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ABRIS-CAVERNE
ABRI-CAVERNE QUATRE CHEMINÉES

Französische Soldaten vor den beiden Eingängen, 1916

Der Abschnittsunterstand Abri-caverne Quatre Cheminées de Froideterre liegt in der Weinberg-Schlucht (Ravin des Vignes) am südlichen Hang der "Kalten Erde" (Froideterre) in der Parzelle 549.

Vor Verdun gab es nur 3 dieser Abschnittsunterstände, 2 davon im Kampfbereich, in den Bereichen: Froideterre, Douaumont und Sartelles-Chana. 

Die gemauerten Abschnittsunterstände Abris-cavernes befanden sich in der Haupt- verteidiungslinie hinter den Infanterieräumen und konnten 350 sitzende Soldaten der Abschnittsreserve aufnehmen. Typische Bauform: Zwei Eingänge zu einem langgestreckten  Verbindungsraum und einer Belüftung mit zwei oder vier Schorn- steinen:

Französische Zeichnung am Eingang des Objektes, 2003

Den hier beschriebenen 1889-1894 errichteten Abschnittsunterstand Abri-caverne Quatre Cheminées, von den Deutschen "Vier Schornsteine" genannt, hat man, wie auch den Abri-caverne 320 (M-Räume 372), nicht auf einen Hügel gebaut, sondern an einen Felshang.

Bei beiden Anlagen handelt es sich um einfach angelegte und gewölbte Galerien. Der Abschnittsunterstand liegt fast 10 m unter der Erde. Über 2 Treppeneingänge, neben denen sich auch einige kleinere Räume befinden, erreicht man eine Galerie von 70 m Länge.

Die besondere Belüftung für den Unterstand erfolgte über einige umfangreiche Luftschächte,  die über ein aus Rohren bestehendes Mauerhohlwerk ins Freie mündeten. In der Nähe des Unterstandes verlief ein schmalspuriges Transportgleis.

Die Anlage stand unter dem Befehl von Oberst de Susbielle. Nach dem Fall des Zwischenwerkes Thiaumont drangen die Deutschen am 23. Juni 1916 auch in die Weinberg-Schlucht, in der sich der Unterstand mit der 258. Brigade befand, die in der Anlage ihre Gefechtsstände, Bereitschaftssoldaten und einen Verbandsplatz untergebracht hatte. 

Ein französischer Offizier berichtet: 

In der Vignes-Schlucht sind wir von einem Kreis schwerer Granateinschläge umschlossen. Bei jeder Explosion zieht man unwillkürlich den Kopf ein ... Die hundertmal umgepflügte Anschüttung des Unterstandes sah jede Stunde anders aus. Im Innern spürte man die heftigen Erschütterungen, das Beben des Gewölbes und der Wände. Manchmal gingen durch den Luftdruck einer Explosion alle Lichter aus ... Am 22. stieg ich, verwundert über die ungewöhnliche Stille, die Stufen des Unterstandes hinauf. Tausende Granaten fegten über unsere Köpfe hinweh und zerplatzten dumpf ... Die Deutschen schossen mit Giftgas. Die Posten gaben Gasalarm. Mir rollte ein Jäger vor die Füße, der um sich schlug und zwischen Reizhustenanfällen erbärmlich schrie. Dieser Gasangriff dauerte sechs Stunden. Sechs Stunden warteten wir schweigend, bedrückt und resigniert unter unseren Masken und fragten uns angstvoll, ob diese uns noch lange genug schützen würden. Am Fuße der Einstiege unterhielten wir Feuer, um die Gase zu vertreiben ... Die Schwerverwundeten im Unterstand starben alle an Gasvergiftung ... Die Unglücklichen, die aus Leichtsinn oder Kopflosigkeit ihre Masken schlecht aufgesetzt hatten, starben unter unsagbaren Qualen. Nichts ist erschütternder als diese Todeskrämpfe ... Im Morgengrauen des 23. hörte der Hagel der Gasgranaten auf ... Flugzeuge erschienen am Himmel und auf unsere erste Linie ging ein schreckliches  Trommelfeuer nieder, das die Erde aufwühlte. Bald stürzten Männer in den Unterstand herein, die völlig durcheinander waren und schrien: "Sie sind da".

Den stürmenden bayerischen Infanteristen gelang es, die beiden Eingänge der Anlage mit einem Maschinengewehr unter Feuer zu nehmen und Handgranaten in die vier Luftschächte zu werfen.  Linker Eingang, 1999

Gegen Abend konnten die Franzosen, sie wurden dabei von einem 7,5-cm-Waffendrehturm des Ouvrages Froideterre unterstützt, den deutschen Angriff erfolgreich abwehren. 

Zwar konnten die Deutschen den Unterstand nie erobern, doch gelang es ihnen, die beiden Eingänge der Anlage ständig unter MG-Feuer zu nehmen, so daß eine Verbindung zur Außenwelt nur selten und sehr erschwert möglich war.

Der Unterstand befindet sich in einem relativ guten Zustand. Die Räume stehen allerdings zeitweise unter Wasser. Deutlich erkennt man die vier Luftschächte, in die deutsche Soldaten am 23. Juni 1916 ihre Handgranaten warfen.

Quellen und Literatur:
  • Bomhard, Adolf von: Das Bayerische Infanterie-Leib-Regiment, Oldenburg 1921. 
  • Editions-Verlag (Hg.): Verdun. Sehen und Verstehen. Schlachtfelder und Umgebung, Drancy 1980. 
  • Lefebvre, Jacques-Henri: Die Hölle von Verdun. Nach den Berichten von Frontkämpfern, Paris 1969. 
  • Staubwasser, Otto: Das Bayerische 2. Infanterie-Regiment, Berlin 1924. 
  • Werth, German: Verdun. Die Schlacht und der Mythos, Bergisch-Gladbach 1979.

Abbildungen:

  • Erich Kassing.

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