Ich habe von Ernest Ranglin erstmals durch seine frühe Verbindung mit Chris Blackwell bewusst Notiz genommen , also als ich wahrnahm, dass Island Records eng mit der Musik Jamaikas verbunden ist. Interessanter wurde er für mich als Mitglied von Clue J's Gruppe, die am Übergang des jamaikanischen R&B zum Ska intensiv beteiligt war, denn dort spielte damals auch Rico Rodriguez.
Ernest Ranglin begann seine Laufbahn mit Jazz und blieb dem Jazz immer verbunden. Als er in den 1990er Jahren zwei Alben unter eigenem Namen für das kurzlebige Label Island Jamaica Jazz, auf dem insgesamt nur 5 oder 6 CDs erschienen, nämlich Below The Bassline und Memories Of Barber Mack einspielte, und an weiteren zwei beteiligt war, schien dies kurzzeitig wie sein Label auszusehen. Das Label ging mit der Trennung Chis Blackwell's von seiner Schallplattenfirma unter.
Nicht verwunderlich war dann, dass Ernest Ranglin sein bestes Album auf Blackwell's neuem Label Palm Pictures vorstellte: In Search Of The Lost Rhythm, aufgenommen in Dakar präsentiert es die Suche des Jamaikaners nach seinen afrikanischen Wurzeln, einer Spurensuche, die von Baaba Maal und seinem musikalischen Umfeld wunderschön unterstützt wird. Gleichzeitig trägt es die erste Katalognummer von Palm und nährte die Hoffnung auf ein hoch interessantes, neues Label.
Der jamaikanische Gitarrist suchte im Rückblick des Hörers immer eine Standortbestimmung. Mit der Kopie amerikanischen Bigband-Jazz aufgewachsen und Ende der 50er Jahre als ausgezeichneter Gitarrist/Instrumentalist den Ska und damit eine eigenständige jamaikanische Popularmusik mitbegründend, erlebte seine Synthese von Ska/Reggae und Jazz in den 90er Jahren mit den beiden zwei eindrucksvollen Alben auf Island Jamaica Jazz einen Höhepunkt. In den vielen Jahren dazwischen pendelte er zwischen den Stilen, bewies seine Qualitäten als Musiker, ohne dass herausragende Werke unter seinem Namen entstanden wären.
1948:
Ranglin spielt erstmals in einer Band, dem Val Bennett Orchestra, das in örtlichen Hotels auftrat.
Frühe 1950er:
Ernest Ranglin wird von Eric Deans Orchestra abgeworben, mit dem er in der Karibik weit über die Landesgrenzen hinaus tourt. Hier trifft Ranglin erstmals auf Monty Alexander.Später spielt er bei Baba Motta, u.a. in Montego Bay.
1958:
Mit einer eigenen Gruppe tritt Ernest Ranglin in jamaikanischen Hotels auf. Bei einem seiner Shows war Chris Blackwell im Publikum, der sich damals schon mit der Absicht befasste, Schallplatten zu produzieren. Er bot ihm denn auch an, ein Album zu produzieren, das überhaupt erste Album auf Island Records, eine Zusammenarbeit mit dem Pianisten (?) Lance Haywood.
1959:
Clue J & His Blues Blasters werden die nächste musikalische Heimat. Cluett Johnson und seine Gruppe markieren wie keine zweite die Abkehr von der Bigband zur kleinen Band und die Transformation des R&B und Jazz zum Ska. Es entstehen eine Reihe von Aufnahmen von musikgeschichtlicher Bedeutung.
1961:
Die LP Guitar in Ernest erscheint auf Chris Blackwell's Label Island.Im gleichen Jahr geht Ernest Ranglin auch erstmals nach England, wo er mit Sonny Rollins u.a. spielt.
In den nächsten Jahren bleibt Ranglin wegen seines wunderbar feinen Gitarrespiels gefragter Studiomusiker und Arrangeur, zunächst in der 14-köpfigen Studioband von JCB unter Leitung des Altsaxophonisten Berti King, dann auch für die Produzenten des Ska in Jamaika, für Clement Dodd, Prince Buster (zusammen mit Roland Alphonso), oder auch für Chris Blackwell.
1964:
"My Boy Lollypop" mit Millie Small wird zu einem weltweiten Millionenerfolg, an dessen Entstehung Ranglin als Arrangeur und musikalischer Leiter maßgeblich beteiligt ist.Ranglin selbst wird im Critics Poll des Melody Maker zum besten Jazzgitarristen des Jahres gewählt, nachdem er mit Auftritten in Ronny Scott's Jazz Club bekannt geworden war.
(1998 erschien die CD Soul D'Ern mit Live-Aufnahmen aus Ronnie Scott's Club aus den Jahren 1963 und 64)
Neue LP's erscheinen in Jamaika auf Merritone und in England auf Island, Wranglin' (1963/64) und Reflections (1964/65).
1964-1966:
Als Studiomusiker in Kingston ist Ernest Ranglin an zumindest vier C. Dodd-Produktionen der Wailers beteiligt.
1970er und 1980er Jahre:
Ranglin arrangiert 1970 "Rivers Of Babylon" der Melodians und macht Aufnahmen mit Johnny Nash.1973: Order of Distinction / Jamaica
1974 folgt ein erster Auftritt beim Newport Jazz Festival und
im weiteren Verlauf der 70er Jahre zieht Ranglin nach New York, spielt beim Montreaux und beim North Sea Festival mit Monty Alexander.
1984 zieht ernest Ranglin weiter nach Fort Lauderdale in Florida.
Eigene LPs erscheinen bis in die 90er Jahre hinein nur sporadisch. Aber er ist an Meisterwerken wie der Perry-Produktion Heart Of The Congos beteiligt.
1990er Jahre:
1992: Musgrave Medal
1996:
Erst Mitte der 90er Jahre intensivierte Ranglin die Bemühungen, Jazz und Reggae wieder zusammenzuführen, wie es in den frühen 60er Jahren z.B. bei den Skatalites noch üblich war. Er verhalf damit einem neuen, von Island Records lancierten Label - Island Jamaica Jazz - zur Identität. Und mit seinen beiden Alben Below The Bassline von 1996 und Memories Of Barber Mack von 1997, sowie seiner Mitwirkung an den anderen Alben dieser Serie, u.a. auch einem Set der Skatalites, markierte er den musikalischen Rahmen und Charakter der Serie.
1997:
Seine Offenheit und die Rahmenbedingungen - Chis Blackwell ermöglichtte mit seinen neuen, von Island Records unabhängigen Label Palm Pictures das experiment - führten ihn zur Suche nach den verloren geglaubten Wurzeln in Afrika und zur Einspielung seines jüngsten Albums In Search Of The Lost Rhythm in Afrika mit senegalesischen Musikern um Baaba Maal.
2000:
Ranglin wechselt die Plattenfirma und verfolgt mit neuen Einspielungen für das amerikanische Label Telarc weiter den Weg der Verbindung eigener Traditionen aus Jazz und jamaikaischer Musik mit afrikaischen Stilen.
Kritiker loben "his poise, virtuosity, delicious ear for harmonic progressions, long lines and perfect timing"."Listening to Ernest 'comping is as facinating as his solos. Here, one may try to grasp a little of his deep understanding and feeling of music. Spontaneous, interactive, passionate, sometimes outrageous, like Django or the late Billy Rogers, Wes, he plays everything with all his heart. He "sings" the guitar. Calypso, Ska, Reggae, Pops, Blues or Jazz, whatever he plays sounds great. But Jazz is his greatest." (stevem@stn.net)