Medizin und Hygiene

 

 

Im gesamten Mittelalter gab es nur wenige ausgebildete Ärzte. Vor dem 13. Jahrhundert waren es vor allem Mönche, die arabische medizinische Schriften studierten, neue Heilkräuter entdeckten und damit ihre Kranken pflegten. Einige Klöster spezialisierten sich sogar auf die Zucht von speziellen Heilpflanzen, die Franziskaner zum Beispiel bauten Rhabarber an, weil diesem eine besondere Heilkraft zugeschrieben wurde.

Ein Apotheker zerreibt mit einem Mörser Kräuter. Holzschnitt aus den 15. Jahrhundert.

Als Kranker jedoch konnte man sich nicht nur an die Mönche wenden, es gab auch handwerksmäßig ausgebildete Wundärzte, Barbiere und Bader, die sich alle als " Chirurgen " betätigten. Als Chirurgie bezeichnete man damals die äußerliche Behandlung von Hand. Bader und Barbiere waren als Handwerker in Zünften organisiert. Der Bader, eigentlich Besitzer oder Betreiber von Badestuben, durfte auch zur Aderlassen, schröpfen und Brüche schienen. Als Barbier, also Friseure, zog man Zähne und behandelte frische Wunden.

Neben eben genannten gab es noch eine Menge anderer Laienärzte wie Apotheker, Zahnbrecher, Starstecher ( Augenärzte ) aber auch Schmiede, Henker und weise Kräuterfrauen, die sich als Medicus versuchten, eben jeder der sich dazu berufen fühlte.

Die gut organisierte Übersetzungsschule in Toledo (Spanien) sorgte dafür, das gegen Ende des 12.Jahrhunderts das gesamte Medizinwissen der Araber dem europäischen Naturwissenschaftlern zur Verfügung stand. Das Wissen der Araber war für die Europäer wegweisend. Zu Beginn des 13.Jahrhunderts entstand das berühmte volkstümliche Gesundheitsbuch Regimen samitatis Salermitanum, dessen Einfluss auf die mittelalterliche Heilkunde immens war.

Hier ein kleiner Auszug:

Willst du dich tüchtig erhalten, gesund, so höre, was wir dir künden. Fort mit den Sorgen; Zorn ist, oh glaube mir, gemein. Nimmst du nur kargen Imbiss, hüte dich vor starkem Wein; hast du gespeist, so erhebe dich gern; halte den Schlaf dir um Mittag fern. Halte den Harn zurück nicht zu lang, regt es sich im Darm, so folge dem Drang. 

Aufgewärmte Speise, Ärzte die nicht Weise, und die bösen Weiber sind Gesundheitsräuber.

Allen mein Wort also rät: Bleibe bei geflogener Diät. Denn der Gesundheit Gebot ist: Wechsle nicht, außer wenn Not ist! So Hippokrat ! Wer dar wieder dem folget der Seuche Hyder. Strenge Diät sich nennt der Heilkunst Fundament, so du sie nicht observierst, wie ein Tropf du reagierst, wie ein Pfuscher du kurierst.

 

In allen medizinischen Fakultäten, die seit Anfang des 13.Jahrhunderts an den Universitäten entstanden, wurden die Lehren aus Toledo ebenfalls übernommen.  Unter anderem war dies die Harnlehre: Der Harn im Blasenförmigen Harnglas wurde nach Farbe, Trübung und Ablagerungen untersucht und so wurde auf die verschiedenen Krankheiten geschlossen. Auch der Aderlass wurde zur regelrechten Wissenschaft: Den Menschlichen Körper teilte man in Zuständigkeitsbereiche der Tierkreiszeichen auf und machte den Zeitpunkt und den Ort des Aderlasses vom Stand der Gestirne abhängig. Über den Einsatz von Arzneien war das Wissen in Salerno auch schon sehr fortgeschritten. Man verschrieb quecksilberhaltige Salben bei Hautkrankheiten und Kröpfe behandelte man mit jodhaltigem Seetank. Auch die Narkose war schon bekannt: man gab dem Patienten die sogenannten Schlafschwämme, die mit Alraune, Schierling oder Bilsenkraut getränkt waren (lauter giftige Pflanzen), vor der Operation zu lutschen. Diese Mittel berauschten den Patienten, so das er nicht viel von der Operation mitbekam.

Ein Arzt bei der Harnbeschau. (Regimen samitatis Salermitanum)

Auch fing man an Anatomie auf den Lehrplan zu setzen. Man sezierte Tiere, deren Bauplan man naiver weise auf den Menschen übertrug. Jedem Organ wurde eine Aufgabe zugeteilt, dies allerdings mehr durch blühende Fantasie als durch Beobachtungsgabe.

Die erste Gerichtsmedizinische Sektion einer Leiche ist erst im Jahre 1302 für Bologna dokumentiert.

Die Milz bezeichnete man als ein unedles Organ, oben Empfängt sie die schwarze Galle, unten Dient sie dem Magen.....

Leider konnten die damaligen Ärzte ihr anatomisches Wissen noch nicht richtig vermitteln. Sie konnten, das sie sahen, nicht Aufzeichnen, denn der Begriff der Perspektive tauchte erst hundert Jahre später, 1412, auf.

Endlich mussten die Studenten sich ein gewisses Grundwissen aneignen, bevor sie zur Prüfung zugelassen wurden. Nur bei Erfolgreichem Bestehen durften Sie als Ärzte praktizieren. Nach fünf Jahren Studium folgten zwei weitere Jahre an der Universität und gleichzeitiges Praktizieren nur unter Aufsicht eines Lehrers. Die Ausbildung bestand fast nur aus dem Lesen und Interpretieren griechischer und arabischer Schriften. Schließlich musste der junge Arzt noch ein Jahr in einem Hospital arbeiten.

Die soziale Stellung des Doctor Medicinae war sehr hoch und kam einem Adelstitel gleich. So waren studierte Ärzte hauptsächlich Leibärzte von Päpsten, Bischöfen, Königen und dergleichen.

Ebenfalls gab es ab dem 13.Jahrhundert in Italien auch Stadtärzte. Sie versorgten die Armen und städtischen Angestellten kostenlos, und leiteten die gesundheitspolizeilichen Maßnahmen zur Seuchenbekämpfung. Sie durften kostenlos wohnen, zahlten keine Steuern und waren vom Wehrdienst befreit. Wie schon gesagt gab es nur sehr wenig Ärzte, so sind aus Paris für 1292 nur sechs Ärzte überliefert. Ein Arzt kam also auf 8.500 Einwohner. Dies erklärt die hohe Zahl der oben genannten Laienärzte.

Die Chirurgie wurde damals nicht als gleichberechtigte Medizin angesehen. Nur in Italien und teilweise in Montpellier konnten Wundärzte eine eigene Universitätsausbildung genießen. Man sah die Chirurgie als Unziemlich und Unehrenhaft an. Um 1350 verbot die Universität von Paris ihren Medizinstudenten unter Strafe der Ausstoßung aus der Fakultät, chirurgisch tätig zu sein.

Viele Patienten starben, weil man der Meinung war, das Quetschwunden, offene Knochenbrüche, Lanzen- oder Pfeilwunden nur über einen Eiterungsvorgang heilen durften. Man entfernte aus offenen Wunden die Splitter, und stopfte leider sehr oft verschmutzte Leingewebefäden zur Blutstillung in die Wunden. Erst die großen Wundärzte aus der Bologneser Schule zu Beginn des 13.Jahrhunderts waren überzeugt, das eine Wunde auch ohne Eiterbildung heilen könnte. Sie verwendeten einen lindernden und reinigenden Alkoholverband und verhinderten die zusätzliche Verschmutzung der Wunde. Diese Methode ließ deutlich mehr Verletzte überleben.

 

Um etwas über Krankenhäuser zu lesen nutzen Sie bitte meinen Link" Hospital".

Die ersten Hospitäler im heutigen Sinne führten die Araber ein. Schon im 10.Jahrhundert gab es in Bagdad Krankenhäuser mit hauptamtlichen Ärzten.

Diesem Beispiel folgte dann der Johanniter Orden.

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Quellen: Die Jahrtausendbibliothek/Hrsgb. Ulrike Müller-Kaspar