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FATIMA
 

© copyright Ruth Durga, 2004
 

Ich,
Frau unter dem Tschador,
Fatima,
auch „die Verächtliche“, genannt,
werde zu Tode gesteinigt,
morgen sehr früh.

Meines Mannes zweite Frau
War ich,
in Ketten gelegt
und zu Diensten der Ersten,
die mich liebte wie eine Schwester,
und brachte mir Nahrung
und pflegte die Wunden
ganz im Geheimen.

Ich entfloh,
entfloh den Ketten,
den blutigen Schlägen
mit Hilfe der Ersten,
der Schwester,
von der ich hoffe,
dass sie heute noch lebt.
Möge Allah sie schützen.

Entkommen
Meines Mannes Gewalt
Fand mich ein Bruder,
ein Vetter, ein Schwager,
ein Fremder -
ich weiss nicht,
wessen Kind ich nun trag
unterm Herzen;
geliebtes Kind der Gewalt.

Weine
Nicht um mich,
meine Schwester!
Wenn Du dies liesst,
bin ich bei Gott.
Weine um mein Kind,
das sterben wird mit mir,
unschuldiges Kind
der Gewalt.

Ich,
Frau unter dem Tschador,
Fatima, auch „die Verächtliche“, genannt,
werde zu Tode gequält
morgen sehr früh.


 

 


 

Und ein Engel, der diese Klage hörte, kam zu Fatima, tröstete sie und wachte mit ihr, bis der Morgen graute.

Und als die Männer Fatima holen kamen, verliess er sie nicht, sondern blieb bei ihr, nahm ihr Herz in seine Hände und hütete es.

Und als die Menge zu johlen begann, und die ersten Steinbrocken fielen, umhüllte er ihre Seele gegen den Schmerz.

Und als sie ihr Leben aushauchte, ihres und das des ungeborenen Kindes, da nahm er die geschwächte Seele Fatimas in seine Arme, und die kleine Seelenflamme des Kindes leuchtete auf seiner Handfläche. Und er nahm beide mit sich nach Hause.