POLAR-GAZETTE  -  #7 (November 2001)

Dienstag, der 13.

Kurz vor dem Erwachen an besagtem Tag hatte ich einen wunderschönen Traum und ging mit entsprechend gutem Gefühl in den Tag. Deshalb übersah ich auch fleißig die ersten Anzeichen wie sauer gewordene Milch oder ständig herabfallende und auf meine Zehen zielende Messer und andere Gegenstände, daß sich der Tag wohl nicht so fortsetzen wird. Auf dem Weg zum Briefkasten (um wie immer nur die Post der anderen zu holen) kam ich mächtig ins Schlittern, und da es rundum nicht viel anders aussah, beschloß ich, meinen monatelangen Vorsatz endlich mal zu realisieren und den recht verbrauchten Reifen meines Fahrrades zu wechseln. Das Garagentor war natürlich mal wieder an der Unterkante zugefroren, und meine Kraftanstrengungen brachten nix. Aber es gibt ja noch ein zweites Tor... Also dort hinein, zur anderen Seite durchgeklettert (zum Glück bin ich dünn!) und einen kräftigen Tritt später war das andere Tor auch offen.

Mit dem Vorderrad im Keller verschanzt. Anfangs ging der Reifenwechsel auch richtig gut, nach einigen Mühen war auch der neue Mantel schnell drauf. (Die richtige Größe war es ja, doch wieso ging das so verdammt schwer?!) Bei der allerletzten Hebelei, noch mitten im Jubel, höre ich ein leises Zischen. Nicht doch!!! Es hilft nichts, das Ventil festzuschrauben. Das Zischen entspringt ca. 10 cm daneben... Also den Mantel wieder abmontieren - habe ich mir doch glatt irgendwie einen 1.5 cm langen Riß in den Schlauch fabriziert... Was mir bei meiner mittlerweile recht langen Radfahr-, -bastel- und -reparaturkarriere noch nie passierrte! Nunja,... Ich ging den Ersatzschlauch holen, der schon ein Weilchen herumlag. Alles halb so schlimm... Bis ich feststellte, daß den falschen Ventiltyp erwischt hatte. Verd... Unaufmerksamkeit! Macht nix, meine Luftpumpe kann beide Typen. Nee, denkste, das Ventil will nichtmal durch die Felge, geschweige denn sich befestigen lassen...! Faen! Wann ich nun die Zeit finde, den einen Laden in Trondheim ausfindig zu machen (so es überhaupt einen gibt), der mir auch im Winter einen Schlauch für mein Nicht-"MTB mit Piggdekks" verkauft, ist absolut unklar... Sich an den Gedanken zu gewöhnen, zum Fußgänger degradiert zu sein, dauerte seeehr lang, eigentlich klappte es gar nicht. Mein Alltag ist auch ansonsten viel zu sehr auf das Fahrrad eingerichtet - und genau an jenem Tag hatte ich auch noch eine Verabredung in der Stadt...

Also kramte ich den Walkman hervor, stellte fest, daß ich mich zunächst mit einem Ohrhörer begnügen mußte, den anderen wollte ich schon lang mal löten... Die Akkus vom Fahrradlicht waren komischerweise noch voll genug. Auf dem langweiligen Weg zur Uni hatte ich genug Gelegenheit, mich an das Laufen auf Glätte zu gewöhnen.

Im Büro fiel mir wieder ein, warum ich in jenen Tagen nicht zu zeitig dahin gehen wollte - die Handwerker übten sich eben im Löcher in die Wände bohren... Mein Compi ignorierte das Netzwerk. Solang die Handwerker arbeiteten, machte ich mir keine Gedanken weiter, erst danach wurde ich stutzig - und eine Suche brachte zwei gebrochene Kabel zum Vorschein .... Bastel, bastel ....

Das Kantinenessen verlief fast problemlos, nur die 5-6 Mädchen, die ausgerechnet meinen Nachbartisch wählten, um laut redend und kichernd irgendwelche Nicht-Problemchen tiefgehend zu erörtern, nervten mich etwas.

Der Geldautomat danach schien mir auch wohlgesonnen - war der Vorrat an Schlechtigkeiten für den Tag doch schon verbraucht?? Doch der Automat besann sich eines besseren, zählte 5 Minuten lang seine paar Scheinchen und verkündete mir dann "Technischer Fehler". Also hoffen, bis zum nächsten Tag nicht mehr als 12 Kronen zu benötigen.

Auf dem Weg in die Stadt legte es mich noch einige Male in diversen Kurven auf dem glatten Schnee, aber ansonsten gab es keine Probleme mehr. Der Tag war sowieso schon an seinem Ende angekommen.

Ein Blick auf den Kalender sagte mir ganz unschuldig:

Dienstag, 13. 11.

... oder erbte ich nur einfach einen Teil von Friedrichs Pechmonat?


Copyright © Adrian, 2001