Ein Ruder liegt auf dem Dach. Ein mittlerer Wind Wird das Stroh nicht wegtragen. Im Hof für die Schaukel der Kinder sind Pfähle eingeschlagen. Die Post kommt zweimal hin Wo die Briefe willkommen wären. Den Sund herunter kommen die Fähren. Das Haus hat vier Türen, daraus zu fliehn.
Durch die Kammer ging der Wind Blaue Pflaumen fraß das Kind Vor es seinen weißen Leib Hingab still zum Zeitvertreib. Doch zuvor bewies sie Takt Denn sie wollte ihn nur nackt Einen Leib wie Aprikosen Vögelt man nicht in den Hosen. Wirklich bei dem wilden Spiel War ihr keine Lust zuviel. Danach wusch sie sich gescheit: Alles hübsch zu seiner Zeit.
Liebe Marie, Seelenbraut: Du bist viel zu eng gebaut. Eine solche Jungfernschaft Braucht mir zu viel Manneskraft. Ich vergieße meinen Samen Immerdar schon vor der Zeit: Wohl nach einer Ewigkeit Aber lange vor dem Amen. Liebe Marie, Seelenbraut: Deine dicke Jungfernhaut Bringt mich noch zur Raserei. Warum bist du auch so trei? Warum soll ich, sozusagen: Nur weil du lang sitzenbliebst Grade ich, den du doch liebst Mich statt einem andern plagen?!
Hat ein Weib fette Hüften, tu ich sie ins grüne Gras. Rock und Hose tu ich lüften, sonnig - denn ich liebe das. Beißt ein Weib vor Ekstase, wisch ich ab mit grünem Gras Mund und Biß und Schoß und Nase: sauber - denn ich liebe das. Treibt das Weib die schöne Sache feurig, doch im Übermaß Geb ich ihr die Hand und lache: freundlich, denn ich liebe das.
1 Als sie ertrunken war und hinunterschwamm Von den Bächen in die größeren Flüsse Schien der Opal des Himmels sehr wundersam Als ob er die Leiche begütigen müsse. 2 Tang und Algen hielten sich an ihr ein So daß sie langsam viel schwerer ward. Kühl die Fische schwammen an ihrem Bein Pflanzen und Tiere beschwerten noch ihre letzte Fahrt. 3 Und der Himmel ward abends dunkel wie Rauch Und hielt nachts mit den Sternen das Licht in Schwebe. Aber früh ward er hell, daß es auch Noch für sie Morgen und Abend gebe. 4 Als ihr bleicher Leib im Wasser verfaulet war Geschah es (sehr langsam), daß Gott sie allmählich vergaß Erst ihr Gesicht, dann die Hände und zuletzt erst ihr Haar. Dann ward sie Aas in Flüssen mit vielem Aas.
Die Silberpappel, eine ortsbekannte Schönheit Heut eine alte Vettel. Der See eine Lache Abwaschwasser, nicht rühren! Die Fuchsien unter dem Löwenmaul billig und eitel. Warum? Heut nacht im Traum sah ich Finger, auf mich deutend Wie auf einen Aussätzigen. Sie waren zerarbeitet und Sie waren gebrochen. Unwissende! schrie ich Schuldbewußt.
1 Die Hauptsache ist die Vitalität Die habt ihr nach Branntweingenuß Ein gesundes junges Weib, das geht Auf die Vitalität, weil es muß. 2 Die Weiber liegen zu Klumpen geballt Die Peitsche nehmt mit ihnen ins Bett! Doch gehts auch im Grünen: das heißt, es geht halt mit der nötigen Vitalität. 3 Die Vitalität, die schafft es auch Beim dümmsten Engel. Die Vitalität. So daß er euch rasend auf seinem Bauch Um die letzten Dinge anfleht. 4 Die Vitalität, sie befaßt sich nicht Mit der Seele und dem Gemüt sie befaßt sich mehr mit dem zweiten Gesicht Und dem Weib als Gestüt. 5 Der Vitalität sind die Folgen egal Die Vitalität mach sich alles bequem. Es gibt keine Hemmung. Zum Beispiel Baal War als Mensch nicht angenehm. (Darum bitt ich Gott früh und spät Um Vitalität.)
I Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten! Das arglose Wort ist töricht. Eine glatte Stirn Deutet auf Unempfindlichkeit hin. Der Lachende Hat die furchtbare Nachricht Nur noch nicht empfangen. Was sind das für Zeiten, wo Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist Weil es ein Schweigen über so viel Untaten einschließt! Der dort ruhig über die Straße geht Ist wohl nicht mehr erreichbar für seine Freunde Die in Not sind? Es ist wahr: ich verdiene noch meinen Unterhalt aber glaubt mir: das ist nur ein Zufall. Nichts Von dem, was ich tue, berechtigt mich dazu, mich sattzuessen. Zufällig bin ich verschont. (Wenn mein Glück aussetzt, bin ich verloren.) Man sagt mir: Iß und trink du! Sei froh, daß du hast! Aber wie kann ich essen und trinken, wenn Ich dem Hungernden entreiße, was ich esse, und Mein Glas Wasser einem Verdurstenden fehlt? Und doch esse und trinke ich. Ich wäre gerne auch weise. In den alten Büchern steht, was weise ist: Sich aus dem Streit der Welt halten und die kurze Zeit Ohne Furcht verbringen Auch ohne Gewalt auskommen Böses mit Gutem vergelten Seine Wünsche nicht erfüllen, sondern vergessen Gilt für weise. Alles das kann ich nicht: Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten! II In die Städte kam ich zur Zeit der Unordnung Als da Hunger herrschte. Unter die Menschen kam ich zu der Zeit des Aufruhrs Und ich empörte mich mit ihnen. So verging meine Zeit Die auf Erden mir gegeben war. Mein Essen aß ich zwischen den Schlachten Schlafen legte ich mich unter die Mörder Der Liebe pflegte ich achtlos Und die Natur sah ich ohne Geduld. So verging meine Zeit Die auf Erden mir gegeben war. Die Kräfte waren gering. Das Ziel Lag in großer Ferne Es war deutlich sichtbar, wenn auch für mich Kaum zu erreichen. So verging meine Zeit Die auf Erden mir gegeben war. III Ihr, die ihr auftauchen werdet aus der Flut In der wir untergegangen sind Gedenkt Wenn ihr von unseren Schwächen sprecht Auch der finsteren Zeit Der ihr entronnen seid. Gingen wir doch, öfter als die Schuhe die Länder wechselnd Durch die Kriege der Klassen, verzweifelt Wenn da nur Unrecht war und keine Empörung. Dabei wissen wir doch: Auch der Haß gegen die Niedrigkeit Verzerrt die Züge. Auch der Zorn über das Unrecht Macht die Stimme heiser. Ach, wir Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit Konnten selber nicht freundlich sein. Ihr aber, wenn es so weit sein wird Daß der Mensch dem Menschen ein Helfer ist Gedenkt unsrer Mit Nachsicht.
Ach, ich weiß, ich dürft es nie gestehen Daß ich zittre, wenn mich seine Hand berührt Ach, was ist mit mir geschehen Daß ich bete, daß er mir verführt Ach, zur Sünde schleiften mich nicht hundert Pferde Wenn ich ihn nur nicht so sehr begehrte. Wenn ich mir so gegen Liebe stemmte Hab ich mich doch schließlich nur darum gestemmt Weil ich weiß: steh ich vor ihm im Hemde Bin ich ausgeplündert bis auf Hemd Als ob er sich dann um meinen Vorwurf scherte! Wenn ich ihn nur nicht so sehr begehrte. Ich bezweifle, ob er meiner wert ist Ob es wirklich Liebe bei ihm ist? Wenn all mein Erspartes aufgezehrt ist Wirft er dann die Schale auf den Mist? Ach, ich weiß, warum ich mich so wehrte: Wenn ich ihn nur nicht so sehr begehrte. Hätte ich Vernunft für sieben Groschen Hätt ich nie gewährt, um was er leider bat Sondern hätte ihn sogleich verdroschen Wenn er mir, wie es geschah, zu nahe trat. Ach, wenn er sich doch zum Teufel scherte! (Wenn ich ihn nur nicht so sehr begehrte)
1 In Nürnberg machten sie ein Gesetz Darüber weinte manches Weib, da Mit dem falschen Mann im Bett lag. "Das Fleisch schlägt auf in den Vorstädten Die Trommeln schlagen mit Macht Gott im Himmel, wenn sie etwas vorhätten Wäre es heute nacht." 2 Marie Sanders, dein Geliebter Hat zu schwarzes Haar. Besser, du bist heute zu ihm nicht mehr Wie du zu ihm gestern warst. "Das Fleisch schlägt auf in den Vorstädten Die Trommeln schlagen mit Macht Gott im Himmel, wenn sie etwas vorhätten Wäre es heute nacht." 3 Mutter, gib mir den Schlüssel Es ist alles halb so schlimm. Der Mond sieht aus wie immer. "Das Fleisch schlägt auf in den Vorstädten Die Trommeln schlagen mit Macht Gott im Himmel, wenn sie etwas vorhätten Wäre es heute nacht." 4 Eines Morgens, früh um neun Uhr Fuhr sie durch die Stadt Im Hemd, um den Hals ein Schild, das Haar geschoren. Die Gasse johlte. Sie Blickte kalt. "Das Fleisch schlägt auf in den Vorstädten Der Streicher spricht heute nacht. Großer Gott, wenn wir ein Ohr hätten Wüßten wir, was man mit uns macht."
Als ich nachher von dir ging An dem großen Heute Sah ich, als ich sehn anfing Lauter lustige Leute Und seit jener Abendstund Weißt schon, die ich meine Hab ich einen schönren Mund Und geschicktere Beine Grüner ist, seit ich so fühl Baum und Strauch und Wiese Und das Wasser schöner kühl Wenn ichs auf mich gieße.
beim Wäschefalten 1 Was meine Mutter mir sagte Das kann wohl wahr nicht sein. Sie sagte: wenn du einmal befleckt bist Wirst niemals du mehr rein. Das gilt nicht für das Linnen Das gilt auch nicht für mich. Den Fluß laß drüber rinnen Und schnell ists säuberlich. 2 Mit elfen war ich süchtig Wie ein Dreihellerweib. Und wirklich erst mit vierzehn Kasteit ich meinen Leib. Das Linnen war schon gräulich Ich habs in Fluß getaucht. Im Korbe liegts jungfräulich Wie niemals angehaucht. 3 Bevor ich noch einen kannte War ich gefallen schon. Ich stank zum Himmel, wahrlich ein Scharlachnes Babylon. Das Linnen in dem Flusse Geschwenkt in sanftem Kreis Fühlet im Wellenkusse: Jetzt werd ich sachte weiß. 4 Denn als mich mein erster umarmte Und ich umarmte ihn Da fühlt ich aus dem Schoß und Busen Die schlechten Triebe fliehn. So geht es auch mit dem Linnen So ging es auch mit mir. Die schnellen Wasser rinnen Und aller Schmutz ruft: hier! 5 Doch als die andern kamen Ein trübes Jahr anfing. Sie gaben mir schlechte Namen Da wurd ich ein schlechtes Ding. Mit Sparen und mit Fasten Erholt sich keine Frau. Liegt Linnen lang im Kasten Wirds auch im Kasten grau. 6 Und wieder kam ein andrer In einem andern Jahr. Ich sah, als alles anders war Daß ich eine andre war. Tunks in den Fluß und schwenk es! s gibt Sonne, Wind und Chlor! Gebrauch es und verschenk es: s wird frisch als wie zuvor! 7 Ich weiß: noch viel kann kommen Bis nichts mehr kommt am End. Nur wenn es nie getragen war Dann war das Linnen verschwendt. Und ist es brüchig geworden Dann wäschts kein Fluß mehr rein. Er spülts in Fetzen forten. So wird es einmal sein.
Die Gute, die dem Liebsten nichts verwehrt Und sich ihm hingibt für den Fall des Falles Muß wissen: Guter Wille ist nicht alles Begabung ists, was er von ihr begehrt. Selbst wenn da mit der Schnelligkeit des Schalles Ihr Ichbindein sich in den Beischlaf kehrt Er legt so viel nicht auf die Eile wert Bei der Entleerung seines Samenballes. Wenn auch die Liebe erst das Feuer schürt So braucht sie doch, um dann zu überwintern Durchaus auch noch den talentierten Hintern. Mehr nämlich als ein seelenvoller Blick (Der auch vonnöten) ist da oft ein Trick Prächtiger Schenkel, prächtig ausgeführt.
Aber, Mädchen, ich empfehle Etwas Lockerung im Gekreisch: Fleischlich lieb ich mir die Seele Und beseelt lieb ich das Fleisch. Keuschheit kann nicht Wollust mindern Hungrig wär ich gerne satt. Mags, wenn Tugend einen Hintern Und ein Hintern Tugend hat. Seit der Gott den Schwan geritten Wurd es manchem Mädchen bang Hat sie es auch gern gelitten: Er bestand auf Schwanensang.
Hier gibts noch weitere Gedichte von
Brecht !!
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