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Gewitternacht

Es ist Sommer. Schon den ganzen Tag ist es drückend heiss und kein Lufthauch bringt Abkühlung.
Du liegst in deinem Zimmer, hast die Rollläden dichtgemacht, damit nicht noch mehr Hitze in die Wohnung dringt. Vor lauter Hitze bist du eingeschlafen und als du wieder aufwachst, weil eine lästige Mücke sich zum Ziel gesetzt hat, den Weltrekord in “um deinen Kopf kreisen und dabei schrilles Surren ausstossen” aufzustellen, ist es immernoch wie in der Sahara. Du schaust auf die Uhr und als du siehst, dass es bereits 7 Uhr abends ist, beschliesst du, deine Badesachen
zusammenzupacken, dir dein Fahrrad zu schnappen und an den Fluss zu fahren um dich ein bisschen abzukühlen. Draussen begegnet dir niemand. Die Strassen sind wie leergefegt, alle haben sich in den Häusern verschanzt, um der Hitze zu entgehen. Du radelst aus der Stadt raus und allmählich tauchen links und rechts von dir goldgelbe Weizenfelder auf. Plötzlich beginnt in deinem Kopf eine Stimme zu singen “Ein Bett im Kornfeld, ja das ist immer frei....” Bah, Jürgen Drews, der hat dir gerade noch gefehlt. Als ob die Hitze allein nicht schon schlimm genug wäre. Du versuchst krampfhaft einen anderen Song in die Endlosschleife in deinem Kopf zu packen, aber das ist nicht so einfach. Statt
dem Kornfeld trällert her Drews nun “Ich bin der König von Mallorca, ich bin der Prinz von
Arenal...”. Du bist froh, als du endlich die ersten Bäume der Flussauen entdeckst und deine Gedanken abgelenkt werden. Du radelst zu deinem Lieblingsplatz, einer seichten Stelle des Flusses, an der man wunderbar planschen kann und legst dein Fahrrad in die Wiese, die gleich daneben liegt. *platsch* Du springst ins Wasser, es ist angenehm kühl. Du geniesst die Schwerelosigkeit und das Gefühl von kühlem Wasser auf der Haut. Eine ganze Weile lässt du dich vom Fluss mittragen und
schwimmst wieder zurück. Du bemerkst, dass langsam dunkle Wolken aufziehen. Es gibt heute Abend doch noch ein Gewitter... Den Meteorologen kann man aber auch wirklich gar nichts mehr glauben.... Du weisst, dass es besser ist, wenn du dich jetzt auf den Heimweg machst, denn auf
Radfahren mit Blitzbegleitung hast du echt keine Lust. Du steigst aus dem Wasser, trocknest dich ab und ziehst dich wieder an. Die ersten grossen Tropfen fallen vom Himmel, als du dein Fahrrad auf den Weg gestellt hast und deine Tasche auf den Gepäckträger festmachen willst. Du denkst: “Scheisse, das musste ja so kommen... aber ich bin ja schon nass, was solls, werde ich halt noch ein
bisschen mehr nass und die Stunde Heimweg schaffe ich eh nicht trocken.”    u beginnst also
loszuradeln und singst fröhlich vor dich hin :”Raindrops keep falling on my head.... “ *plop* Was soll denn das? Ach mann, heute ist echt nicht dein Tag, du hast einen Platten. “Super, jetzt darf ich auch noch zu Fuss gehen...”  In einiger Entfernung siehst du ein Bushäuschen und beschliesst, dich
dort unterzustellen und zu warten, bis das Gewitter vorüber ist. Oder ein Bus vorbeikommt, der dich
in die Stadt zurück bringt. Aber das ist nur ein Wunschtraum, denn um diese Uhrzeit (es ist bereits nach 9), fahren hier schon längst keine Busse mehr. Du erreichst völlig durchnässt das Bushäuschen, legst dein Rad in die Wiese und setzt dich auf die kleine Bank. Blitze zucken über den nun völlig dunklen Himmel. Donner grollt über die Landschaft und du wünschst dich weit fort. Wenigstens bist du einigermassen vor dem Regen geschützt. Du sitzt einfach nur da und starrst in die Dunkelheit.
Plötzlich erkennst du in der Ferne die Schemen eines Menschen. Er scheint auf dich zuzukommen.....

Zuerst glaubst du, dich getäuscht zu haben, wer sollte denn bei diesem Wetter zu Fuss unterwegs sein? Du konzentrierst dich und versuchst zu erkennen, ob da wirklich jemand kommt. Tatsächlich! Eine Gestalt nähert sich deinem Unterstand, nur noch ein paar Minuten, und sie hätte dich erreicht.
In deinem Magen beginnt sich ein Gefühl des Unwohlseins und der Angst auszubreiten, was ist wenn....

“Bah ist das ein Mistwetter!” Die Stimme kommt dir seltsam vertraut vor, aber in der Dunkelheit kannst du nicht viel von deinem Gegenüber erkennen. Das einzige was du mit Sicherheit sagen kannst ist, dass er nass ist. “Was machst du denn bei diesem Wetter in dieser Gegend und das erst noch zu Fuss?” fragst du den Unbekannten. “Ich bin spazieren gegangen, ich wollte mich ein wenig
abkühlen. Das ist mir wohl gelungen...” Er lacht.  Im Licht der Blitze erkennst du, dass sein Anzug tropfnass ist und seine dunklen Haare an seinem Kopf kleben. “Du siehst ein wenig aus wie ein begossener Pudel. Aber ich mag Hunde”. “Was führt dich denn hier her?” “Ich bin schwimmen
gegangen, hier am Fluss, und dank einem platten Reifen sitze ich jetzt hier, statt zuhause...”  “Dann danke ich an dieser Stelle mal dem Nagel, der deinen Reifen platzen liess... “ Er lächelt dich an und seine braunen Augen blicken tief in deine. Irgendwie kommt er dir bekannt vor... Ihr setzt euch auf
die Bank und schaut den Blitzen zu, die über den Himmel ziehen. “Du zitterst ja!” Erst jetzt
bemerkst du, wie kalt dir eigentlich ist. Deine Klamotten triefen und die Luft ist schon lange nicht mehr so warm, wie sie tagsüber war. “Gegen Kälte hilft nur Bewegung!” “Wie? Du willst hier unter dem Dach Runden joggen?” Du siehst ihn ungläubig an.    “Joggen? Wie wäre es mit tanzen?” Er
zieht sein nasses Jackett aus. “Tanzen? So ganz ohne Musik?”  Er beginnt leise zu singen “imagine all the people....” Er legt seine Arme um deine Hüften und du schmiegst deine um seinen Hals. Als du deinen Kopf an seine Schulter lehnst kannst du sein Aftershave riechen. Du spürst, wie die seine Stimmbänder die einzelnen Töne formen. Irgendwo hast du diese wunderschöne Stimme schon mal
gehört...  Als er verstummt blickst du ihm tief in die Augen und eure Lippen nähern sich langsam einander. Ihr küsst euch. Langsam wandern seine Hände, die noch immer auf deinen Hüften liegen, nach oben....

Du schlägst die Augen auf. Das Gewitter ist längst vorüber und die Sonne ist aufgegangen. Du blickst dich um. “Wo bin ich hier überhaupt?” Langsam erinnerst du dich, was gestern abend passiert ist. Wo ist der schöne Unbekannte hin? Oder hast du das alles etwa nur geträumt? Du stehst auf und
blickst dich um. Alles sieht noch so aus wie gestern Abend, keine Spur von ihm. Das einzige, was du findest ist ein Plektrum mit der Aufschrift “Rod 666”. Wer das wohl hier verloren hat? 


Entstanden am 25.07.2001
Copyright bei Gwen


 
(Dieser Text stammt aus einer Reihe verschiedener Texte, die eine inhaltliche Vorgabe hatten. Es musste eine Lovestory sein, in der Bela B., Farin Urlaub oder Rod Gonzàlez  die männliche Hauptrolle besetzten. Entstanden sind im Juli 01 so unzählige Geschichten von unterschiedlichen Autoren.)