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Quelle: Zillo MusikMagazin 2/97

 DIE SKEPTIKER

 

Happy(?) Birthday!

Gegründet 1986 in der ehemaligen DDR feierten Die Skeptiker zum
Jahresausklang 1996 ihr zehnjähriges Bestehen in einer mittlerweile
real existierenden wiedervereinigten BR Deutschland.
Zu ihrem Geburtstag beschenken Die Skeptiker ihre Fans und sich
mit gleich 27(!) Stücken aus den Anfängen ihres musikalischen Schaffens
mit dem Titel "Frühe Werke". Frank Rummeleit warf mit Skeptiker-
Bandgründer, Texter und Sänger Eugen Balanskat den Blick zurück,
ohne dabei das Heute aus den Augen zu verlieren.

 

 

"Frühe Werke" ist ein charmantes Stück Punkgeschichte, dessen Antriebsmotor der Spaß an der Sache sowie persönlicher Ausdruck war und ist. Ganz punktypisch, daß sich dabei sound-technische Umsetzung nicht in eitler Perfektion ergeht, sondern aufgrund der wirtschaftlichen und technischen Verhältnisse der damaligen Zeit in punkiger Kellersoundmentalität artikuliert.Ganz so arg wird´s dann aber doch nicht, denn Eugen hat das alte Material überarbeitet und digital neu gemastert, ohne den ursprünglichen Charakter der Songs zu verändern.

Zillo: Was hat euch damals bewogen, eine Punkband zu gründen?
Eugen: Wir haben im Osten ziemlich über die politischen Verhältnisse und die Ausweglosigkeit abgekotzt. Du hattest das Gefühl in dem Muff zu ersticken, daß alles hundert Jahre so bleiben würde. Das war für einen jungen Menschen nicht akzeptabel, du willst ja eine Veränderung und nicht so werden wie deine Eltern. Wir hatten einen noch viel größeren Freiheitsdrang. Zusätzlich hat uns die Musik,die im Radio auf der Staatsrockschiene lief, ziemlich angenervt. Da haben wir gesagt, jetzt hauen wir selber auf den Pudding, da halten wir dagegen.
Zillo: Mit eurer Musik und euren Texten ward ihr sicherlich der damaligen DDR-Führung ein Dorn im Auge. Gab es in der ehemaligen DDR Zeiten, in denen die Existenz der Skeptiker einmal ernsthaft durch die Führungsspitze gefährdet war?
Eugen: Das ist mir nicht nachvollziehbar, ich denke mal nicht. Das ist spekulativ. Zu Ostzeiten mußte man sich ja eine Spielgenehmigung holen, wenn man öffentlich spielen wollte und da setzt ja schon eine Zensur oder Vorsortierung ein. Als wir das erste Konzert in Berlin gespielt haben, da waren zwei Parteibonzen dabei und zwei aktive Musiker, die beim Rat der Stadt im Kulturamt waren. Die Parteibonzen haben "Sofort verbieten" gesagt und die anderen haben uns das beste Prädikat, das es in der Amateurstufe gab, gegeben. Man könnte sagen, daß war der kritische Punkt, aber da ist zuviel Spekulation dabei. Wenn man sich an die Fakten hält, dann ist es definitv nicht so gewesen.
Zillo: Hast du Reaktionen von Fans erhalten, die so ausgefallen sind, daß du ihnen mit deinen Texten geholfen hast?
Eugen: Geholfen würde ich nicht unbedingt sagen, aber es gibt Leute, die von einem erwarten, daß man ihnen eine Krücke fürs Leben bietet, aber das ist letztendlich zuviel verlangt. Es gibt aber Leute, die haben sich durch uns mit dem Dadaismus beschäftigt und das hat mich sehr gerührt.
Zillo: Welche Gefühle hattest du, als du die frühen Werke der Skeptiker überarbeitet hast?
Eugen: Die habe ich genauso gehört, wie sie auch klingen - nostalgisch. Für mich persönlich ist es sehr kultig. Die Aufnahmen stammen ja aus einer Zeit, als es wirklich unmöglich war, überhaupt eine Plattenproduktion zu machen. Da haben viele Bands aus dem Indiebereich mit diesen Demobändern ihr Lebensziechen abgegeben. Eigentlich war das staatlicherseits verboten, aber die haben das irgendwie toleriert. Das war ein florierender Handel.
Zillo: Punk hat ja schon immer aktiv zu Veränderung aufgerufen, allerdings ist bei dem aktuellen Pop-Punk-Trend der politische Aspekt eher ins Abseits gedrängt worden. Wie findest du die Entwicklung der aktuellen Punk-Szene?
Eugen: Die machen nette Melodien. Persönlich stehe ich auf die alten Helden, Sex Pistols und Dead Kennedys. Punk hin und her, das hat ja nicht nur mit dieser Musikrichtung zu tun. Die Jugend ist heute generell unpolitischer, eher konsumorientierter. Der Gipfel ist ja diese Mayday-Scheiße und dieses Technozeug, wo sie große Summen für Drogen und T-Shirts hin- und herschieben und nicht mal mucken. Es ist eine komische Entwicklung. Selbst innerhalb der Jugend merkst du schon, wie die Gesellschaft auseinandergeht. Ich denke, die Masse ist eher auf Verdrängung und Konsum orientiert. Das ist aber auch in harten Zeiten so, da versucht man sich Fun einzureden, der gar nicht da ist.
Zillo: Was ist in Zukunft von den Skeptikern zu erwarten?
Eugen: Ich habe ein starkes Faible für Klassik. Wir haben jetzt aus Opern, Operetten und alten Filmgeschichten ein paar Skeptiker-Stücke gemacht, aber die schönen Gesangsharmonien und die Texte erhalten. Dazu suchen wir noch eine Plattenfirma und dann muß man mal gucken.

Also - schaun´mer mal auf den Fortgang der Skeptiker-Geschichte.

Frank Rummeleit (Homepage: RUMMEL'S CEMETARY GATES)
(Quelle: Zillo MusikMagazin 2/97)
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