Schweiz und der zweite Weltkrieg


Die Schweizer Wirtschaft im Krieg

Besonders schwer wirkte sich der völlige Umsturz der europäischen Machtverhältnisse auf die auswärtigen Handelsbeziehungen der Schweiz und ganz besonders auf ihre Kriegsmaterialausfuhr aus. Bis März 1940 hatten die Alliierten praktisch die gesamte Exportproduktion abgenommen. Nun aber setzte die auf den Vorwurf der Begünstigung der Alliierten abzielende Kritik seitens des Reiches mit voller Wucht ein und gipfelte bereits im Augenblick des Zusammenbruchs Frankreichs in einer Kohlensperre. Die Massnahme traf die rohstoff- und energiearme Schweiz an ihrer empfindlichsten Stelle: Sie leitete eine stetig steigende wirtschaftliche Abhängigkeit vom ohnehin traditionell wichtigsten Handelspartner ein und machte die Schweiz angesichts der herrschenden militärpolitischen Lage noch erpressbarer. Dennoch kamen die Wirtschaftsbeziehungen mit den Kriegsgegnern Deutschlands und mit Übersee nicht zum Erliegen und entsprachen trotz der schwierigen Bedingungen umfangmässig schliesslich einem Drittel des mit der Achse getätigten Handels. Berlin sah darin denn auch eine gravierende Verletzung der Neutralitätspflichten und forderte daher von Bern - allerdings erfolglos - den völligen Abbruch dieser Wirtschaftsbeziehungen.

Die alliierte Seite war sich der Bedeutung des Handels mit der Schweiz vollauf bewusst. So wurden in einem geheimen Memorandum des britischen Generalstabes vom November 1943 als positive Aspekte der helvetischen Neutralität nebst den guten Diensten und der nachrichtendienstlichen Brückenkopf-Funktion unseres Landes ausdrücklich die militärische Bedeutung der Versorgung mit Präzisionserzeugnissen vorab der Uhrenindustrie erwähnt, die insbesondere der RAF zugute kamen. Die Deutschen ihrerseits massen den schweizerischen Kriegsmateriallieferungen in einer Erklärung vom Sommer 1943 keinerlei entscheidende Bedeutung zu, entsprachen die Lieferungen doch lediglich dem Bruchteil eines Prozentes ihrer eigenen Rüstungskapazität.

Aber auch in der Kreditgewährung und im Edelmetallgeschäft waren die Vorteile einer neutralen Eidgenossenschaft für die Alliierten offensichtlich: die Schweiz kaufte den USA und Grossbritannien fast 30 % mehr Gold ab als der Achse; allerdings konnte darüber nicht beliebig verfügt werden - das Gold verblieb in einem entsprechenden Depot in New York.

Demgegenüber waren die Darlehen für die Deutschen und Italiener von ebenso untergeordneter Bedeutung, wie die Kriegsmateriallieferungen. Tatsache blieb aber dennoch, dass die Schweiz letztlich ebenso wie etwa Schweden gezwungen war, mit ihrem potentiellen Feind wirtschaftlich zusammenzuarbeiten um ihre Unabhängigkeit aufrechterhalten zu können - eine Zwangslage, die mit Kollaboration allerdings kaum etwas zu tun hat.

 

Erläuterungen:

Zur gesamten Ein- respektive Ausfuhr: Bis 1935 ist das Barrengold für Banktransaktionen nicht enthalten. Seit 1936 ist sämtliches ausgeführtes Barrengold nicht mehr erfasst. Der Veredelungs- und Reparaturverkehr ist lediglich von 1933 bis 1939 inbegriffen; ab 1940 beinhaltet die Statistik nur noch den Eigenveredelungsverkehr.

Das Deutsche Reich schliesst statistisch auch Österreich (1939 bis 30. Juni 1945) und das Protektorat Böhmen-Mähren (1941 bis 30. Juni 1945) ein.

Unter Grossbritannien fällt statistisch auch der Irische Freistaat (das Gebiet der heutigen Republik Irland).

Italien bestand seit dem Zusammenbruch des Mussolini-Regimes im Juli 1943 aus zwei Teilen: aus dem von den Alliierten befreiten Süden und der im September 1943 mit deutscher Hilfe im Norden entstandenen, zusehends schrumpfenden, faschistischen Republik von Salò.

Frankreich bestand nach seiner Niederlage im Juni 1940 aus einer besetzten nördlichen und einer unbesetzten südlichen Zone. Ersterer, "Vichy-Frankreich", wurde nach der Landung der Alliierten in Nordafrika im November 1942 ebenfalls von den Truppen der Achsenmächte besetzt.

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DIE KRIEGSMATERIALAUSFUHR DER SCHWEIZ WAEHREND DES ZWEITEN WELTKRIEGES

1) Rechtliche Aspekte des Rüstungsgüterexports

Die Bundesratsverordnung vom 8. Juli 1938 unterstellt die Kriegsmaterial-Ausfuhr der Überwachung durch den Bund. Als Kriegsmaterial definiert werden (unterteilt in fünf Kategorien): Feuerwaffen inkl. optische Geräte, Munition, Spreng- und Zündmittel (K1); Flugmaterial (K2); chemische Produkte, die für militärische Zwecke bestimmt sind (K3); militärische Ausrüstungsgegenstände (K4) sowie militärische Verbindungsmittel (K5).

Die Bundesratsverordnung vom 14. April 1939 verbietet aus Neutralitätsgründen jeglichen Kriegsmaterialexport.

Auf Drängen der Regierungen von Frankreich und Grossbritannien wird mit dem Bundesratsbeschluss vom 8. September 1939 das Kriegsmaterialexport-Verbot wieder aufgehoben. Aus völkerrechtlichen Gründen (Haager Konvention von 1907, Artikel 9, Ziffer 1) muss nun aber auch Deutschland und seine Verbündeten das Recht eingeräumt werden, in der Schweiz Rüstungsgüter einzukaufen.

Am 22. September 1939 werden die Bedingungen für den Rüstungsgüterexport festgelegt: Die Versorgung der Schweizer Armee rückt dabei klar in den Vordergrund. Gleichzeitig werden die ausländischen Abnehmer zur Lieferung der Rohmaterialien für die Produktion (Materialbeistellung) verpflichtet, damit die mageren Rohstoffvorräte nicht über Gebühr belastet werden.

Mit dem Bundesratsbeschluss vom 13. Februar 1940 wird festgelegt, dass für Kriegsmaterialexporte fortan die Zustimmung der Kriegstechnischen Abteilung (KTA) des Eidgenössischen Militärdepartementes (EMD) eingeholt werden muss. Ferner darf nur an ausländische Regierungen geliefert werden. Die Bestellungen der Schweizer Armee haben vorrangig erledigt zu werden. Exportiert werden vor allem 20mm-(Fliegerabwehr-)Kanonen, Munition, Präzisionsprodukte der Uhrenindustrie (zur Herstellung von Zündern etc.), ausserdem Güter, welche nicht unter das Kriegsmaterial-Gesetz fallen und insbesondere von den Deutschen in grossen Mengen eingekauft werden. Es sind dies etwa Kugellager, Radiogeräte und -teile sowie telefonische und telegraphische Apparate. Ab 1942 setzen die Alliierten denn auch alles daran, dass eben diese Waren ebenfalls zu den Rüstungsgütern gerechnet werden.

Auf Druck der Alliierten, die im April 1943 eine totale Zufuhrsperre verhängen, kontingentiert die Schweiz am 1. Oktober 1943 den Rüstungsgüterexport nach Deutschland, worauf die Sperre aufgehoben wird; im Juni 1944 wird die Kriegsmaterialausfuhr ins Reich weiter gesenkt.

Mit dem Bundesratsbeschluss vom 29. September 1944 wird jeglicher Rüstungsgüterverkauf an die Kriegführenden verboten. Darunter fallen nun auch Kugellager, Radiogeräte (ausgenommen fertig montierte Empfänger für eindeutig zivilen Gebrauch) sowie telefonische und telegraphische Apparate. Am 11. Mai 1945 wird dieser Bundesratsbeschluss wieder aufgehoben.

2) Der Schweizer Kriegsmaterialexport und seine Bedeutung für die Kriegführenden

Von September 1939 bis Juni 1940 profitierten fast ausschliesslich Frankreich und Grossbritannien vom Schweizer Rüstungsgüterexport. Während der fraglichen Periode erstanden sie Material im Wert von insgesamt 99'533'000 Franken.

Demgegenüber wurde nach Deutschland in der gleichen Zeitspanne Kriegsmaterial für nur gerade 388'000 Franken ausgeführt.

Nach dem Zusammenbruch Frankreichs, der fast völligen Einschliessung der Schweiz durch die Achse, welche nun zunehmend Druck ausübte, änderte sich die Situation auf vier Jahre hinaus grundsätzlich. Während nach Deutschland Rüstungsgüter für 623'900'000 und nach Italien für 148'200'000 Franken geliefert wurden, beliefen sich die Exporte nach anderen Ländern (darunter auch die Alliierten) auf insgesamt rund 190'000'000 Franken. Der Export in die alliierten Staaten und nach Übersee wurden im wesentlichen über Vichy-Frankreich und die iberische Halbinsel sowie - was etwa Uhrensteine oder winzige Präzisionsschräubchen anbelangte - über den ganz normalen Postverkehr abgewickelt, der nur schwer zu kontrollieren war.

Es führten nur private Firmen Kriegsmaterial aus. Die bedeutend grössere staatliche Rüstungsindustrie produzierte lediglich für die Schweizer Armee. Allerdings beschränkte sich auch unter den exportorientierten Privatfirmen keine einzige rein auf den Export.

Doch welche Bedeutung hatte die Schweizer Kriegsmaterialausfuhr für die Kriegführenden?

Mit dem Kriegseintritt der Industriemacht USA (Ende 1941) büssten die schweizerischen Rüstungsgüterlieferungen - so wertvoll sie für die Engländer vorerst noch gewesen sein mögen - zusehends erheblich an Bedeutung ein.

Was die deutsche Seite betrifft machte das Schweizer Kriegsmaterial zwar insgesamt nur etwa 0,6 Prozent der gesamten Rüstungskapazität aus und war daher rein mengenmässig irrelevant. Daran änderte auch die sich stetig steigernde alliierte Bomberoffensive nichts, erreichte die deutsche Kriegsindustrie doch erst 1944 den Höhepunkt ihrer Leistungsfähigkeit. Gemäss der Aussage des deutschen Reichsministers für Rüstung und Kriegsproduktion, Albert Speer, kam dem Schweizer Material, bedingt durch seine hohe Qualität, dennoch grosse Bedeutung zu. Das zweifelhafte Lob betraf allerdings nicht zuletzt auch Werkzeug- und andere Produktionsmaschinen, die nicht dem Kriegsmaterialgesetz unterstanden.

3) Folgen der Kriegsmaterialausfuhr für die Schweiz

Die Ausfuhr von Kriegsmaterial mag mit ein Garant für das Aufrechterhaltung überlebenswichtiger Rohstoffimporte und damit für die Wahrung der schweizerischen Unabhängigkeit gewesen sein; vor allem aber war sie ein nicht zu unterschätzendes Element der Arbeitsplatzsicherung und damit sowohl ein wirtschaftlicher wie auch ein sozialer Stabilisierungsfaktor, waren doch zeitweilig bis zu 90'000 Menschen direkt oder indirekt in der Rüstungsindustrie beschäftigt. Aus militärischer Sicht war der Rüstungsgüterexport insofern von Nutzen, als die staatliche Rüstungsindustrie und damit auch die Schweizer Armee von den sehr aufwendigen Entwicklungen der Privatindustrie profitierte und somit ein sehr hochstehendes militärtechnisches Know-how erlangten.

Negativ wirkte sich indessen aus, dass die aufgeblähte Kriegsmaterialproduktion wichtigen Bereichen der Schweizer Wirtschaft dringend benötigte Arbeitskräfte entzog. Andererseits vermochte die weitgehend exportorientierte private Rüstungsindustrie mit dem Nachlassen der Lieferungen an die Achse die frei werdenden Arbeiter nicht mehr zu beschäftigen. Der Bund musste denn auch zu Arbeitsbeschaffungsmassnahmen greifen. Dazu kam, dass während längerer Zeit die Ausrüstung der Schweizer Armee zugunsten der Ausfuhr des dringend benötigten Materials vernachlässigt wurde. Überdies verlor die Schweiz beträchtliche Mengen an für die Landesversorgung überaus kostbaren und nur schwer ersetzbaren Rohmaterialien durch die stetig schwindenden Materialbeistellungen der Achsenmächte.

Ausserdem boten die Lieferungen an das Reich und dessen Verbündeten immer wieder Anlass zu Reibereien in den Wirtschaftsverhandlungen mit den Briten und Amerikanern. Obwohl die Materialbeistellungen grösstenteils aus dem besetzten Europa stammten, war die Schweiz doch auf die Importe aus den alliierten Ländern und aus Übersee angewiesen um überleben zu können. Juristisch gesehen konnte ihr zwar kein Vorwurf gemacht werden, da das schweizerisch-alliierte Blockadeabkommen vom 25. April 1940, das de iure den ganzen Krieg über in Kraft blieb, militärische Erzeugnisse von Exportbeschränkungen ausnahm (wovon natürlich zu jenem Zeitpunkt in erster Linie die Westmächte profitierten). Mit dem vollständigen Umsturz der politisch-militärischen Verhältnisse im Sommer 1940 und der dadurch bedingt fast alleinigen Belieferung der Achse wurde die Lage in den Augen der Alliierten indessen eine grundsätzlich andere. Bereits 1939 hatten die Briten (die Amerikaner zogen später nach) damit begonnen, Schweizer Firmen, die den Feind zu offensichtlich unterstützten, auf "Schwarze Listen" zu setzen, was zur Folge hatte, dass die Betroffenen nicht mehr in den Genuss der für die Einfuhr von Werkstoffen und damit für die Aufrechterhaltung der Produktion notwendigen alliierten Waren- und Rohstoffpassierscheine kamen. Mit dem Kriegseintritt der Amerikaner (1941), der daraus resultierenden wachsenden Unabhängigkeit Englands von schweizerischen Rüstungslieferungen und dem steigenden Selbstbewusstsein der Alliierten nach der Kriegswende (Herbst 1942/Frühjahr 1943) stieg der Druck auf die Schweiz noch zusätzlich. Er gipfelte schliesslich in der eingangs erwähnten völligen Zufuhrsperre, die vorab darauf zurückzuführen war, dass die Kriegsmaterialexporte nach Deutschland 1943 ihren absoluten Höhepunkt erreichten. Die Gründe für dieses stetige Anwachsen der Rüstungsgüterausfuhr liegen wohl in einem komplizierten politisch-militärisch-wirtschaftlichen Gemenge aus den bereits genannten Vorteilen, verbunden mit dem anhaltenden Drucks seitens der Deutschen, die bis zur Durchbrechung der Umklammerung im Spätsommer 1944 jederzeit die Warenzufuhr nach der Schweiz unterbinden konnten und der Angst davor, nach der Landung der Alliierten in Italien und der anschliessenden Besetzung der Apennin-Halbinsel durch die Wehrmacht doch noch in den Krieg hineingezogen zu werden. Aber auch die immer noch beachtliche militärische Stärke des Reiches durfte dabei nicht ausser acht gelassen werden, konnten die Deutschen doch selbst im Herbst/Winter 1944 in der Schlacht bei Arnheim und mit ihrer Ardennenoffensive noch militärische Erfolge gegen die Alliierten zu erzielen. Angesichts all dieser Beweggründe bleibt es spekulativ, ein abschliessendes Urteil über die Opportunität des Zeitpunkts abzugeben, zu dem die Einstellung der Kriegsmateriallieferungen erfolgte. Gewiss ist jedenfalls, dass das Verbot derartiger Ausfuhren vorab auf den Druck der Alliierten zurückzuführen war.

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Überblick über die Goldgeschäfte der SNB während des 2. Weltkriegs

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) setzte sich während des 2. Weltkriegs zum Hauptziel, das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Schweizerfranken zu erhalten. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden zweierlei Massnahmen ergriffen: enge Bindung der Währung an das Gold und Aufrechterhaltung der freien Konvertibilität. Nach der Blockierung der Guthaben aller kontinentaleuropäischen Staaten in den USA im Juni 1941, wurde der frei konvertierbare Schweizerfranken zunehmend im internationalen Zahlungsverkehr benützt.

Die SNB reagierte auf die erhöhte Nachfrage nach Schweizerfranken mit Goldkäufen. Sie erwarb insgesamt 279 Tonnen Gold im Wert von nahezu Fr. 1,4 Mia. von den Achsenmächten. Die Käufe der SNB von Deutschland (249 Tonnen) begannen 1940 und wurden bis Kriegsende fortgesetzt. Die SNB kaufte insgesamt netto 363 Tonnen Gold für den Betrag von Fr. 1,8 Mia. von den USA, Grossbritannien und Kanada. Das Gold wurde auf Konten in London, New York und Ottawa hinterlegt, wo es bis Kriegsende blockiert war.

Infolge dieser Geschäfte nahmen die Goldreserven der Schweiz zwischen Januar 1939 und Juni 1945 um über 400 Tonnen zu. Der Anstieg der Vorräte erfolgte jedoch hauptsächlich in Form von in New York, London und Ottawa blockiertem Gold. In der Schweiz nahmen die Goldreserven des Landes um 140 Tonnen ab. Dieser Rückgang entsprach ungefähr den 148 Tonnen, die sie 1939 und 1940 in die USA verlagert hatte.

Die Reichsbank und die Zentralbanken der europäischen Staaten haben bei der SNB Goldkontos eröffnet, um ihren wechselseitigen Zahlungsverkehr zu erleichtern. Diese Zahlungen wurden zwar vom Hauptsitz der SNB in Bern aus, jedoch auf Initiative der betroffenen Länder, getätigt. 1939 repatriierte die Reichsbank 17 Tonnen Gold aus Bern. Davon stammten 12,5 Tonnen ursprünglich aus der Tschechoslowakei. Zwischen 1940 und 1945 lieferte die Reichsbank 336 Tonnen Gold an die SNB in Bern. Davon übernahm die SNB 249 Tonnen. Die übrigen Hauptabnehmer waren Portugal (44 Tonnen), Schweden (18 Tonnen), die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (12 Tonnen) und Rumänien (10 Tonnen). Darüber hinaus lieferte die Reichsbank 50 Tonnen Gold direkt an die Schweizer Geschäftsbanken (nur 1940 und 1941).

 


Principal (net) gold flows registred at the SNB

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Zur Kritik, der 2. Weltkrieg sei durch Goldtransaktionen verlängert worden

1. Die Schweiz konnte selbst keine Rohstoffe liefern.
2. Die Schweiz spielte nur bei einem kleinen Teil der Handelsgeschäfte Deutschlands mit anderen europäischen Ländern eine Vermittlerrolle in Finanztransaktionen.
3. Die Goldgeschäfte wären für Deutschland nutzlos gewesen, hätte das Reich nicht auch Rohstofflieferanten gehabt (z.B. neutrale benachbarte Küstennationen).
4. Zur Beschaffung der im Krieg wichtigsten und entscheidenden Rohstoffe - Erdöl und Erdölprodukte - aus verbündeten (Rumänien) oder besetzten Ländern (Teile der UdSSR) waren keine Goldgeschäfte mit der Schweiz nötig. Dasselbe gilt auch für die meisten übrigen Rohstoffe.
5. Deutschlands wichtigster Rohstofflieferant war bis 1941 die UdSSR. Die Geschäfte wurden im Tauschhandel getätigt.
6. Neben den Goldgeschäften mit der Schweiz gab es für Deutschland auch noch andere finanzielle Möglichkeiten zur Beschaffung von Rohstoffen (Darlehen, Tauschhandel).
7. Die Alliierten, die mit ihrer Blockade "eine direkte und umfassende Kontrolle aller wichtigen neutralen Staaten" zu gewährleisten behaupteten, hätten Druck auf die Lieferanten ausüben können, um die Ausfuhr von Rohstoffen nach Deutschland zu verbieten.

 

Rohstoffbeschaffung durch Plünderung

Es liegen bislang noch keine definitiven Zahlen vor, um den Anteil der Schweiz an der Finanzierung des deutschen Krieges genau bestimmen zu können.

Die Kosten für den Krieg des Dritten Reiches beliefen sich - zum Kurs von 1939 berechnet - auf rund Fr. 1'200 Mia. Davon wurden rund Fr. 210 Mia. allein für den Kauf von Munition verwendet. Die Goldverkäufe der Reichsbank an die Schweizer Banken (Schweizerische Nationalbank, Geschäftsbanken) betrugen hingegen Fr. 1,3 Mia. Dies entspricht rund 0,6% der Munitionskosten und 0,11% der gesamten Kriegskosten.

Die Finanztransaktionen dienten den Deutschen in erster Linie zur Beschaffung von Rohstoffen aus Gebieten, die ausserhalb ihres Machtbereichs lagen (in neutralen europäischen Staaten, in Ländern der Alliierten und in Übersee). Die Alliierten hatten jedoch bereits 1939 eine Blockade aufgebaut, welche ihnen laut eigenen Angaben "eine direkte und umfassende Kontrolle über alle wichtigen Importgeschäfte der neutralen Länder" gewährleistete. Mit anderen Worten wussten sie über den Umfang der Handelsgeschäfte und die Art der gehandelten Güter Bescheid und hätten die Lieferungen problemlos und effizient verhindern können. Die nach dem Krieg mit den neutralen europäischen Ländern geführten Verhandlungen fanden somit in voller Kenntnis dieser Tatsachen statt.

Die Deutschen beschafften sich jedoch die heikelsten Rohstoffe (Wolfram, Kupfer, Chrom, Nickel, Kautschuk, Erdöl) in Europa selbst. So gelang es ihnen von 1939 bis 1941 mit ihren Blitzkriegen grosse Mengen davon zu erobern. Die Versorgung mit den benötigten Gütern war ihnen aber vor allem nach Abschluss des Hitler-Stalin-Paktes (1939) gesichert, der bis Juni 1941 die Lieferung eines grossen Teils der Rohstoffe im Tauschhandel mit der Sowjetunion gewährleistete. Russlands Reichtum an Boden- und Naturschätzen war dann auch ein wichtiger Grund für die Durchführung des Russlandfeldzuges im Juni 1941, der in erster Linie ein Plünderungskrieg war.

Den Deutschen gelang es hingegen nicht, die zweifellos wichtigsten Rohstoffe - Erdöl und den daraus gewonnenen Kraftstoff - aus Übersee einzuführen. Zwischen 1940 und 1944 war der damalige Verbündete der Achsenmächte, Rumänien, der wichtigste Rohstofflieferant. Dennoch litt Deutschland während des ganzen Krieges unter Erdölknappheit. Dieser Mangel wurde dem Reich in militärischer Hinsicht wiederholt zum Verhängnis und trug letztlich in hohem Masse zur Niederlage Deutschlands bei.

Die effizienteste Beschaffungsmethode des Reichs waren jedoch die Plünderungen von besetzten Gebieten, insbesondere in Osteuropa, aber auch in Westeuropa (französische und belgische Kohlen- und Eisenbergwerke) und nordeuropäischen Ländern wie Norwegen (Nickel), sowie die rücksichtslose Ausbeutung der einheimischen Bevölkerung.


Rohstofflieferungen aus neutralen Ländern

Auch der finanzielle Anteil der Schweiz an den Rohstoffgeschäften war bei weitem überschätzt worden. Der britische Historiker Neville Wylie erwähnte diesbezüglich den Wolframhandel vom November 1943, der nur wegen einem Kredit in der Höhe von RM 100 Mio., welcher Franco dem Reich gewährte, zustande kam.

Die Deutschen konnten also - neben der Schweiz - auch noch auf andere Finanzierungsquellen zurückgreifen, wie der findige Tauschhandel zwischen dem Reich und der UdSSR bereits gezeigt hat.

Andererseits waren die Deutschen nicht nur auf Geld oder Gold für ihre Rohstoffimporte angewiesen, sondern auch auf weitere Lieferanten.

Sie erhielten (1) bedeutende Mengen an Wolfram, Zink und Lebensmitteln von Portugal, (2) Landwirtschaftsprodukte, Eisenerz, Wolfram aus dem Spanien Francos, das auch als Durchgangsland für die Lieferungen aus Portugal diente, sowie (3) Chrom aus der Türkei und (4) Eisenerz, Nichtedelmetalle und Holz aus Schweden, während (5) nur geringe Mengen an Rohmaterialien von der rohstoffarmen Schweiz geliefert wurden.

Im Spätsommer/Herbst 1944 zog sich Deutschland aus Südwestfrankreich und den meisten Balkanländern zurück und schnitt sich damit selbst die Rohstoffzufuhr aus Portugal, Spanien und der Türkei ab. Trotzdem dauerte der Krieg noch beinahe ein ganzes Jahr an. Noch erstaunlicher dabei ist, dass Deutschland in den Jahren 1944 und 1945 mehr Panzer und Kampfflugzeuge herstellte, denn je zuvor.

Deutschland konnte also auch ohne Hilfe aus Schweizer Finanzkreisen seine Produktion fortsetzen. Dabei wurde der Rohstoffmangel bis zu einem gewissen Grad durch modernere Technologien, die Entwicklung neuer Kunststoffe und den vermehrten Einsatz von nicht strategischem Material wettgemacht.

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