Meister des Lichts

copyright @ Durga, 2004



Der Grosse Lama legte in meine rechte geöffnete Handfläche eine schwarz-rote Perle, in meine linke eine schmuddelig weiss-blaue. Die Perlen drangen in mich ein, durchzogen meinen Körper und ich brannte innerlich – die ganzen Energiebahnen brannten, der Kundalinikanal – alles. Es tat richtig weh. Und ich wurde zu einer Schale. Ich war Frau und Schale zugleich, und die Mönche legten die Schale, die ich war, in einen hohen Ständer aus Holz und gingen singend darum herum.

Und vor meinem Herzen entstand eine grosse rosa-violette Lotosblüte. Ich konnte direkt hineinschauen. Und es stand jemand mit seinen Füssen darin: eine Gestalt aus goldgelbem Licht. Ich blickte nicht nach oben, ich schaute nur in die Blüte – so weiss ich nicht, wie die Gestalt nach oben hin weiterging. Ich sah die Füsse aus Licht, den Saum des Gewandes und ab und zu legte ich meine Stirn auf die Füsse und Licht durchdrang mich.

Und immerzu floss aus mir heraus: „Kuan Yin! Avalokiteshvara! Kuan Yin! Amitabha!“ Vollkommen durcheinander strömten alle mir bekannten Namen von Mitgefühl, Erbarmen und Licht aus mir.

Und ich fühlte, dass diese Lotosblüte intensiv mit meinem Herzen verbunden ist, sah die Lichtfäden, die aus dem Herzen kamen und die Blüte hielten. Und ich zog die Blüte in mich hinein. Und da war sie in meinem Herzen, und die Gestalt stand gross darin, die Füsse im Lotos und ragte weit oben aus meinem Kopf heraus. Und ich stammelte Liebesworte, die mir in dem Moment unkontrolliert durch den Sinn gingen: „Süsses Erbarmen!“, „Liebstes Mitgefühl!“, und kam mir recht töricht vor. Dann wollte ich wissen, wie es unterhalb von meinem Anahata weiterging: Die Lotosblüte ging an ihrer Wurzel über in den Stengel, der aus meinem Schoss emporwuchs – von Flammen umgeben.

Und ich sagte „Amitabha!“, immer und immer wieder

Und ich wurde tieftraurig, weil ich wünschte, ich könnte dort sein, wo dieses Erbarmen zu Hause ist, und wäre nicht hier, wo ich bin.