Karmahüter des Lichts

copyright @ Durga, 2004



Die Skelette sind um mich, schon den ganzen Tag. Manchmal glaube ich, Gesichter zu sehen, trotzdem da nur Totenköpfe sind. „Diese Gestalt haben wir Deinetwegen“, sagte eines, „Weil Du Knochen so magst. Wir können jede Gestalt annehmen, haben eigentlich gar keine.“
Und es klappert lustig um mich herum – aber es ist in wirklichkeit tödlicher Ernst, dies alles.
Sie zeigen mir eine Frau. „Jetzt lehren wir Dich in Sachen Karma“, sagt eines von ihnen. „Was siehst Du?“ Ich sehe eine Frau, sie sitzt an einem Pult und schreibt etwas. „Gut - was siehst Du noch?“ An ihren Füssen hat sich eine Katze zusammengerollt – die Frau bemerkt die Katze nicht einmal. „Sehr gut!“ werde ich gelobt. Ich sehe, von weit her, Menschen, die sehnsüchtig ihre Arme nach dieser Frau ausstrecken – aber die Frau bemerkt diese Menschen nicht. „Hervorragend!!“ Jetzt sind sie stolz auf mich. Ich werde neugierig. Was ist mit der Frau? Sie schreibt – ich habe das Gefühl, dass sie hochintelligent ist. Was ist mit ihrer Liebe?
Ich schaue, was sie schreibt. Sie schreibt das Wort „Liebe“ in das Heft auf dem Pult. Also beschäftigt sie sich damit. Und dann sehe ich, ihrem Pult gegenüber, ein Kruzifix. Hier also liegt ihre Liebe. Sie liebt den Gekreuzigten. Sonst nichts. Über Jesus, den Gekreuzigten, vergisst sie die Menschen um sich herum – die ihm so wichtig waren.

„Was wird nun mit dieser Frau?“ frage ich die Skelette um mich herum, und sofort sehe ich eine grüne Bahn sich ziehen. Die Bahn endet an einem Bauernhof: Eine Frau, ein Mann, viele Kinder, viel Arbeit. Hier wird ein kleines Mädchen (weil von Frauen Gefühl, woran bei dieser Inkarnaition ein Mangel besteht, erwartet wird) zur Welt kommen – mit überragender Intelligenz, die hier unnütz ist. Sie wir arbeiten und schuften müssen – und sehr allein sein. Sie wird sehr früh schreiben und lesen können (in ihrer mageren Freizeit wird sie es sich selber beibringen). Sie wird viele Fragen haben, die ihr niemand beantworten wird – die Zeit ist einfach nicht da, und nicht das Verständnis. Vielleicht wird sie ausgelacht und für verrückt erklärt werden. Ihre einzigen Freunde werden die Tiere auf dem Hof sein, und die kleine Schwester, die nach ihr geboren werden wird. Um sie wird sie sich kümmern, wie sich niemand um sie gekümmert hat. Sie wird eine traurige Frau sein, unglücklich, einsam und wird nicht wissen, warum.

Ich begehre auf. „Geht das nicht anders?“ frage ich meine Gefährten. "Kann sie die Liebe nicht lernen auf weniger schmerzhafte Weise?“

Und eine andere Szenerie tut sich auf.
Die Frau sitzt am Pult, sie schreibt das Wort „Liebe“ und das Kreuz hängt ihr noch gegenüber.
Mit einem Mal ergreifen die Lichtstrahlen dieses Kreuzes sie und ihr wird eine Liebeserfahrung zuteil, wie noch nie, seit sich inkarniert hat. Und in einem kurzen Augenblick wird ihr die Erfahrung zuteil, was Christusbewusstsein ist, wie Christus um die Menschen bemüht war, um jeden, den einfachsten unter ihnen.

Und dennoch wird diese Frau wiedergeboren werden auf diesem Bauernhof, unter genau denselben Umständen. Aber sie wird glücklicher werden, als in der ersten Szenerie. Sie wird nicht ganz so einsam sein, weil sie verstanden hat, was das Wort "Liebe", dass sie so unermüdlich schreibt, bedeutet.