Hanfpower vom Schweizer Bauer


Eine neue Analyse zeigt: Das beste Marihuana wächst bei uns.

Jetzt entscheiden die Behörden, ob Landwirte künftig Drogenhanf pflanzen dürfen.

Von Dani Winter

Pharmazeut Rudolf Brenneisen beschäftigt sich mit Hochprozentigem. Es geht nicht um Schnaps, sondern um Schweizer Hanf. Der ­ das belegt seine neue Analyse ­ hats in sich: Die potenteste von zehn Proben, die das Labor der Universität Bern im Februar analysierte, enthielt 20,93 Prozent THC. Der Durchschnitt aller Proben lag bei über 16 Prozent. Mit einem THC-Anteil von 8,4 Prozent lag die niederwertigste Probe immer noch 28-mal über dem gesetzlich erlaubten Grenzwert von 0,3 Prozent.

«Die Potenz der untersuchten Blüten hat mich überrascht», sagt Rudolf Brenneisen, der die Gehaltsbestimmung durchgeführt hat. Brenneisen untersucht seit 20 Jahren Schweizer Hanfstauden auf ihren THC-Gehalt. In den letzten Jahren sind die Werte stark gestiegen. Werte um 20 Prozent, so Brenneisen, seien keine Seltenheit mehr. Seine Erklärung: «Die Hanfproduzenten haben dazugelernt.»

Das kann man wohl sagen. Noch im November 1999 wurde ein Sankt-Galler zu einer bedingten Haftstrafe verurteilt, weil er mit Hanfblüten gefüllte Kissen verkauft hatte. Der THC-Gehalt seines Krauts wies gerade mal 0,5 bis 2 Prozent THC auf. In seiner Bestätigung des Sankt-Galler Urteils legte das Bundesgericht dann den umstrittenen Grenzwert von 0,3 Prozent fest.

Obwohl landesweit weit potenteres Gras wächst. Und das unter freiem Himmel. In ganz Europa gibt es solch hochprozentigen Outdoor-Hanf nur in der Schweiz. Selbst in den Niederlanden, wo Cannabis-Konsum und Handel mit kleinen Mengen seit langem geduldet wird, können Hanffreunde von solchen Feldern nur träumen. Aber auch in der Schweiz bewegen sich ­ bis das Betäubungsmittelgesetz angepasst ist ­ die Hanfbauern rechtlich immer noch auf unsicherem Terrain. Kaum eine Woche vergeht ohne Grossrazzia, bei denen die Behörden Hanf beschlagnahmen, dessen Werte weit über den 0,3 Prozent THC liegen. «Nicht der Hanf ist das Problem, sondern der amtlich verordnete THC-Grenzwert», erklärt deshalb Roger Liggenstorfer, Schweizer Redaktor der Zeitschrift «Hanf», die die Gehaltsbestimmung bei der Universität Bern in Auftrag gegeben hat. Liggenstorfers plakative Forderung: eine Amnestie für alle Cannabis-Delinquenten.

Unterstützung erhalten Kiffer vom Basler Strafgerichtspräsidenten Peter Albrecht. «Die unsichere Rechtslage führt zu einer massiven Ungleichbehandlung», kritisiert er. Im Hinblick auf die bevorstehende Liberalisierung wäre für ihn eine Amnestie durchaus denkbar. «Ob es eine geben wird, ist aber ein politischer Entscheid.»

Zu diesen Bedenken kommen Zweifel, ob der niedrige Grenzwert in der Praxis überhaupt einzuhalten ist. So häufen sich beim Schweizerischen Bauernverband (SBV) die Klagen von Landwirten, deren Hanfernte beschlagnahmt wurde, obschon sie ausschliesslich Samen aus dem vom Bundesamt für Landwirtschaft bewilligten Sortenkatalog ­ mit möglichst niedrigem THC-Gehalt ­ gepflanzt hatten. «Pflanzen sind nicht wie Maschinen», erklärt Thomas Schmid vom Departement Pflanzenbau und Umwelt des SBV. «Auch beim Industriehanf kann es Einzelpflanzen geben, die den zulässigen THC-Gehalt von 0,3 Prozent übersteigen.»

Der Bauernverband fordert nun klare und landesweit einheitliche Regelungen für die Produktion. Die Bauern sind auf den Geschmack gekommen. Ihre Lobby favorisiert im Hinblick auf eine Liberalisierung des Cannabiskonsums eine liberale Gesetzgebung für ihre Hanffelder. «Jeder Landwirt, der Interesse hat, über das notwendige Know-how und die entsprechenden Ressourcen verfügt, soll straffrei auch Hanfprodukte mit hohem THC-Gehalt anbauen können», sagt Thomas Schmid vom Departement Pflanzenbau und Umwelt des SBV. Die Bauern wollen im Wettbewerb um den besten Hanf mitbieten. Es soll künftig auch ohne Anbaulizenzen und ohne Kontingente funktionieren: «Auch in der Hanfproduktion soll der Markt spielen.»

Die Bauern lobbyieren in der laufenden Session im Bundeshaus fleissig für den freien Hanfanbau. Ihren Wunsch, in einem «hochprozentigen» Hanfmarkt frei nach Angebot und Nachfrage produzieren zu dürfen, werden die Bundesbehörden allerdings nicht erfüllen. «Der Anbau von Drogenhanf wird prinzipiell verboten bleiben», erklärt der Vizedirektor des Bundesamts für Gesundheit (BAG), Ueli Locher.

Wahrscheinlicher ist, dass in der Verordnung zum revidierten Betäubungsmittelgesetz für jeden Landwirt eine Höchstanbaufläche definiert wird. Dort dürfte «unter bestimmten Voraussetzungen» der Anbau von Drogenhanf toleriert werden. BAG-Vize Ueli Locher schränkt aber gleich ein: «Der Bauer wird seine Bücher offen legen müssen.» Locher möchte zudem vermeiden, dass Landwirte den begehrten Stoff direkt an Ausländer verkaufen: «Der Bauer wird den Nachweis erbringen müssen, dass er nur an einheimische Abnehmer verkauft.»

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