DIE ROLLE DER GEWERKSCHAFTEN

Wir sehen es wichtig, über die soziale Rolle der Gewerkschaften zu schreiben, weil viele Proletarier in ihnen die Möglichkeit der Vereinigung sehen und des Glaubens sind, dass die Gewerkschaften der Bourgeoisie gegenüberstehen.
Gleichzeitig sind wir der Meinung, dass die Gewerkschaften in dem heutigen Stadium des Kapitalismus bedeutend an Einfluss verloren haben. Das immer flexibeler und komplexer werdende Kapital, der Arbeitskraftmarkt und die bürokratisierte gewerkschaftliche Bewegung beeinflussen die gewerkschaftliche Tatigkeit ungünstig. Die atomisierte Arbeitschaft beweist auch ihre Arbeitsnehmerinteresse gegenüber dem immer gr"sser werdenden transnationalen Kapital.Es istdennoch nicht überflüssig klar zu machen, wie sich das Proletariat zu dieser organisatorischen Form verhalt, weil je eine Gewerkschaft in der Aufl"sung der gesellschaftlichen Spannungen oft eine hervorragende Rolle spielt (wie zB. die "Solidaritat" in Polen oder die radikale gewerkschaftliche Bewegung in Süd-Korea) und weil sie auch dem hier dargestellten Niedergang entgegen mit ihrer tagtaglichen Rolle bis heute noch eine nicht verachtliche Wirkung in die Richtung der Stabilisierung der Demokratie ausüben. Von aller Seiten untersucht kann man
den Rückgang der Glaubwürdigkeit der Gewerkschaften beobachten. Von demokratisch-kapitalistischer Seite ist
die fallende interessenvertretende Potenz, von der revolutionaren Seite ist die bourgeois Rolle der Gewerkschaften -im Sinne des Kommunistischen Programms- immer offensichtlicher. Diese Tatsache wollen wir in diesem text darstellen. In dem frühen Phase des Kapitalismus
suchten die Proletarier eine Form für ihren organisierten Kampf. Jede Organisierung war v"llig illegal, eben darum
standen diese nicht unter dem ideologischen Einfluss der Bourgeoisie. Viele Arbeiterorganisationen führten am Anfang
einen erbitterten und radikalen Kampf. Nehmen wir zB. die Thags, die die Bourgeois ermordeten, oder Proletarier, die
Fabriken in Brand setzten bzw. Maschienen zerst"rten. Dieser frühe Radikalismus wies viele Schwachen auf und der
Grund dafür war die allgemeine historische Unentwickeltheit des Proletariats. Abgesehen von diesen gutorganisierten
geheimen Gemeinschaften erfüllten die anderen Organisationen nur noch Selbsthilfe- und Solidaritatsaufgaben. Das kraftige Auftreten der
Bourgeoisie erstickte einerseits die Aktivitat der radikalen proletarischen Organisationen und andererseits hatte die alles durchdringende Ideologie des offensiven Kapitalismus -die Demokratie- eine entscheidende Wirkung auf die Arbeiterbewegung. Einesteils in revolutionarem
Gewand gehüllt (Bolschewismus), andernteils ganz offen, als reformistische Tendenz ist er aufgetreten. Die progressive Ideologie der Demokratie hatte im Kreise der Arbeiter die Wirkung, statt der Zerst"rung des Kapitalismus für ihre Rechte gegen die Arbeitergeber zu kampfen.


Die gewerkschaftliche Bewegung entstand und erstarkte als Ausdrucksform dieses Kampfes. Der Kampf war aber nicht mehr umstürzend, sondern ein Positionskampf. In dem vorigen Jahrhundert entfaltete sich dieser Prozess noch nicht ganz und gar. Die gewerkschaftlichen Rahmen kamen ab und zu den revolutionaren Prozessen zu Hilfe, genauer gesagt wurden die gewerkschaftlichen Aktionen von der revolutionaren Bewegung nicht mehr btrennbar. Die Entwicklung der Sozialdemokratie, die der politische Ausdruck des oben genannten Prozesses ist, und die Tatsache, dass es an der Jahrhundertwende auch noch den dummen Kapitalisten und Politikern klar wurde, was für eine nützliche Rolle die Gewerkschaften für sie haben,führten zum überwaltigenden Sieg der Sozialdemokratie innerhalb der Arbeiterbewegung. Das Proletariat konnte und kann heute
noch nur in Zeit bedeutender revolutionarer Wellen diese Hegemonie durchbrechen. Es kann als Vertreter des Kommunismus und der Revolution unter der Herrschaft der Demokratie nur in revolutionaren Situationen und Bewegungen auftreten und sich organisieren. Da selbst das Dasein des
Proletariats schon die Negation der Demokratie ist. Die von den Gewerkschaften geführten und heute schon legalen Lohnkampfe verhalfen also dem Kapitalismus zum Fortschritt. Es ist zwar so, dass die Lohnkosten statistisch stiegen, aber das Anwachsen des Konsums (des
Marktes), die Allgemeingültigkeit der Inflation, die politisch-ideologische Integrierung der Arbeiter in die Demokratie (den Kapitalismus), die Steigerung der Produktivitat gegenüber der Lohnsteigerung, hatten eine gute Wirkung auf die Profitproduktion. Die Arbeiter durften
also ihre Rechte erkampfen, sie verloren aber dadurch ihre Klasse. Sie müssen weiterhin dem Kapital ausgeliefert, zum Kriege gehetzt, ins Elend gestürzt und imer mehr geteilt im Alltag vegetieren. Wir k"nnen in der Demokratie als Staatsbürger für unsere Rechte kampfen, aber nicht als
Klasse existieren. Trotz diesem scheinbar alles vernichtenden Sieg des Kapitalismus ist das Proletariat nicht tot. Die Revolution, das Proletariat entwickelt sich, gleichwie der Kapitalismus. Anders als früher, aber das Proletariat ist weiterhin anwesend.
Oft, wenn ein Konflikt zwischen den zwei " nicht existierenden" Klassen ensteht, also wenn die Bourgeoisie gegen die Arbeiter einen neuen Angriff beginnt, treten sie als Proletarier als einheitliche Klasse auf. Sie lassen die Welt des Kapitals -die Demokratie- ausser Acht, sie
plündern, organisieren sich und kampfen. Es ist uns alle eine riesige Freude, dass das Proletariat heutzutage immer "fter, globaler und unberechenbarer in dieser Form auftritt. (Um nur die letzten wichtigsten Ereignissen zu erwahnen: Albanien 97, Indonesien 97-98, Jordanien 96, San
Francisco 92, Argentinien 89, in Afrika mehrmals, Pol Tax in England 91, 99 usw.) Die Gewerkschaften sind natürliche Erscheinungen und Teile
des Kapitalismus (selbst das Proletariat ist das Erzeugnis des Kapitalismus, aber den Gewerkschaften gegenüber erscheint es in allen seinen Ausserungen nur als die Negation des Kapitalismus.) Das Wesen der Demokratie besteht in dem freien Verkauf der eigenen Waren und der
Kauf der Waren von anderen jenachdem, wieviel Geld man verfügbar hat. Der Arbeiter hat nichts anderes zur Verfügung als seine Arbeitskraft. Als Entgelt bekommt er den Wert seiner Arbeitskraft, davon kann er seine Lebensbedingungen: Wasser, Heizung, Lebensmittel usw.
kaufen. (Die Arbeiterbewegung, als sie "die Rechte der Arbeiter" erkampfte, hat es zugegeben, dass die Arbeiter
gleichrangige Teilnehmer auf dem Markt sind. Auf dem Markt ist aber nur das Geld, die Kaufkraft wichtig, so hat dieser
Schritt die Macht der Herrscherklasse gar nicht berührt. Die Macht der Bourgeoisie wurde dadurch noch starker und
legitim; die Arbeiter wurden sowohl "konomisch als auch ideologisch und kulturell dem Kapital ausgesetzt.)
Die Arbeiter haben das Recht, für ihre Arbeitskraft das beste Preis zu bekommen, und im Interesse ihrer Rechte
k"nnen sie sich miteinander verbunden und zwar im Gewerkschaft. Es ist auch klar, dass die Arbeiter mehr Wert produzieren,
als was ihre Arbeitskraft kostet. Das sichert den Profit für das Kapital in den USA ebenso wie in der ehemaligen
Sowjetunion oder in Ungarn. Die Arbeiter dürfen sich frei organisieren, solange dies die Funktionierung des Kapitals,
die Produzierung des Profits nicht in Gefahr bringt. Diese Bedingungen riefen die Gewerkschaften ins Leben, die -eben
darum von der soziologischen Klassenposition ihrer Leiter unabhangend- bourgeois Interessen vertreten.
Das Ziel einer Gewerkschaft, sich an die Marktverhaltnisse zu halten, übers Preis der Arbeitskraft oder über die
Arbeitsbedingungen zu verhandeln, steht nicht in Gegensatz zur Profitinteresse des Kapitals. Das Kapital freut sich
sogar darüber, wenn die Gewerkschaften die "irrealen" (also das Profit gefahrdenden) Forderungen in "gerechte"
Lohnforderungen verwandeln. Wir alle k"nnen Erfahrungen haben, wie die Gewerkschaften durch Kompromisse die
Lohnverhandlungen führen, was zB. zur allmahlichen Reallohnsenkung führt. Eine Gewerkschaft kann sogar in
"entwickelter Wirtschaften" nur ein Steigen der L"hne erkampfen, das das Wachsen der Produktivitat nicht
überschreitet und so der Profitproduktion keine Hindernisse in den Weg legt. In den einigen Fallen, wo die Arbeitsl"hne
ihre Kaufkraft bezüglich steigen, wird das Einkommen der Bourgeoisie noch h"her, und wachst damit auch die relative
Armut. Der Radikalismus der Gewerkschaften spiegelt die Bereitschaft der Proletarier zum Kampf gut wider. Eine
andere wichtige Aufgabe der Gewerkschaften ist namlich, einen Rahmen und damit eine Richtung der Unzufriedenheit zu
geben, damit die Proletarier ihren Kampf nicht selbst organisieren k"nnen und sie im Rahmen der demokratischen
Spielregeln bleiben. Wenn die Arbeiter sich radikalisieren, treten die Gewerkschaften auch harter auf. Die letzten
müssen die Initiative ergreifen, um sich die Ereignisse in der Hand zu haben. Sie rufen zum Streik auf, damit er nicht
sich von selbst ausbricht; sie führen die Arbeiter auf die Strasse, sonst würden die auch ohne die Gewerkschaften tun.
Ein konkreter Beispiel u.a.: Im Sommer 1981 organisierte der lokale Ausschuss der allgemeinbekannt radikalen
Gewerkschaft "Solidaritat" für die Textilarbeiter in L¢dz und auch für andere Proletarier in Polentreiks. er
rund dafür war nach dem Bericht eines Journalisten, "den Wut der Menschen in eine akzeptierbare Ausdrucksform zu
bringen und so bei der Aufbewahrung der legalen Ordnung zu helfen"(!)
Wir hatten das auch nicht besser sagen k"nnen, lieber Bourgeois! Die Gewerkschaft gibt eine legale Richtung der
Unzufriedenheit, organisiert Demonstrationen für die Hungernden, anstatt dass die Proletarier wegnehmen würden,
was sie brauchen. Die Gewerkschaften -unabhangend von ihrem "guten" oder "schlechten" Vorhaben- dienen dem Kapital dadurch, dass sie
mit ihrer Organisationsmethode in Berufe, in Arbeiter und Arbeitslose usw. die Klasse verteilen und so die
Organisierung der Proletarier zur Klasse schwieriger machen. Die tatsachlichen Arbeitsnehmer werden aus den
Reihen des Proletariats herausgegriffen. In vielen Orten werden die Gewerkschaften trotzdem
verfolgt, sagt man, und wirklich zeigte sich die Bourgeoisie gewerkschaftsfeindlich zB. in Süd-Korea oder in
Ungarn (Szeksz rd). Wie sich viele Gewerkschaften radikalisieren, um ihren
Einfluss auf die sich radikalisierenden Arbeiter zu bewahren, so spielt auch die Bourgeoisie ihre
gewerkschaftsfeindliche Rolle, um die in der Wirklichkeit konterrevolutionaren Gewerkschaften im Auge der Proletarier
glaubwürdig zu machen. Andererseits zwingt der zunehmende Wettbewerb unter den Kapitalisten die Bourgeoisie oft dazu,
fürs šberleben ihrer Kapitalien Schritte zu machen, die die Interessen des Gesamtkapitals unberücksichtigt lassen. Zum
Beispiel: die Arbeitsl"hne werden auf einer sehr niedrigen Niveau gehalten, was nur im Widerspruch zu den
Gewerkschaften oder beim Mangel an diesen passieren kann. Der Kapitalist kann selbst, wenn er in der Lage ist, jede
Organisierung an der Arbeitsstelle beseitigen. Dadurch kann er die Kosten der Arbeitskraft herabsetzen, errichtet aber
für sich selbst das Hindernis, das Problem bei einer sozialen Spannung auf legalem Weg nicht mehr l"sen zu
k"nnen. Und damit k"nnen auch noch weitere soziale Spannungen erregt werden. Die multinationalen Firmen
versuchen, dieses Problem in der Weise zu überwinden, dass sie Arbeitsbedingungen schaffen, unter denen die Gefahr der
Organisierung der Arbeiter kleinstm"glich ist. Neben den Managers arbeiten noch Herden von Psychologen, Soziologen
an verschiedenen Verfahren, die die Konflikte verhüten.Neben der geistigen Beeinflussung der Arbeiter,
neben der Ideologie des "verstandnisvollen Chefs" führen sie u.a. praktische L"sungen ein, wie z.B. Einstellen von
Studenten (oft für 4-Stunden-Arbeit), denn so wechselt die Arbeitskraft schnell. (z.B. McDonalds) Der Wettbewerb unter
den Arbeiter wird am Arbeitsplatz bis ins letzte verscharft, die Bildung von standigen Kollektiven wird
beseitigt, oder ganz im Gegenteil werden kleine Gruppen innerhalb der Arbeiterschaft gebildet, um die Arbeiter
-nach der Leistung belohnt- zu Treibern und Ausgelieferten voneinander zu machen. (z.B. Ungarn, Betrieb Audi in Gy"r)
Und die sehr kleinen Firmen k"nnen die Organisierung durch die Einstellung von ausgelieferten Arbeiter (Menschen ohne
Familie, Qualifikation oder Arbeitslose, Asylanten usw.) ganz liquidieren und den Arbeitslohn tatsachlich auf dem
Existenzminimum halten. šbrigens brauchen die kleinen Firmen diese Methode wirklich zum šberleben.
Trotzdem weiss die Bourgeoisie ganz genau, wie nützlich ihr die Gewerkschaften sind. In der Zeit der deutschen
Revolution 1919 hat der Fabrikantenverbund (Industriellen- verband) darauf aufmerksam gemacht, dass die Kapitalisten
nur gewerkschaftlich organisierten Arbeiter einstellen sollten. Die radikalsten Gruppen der Arbeiter in
Deutschland haben die konterrevolutionare Rolle der Gewerkschaften und die der politischen Parteien erkannt und
haben neue Massenorganisationen (AAUD, KAPD) im Interesse der Verwirklichung der Diktatur des Proletariats gebildet.

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