Wien - Herbert Grönemeyer ist wieder
da. Der deutsche Rocksänger, dessen Wien-Auftritt im Rahmen der "Bleibt
alles anders"-Tournee wegen privater Schicksalsschläge zweimal verschoben
worden war, begeisterte am Freitagabend mehr als 12.000 Zuschauer in der Wiener
Stadthalle und dankte dem Publikum den frenetischen, minutenlangen Empfang mit
insgesamt elf Zugaben und einem fast drei Stunden währenden Konzert.
Ein Jahr ist vergangen, seit Grönemeyer den Verlust seines Bruders Herbert
und seiner geliebten Frau Anna Henkel verkraften musste. Innerhalb weniger Tage
waren beide an Krebs verstorben. Und da war sogar vom Ende seiner musikalischen
Ambitionen die Rede gewesen. Doch der Auftritt bewies nicht nur den Zusehern,
sondern wohl auch Grönemeyer selbst, dass man aus dem, was man gerne tut, auch
in Krisen-Zeiten neue Kraft schöpfen kann.
Und der deutsche Musiker präsentierte sich kraftvoller denn je, besser denn
je. Natürlich erschienen gerade seinen Balladen und seine traurigen Lieder
unter einem neuen Licht. Text-Passagen wie: "Keiner weiß, wohin die Reise
geht", "Ruhe gibts genug nach dem Tod" oder "Bring ich dich
durch die Nacht" stimmten auf Grund der Erlebnisse des 43-jährigen
nachdenklich. Doch Grönemeyer überzeugte auch mit den schnellen Nummern,
brachte die Halle bei "Männer", "Alkohol" oder "Was
soll das?" zum Überschäumen.
Vier Zugaben
"Das ist wirklich ein wundervoller Abend", meinte Grönemeyer im
ersten von vier (!) Zugabe-Blöcken. Und man glaubte es ihm. Grönemeyer tanzte
immer wieder auf dem Laufsteg ins Publikum, schien förmlich mit diesem
verschmelzen zu wollen und riss die Zuhörerschaft immer wieder aufs Neue mit.
Politisch
Auch für kritische Nebensätze nahm sich der politisch engagierte Deutsche
Zeit. Als Ankündigung für sein Lied "Die Härte" warnte er vor dem
Rechtsruck. "Das Lied ist an die gerichtet, die glauben, mit perfektem
Marketing und brillanter Darstellung könnte sie uns ihre rechten Parolen ganz
simpel unter die Haut jubeln und das gilt hier speziell in Österreich sicher
auch einem nackten Oberkörper-Typen wie Herrn Haider... Wir sollen wirklich
aufpassen und zusammenhalten. Für solche Leute ist einfach kein Platz. Die
sollen zurück in ihre Löcher." Nicht nur die 60.000 Menschen, die sich am
gleichen Abend auf dem Wiener Stephansplatz zu einer Kundgebung gegen den
Rassismus eingefunden hatten, wurden also mit diesem Thema konfrontiert.
Ein Lichtermeer der anderen Art dankte Grönemeyer u.a. für seinen Hit
"Flugzeuge im Bauch", das er besonders intensiv darbot und dabei mit
an Prince erinnernden Falsett-Tönen überraschte. Als sich der Sänger zum
x-ten Male verabschiedet hatte, drehte er sich spontan noch einmal um und
beendete mit "Moccaaugen" einen furiosen Abend. Es schien, als wollte
Grönemeyer gar nicht von der Bühne gehen.