Cable Street Beat Aktion beim Naziaufmarsch in Bielefeld

Erlebnisbericht Cable Street Beat GT
Presse


Erlebnisbericht Naufmarsch in Bielefeld !
Zack, das war der zweite Streich......
Wie vorher angekündigt, war gestern der zweite antifaschistische Stammtisch in Gütersloh. Cable Street Beat hatte wieder geladen, und siehe da, die antifaschistischen Skin- Jungs und Mädchen kamen in zwar überschaubaren Scharen, aber doch in ausreichender Menge.
Weil, mal ernsthaft, wie viele von uns brauchts denn schon, um Nazi-Deppen zur Weißglut zu bringen? Und darum sollte es ja heute gehen! Irgendwelche lächerlichen volksmusik-hörenden- Trachtengruppen-Nazis, von denen kein Mensch weiß, warum sie sich eigentlich "Freie Kameradschaften" nennen, wollten in Bielefeld gegen die Ausstellung über die Verbrechen der Wehrmacht demonstrieren. Eigentlich waren die ja schon letzten Monat da, aber so verbeult, gedemütigt, verhöhnt und zahlenmäßig total unterlegen wollten sie sich scheinbar noch mal dem Spießrutenlauf in OWL aussetzen. Wie können die sich eigentlich "frei" nennen, wo sie sich doch eigentlich in ihren untertourig laufenden kleinen Spatzenhirnchen (entschuldigt, ihr gegen die doch recht schlauen Spatzen!) überhaupt keine Freiheit außer der vorstellen können, vernunftbegabten zivilisierten Menschen die Freiheit, das Leben oder auch nur den kostbaren Samstagnachmittag zu stehlen. Aber, was solls....
Also wurde gestern Abend schön gestammtischt, wüste "Drohungen" von irgendwelchen Siegerländer Gummibärchenstürmchen und "hinter den sieben Bergen aber bestimmt gaaanz rechts und total gefährlich Aktionsfronten" herzlich belächelt, geplant, geschmunzelt und später dann geschlafen.
Nach kurzer Nacht schwer aufgewacht, haben wir uns zu einem netten Frühstück verabredet und auf die Nachricht gewartet, dass sich die Drecksnazidemo in Bewegung setzt.
Während wir so warteten, haben sich noch weitere ordentlich angezogene antifaschistisch gesonnene Menschen zu uns gesellt und waren begeistert von der geplanten Cable Street Beat-Aktion.
Als dann das Kommando kam, dass die Scheissnazis ihren Marsch beginnen wollten, parkten wir unsere PKW´s an einem bestens besuchten Supermarktparkplatz. Von dort aus lief alles nach Plan. Der an dem Markt wartende Antifamob hat durch nette MelderInnen den Auftrag erhalten, zu pöbeln was das Zeug hält. Unsere "Fascho"-Verkleidung und der pöbelnde Mob hielt die Polizei dazu an, uns zu unserer eigenen "Sicherheit" vor den Antifas zu schützen und eskortierte uns freundlicherweise Richtung unserer "Kameraden".
Kurz bemerkt sei, dass wir eigentlich nur wie Skins ohne Doc Martens aussahen, weil diese waren verboten, ebenso wie "Lonsdale" Textilien. Die Marke "Masterrace", die Nazis ja gern tragen, war allerdings auf der Demo polizeilicherseits völlig erlaubt. Also, noch mal, keine/r von uns trug irgendwelche rechten oder ähnliche Abzeichen an sich. So dumm, wie die Medien, die "öffentliche Meinung" an sich ist, war natürlich auch die Polizei. Wir als Skins werden sofort in die Nazi-Schublade gesteckt, was diesmal ja sehr praktisch war. Alle Nazi-Punks, Nazi-Waves, Nazi-Metals, Nazi-Hip-Hopper wären hoffnungslos vor der Polizeisperre hängengeblieben. Nun denn, einmal in der Bannmeile, öffnete uns die Polizei ein Türchen nach dem nächsten, freundlich wurden wir hereingebeten, kleine rote Teppiche ausgerollt, "oh bitte, sehr geehrte Nazis, zur faschistischen Demonstration hier lang bitte..." Anders war die Lage bei den offensichtlich vom Nazi-Aufmarsch nicht sehr erbauten Anwohnern und Anwohnerinnen, in vielen Fenstern sahen wir "Nazis Raus" Plakate, kleine Grüppchen Nachbarschaft standen mit ebensolchen Plakaten am Weg, und pöbelten uns, die sie für Nazis hielten, somit berechtigterweise an. An jedem anderen Tag hätten wir nun missionarische Diskussionen über "die schwarzen Wurzeln der Skin-Kultur", unsere bevorzugten Musikstile wie Ska, Northern Soul, Reggae etc angezettelt, an diesem Tag sparten wir uns dies aus Tarngründen. Auch scheinbar Anwohnende können ja mal Zivilpolizei oder Nazis sein. Nun denn, etwas später verstanden diese Leute dann die Welt nicht mehr. Nachdem wir vergeblich am Aufmarsch-Ort gewartet hatten, und die einzigen Nazis, die wir sahen, in einem Taxi saßen, bzw lagen, weil zwei von ihnen zu dick für die Sitzbank waren und im Kofferraum transportiert werden mussten, beschlossen wir, nachdem diese geflohen waren, nun endgültig den großen Haufen braune Scheiße konkret zu suchen, der sich akustisch immer mehr unangenehm aufdrängte. "Kameraden... bla, Stolz... sabber, Ehre... blubber, Vaterland..., sabbel," nun denn, es reichte. Also, noch 100 Meter zu gehen, dann gabs für die Nazis was fürs Auge, nämlich uns, und was auf die Ohren, und zwar wunderschöne, auch ziemlich laute, Jamaicanische Ska-Musik sowie unsere lautstark vorgetragenen Gedanken und Meinungen zum Thema "Nazi Arschlöcher" in unserer Stadt. Kurzzeitig blieb dem grade sülzenden braunen Kameraden, der just am geifern war, ob dieses Kulturschocks das Wort im Halse stecken, wo es sich mit seinen entgleisten Gesichtszügen traf. Dann war er total begeistert und bewarf uns mit bekannten Worthülsen a la "Antifa.... sabbel", wobei ihm leider die Stimme überschlug. Vielleicht war er aber auch böse, da ihm eigentlich auch die eigene Nazi-Gefolgschaft nicht mehr zuhörte und sich uns zuwand. Gerade waren sie dabei, sich die Handschuhe anzuziehen, um uns besser applaudieren zu können, da griff leider nach ca. 5 Minuten die Polizei ein, gerade als wir ein Gedicht Goethescher Größe zum Besten gaben. Und das ging so: "Wandelt ruhig auf braunem Pfad, bald kriegt ihr euer Stalingrad..." Nun denn, von da ab durften wir inklusive der sich solidarisierenden AnwohnerInnen eine nette, lautstarke Demo durch die gesperrte Zone veranstalten, eigentlich wars dann mehr eine jamaicanische Antifaparty, haben wir nett geschunkelt..... Ein bisschen störend waren aber doch die Damen und Herren von der Polizei, obwohl, auch einige von denen haben rhythmisch gezuckt, aber wer will mit denen schon tanzen?
Dann gings in eine dunkle Unterführung, wo die Akustik übrigens noch viel besser war. Dort wurde uns dann eröffnet, wenn wir uns freundlicherweise durchsuchen ließen, dürften wir uns der Antifa Demo wieder anschließen. Interessant fanden wir, dass wir als Nazis auf der Demo nur beschützt und nicht durchsucht wurden, als antifaschistische Skinheads auf dem Weg nach draußen aber offensichtlich eine militante Gefahr darstellten. Willkommen im "Rechtsstaat"!
Nun wir ließen uns die Laune nicht vermiesen, vor allem weil die Polizei sich auch noch lustige Spielchen für unsere kleine Party ausdachte. Sie fanden, das wir als Gruppe doch viel zu gefährlich seien und irgendwie schwer nach verbotener Demo aussähen, und ordneten an, wir hätten den Ort des Geschehens nunmehr in Zweiergrüppchen mit ausreichendem Abstand zu verlassen . Kichernd folgten wir der Anweisung ca. 25 Meter, dann gab die Polizei auf und sperrte eine Hälfte der Hauptverkehrsstraße in Bielefeld, um uns, weiterhin demonstrierend, bis zur Straßenbahnhaltestelle zu geleiten. So zogen wir von dannen und schlossen uns den anderen Antifas an, um uns am weiteren Unterhaltungsprogramm zu beteiligen, über das wir hier aber den Mantel des Schweigens ausbreiten. Nur soviel sei verraten: Für die Nazis war auch das folgende kein Spaß..... und so soll es auch sein. (Und übrigens: schönen Gruß an die Bullen, die Antifas mit Pfefferspray angreifen, so was merken wir uns auch!) Aber das ist eine ganz andere Geschichte, die wir euch beim nächsten Mal erzählen, wenn ihr dabei seid beim - Antifaschistischen Stammtisch. Heute ist nicht alle Tage, wir kommen wieder, keine Frage. Ach, ja, Beweisfotos folgen, damit diesmal nicht wieder irgendwelche Schlauis behaupten, diese wegweisenden Dingen seien nicht passiert. Irgendwann und irgendwo werden wir mal so viele sein, dass wir Scheiß Nazi Aufmärsche sprengen können. Denn das ist das Ziel.
In diesem Sinne: Keep the Faith, have fun-fight fascism, und gründet eins, zwei, drei viele Cable Street Beat Gruppen!!!!! OI

(Quelle: www.csb-gt.de)



Presse
Neue Westfälische, 04.03.2002 (Bielefelder Ausgabe)
Bielefeld. Sie trugen Glatzen und Springerstiefel, rückten in Begleitung der Polizei an - und waren doch keine Neonazis. Im Gegenteil: antifaschistische Skinheads. Etwa 20 so genannten Redskins irritierten Bürger und Polizei am Lindenplatz.
Erst kurz vor Beginn des Marsches der Rechtsextremen outeten sich die linken Kahlköpfe, preschten auf die Neonazis zu und skandierten "Skinheads, Skinheads" und "Nazis raus". Sofort bildeten mehrere Polizisten eine Sperre, drängten die Gruppe zurück.
Die Redskins von der Kulturinitiative "Cable Street Beat" konnten den Marsch der Nazis nicht verhindern, hatten aber so ganz nebenbei gezeigt, was heute fast unterzugehen droht: Eine Glatze allein sagt rein gar nichts über die Gesinnung aus. Es zählt, was darunter ist - oder nicht ist.