DEEP SPACE NINE


First day


von Martina Bernsdorf



Die Handlung spielt vor "Der Abgesandte", unmittelbar nach Abzug der cardassanischen Truppen.
 
 

I



Scherben knirschten unter ihren Stiefelsohlen, Major Kira Nerys blickte nachdenklich auf die glitzernden Stückchen, die willkürlich über den Boden verteilt waren und im matten Licht funkelten.

Es war ein seltsam hübscher Anblick, inmitten all der Zerstörung. Kira hob den Blick wieder und ließ ihn über die Promenade schweifen. Ein Teil des Decks lag im Dunkel und verbarg die Verwüstungen, die dort sicherlich warteten, gnädig vor ihren Augen.

Der Rest des Decks war mit Scherben, abgebrochenen Wandverkleidungen und unregelmäßig über den Wänden verteilten Phaserspuren verunstaltet.

Anscheinend hatten die Cardassianer auf Terok Nor eine rauschende Abschiedparty gegeben, deren einziger Sinn und Zweck war, möglichst viel zu vernichten, bevor es den Bajoranern in die Hände fallen konnte.

Angesichts des schnellen Abzuges war das Ausmaß an Vernichtung fast schon eine Spur von Bewunderung wert. Sie hatten rasch und effektiv gearbeitet, nur daß Kiras Bewunderung dafür von Zynismus und Haß gefärbt war.

Eine heruntergerissene Plasmaleitung verteilte funkensprühende Blitze über das Deck und das grelle Licht ließ kleine Schmerzexplosionen in Kiras Gehirn stattfinden.

Sie ignorierte den Kopfschmerz geflissentlich, es war nicht nötig, daß der kleine Einsatztrupp, den ihr die provisorische Regierung zugestanden hatte, mitbekam, daß ihr kommandierender Offizier an den übelsten Nachwirkungen eines Katers litt - auch wenn die meisten dieses Gefühl wohl teilten.

Kira schloß für einige Sekunden die Augen, ihre Leute mochten dies vielleicht als meditative Sammlung angesichts der Vernichtung deuten, aber es war die Rückbesinnung auf die letzten zwei Tage.

Wie hatte dieses berauschende, wunderbare Gefühl des Sieges, der gewonnenen Freiheit, so schnell schwinden können? Seit die Cardassianer ihren Abzug begonnen und innerhalb von nur 35 Stunden vollzogen hatten - waren nur zwei Tage vergangen.

Kira meinte, noch den Jubel der Bajoraner in ihren Ohren zu vernehmen, obwohl diese Erinnerung nun seltsam schal war. Sie erinnerte sich an die wildfremden Leute, die sich umarmt hatten wie alte Freunde - die zusammen durch die Straßen getanzt waren, ihre Freiheit feiernd.

Das Gefühl der Einheit, ein Teil von allen Bajoranern zu sein, war in diesem Moment sehr stark gewesen und Kira hätte sich nie vorstellen können, daß es dann so schnell verschwand.

Ganz Bajor hatte die Freiheit gefeiert, Wein und andere Getränke waren in Strömen geflossen und trübten nun die Erinnerungen. Die Ernüchterung war sehr schnell gekommen - in einem fremden Bett, von dem sie nicht wußte, wie sie hineingelangt war - und den Anblick eines hübschen, jungen Mannes, der sich an ihren Namen genausowenig erinnerte, wie sie sich an seinen.

Nicht, daß sie das weiter gestört hätte, nur das Gefühl der Peinlichkeit, das sich in ihr Herz schlich, war unangenehm. Sie hatte das gemeinsame Frühstück, das der junge Mann sichtlich verlegen anbot, abgelehnt und sich in die Einsatzzentrale des militärischen Kommandostabes begeben.

Als sie durch die Straßen der Stadt ging, die an jeder Ecke und jedem Haus Spuren der cardassianischen Besatzung zu tragen schien, war ihr bewußt geworden, daß der Krieg vielleicht vorbei war, aber man die Verluste noch lange zählen würde.

Kira öffnete die Augen wieder und hob die Schultern, der Stoff der roten Uniform eines Majors kratzte an ihrem Hals. Sie widerstand der Versuchung, den Finger in den Kragen zu stecken, niemand sollte merken, wie eng und unangenehm ihr diese Uniform vorkam.

Sie teilte den technischen Stab ihres Einsatzkommandos dazu ab, die Energieversorgung des Lebenserhaltungssystems zu gewährleisten, und schickte bis auf zwei Mann den Rest auf Erkundung der Station und Lage aus.

Nachdenklich blickte sie den Bajoranern in Uniform nach, die sich so bewegten, wie sie es seit Jahren gewohnt waren, leicht geduckt, mit einen Angriff rechnend - Soldaten im Kriegsgebiet. Kira runzelte die Stirn, warum hatte sie angenommen, es könne anders sein? Dies war eine Station der Cardassianer! Terok Nor, wo man so viele ihrer Landsleute geschunden hatte, in der Erzveredelung bluten ließ und für die geringsten Vergehen exekutierte - dies war Kriegsgebiet!

Kiras Hand legte sich unwillkürlich auf ihren Phaser, es wäre dumm anzunehmen, die Cardassianer hätten nicht manch unliebsame Überraschung hinterlassen.

Laute Stimmen voller Zorn und Wut, die über das Promenadendeck hallten, lenkten Kiras Schritte in diese Richtung. Es war egal wo sie anfing. Bis die Förderation kam, um Bajor zu helfen, und dieser Gedanke war von Ironie und grenzenloser Wut erfüllt, war dies ihre Station.

Nicht, daß sie sich um dieses Kommando gerissen hätte, es war viel mehr Anzeichen dafür, daß die Freiheit ganz und gar nicht den Geschmack hatte, den Kira angenommen hatte.

Im Kommandostab war alles in heller Aufregung gewesen, Generäle und Widerstandsgruppen, die noch Tage vorher Seite an Seite gekämpft hatten, stritten sich um Titel und Zuständigkeiten - der bittere Vorgeschmack des Chaos, das noch folgen sollte.

Kira hatte ihre Meinung über dieses kleinliche Kompetenzgerangel lautstark und wenig schmeichelhaft für die Beteiligen von sich gegeben. Die Folge war, daß sie sich nur wenige Stunden später an Bord eines Shuttles, der sie nach Terok Nor brachte, wiederfand.

Terok Nor oder Deep Space Nine, wie man die Station umbenannt hatte, und beide Namen ließen Kiras Temperament überschäumen. Der erste Namen wegen der Erinnerung an die Cardassianer, aber der jetzige Namen ärgerte sie fast noch mehr.

Deep Space Nine - kein bajoranischer Name, sondern die Verbeugung der provisorischen Regierung vor der Förderation. DS9 - das war Starfleet, nicht Bajor.

Mochte die provisorische Regierung, die Kiras Geschmack nach viel zu instabil war, lange behaupten, daß Starfleet nur zum Schutz von Bajors Grenzen und um Hilfestellung bei der Verwaltung der Station zu bieten, gerufen worden war.

Hatte sie dafür seit ihrem zwölften Lebensjahr gekämpft? Daß sie diese Station aufrecht erhielt, bis die neuen Herren sie in Besitz nahmen?

Auf Bajor tobten bereits heftige Debatten um die Hinzuziehung Starfleets - die zu noch größeren Sprüngen zwischen den einzelnen Parteien führten.

Radikalere Widerstandsgruppen hatten angekündigt, Starfleet als Feind zu betrachten, als neue Besatzermacht. Kira war geneigt, ihnen zuzustimmen - sie brauchten kein Starfleet. Vielleicht war sie am falschen Ort, sie sollte auf Bajor sein, um sich auf die richtige Seite zu stellen.

Nur war es inzwischen so schwierig geworden zu ergründen, welche Seite die richtige war.
 
 

II



Odo hatte die beiden Bajoraner schon eine Weile beobachtet. Seit die Cardassianer Terok Nor verlassen hatten, war das Chaos auf der Station ausgebrochen.

Der Gestaltenwandler verstand die sinnlose Zerstörungswut der Cardassianer ebensowenig, wie die beiden Bajoraner, die versuchten, einander zu bestehlen.

Soweit er es nachvollziehen konnte, stritten sie um Wertgegenstände, die sie aus den teilweise zerstörten Läden geplündert hatten.

Er hatte in den vergangenen zwei Tagen versucht, die Ordnung aufrecht zu erhalten und solche Dinge zu verhindern, doch selbst ein Gestaltenwandler konnte nicht überall sein.

Die ganze Welt schien aus den Fugen zu geraten und Odo überlegte, wo er hingehörte, diese Station war in den letzten Jahren so etwas wie sein Zuhause gewesen.

Gul Dukat, der Präfekt von Terok Nor hatte ihm spöttisch angeboten, mit nach Cardassia zu gehen. Selbst ohne den verletzenden Spott hätte Odo dies abgelehnt. Was wäre er auf Cardassia gewesen?

Ein Gestaltenwandler, ohne Rechte und vermutlich wäre das Labor, in das die Cardassianer ihn gesteckt hätten, noch weniger erträglich gewesen als das von Dr. Mora.

Was würden die Bajoraner mit ihm machen? Ihn zurück in das Labor bringen, aus dem er sich vor Jahren geschlichen hatte? Zurück zu Tests und erniedrigenden Verwandlungen? Selbst wenn er annahm, daß Mora vieles auf Weisung der Cardassianer getan hatte, saßen der Schmerz und die Demütigung zu tief in seinem Herzen.

Was ging ihn der Streit der beiden Plünderer an? War seine Aufgabe auf Terok Nor nicht beendet? Odo beobachtet, wie einer der Männer einen cardassanischen Phaser aus der Tasche seiner Jacke zog.

Ein Teil von ihm, den er nicht ganz ergründen konnte, griff unwillkürlich ein. Der Gestaltenwandler glitt aus dem Gefüge der Wand, in das er sich integriert hatte.

"Waffen sind auf der Promenade verboten!" Der erschrockene Bajoraner, für den der Gestaltenwandler so plötzlich aus dem Nichts erschienen war, kam gar nicht zu einer Gegenwehr.

Odo entriß ihm den Phaser und registrierte aus dem Augenwinkel eine rotgekleidete Gestalt, die seine Aktion beobachtet hatte. Er drehte sich um und blickte die junge Frau, in der roten Uniform des bajoranischen Militärs und den Abzeichen eines Majors, erstaunt an.

Ihre Hand lag leicht auf dem Phaser, aber anscheinend nicht um die Waffe gegen ihn zu richten. Ihr rötliches Haar schwang in einem anmutigen Bogen auf Kinnhöhe, in ihren nachtschwarzen Augen glomm fast ein Hauch von Belustigung, was Odo nicht nachvollziehen konnte.

"Gilt dies auch für mich, Constabler?" Odo blinzelte, es war eine Reaktion, die er unbewußt von den Humanoiden angenommen hatte. Dieser, in seinen Ohren so seltsame Spitzname, verband diesen ranghohen Offizier mit einer jungen Frau, die einst mit Todesangst in den so faszinierenden Augen, in seinem Sicherheitsbüro gesessen war.

Einer sehr begründeten Angst, er erinnerte sich an Gul Dukats Hand um ihren Oberarm, der fragte, ob sie die Schuldige sein. Und für Dukat gab es nur eine Strafe für schuldige Bajoraner - den Tod.

Odo erinnerte sich an ihre bitteren Worte, daran, daß er eine Seite würde wählen müssen - was er immer für sich verneint hatte. Für ihn gab es keine Seite, nur die der Gerechtigkeit.

"Major Kira Nerys", er registrierte die beiden bajoranischen Soldaten hinter ihr und kam zu dem Schluß, daß Bajor sich nun offiziell um diese Station kümmern wollte.

"Ich nehme an, Sie sind nun der kommandierende Offizier dieser Station und deshalb steht es Ihnen zu, eine Waffe zu tragen. Zumal meine Aufgabe vielleicht ohnehin beendet ist."

"Und ob, Kollaborateur," der Bajoraner, dessen Waffe Odo noch immer in der Hand hielt, spuckte dem Gestaltenwandler vor die Füße.

Kira trat eine Schritt vor, Zorn fand seinen Niederschlag in ihren Augen, doch Odo registrierte überrascht, daß diese Wut nicht ihm galt.

Ihre Hand zuckte, so als wolle sie den Bajoraner schlagen, der einige Schritte zurückwich und sie mit fassungslosem Erstaunen anstarrte.

"Was geht hier vor, Constabler?" Odo verabscheute diese Anrede, doch irgendwie klang es aus dem Mund dieser Frau nicht beleidigend, sondern fast schon anerkennend.

"Plünderer, die sich über die Beute streiten, Major." Odo spürte wie diese Auskunft ihre Wut noch schürte, sie drehte sich zu ihren Begleitern um.

"Stecken Sie diese beiden Männer in den nächsten Shuttle nach Bajor und stellen Sie sicher, daß man sie unter Arrest wegen Diebstahl nimmt." Kira bezweifelte, daß man den Männern einen Prozeß machen würde. Bajor steckte in tieferen Schwierigkeiten als sich um Plünderer Sorgen zu machen.

Schwierigkeiten, von denen Kira bislang nichts geahnt hatte - nicht solange der Kampf gegen die Cardassianer alle geeint hatte.

Der Unteroffizier richtete einen fragenden Blick auf Odo, als er zu entscheiden versuchte, ob er seinen kommandierenden Offizier mit diesem Sicherheitoffizier, der bereits unter den Cardassianern gedient hatte, allein lassen konnte. Ein Blick in Major Kiras Augen ließ ihn zu dem Schluß kommen, diese Frage besser nicht zu formulieren.
 
 

***



Das Sicherheitsbüro war von den schlimmsten Verwüstungen verschont geblieben, aber die Monitore waren schwarz. Wie auf der ganzen Station machten sich die Systemschäden und Unterbrechungen in der Energieversorgung bemerkbar.

Kira folgte Odo und blickte sich um, seltsam, dieser Raum war ihr viel größer und bedrohlicher vorgekommen, als sie ihn das letzte Mal betreten hatte.

Ihre Fingerspitzen wanderten über den Sessel, auf dem sie gesessen und in die grauen Augen des Gestaltenwandlers geblickt hatte, von dessen Worten damals ihr Leben abhing. Ein Leben, das ohnehin immer an einem seidenen Faden gehangen hatte.

Sie bemerkte den aufmerksamen Blick des Gestaltenwandlers und blickte ihn direkt an. Sein glattes Gesicht, dem es an mimischen Falten und Ausdruck mangelte, ließ auch jetzt nichts von seinen Gedanken erahnen.

"Warum haben Sie mich damals gerettet?" Diese Frage hatte Kira nie gänzlich losgelassen. Hin und wieder hatte sie auf Bajor ihren Blick in den Himmel gerichtet und an den Gestaltenwandler gedacht.

Odo konnte diese Frage leicht beantworten. "Sie waren an dem Verbrechen unschuldig, in dem ich ermittelt habe." Er sprach dies mit aller Überzeugung aus.

Kira drehte leicht den Kopf, es war dämmrig im Sicherheitsbüro und so bemerkte Odo den Schatten, der über Kiras Gesicht huschte, nicht.

Ein Schatten von Schmerz und trotziger Rechtfertigung vor sich selbst. Es war notwendig gewesen zu lügen und warum hätte sie den Preis der Cardassianer auch bezahlen sollen? Dafür einen bajoranischen Kollaborateur, einen Verräter, gerichtet zu haben? Kira richtete ihren Blick wieder auf den Gestaltenwandler, sie fragte sich, ob er es verstehen würde. "Für die Cardassianer war ich schuldig genug - Sie wußten, was ich war, ein Saboteur und Widerstandskämpfer."

Odos Hand wanderte über die glatte Kante seiner Konsole, er würde diesen Ort vermissen. "Für mich war es nicht von Belang, was Sie waren."

"Dukat hätte das sicher anders gesehen, er hat Ihnen diesen Job gegeben." Ein Hauch von Anklage schwang in ihren Worten mit. Unverständnis, daß dieser Mann, dem sie ihr Leben verdankte, wenn auch nur dank einer geschickten Lüge - für die Cardassianer gearbeitet hatte.

"Ich schuldete Gul Dukat nichts, ich bin nur der Gerechtigkeit verpflichtet!"

Kira knallte die flache Hand auf den Schreibtisch. "Auf der Seite der Cardassianer gab es keine Gerechtigkeit!" Odo runzelte ein wenig die Stirn, zu mehr mimischem Ausdruck seiner Verwirrung war er nicht fähig.

Was wollte sie von ihm hören? Was warf sie ihm vor? Und warum bedeutete es ihm überhaupt etwas, was diese Frau von ihm dachte? "Ich habe es Ihnen schon einmal gesagt, Kira Nerys, ich kenne keine Seiten."

Kira schnaubte verächtlich durch die Nasenlöcher. "Einmal muß man wählen, Constabler Odo. Sie glauben vielleicht, keine Wahl getroffen zu haben, aber Sie waren auf der Seite der Cardassianer".

Odo schüttelte leise und bedauernd den Kopf. "Es ist wohl besser, ich nehme das nächsten Shuttle, das nach Bajor aufbricht." In seiner Stimme schwang sein Bedauern hörbar mit. Kira straffte die Schultern, warum konnte er nicht zugeben, auf der falschen Seite gestanden zu haben?

Warum wollte sie das unbedingt hören? Weil es ihre eigene Seite und die Taten, die sie begangen hatte, rechtfertigen würde? Kira konnte sich diesen Fragen nicht stellen, sie drehte sich auf dem Stiefelabsatz um und verließ das Sicherheitsbüro, ohne den Gestaltenwandler nochmals anzublicken.

***


Kira starrte auf das Datendisplay vor sich, doch die Zahlen und Buchstaben verschwammen vor ihren Augen. Sie war seit fast vierundzwanzig Stunden auf den Beinen und alles, was sie hier tat, kam ihr zunehmend sinnloser vor.

Zwei Männer ihres Einsatztrupps waren bei dem Versuch, Energieleitungen zu überbrücken ums Leben gekommen. Die Cardassianer hatten alle Computer mit Codes verschlüsselt und selbst die einfachsten Befehle wurden nicht anerkannt.

Die Notenergie würde in Kürze aufgebraucht sein und eine weitere Energieüberbrückung zu versuchen, konnte sie nicht verantworten. Sie fragte sich, wie es Starfleet gefallen würde, eine funktionsuntüchtige Station zu übernehmen - in der nicht einmal die Lebenserhaltung funktionierte?

Der Gedanke hatte direkt etwas Erheiterndes, nur wäre es ihr Versagen und genau das störte sie daran. Sie rieb leicht über ihre Stirn, so als könne sie damit Kopfschmerzen und finstere Gedanken gleichermaßen vertreiben.

Zwei ihrer Leute waren tot, gestorben, weil sie die cardassianischen Computercodes nicht entschlüsseln konnte. Wie sollte sie das erklären?

Der Tod war ein stetiger Begleiter der Widerstandskämpfer und Soldaten gewesen, nur war der Krieg vorbei und am ersten Tag der Freiheit zu sterben, war einfach nicht fair.

Kira lachte bitter in dem leeren Büro des Präfekten auf, wann war etwas in ihrem Leben je fair gewesen?

Über die Treppe, die zu diesem erhöhten Büro führte, erschien die fast schon vertraute Gestalt des Gestaltenwandlers. Kira fragte sich, was er noch auf der Station tat, aber sie war seltsamerweise froh ihn zu sehen.

"Mr. Odo", Kira kam sich auf dem Sessel des Präfekten etwas deplaciert vor, obwohl es ein perfides Vergnügen bereitete, den Platz einzunehmen, von dem aus Dukat geherrscht hatte.

Der Gestaltwandler hob die Schultern, er schien ein wenig unsicher. "Ich habe von dem Unfall beim Überbrücken der Energiesysteme gehört", Odo fragte sich, was er hier eigentlich tat? Er sollte bereits auf dem Weg nach Bajor sein, dies war nicht länger seine Zuhause.

"Sie haben nicht zufällig einen cardassanischen Codeschlüssel der Kommandoebene?" Kiras Stimme ließ eine Müdigkeit erahnen, die nicht nur mit mangelndem Schlaf zu tun hatte.

Odo wünschte sich, es gäbe etwas, um sie aufzuheitern und er war sehr erstaunt über dieses Gefühl.

Kira sah, wie ein Ausdruck von Mitgefühl in seinen grauen Augen zu erahnen war, ehe etwas, das ein Lächeln sein konnte, über seine dünnen Lippen huschte.

"Ich habe leider keinen Codeschlüssel, aber wenn es einen auf der Station gibt, dann hat ihn Quark."

Kira hob die Augenbrauen. "Diese kleine, schleimige Ferengikröte von einem Barkeeper?" Sie konnte sich noch genau an den Ferengi erinnern und es waren keine sonderlich angenehmen Gedanken. Odo blickte sie fast mit einem Ausdruck von Bewunderung an. Es gefiel ihm, wie sie Quark bezeichnete, entsprach es doch genau seinen Gefühlen in Bezug auf den Ferengi.

"Genau der - nur wird es nicht so einfach, Quark dazu zu überreden, ihn uns zu überlassen."

Kira ballte die Fäuste. "Wir werden ihn schon zum Reden bringen." Odo blickte sie fast ein wenig erschrocken an. "Ich kann nicht zulassen, daß Sie ihm Schmerzen zufügen."

Kira klappte der Kiefer herab, für was hielt der Gestaltenwandler sie eigentlich? "Die Cardassianer haben Schmerz dazu benützt, Informationen zu erhalten, nicht die Bajoraner!" Odo bemerkte das Flackern in ihren nachtschwarzen Augen.

Er wußte genau, daß sie sich an Situationen erinnerte, in denen sie Informationen aus Cardassianern geholt hatte, mit den selben brutalen Methoden, die sie so haßte und verachtete.

"Wir werden ihn überlisten, denn Ferengis können sehr schweigsam werden, wenn es um ihre kleinen Diebesutensilien geht." Kira nickte zustimmend und hörte aufmerksam zu, während der Gestaltenwandler sie in seinen Plan einweihte.
 
 

***



"Das können Sie nicht machen, Odo!" Quark stand so dicht vor dem Sicherheitschirm der Zelle wie es ging, ohne die energetische Entladung des Schutzschildes auszulösen.

Der Gestaltenwandler, in der braunen Uniform des bajoranischen Sicherheitsdienstes, schien das nicht weiter zu beeindrucken. Vielleicht hatte er auch ganz andere Probleme, den in dem Griff seiner Hände wand sich eine Bajoranerin.

Ihre Verwünschungen waren von ausgereifter Qualität, sie versuchte, sich aus dem Griff des Gestaltenwandlers zu drehen und trat mit den Stiefelabsätzen gegen die Schienbeine ihres Bewachers, der dies mit stoischer Ruhe über sich ergehen ließ.

Quark fragte sich kurz, was die junge Frau mit dem halblangen, rötlichen Haar angestellt hatte. Sie trug dunkle anliegende Hosen und ein ebenso dunkles Hemd und Weste. Von jeher die Farben der Dunkelheit und der Diebe!

Quark betrachtete sie ein wenig aufmerksamer, sie kam ihm vage bekannt vor - doch nachdem sie sich hatte schnappen lassen, konnten ihre Diebesqualitäten nicht so ausgesucht sein wie ihr Temperament.

Andererseits, er saß ja auch in Sicherheitsverwahrung - er fragte sich, welches dunkle Geschäft ihn hier hereingebracht hatte? War Odo seinem Waffenschmuggel auf der Spur?

Die Cardassianer hatten bei ihrem hastigen Rückzug nicht bemerkt, daß ein Teil ihrer Bewaffnung auf unerklärliche Weise verschwunden war.

Oder lag es an dem heimlichen Verkauf einiger bajoranischer Artefakte, die bisher die Wände von hochrangigen cardassianischen Offiziersunterkünften geziert hatten?

Das Sicherheitsfeld vor Quark kollabierte, als Odo den entsprechenden Befehl gab. Doch ehe der erleichterte Ferengi aus der Zelle treten konnte, stieß der Gestaltenwandler seine sich wehrende Gefangene in die Zelle und mit einem zischenden Geräusch errichtete sich die Energiewand erneut.

"Ich habe nichts getan!" Quark rang die Hände und überlegte, ob er in Tränen ausbrechen sollte. Doch Odo war aus zu hartem Holz geschnitzt, um sich dadurch erweichen zu lassen.

Die Bajoranerin gab einen verächtlichen Laut von sich und ließ einen Blick von mörderischer Intensität durch das Sicherheitsfeld wandern.

"Das wirst Du noch bereuen, Wandler!" Diesmal schnaubte Quark, die Bajoranerin hatte ja keine Ahnung! Odo war auch von solchen Sprüchen schwerlich zu beeindrucken.

"Ich weiß nicht genau, wie die Besitzansprüche betreffs dieses Diamanten zu regeln sind, doch eines ist sicher, er gehört nicht Ihnen!" Odo wog einen kleinen Beutel in seiner Hand. Quarks Augen weiteten sich, unter dem braunen Stoff des Beutels waren die Umrisse des Steines zu erahnen.

Wenn das ein Diamant war, dann der Größte, den Quark je gesehen hatte, und er hatte eine Menge gesehen. Sein Hirn vollführte einen kleinen Quantensprung, als er sich überlegte, welchen Profit er mit diesem Edelstein machen könnte.

Er warf der zornigen Bajoranerin einen nachdenklichen Blick zu, vielleicht war sie besser, als er gedacht hatte.

"Wer hat Sie denn in eine bajoranische Uniform gesteckt?" Quark fragte sich, wie die Bajoraner so dumm sein konnten, jemandem der unter den Cardassianern gearbeitet hatte, diesen Job zu geben.

"Gerechtigkeit kennt keine Seiten, Quark. Um kleine Ferengignome oder Plünderer zu fangen, ist es gleich welche Uniform man trägt."

Er wog den Stein nochmals in Händen. "Leider ist die Station nicht gerade in bester Verfassung. Wir haben nur Energie auf einer Zelle, deshalb dürfen Sie sich diese Zelle teilen. Den Diamant werde ich in einen noch funktionierenden Sicherheitstresor stecken - bis geklärt ist, wer den Stein erhält. Gul Dukat, dem er ursprünglich gehörte, oder die bajoranischen Regierung."

Dukat - Quark zischte leise, er hatte immer geahnt, daß der cardassanische Gul mehr Sachen nebenher laufen hatte, als man ahnte.

"Ich werde mich nach Bajor gegeben um mit der Regierung zu sprechen", Odo ließ ein schmales Grinsen über seine Lippen gleiten, "solange dürfen Sie sich überlegen, was Sie alles verbrochen haben, Quark." Er drehte sich um und verließ den Raum.

Quark zischte bekümmert durch seine spitzen Zähne. Der Wandler verließ die Station und er saß hinter einem Sicherheitsfeld fest!

Warum fiel die ganze verdammte Station auseinander, nur nicht die Sicherheitszellen? Es wäre so einfach gewesen, den Stein zu stehlen, während Odo auf Bajor weilte.

Er konnte sich lebhaft vorstellen, wie die Regierung, so provisorisch sie auch sein mochte, auf die Meldung des Diamanten reagieren würde.

Die Bajoraner würden sich den Stein unter den Nagel reißen, als Kriegsreparation, oder wie man sonst diese Dieberei bezeichnen wollte.

Quark stöhnte bei dem Gedanken auf und betrachtete die Bajoranerin. Irgendwoher kannte er sie, ihre so dunklen Augen waren einmalig und er hatte sie schon mal gesehen.

Sie hatte die Arme verschränkt und musterte das Sicherheitsfeld wie einen persönlichen Feind. Langsam streckte sie die Hand aus, bis die Energie sich prickelnd an ihren Fingern entlud.

Quark verzog das Gesicht, die Bajoraner waren ihm schon immer etwas masochistisch vorgekommen. "Das Alibi!" Quark war plötzlich eingefallen, woher er sie kannte.

Vor Jahren hatte sie sich bei ihm ein Alibi erkaufen wollen, etwas das er nachhaltig bedauerte, indirekt war sie Schuld am ersten Zusammentreffen von ihm und Odo gewesen.

Kira drehte sich zu ihm um und ließ ein besonders finsteres Grinsen aufblitzen. "Der Ferengibarkeeper - Sie erinnern sich an mich?"

"Sie haben viel zu wenig für ein Alibi bezahlt und es hat mir ohnehin nichts als Schwierigkeiten eingebracht." Quark konnte gar nicht so schnell reagieren, wie die Frau die Distanz zwischen ihnen mit einem einzigen geschmeidigen Satz überwand und ihn mit beiden Händen an der Kehle packte.

Unvermittelt fand er sich einige Zentimeter über dem Boden wieder, mit einer zunehmenden Enge in der Kehle. "Sie haben mich verraten, Ferengikröte - nennen Sie mir nur einen einzigen Grund, warum ich Ihren Hals nicht hier und jetzt umdrehen soll!" Quark forschte in den dunklen Augen, die vor Wut sprühten, eine Wut, die Kira durchaus empfand.

Wenn Quark nicht so ein schlechtes Alibi geboten oder zumindest die sexuelle Anzüglichkeiten herausgehalten hätte, die ihn sofort als Lügner überführten, wäre sie vielleicht ohne Probleme von der cardassanischen Station entkommen - ohne einen Mann anlügen zu müssen, der dies nie verstehen würde.

"Der Diamant", keuchte Quark mühsam zwischen zwei krampfhaften Atemzügen hervor. Kira ließ ihn unsanft zu Boden plumpsen. "Der Wandler hat den Diamant in einen Sicherheitstresor gesteckt und damit ist er verloren. Ihn aus dem Versteck an Dukats Schreibtisch zu stehlen war dagegen einfach."

Quark zog seine Kleidung wieder glatt und musterte die Frau nachdenklich. Seine Ohren kribbelten, aber er war sich nicht sicher, ob es auf Profit oder Gefahr hindeutete. "Wie wird eine Widerstandskämpferin zu einer Diebin?"

Kira lachte bitter. "Ich habe lange genug auf hartem Boden geschlafen und mein Leben für eine Freiheit riskiert, die man nun an die Förderation verschachert, für ein wenig Schutz unserer Grenzen. Der Stein ist mein Lohn für lange Jahre Kampf im Namen Bajors."

Quark zupfte an seinen Ohrläppchen, das klang plausibel, er wußte daß viele Bajoraner mit der Entscheidung, Starfleet zu Hilfe zu rufen, nicht einig waren.

"Ich habe einen cardassianischen Codeschlüssel, mit dem knacke ich jeden Code, selbst die der Kommandoebene." Quark ließ Stolz in seiner Stimme mitschwingen. Er überlegte kurz, ob er den Codeschlüssel nicht an die Bajoraner verkaufen sollte?

Die Station war durch die cardassanischen Sicherheitscodes so gut wie funktionsunfähig - doch konnten die Bajoraner ihn bezahlen? Sie würden kaum den Diamanten gegen den Codeschlüssel tauschen und wer würde sie daran hindern, ihn sich mit Gewalt zu holen? Für Quark gab es keinen Unterschied zwischen Cardassianern und Bajoranern.

"Wir könnten ins Geschäft kommen, Sie wollen sicher so bald wie möglich von der Station verschwinden? Ich kann Ihre Taschen mit Latinum füllen und wenn es sicherer geworden ist, den Stein verkaufen. Odo wird ihn nie bei mir finden - und wenn Sie verschwunden sind, wird er denken, Sie hätten ihn." Quark betrachtete das Sicherheitsfeld. "Das einzige Problem ist, wie kommen wir hier heraus?"

Kira bückte sich und zog aus dem rechten Stiefelschaft ein beeindruckendes Messer. "Ich war lange genug im Widerstand, eine spezielle Legierung verhindert, daß dieses Messer gescannt werden kann - sehr praktisch."

Quark fand es beunruhigend, daß die Frau einen fast schon liebevollen Blick auf der Waffe ruhen ließ. "Bevor ich dieses Feld sabotiere, und es ist nicht das erste cardassanische Sicherheitsfeld bei dem ich das tue, müssen wir uns noch einig werden. Was wollen Sie für ihre Hilfe?"

Quarks Ohrläppchen zuckten ein wenig, die Ränder seiner überdimensionalen Ohren wurden rosa, als sein Blut schneller bei der Aussicht auf Profit pumpte.

Es würde leicht sein, die Bajoranerin übers Ohr zu hauen, sie mußte schnell verschwinden. "50:50", schlug er vor, das Messer schwang bedrohlich nahe an seine Kehle. "70:30?" bot er kleinlaut an, sich aber insgeheim schwörend, dies zu seinen Vorteil umzulegen.

Kira nickte nach annehmbarer Denkpause und begann damit, das Sicherheitsfeld kurzzuschließen.
 
 

***



Quark benutzte den Codeschlüssel so virtuos wie ein Meisterdirigent seinen Taktstock. Das Sicherheitsschloß des Tresors war keine Anforderung an seine Geschicklichkeit.

Besorgt warf er einen Blick über seine Schulter, irgendwie hatte er fast erwartet, der Gestaltenwandler würde aus einem Versteck gleiten. Statt dessen fing er den funkelnden Blick der Bajoranerin auf, die hinter ihm lauerte wie ein Schatten.

Quark fluchte lautlos, sie ließ seine Finger keine Sekunde aus den Augen.

Das Fach glitt auf, und Quark entnahm gierig den Beutel, das Gewicht des Steins war überraschend hoch und in Quarks Gehirn überschlug sich alles, im Bestreben, den Profit, den er mit dem Stein machen konnte, zu berechnen.

Er zog den Edelstein aus dem Beutel und bewunderte das Lichtspiel auf dem makellosen, durchsichtigen Stein. Er ließ den Diamanten wieder zurück in den Beutel gleiten und musterte die Bajoranerin aus dem Augenwinkel - sie war der einzige Störfaktor, er hoffte, daß sie den Wert des Steines bei weitem unterschätzte.

"Her damit", Kira streckte fordernd die Hand aus, doch Quark ließ den Beutel in seine Jacke gleiten. In den dunklen Augen der Frau wetterleuchtete es, Quark hob in einer entwaffnenden Geste die Hände.

"Um das Latinum aufzutreiben, muß ich ja einen Gegenwert aufweisen. Kommen Sie in zwei Stunden in meine Bar - ich werde Ihnen dort Ihren Anteil aushändigen."

Quark wollte sich schon zur Türe stehlen, aber das Messer, das blitzschnell gezogen seine Nasenspitze berührte, hinderte ihn daran.

"Nicht so schnell, Ferengi! Halten Sie mich für dumm? Wo ist meine Sicherheit?" Quark faßte sich vorsichtig, um die Bajoranerin nicht nervös zu machen, an sein Herz. "Sie zweifeln meine Ehre an? Das kränkt mich, Sie sollten mir vertrauen." Kira lachte humorlos auf und hielt das Messer unter sein Ohrläppchen, was beinahe das Herz des Ferengi zum Stocken brachte.

Er verbot sich zu zittern, um sich nicht selbst zu schneiden, wie sollte er mit entstellten Ohren durchs Leben gehen?

"Ich traue niemandem, vielleicht sollte ich Ihre Ohren abschneiden und als Sicherheit behalten? Die Förderation hat sicher Ärzte, die Ihre Ohren wieder annähen können." Quark mußte sämtliche Kräfte mobilisieren um angesichts dieses Ansinnens nicht ohnmächtig zu werden.

Er fragte sich, was er ihr als Sicherheit anbieten könnte, dummerweise fiel ihm gar nichts ein, solange das Messer an seinem Ohrläppchen lag.

"Hier", Quark hielt Kira mit zitternden Fingern seinen Codeschlüssel entgegen. Kira besah sich den Codeschlüssel mit gespieltem Desinteresse, der Ferengi war nicht dumm, das hatte Odo oft genug betont.

"Was soll ich damit?" Sie verstärkte den Druck der Klinge so weit, daß Quark die Kälte des Metalls fühlen konnte. Er quietschte vor Schreck. "Ihre Sicherheit! Für mich ist der Codeschlüssel sehr wertvoll - ich will ihn auf jeden Fall wieder zurück."

Kira kniff die Augen zusammen und gab den Anschein, Quarks Worten zu mißtrauen. Schließlich nahm sie den Codeschlüssel aus der zitternden Hand des Ferengi und zog das Messer zurück. "In zwei Stunden, Ferengi und versuchen Sie besser nicht, mich zu betrügen."

Quark sah ihr nach, wie sie schattengleich in den dunklen Ecken der Station verschwand. Seine Nerven beruhigten sich wieder, er hatte den Codeschlüssel nur ungern aus seinen Händen gegeben, doch er tröstete sich mit dem Gedanken, daß die bajoranerische Diebin nichts damit anfangen konnte.

Niemand außer der bajoranischen Administration war an dem Codeschlüssel gelegen und eine Diebin würde sich zuletzt an ihren eigenen Untergang wenden.

Er tätschelte zufrieden seine Brusttasche, wo der kleine Beutel verstaut war. Er würde den Profit seines Lebens machen!
 
 

***



Quark betrachtete nachdenklich den kleinen Koffer in dem Latinum gestapelt war - zumindest sah es so aus, als sei der Koffer randvoll.

Tatsächlich war nur die oberste Lage Latinum und ein raffiniertes Zusammenspiel aus Holographie und einem Massenverstärker, um Gewicht zu suggerieren, sorgte für die richtige Illusion - zumindest hoffte er das für seine Ohren.

Seine Hand zuckte zu seiner Jackentasche, in der sicher der Beutel mit dem Diamanten ruhte.

Allein wie sich der harte Gegenstand in der samtenen Umhüllung aus Stoff anfühlte war Musik und Poesie - fallgesetzt man war ein Ferengi.

Das Licht in der Bar war dämmrig, Quark schätzte, daß er sich mit dem nächsten möglichen Flug absetzen würde. Terok Nor war tot und er bezweifelte, daß die Station als DS9 eine Wiedergeburt erleben würde.

Eine Gestalt trat durch die Eingangstüre der Bar, Quark kniff die Augen zusammen, im Dunkel konnte er nicht viel ausmachen. Doch anhand der geschmeidigen Bewegungen, nahm er an, daß es die kleine Diebin war, die er nun gehörig übers Ohr hauen würde. Allein schon als Rache für die Kränkungen, die er durch sie erfahren hatte.

"Da sind Sie ja, ich habe Ihr Latinum", Quark deutete auf den Koffer während die Frau näher trat, aber immer noch im Schatten blieb. "Geben Sie mir meinen Codeschlüssel."

"Was für ein Codeschlüssel?" So als habe die Station nur auf diese Worte gewartet, gingen schlagartig die Lichter an, als DS9 wieder auf normale Energieleistung überging.

Quark schloß geblendet die Augen, während seine Ohren prickelten und ihn Übles ahnen ließen.

Er öffnete die Augen nur höchst ungern wieder, das Licht ließ rote Lichtreflexe im Haar der Bajoranerin glitzern - so rot wie ihre Uniform.

Quark quietschte entsetzt, seine Diebin entpuppte sich als Major des verfluchten bajoranischen Militärs, das alles mit seinem Kampf gegen die Cardassianer so gründlich durcheinandergebracht hatte.

"Ich weiß nichts von einem Codeschlüssel, ich bin hier, um einen Drink zu bestellen." Ein Grinsen, das an bösartiger Schadenfreude kaum zu überbieten war, schlich sich auf Kiras Lippen.

Quark griff nach dem Beutel, wenn das alles eine Intrige war, dann bedeutete es... Sein Gedankengang brach ab, als eine goldfarbene, halbflüssige Substanz aus seiner Brusttasche glitt und auf den Boden eine Lache bildete.

"Odo", kein Fluch hätte schlimmer über seine Lippen dringen können, als dieser Name. Die humanoide Gestalt des Wandlers erhob sich zur vollen Größe.

Odo legte den Kopf leicht schief und betrachtet das helle Licht. "Es scheint, die Energieprobleme sind behoben?" Kira nickte zustimmend und schenkte Quark nochmals ein bitterböses Lächeln. "Die Bar scheint geschlossen, nun ja, wir können meinen Willkommensdrink auf ein anderes Mal verschieben, Quark."

Sie schritt gefolgt von dem Gestaltenwandler aus der Bar des Ferengi, der bei allen Göttern der Habsucht und des Profites schwor, diese Intrige eines Tages heimzuzahlen.

Oder war es vielleicht besser, jetzt, nachdem es zwei Personen dieser Art auf der Station gab, die Zelte abzubrechen und woanders nach Profit zu suchen?
 
 

***



Odo blickte sich im Sicherheitsbüro um, er würde das karge, funktionelle Design vermissen. "Wir haben sehr gut zusammen gearbeitet, Constabler." Kiras Stimme war sanft und Odo drehte sich zu der Bajoranerin um.

Er nickte leicht und bemühte sich um die möglichst perfekte Imitation eines Lächelns. "Es hat Spaß gemacht, Quark mit seinen eigenen Waffen zu schlagen."

Kira nickte langsam, allein der Ausdruck in Quarks Gesicht, als Odo aus seiner Jackentasche tropfte, war es wert gewesen. Aber es gab etwas, das ihr noch mehr bedeutete als den Ferengi den Codeschlüssel abgejagt zu haben, und das war die Zusammenarbeit mit dem Gestaltenwandler.

"Ich sollte jetzt wohl diese Uniform abgeben und gehen", Odo verfluchte den wehmütigen Tonfall in seiner Stimme.

Kira schüttelte entschieden den Kopf. "Diese Uniform steht Ihnen sehr gut, Constabler."

Odo sah sie überrascht an. Kira rang mit sich, was sollte sie ihm sagen? Daß es ihr leid tat, sich nie bedankt zu haben für ihr Leben? Daß sie bedauerte, ihm statt dessen den Vorwurf gemacht zu haben, auf der Seite der Cardassianer gestanden zu haben?

"Ich würde mich gerne dafür verwenden, daß Sie diese Uniform weiter tragen, als Sicherheitschef von DS9 - fallgesetzt Sie haben keine anderen Pläne."

Odo blickte die Bajoranerin erstaunt an, in ihrem Gesicht las er viel von dem, was sie nicht aussprechen konnte. Es war seltsam, er hatte die Humanoiden nie verstanden und auch nie verstehen wollen, bis jetzt.

"Ich würde gerne weiterhin für die Sicherheit an Bord dieser Station sorgen. Doch Sie wissen, daß ich einst auf der Seite der Cardassianer gearbeitet habe - das kann ich nicht ungeschehen machen, selbst wenn ich es bedauern sollte."

Mehr an Entschuldigung für seine Jahre unter den Cardassianern konnte er ihr nicht anbieten.

Er fragte sich, ob er es bedauern sollte? Er hatte viel Unrecht miterlebt, welches die Cardassianer an den Bajoranern begangen hatten - aber er hatte versucht, soviel Gerechtigkeit walten zu lassen, wie es nur möglich war.

"Denken Sie wirklich, Ihr Volk ist damit einverstanden, daß ich diese Uniform trage?"

Kira nickte nachdrücklich. "Gerechtigkeit war immer ein Ziel meines Volkes, Odo. Sie waren gerecht, wo es keine Gerechtigkeit gab - ich finde, Sie tragen die richtige Uniform und ich denke, man wird mir zustimmen." Kira nahm sich grimmig vor, persönlich für diese Zustimmung zu sorgen.

Sie streckte die Hand aus. "Willkommen an Bord, Constabler Odo." Kira blickte ihm intensiv und direkt in die Augen. Die meisten Personen, denen Odo im Laufe seines Lebens begegnet war, hatten ihm nie direkt in die Augen geblickt.

Es war so, als würden sie das, was er war, ablehnen, nicht verstehen und abstoßend finden. Doch in den Augen dieser Frau lag keines dieser Gefühle und das war etwas, das seine Seele auf eine Weise berührte, die er nicht ganz verstehen konnte.

Odo nahm die dargebotene Hand fast zärtlich anmutend in die seine und es war ein Gefühl, als würde er heimkehren.

Kira drückte die Hand des Gestaltenwandler, etwas an ihm verwirrte sie, ebenso wie es sie anzog. Sie hoffte nur, daß sie ihm niemals würde erklären müssen, daß er sich bei ihrem ersten Zusammentreffen in ihr getäuscht hatte.

Sie verdankte ihm ihr Leben, ihm und einer Lüge, von der sie hoffte, sie für immer in ihrem Herzen begraben zu können.
 
 


Ende

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