TREFFPUNKT Georgia

DER STANDARD, 30. November 2001

 

 

DANIEL GLATTAUER

Böse Pazifisten!

Seit dem 11. September gewöhnen wir uns europaweit an die inhaltliche Umkehrung von Begriffen. Ein Pazifist ist heute einer (meistens eine, aber lassen wir die weibliche Form, die hat hier nichts zu suchen), der nicht verstanden hat, was geschehen ist. Oft ist ein Pazifist ein Antiamerikanist, was seine böse Absicht beim Nichtverstehen unterstreicht.

Ein Terrorist ist dreierlei: einer, der es ist. Einer, der nichts dagegen tut, sich also mitschuldig macht (z. B. ein Pazifist). Und irrtümlich auch einer, der unglücklich daneben steht, wenn ein Geschoß einen echten Terroristen nur knapp verfehlt (z. B. ein Afghane).

Die bösartigste Form westlicher Realitätsverweigerung tritt im so genannten Radikalpazifisten zutage. Das ist ein skrupelloser Mensch, dem jedes Mittel recht ist, um keinen Krieg zu haben. Mit fundigrünem Geschrei stemmt er sich der Gerechtigkeit (eines langsam wieder steigenden Dow Jones) entgegen. Was den Radikalpazifisten so unberechenbar macht: Er kann in jedem von uns stecken. Oft ist er eine ganz gewöhnliche deutsche Mutter, die nicht will, dass ihr Kind oder ihr Mann für die Nato in Afghanistan unglücklich daneben steht, wenn ein Geschoß einen echten Terroristen nur knapp verfehlt.

© DER STANDARD, 30. November 2001

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