Der Kampf |
Er küsste mich, er küsste mich mit nährenden Küssen, wie ich sie noch niemals erhielt und ich trank seine Küsse und trank und trank ….
Und ich ging durch den Raum, gross und von unendlichem Dunkel und ward von niemand gesehen. Und ich ging durch den Raum, hörte Schreie und Liebe, Werden und Vergehen und kam an bei der Erde, dem schwangeren Leib. Die Frau war unendlich verletzt und verwundet, beinahe zerstört - und doch trug sie das Kind in sich, von dem ich wusste, dass es bald geboren werden würde. Ich wollte diesen Leib berühren, mit Liebe versehen, doch die Lichtgestalt neben mir hinderte mich energisch daran. Da wurde ich zu der Frau, ganz kurz nur, wurde zu Leben und Werden und Wunde und Sein für einen kurzen Moment, länger hielt ich es nicht aus. Und die Frau sank wieder zurück, schwangerer Leib und strahlte mich an, ohne Verletzung jetzt und vollständiges Sein.
Und kam vor den Drachen, das Riesengeschöpf, das höhnisch aus seinen glühenden Augen mich anglitzerte. Und ich sah, es war nicht ein Geschöpf, es war ein Verbund aus Vielen. Ich wollte ihn berühren, da sagte er zu mir: “Fass mich nicht an! Weisst Du denn nicht, dass stirbt, was Du berührst, im gleichen Moment?” Da wusste ich, weshalb ich die Frau nicht hatte berühren dürfen. Und töten wollte ich nicht, auch nicht den Drachen. Wie es geschah, was ich tat, habe ich vergessen, nur, nicht, dass plötzlich der Dämonenleib auseinander flog, und die einzelnen Dämonen, die ihn gebildet hatten, sich ins Universum flüchteten, schreiend vor Angst. Nur der Schädel, als einziger, blieb unversehrt. Ich schüttelte ihn ein wenig und noch die letzten Dämonen entflohen. Ich setzte ihn mir auf, konnte aber durch diese Augen nichts sehen. Wo immer ich hinschaute, ich sah giftiges, galliges Grün, sonst nichts. Und ich begann zu tanzen, den Schädel auf meinem Haupt, archaisches Stampfen mitten im Raum.
Dann stand ich wieder da, gross, dunkel und furchtbar, den Schädel an einem seiner Hörner in meiner Rechten, nicht grösser als ein Kürbis für einen Menschen. Aber die Dämonen, die meinen Tanz gesehen, waren zurückgekehrt, nannten mich “Meister”, nannten mich “Herr” und winselten um mich herum, dienstbare Geister dem Bösen. Und ich ging durch den Raum, und die Schar folgte mir, und ich suchte einen Ort, wo sie bleiben konnten, ohne Gefahr für andere und einen Ort hatten für sich. Töten mochte ich sie nicht, denn auch sie sind Geschöpfe, wenn ich auch nicht weiss, wessen. Und wir kamen zu einem Ort, der hatte das gleiche gallige Grün, wie ich es durch die Augen des Drachen gesehen hatte, dorthin stoben die Dämonen begeistert und tummelten sich. Mich vergassen sie vor lauter Freude, ”zu Hause” zu sein. Und ich stand da, immer noch mit dem Kopf des Drachen, der mich bösartig anfunkelte und zu mir sagte: “Du kannst mich nicht töten, weisst Du!” mit hämisch glitzernden Augen. Er war gespannt, was ich als nächstes versuchen würde. Und ich tat das Furchtbarste, was mir einfiel: Ich legte meine Hände, meine tödlichen Hände auf die Augen des Drachen, der aufschrie - und blendete ihn, tötete seine Augen, jedenfalls dachte ich das. Als ich mir den Schädel erneut aufsetzte, sahen die Drachenaugen immer noch, allerdings um ein so vielfaches vermindert, dass ich beruhigt war.
Und ich packte den Schädel, jedes der Hörner in einer meiner Hände und riss ihn mit furchtbarer Kraft auseinander.
Und ich ging durch den Raum, in den plötzlich eine schreckliche Ruhe eingekehrt war. Nichts regte sich, eine grosse Stille war über ihn gekommen und ich wusste nicht, ob das gut war. Ich selber fühlte mich furchtbar: ich trug nun die reine Bösartigkeit in mir und wusste nicht, wohin damit. Und ich kam and der Erde vorbei, dem schwangeren Leib, die sich entsetzt abwandte von mir. Da wusste ich, was das schreckliche Schweigen des Raumes war: Entsetzen.
Und ich ging in die Nähe der Meinen, nicht allzu nah, denn ich wollte sie nicht gefährden, doch sie erwarteten mich schon voller Liebe. Sie begannen an mir zu zupfen und zu sammeln, was nicht zu mir gehörte, zupften das Böse von mir und aus mir heraus, wie man Kletten aus einem Gewand entfernt. Sei zupften und zupften, hatten mich erkannt, trotz der veränderten Gestalt und der Bösartigkeit, der fremden, die ich in mir trug. Und ich wurde kleiner und leichter, immer mehr. Und Lasten wurden von mir genommen. Und sie hatten gesammelt, was bös war und schlecht und es umhüllt mit einem Goldenen Schleier, so dass nichts austreten konnte daraus und sagten zu mir: “Der Rest ist jetzt unsere Sache. Kümmere Dich nicht mehr darum. Du hast genug getan.”
Und ich war wieder frei und leicht und sah mich um - und spürte, die Bösartigkeit war noch im Raum, körperlos zwar und im Augenblick gebannt. Aber das Denken war noch da, und das Böse nicht daraus verschwunden.
Alles war umsonst gewesen, so schien mir.
Aber die Meinen waren unbesorgt. Sie sahen, was ich sah, fühlten, was ich fühlte und ich halte sie nicht für naiv.
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