42, hechtete vom einen Rand zum anderen, ruderte mit den Armen, nahm
Bäder in der Menge und Sonnenblumen der Fans entgegen.
Alles sollte normal und unverkrampft wirken. Doch viele der Zeilen, die er sang,
schrien nach Erinnerung: "Schön, daß es dich gibt", "Wie feiern hier 'ne
Party, und du bist nicht dabei". Sie können ins Herz treffen. Und wenn sie es
wirklich taten, dann hat er es gekonnt überspielt.
Als vor dem Zugabenteil die Verehrung für den zurückgekehrten Star in fast
orgienhaftiges Klatschen ausartete, ging Grönemeyer für einen Moment in die Knie, machte
die "Becker-Faust": Ja, ich bin stark, ich habe es geschafft!
Ob das zweistündige Bühnencomeback die Rückkehr in ein erträglicheres Leben ist,
das wird Grönemeyer wohl erst langsam erfahren.
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