M a b u h a y
Reisebericht aus Thailand und den Philippinen (Teil 8)
Willy Blaser
Wenn die Touristen noch schlafen…
Der buddhistische Glauben an das Karma besagt, dass letztlich Alles, was einem im Leben widerfaehrt, nur eine Folge dessen ist, was der Mensch in seiner vorhergegangenen Existenz an Gutem und Schlechtem getan hat. Der Thai hadert deshalb selten mit seinem Schicksal, da seine derzeitige Lebenssituation schlussendlich ja nur die Folge des frueheren Lebens ist, die nun vergolten wird. Das taegliche Leben der meisten Thais ist daher davon gepraegt, bei jeder Gelegenheit "Tambuun", etwas Gutes, zu tun. Tambuun macht man beim Tempelbesuch, indem man dem Tempel Geld spendet, einen Vogel, einen Fisch oder eine Schildkroete frei laesst. Indem man Tambuun tut, zahlt man sozusagen auf ein Konto ein, von welchem man im naechsten Leben profitieren kann. Mit Tambuun kann man aber auch begangene Suenden abgelten. Der meist praktizierte Tambuun besteht darin, jeden Morgen den Moenchen Opfergaben in den Topf zu legen - sai baat. Da dieses Tambuun fruehmorgens stattfindet, kennen die meisten Touristen diese Handlung nur vom Hoerensagen. Auf dem Lande ziehen die Moenche in ihren safrangelben Roben durch die Gegend. In Bangkok und den groesseren Staedten findet das "sai baat" haeufig bei Marktplaetzen statt, wo die Opfergaben bereits abgepackt zum Verkauf bereit stehen (siehe Fototafel I/1-3). Opfergaben werden den Moenchen mit beiden Haenden angeboten, da sie ansonsten als halbherzig gegeben gelten. Ein Moench bedankt sich nicht fuer die Gabe, im Gegenteil, der Geber muss fuer die Annahme der Spende dankbar sein, da er dadurch Verdienste fuer sein naechstes Leben erwerben kann. 95% der Thais sind buddhistisch. Ueberraschend, wie die Thais auch an andere Goetter, wie z.B. an den allmaechtigen Gott Brahma - Phra Prom, (siehe Fototafel I/4) glauben. Er ist der Schoepfer der Welt. Er ist ein hinduistischer Gott. Man erkennt ihn an seinen vier Gesichtern, um damit in alle vier Richtungen der Welt aufpassen zu koennen. Viele der thailaendischen Feste, wie das Songkran (Neujahrsfest) oder die Zeremonie des Pfluegens, sind brahmanischen Ursprungs. Die meisten Thais, vor allem die Frauen, sind auch sehr aberglaeubisch und glauben an Geister. Wer einigermassen unbeschadet durch das Leben kommen will, muss mit den Geistern gut auskommen, sie moeglichst freundlich stimmen und ihnen regelmaessig Opfergaben bringen. Der allgegenwaertige Geist ist der Hausgeist, der Chao Ti. Die kleinen Geisterhaeuschen stehen vor jedem Haus (siehe Foto Fototafel I/5). Je schoener und groesser das Haus, desto schoener das Geisterhaus. Sie sollen die Geister anlocken, darin zu wohnen, um die Hausbewohner in ihren Haeusern nicht zu belaestigen. Als Opfer werden Räucherstaebchen, Blumengirlanden, Fruechte, eine Schale Reis, manchmal auch eine Coca-Cola mit Strohhalm, damit der Geist auch trinken kann!, dargebracht. Beim Gebet wird fuer ein gutes Geschaeft oder auch für Glueck in der Lotterie gebetet. Als ich von einem Geisterhaeuschen ein Foto machen wollte, sagte mir meine Begleiterin, ich muesse aber zuerst den Geist um Erlaubnis bitten! OK, auf die Frage aber, wie ich dann wuesste, ob der Geist einverstanden sei oder nicht, winkte sie verlegen ab. Es gibt in Thailand auch Katholiken, die bedeutendste Minderheit sind jedoch die Mohammedaner, welche fast auschliesslich im Sueden des Landes an der Grenze zu Malaysia leben.
Tafel I
Loy Kratong - das Lichterfest
Loy Kratong, jeweils am Vollmond des 12. Monats, ist eines der groessten und schoensten Feste in Thailand (siehe Foto Kratong). Die Leute fertigen kleine lotusfoermige Boote aus Bananenblaettern an, in die sie eine Kerze, eine Blume, drei Räucherstaebchen und eine Muenze setzen. Je nach Region wird ebenfalls noch ein Haar sowie ein Stueck Finger- und Zehennagel beigelegt. Bei Einbruch der Daemmerung ziehen die Familien im ganzen Lande an Kanaele, Fluesse, ans Meer, ueberall dorthin, wo es Wasser gibt, um die Kratongs auszusetzen. Fuer die Thais hat Loy Kratong eine besondere Bedeutung. Zum Ende der Regenzeit werden damit der Goettin des Wassers Opfergaben als Dank fuer das wertvolle "Nass" gemacht. Dazu werden Gebete gesprochen, auch wird um Vergebung fuer begangene Suenden gebeten. Auch Liebespaare vertrauen den Kratongs ihre Wuensche an. Je laenger das Kerzenlicht auf einem Kratong flackert, um so gluecklicher und sicherer gehen die Wuensche in Erfuellung. Einige Kratongs erleiden auch Schiffbruch. Doch dies soll kein schlechtes Omen sein, so glauben zumindest die Betroffenen. Ein wunderschoener Anblick, wenn Tausende von kleinen Kratongs auf dem Wasser treiben. So schoen wie das Lichterfest ist, so verursacht es den Stadtbehoerden in Bangkok grosses Kopfzerbrechen. Rund 900'000 Kratongs wurden am Folgetag aus dem Chao Phraya Fluss, aus Kanaelen und Wasserparks gezogen. Trotz jahrelangen Kampagnen, welche aus Umweltgruenden fordern, nur die traditionellen Materialien aus Bananenblaettern zu verwenden, werden die Kratongs zunehmend aus Styropor angefertigt, die sehr schwer entsorgt werden koennen. Loy Kratong ist auch laengst nicht mehr ein geruhsames Fest. Die Thais werfen mit Raketen, Knallern und Petarden nur so um sich. Nicht ungefaehrlich. Jedes Jahr gibt es zahlreiche Verletzte.
Kratong
20 Minuten in Kambodscha
Statt mich in Kathmandu zu langweilen, haette ich gescheiter ein neues Visum fuer Thailand beantragt. Zeit haette ich ja genug gehabt. Die Folge dieser Unterlassung war nun, dass ich die 30-taegige Aufenthaltsbewilligung fuer Thailand nur um 10 Tage verlaengern konnte. Fazit: ich musste wieder ausreisen. Nach 3 1/2 Stunden erreichen wir mit dem Minibus die kambodschanische Grenze, 6 Km nach Aranyaprathet. Der Gegensatz zu Thailand war wiederum brutal. Kaum aus dem Minibus ausgestiegen, rennt eine Schar Kinder auf uns zu, um Sonnenschirme anzubieten: "One Baht, one Baht". Auf der kurzen Strecke zum Immigration Office betteln Dutzende von Kindern: "Miam miam - Hunger". Ein beklemmendes Gefuehl, doch sobald man nur den Anschein erweckt, etwas zu geben, ist man von einer Schar umringt. Das Geldstueck wird Dir richtiggehend aus der Hand gerissen und die Kinder raufen sich darum. Die Ausreise aus Thailand ist kein Problem. Die Einreise am kambodschanischen Grenzposten Poipet ebensowenig. Wer kein Visa hat, kriegt es innert weniger Minuten. Unser Guide (er macht die Tour 4 x die Woche) hat die Paesse fuer den Beamten schoen vorbereitet, in jeden Pass eine 100 Baht-Note hineingelegt. Mit dem Einreisestempel koennten wir nun nach Kambodscha einreisen, doch die Paesse wechseln nur den Tisch zum Kollegen, welcher fuer die Ausreisen zustaendig ist. Paeng!, schon haben wir den Ausreisestempel im Pass. Wir waren genau 20 Minuten in Kambodscha! Noch schnell ein Besuch beim Duty Free Shop (Zigaretten wie Marlboro oder Markenwhisky sollen jedoch laut Kennern nicht wesentlich billiger als in Thailand sein). Bei der Einreise nach Thailand gibt es einen kleinen Stau. Viele Thais kommen hierher, weil es gleich hinter dem Grenzposten vier Casinos gibt (Casinos sind in Thailand verboten). Nach einer kleinen Wartezeit hatte auch ich meinen neuen Einreisestempel, womit ich wiederum 30 Tage in Thailand bleiben konnte. Somit war das eine Problem geloest. Das andere war noch immer eine Folge meines "One way" Tickets vom letzten Dezember von Zuerich nach Manila. Das Ticket fuer den Flug von Bangkok nach Manila hatte ich bereits letzten Fruehling in den Philippinen gekauft, doch ohne Ausreiseticket konnte ich auf der Philippinischen Botschaft in Bangkok nicht einmal das Visum beantragen. Ach, diese Filipinos…! Nun, ausser, dass ich mich vergebens nach Bangkok begab, war es nicht so tragisch, denn ein Ticket zurueck nach Thailand haette ich ja in jedem Fall kaufen muessen. Denkste! Es ist in Thailand nicht moeglich, ein Ticket von Manila nach Bangkok zu kaufen! Die einzige Loesung, die mir uebrig blieb, war wiederum einen Hin- und Retourflug zu kaufen und mein Ticket der Thai Airways nach Manila zu refunden (mein 3. Ticket, das ich nun schon zurueckgeben muss). Der billigste Flug nach Manila mit der Egypt Air kostete 8'800 Baht (etwa 380.-), ich zog es allerdings vor, fuer 2700 Baht mehr (etwa 117.-) ein Ticket der Air France zu kaufen. Da soll einer noch sagen, wie schoen Reisen ist. Manchmal bekommt man richtiggehend den Verleider.
Zurück in den Philippinen
Die Mahlzeit auf dem Flug nach Manila schmeckte ausgezeichnet. Auf die Frage eines Kollegen, was denn ueberhaupt das Menu sei, antwortete der Stewart einige Reihen vor mir scherzhaft, es sei "du canigou - eine franzoesische Hundefuttermarke!". Als der Betreffende bei mir dann das Plateau abraeumte, meinte ich zu ihm "votre canigou etait très bon!", worauf er mich etwas verdutzt anschaute und leicht verlegen war, dass jemand seinen Spass mitbekommen hatte. Mit gemischten Gefuehlen war ich also nach neun Monaten, eine Schwangerschaftszeit, wieder in den Philippinen zurueck. Seither hat sich auch privat einiges veraendert. Noch vor einem Jahr kam ich verliebt in Manila an mit der Absicht, sogar hier laenger zu bleiben. In der Zwischenzeit habe ich auch die letzten Illusionen, das "Glueck" in den Philippinen zu finden, verloren. Solche Erkenntnisse sind manchmal hart zu akzeptieren. Die Hoffnung, nur wegen einer gescheiterten Beziehung ganz zu verlieren, waere aber ebenso falsch. Das Wichtigste ist, dass man realistisch bleibt, was uns Maennern halt manchmal schwer faellt. Nachdem man mir letzten Fruehling schon am 2. Tag meines Aufenthaltes in den Philippinen das Portemonnaie klauen wollte, wurden mit der Ankunft in Manila die Sicherheitsvorkehrungen auf Alarmstufe 3 geschaltet. Die Wertsachen sind unter den Jeans verstaut, und konsequent meide ich jeglichen Kontakt mit Filipinos, auch wenn das "Hello, my friend" noch so hoeflich ist. Wenn es nicht unbedingt sein muss, möchte ich nicht in Manila uebernachten. Mit dem Ermita Tourist Inn habe ich an der Mabini Street ein kleines, preiswertes Hotel gefunden, um jeweils die 1. Nacht zu verbringen. Ich war jedoch froh, am naechsten Tag wieder in Angeles im Sunset Garden zu sein. Es ist dort wie in einer Oase, schauen Sie mal rein: www.sunsetgarden.com. Die Atmosphaere ist familiaer, und ich fuehle mich bei Hansruedi und Alois, dem Schweizer Management, einfach wohl. Mit viel Freude traf ich auch wieder viele bekannte Gesichter wie "Commander" Rene Wyss, seinen Compagnon, den "Oesterreicher" Willi, oder den "Pinatubo" Bernd. Auch das Wiedersehen mit dem Servierpersonal, der immer eleganten Caron, der stets strahlenden Cindy und der immer fuer einen Spass aufgelegten Rose, hat mich gefreut. Der Wechsel vom modernen Pattaya nach Angeles war anfaenglich schon ein kleiner Schock. Es brauchte einige Tage, um sich an diese Umstellung zu gewoehnen. Gegenueber Pattaya erschien mir Angeles wie eine einzige Bretterbudenstadt. Als ich zum ersten Mal im JJ Supermarkt einkaufen ging, musste ich fast ein wenig schmunzeln. Drei Tage zuvor war ich noch im supermodernen Tops in Pattaya gewesen. Doch auch Angeles, die Fields Ave, in deren Umgebung sich die meisten Touristen aufhalten, haben ihre Reize (siehe Fototafel Angeles). Man sollte oder kann Thailand einfach nicht mit den Philippinen vergleichen. Die Philippinen sind einfach anders. Nach einigen Tagen fuehlte ich mich "voegeli" wohl. Man lernt im Sunset auch viele Schweizer kennen: Inflagranti-Hans, Swissair-Reini, Gaertner-Manfred, Lumumba-Roli, Urs, Heinz, Andy, Rolf, Franz, Peter, Martin oder Paul sind einige meiner Bekanntschaften. Eine besondere Freude war es aber, Mario Richner kennen zu lernen. Mario ist seit 32 Jahren in der Welt unterwegs (siehe Globetrotter Nr. 43 - 1995). Mit den Neuankoemmlingen gibt es im Sunset auch regelmaessig aktuelle Tageszeitungen aus der Schweiz. Auch kulinarisch wird man im Sunset mit allerlei Schweizer Spezialitaeten verwoehnt. Einer der Hoehepunkte ist jeweils am Samstag, wenn Zuepfen gebacken werden. Bei dieser Gelegenheit moechte ich mich auch bei Arno Haas bedanken, der mir Greyerzer-Kaese und Wurstwaren von zu Hause mitgebracht hat. Ansonsten schien in Angeles alles beim Alten geblieben zu sein. Die Jeepneys von der Petron Station zum C-Point sind 1 Peso teurer geworden und kosten nun 4 Pesos. Die Fahrt mit den Jeepneys, im Vergleich zu den Songtaos in Thailand, sind direkt rustikal. Die Vehikel sind so tief, dass man fast auf allen Vieren ein- und aussteigen muss. Koestlich, wie man beim Ruf "Payaado - zahlen" das Fahrgeld wie in einer Staffel seinem Nachbarn, der vor einem sitzt, dem Fahrer bezahlt. Zum Einkassieren streckt dieser einfach seine rechte Hand blind nach hinten. Auf dem gleichen Weg kommt das Rueckgeld retour. Man muss nie lange auf einen Jeepney warten. Bei der Jeepney-Station beim C-Point dauert es kaum 5 Minuten, bis die 16 Plaetze (2 vorne, je sieben pro Seite hinten) besetzt sind. Als weitere Transportmoeglichkeit kann man die Trikes, Motorraeder mit gedecktem Seitenwagen, benuetzen. Diese kosten fuer die gleiche Fahrt aber das Zehnfache.
Angeles
Wer schiesst, wird gefeurt!
Zwischen Weihnachten und Neujahr ist in den Philippinen die Hoelle los. Viele der sieben Millionen Filipinos, welche im Ausland leben, kommen zur Weihnachtszeit nach Hause zurueck, um ihre Familien zu besuchen. Silvester mit den Familienangehoerigen zu verbringen, hat in den Philippinen einen sehr grossen Stellenwert. Während den Festtagen im Lande herumreisen zu wollen, ist fast ein Ding der Unmoeglichkeit. Wie bei uns ist Weihnachten vor allem eine riesige kommerzielle Angelegenheit. Die Filipinos scheinen hinsichtlich Kauf von Weihnachtsgeschenken noch "verrueckter" zu sein als wir, eine richtige Geschenks-Manie. Der heilige Abend ist bei weitem nicht so ruhig wie in unseren Breitengraden. Raketen, Petarden und Kracher werden losgelassen, als sei es der 1. August (siehe Fototafel Silvester). Am schlimmsten ist die Knallerei jedoch am Silvester, da fliegen nicht selten die Fetzen - sprich: Daumen und Finger. Es herrscht in den Philippinen die Unsitte, dass Polizisten und Private zum traditionellen "media noche" Schuesse in die Luft abfeuern. Dies ist sehr gefaehrlich und fuehrte bisher jedes Jahr zu Todesfaellen. Die Polizeichefs haben deshalb ihre Polizisten davor gewarnt: "wer einen Schuss abfeuert, wird selber gefeuert!". Da das allgemeine Chaos der Feierlichkeiten in den letzten Jahren die Flucht aus Gefaengnissen beguenstigt hatte, wurden die Gefaengniswaerter in Alarmbereitschaft gestellt. Auch die Feuerwehr und die Spitäler sind in Alarmbereitschaft. Dank der Aufklaerungskampagne des Gesundheitsministeriums ueber die Gefahr von selbstgebastelten Feuerwerkskoerpern sowie dank dem Aufruf von Presse, Radio und Fernsehen, auf das Abfeuern von solchen Feuerwerkskörpern zu verzichten, fiel die Bilanz schlussendlich erfreulich aus. Es wurden 60% weniger Verletzungen als im Vorjahr registriert. Verletzt wurden 506 Personen, 11 davon durch Querschlaeger. 80% der Verletzungen wurden jedoch immer noch durch die illegalen Knaller wie "super lollo" verursacht. Die Verantwortlichen fuehren diesen Rueckgang der Verletzten aber ebenfalls auf die kuerzlichen Bombenattentate in Manila sowie auf die zunehmende wirtsachaftliche Rezession zurueck.
Neujahr
1 Jahr unterwegs - Bilanz
Ausser einem zu hohen Blutdruck, wegen dessen ich seit drei Monaten in Behandlung bin, fuehle ich mich gesundheitlich fit, und das ist ja wohl das Wichtigste. Zurueckblickend war das vergangene Jahr ein tolles Jahr. Die verschiedenen Reisen in den Philippinen, die beiden Trekks in Nepal, der Trip nach Tibet sowie die Zeit in Thailand waren sensationell. Wenigstens punkto Erlebnissen werde ich einmal Millionaer sein. Die neue Situation hat mir jedoch mehr zu schaffen gemacht, als ich gedacht haette. Nicht dass ich Heimweh haette, nein, dafuer war ich schon zuviel unterwegs und fuehle mich eigentlich ueberall wohl. Irgendwo eine Bleibe, ein Nest zu haben und nicht stets unterwegs zu sein, waere jedoch schon besser. Unterwegs hat man oft Zeit, viel Zeit um nachzudenken. Ohne mit unserer gewohnten sozialen Sicherheit dazustehen und ploetzlich ohne Einkommen auskommen zu muessen, hat mir zeitweise sehr zu schaffen gemacht, vor allem in den ersten Monaten, als mein Budget aus allen Fugen geriet. Ich musste erkennen, dass die Ausgaben nicht nur aus Unterkunft, Essen, Reisen und etwas Vergnuegen bestehen, stets kam etwas Unvorhergesehenes dazu. Recht hohe Kosten verursachten mir meine Arbeit in den Internets (ca. 150.- monatlich), alle meine Fotoarbeiten sowie der freiwillige AHV-Mindestbetrag fuer Nichterwerbstaetige, welcher vom Parlament dummerweise von 378.- auf 756.- erhoeht wurde. Auch die Pensionskassengelder selber verwalten zu muessen, ist - besonders bei sinkenden Boersenkursen - recht demoralisierend. Obwohl solche Geldanlagen ja laengerfristg zu sehen sind, muss man mit der Situation zuerst fertig werden. Bewaehrt hat sich vor allem das System mit meinem Monatsbudget, auch wenn ich dieses nicht stur handhabe. Es soll vielmehr als eine Richtlinie gelten. Vor allem an Orten wie Pattaya und Angeles ist es sehr wichtig, ein solches Budget zu haben, denn die Versuchung, jeden Tag den Honig der Liebe zu kosten, ist sehr gross, umso mehr, als man dort mit Urlaubern zusammentrifft, die das Dreifache deines Budgets zur Verfuegung haben. Um dieser staendigen Verfuehrung standhalten zu koennen, braucht es schon etwas mehr, als einfach nur ein Budget zu fuehren! Staendig ist man im Dilemma "man lebt nur einmal" oder sparen. Das Reisen ist auch nicht immer lustig. Gerade in der Zeit, als mein Antrag fuer ein Freiflugticket bei der Thai Airways lief, musste ich mich regelrecht zusammenreissen und mich darauf besinnen, dass gerade das Planen und Organisieren ja eigentlich meine Staerken sind. Grosse Muehe bereitete mir jedoch die zeitweilige Unterbeschaeftigung und die Tatsache, in meinen zahlreichen Arbeiten und Projekten nicht vorwaerts zu kommen. Die fuer meine umfangreiche journalistische Taetigkeit notwendigen Antworten kamen zum Teil dermassen schleppend herein (viele sind noch jetzt ausstehend), dass mich dies richtiggehend stresste. Ich bin halt ein aktiver Mensch und habe noch gewisse Ambitionen. Scheinbar war es aber ein Fehler, viel zu viel machen zu wollen. Es ist zwar schoen, in den Philippinen und in Thailand zu "baedele", ich moechte jedoch nicht hier sein, um nur einfach die Zeit zu "verlauere". Haette ich im Herbst konkret ein Arbeitsangebot erhalten, haette ich moeglicherweise die Uebung abgebrochen und waere nach Hause zurueckgekehrt. Mit dem Einzug der kalten Winterzeit hat sich mein Entscheid vorerst verschoben. Noch vor einem Jahr haette ich mir vorstellen koennen, fuer immer im Ausland bleiben zu koennen, doch immer mehr komme ich zur Ueberzeugung, dass Auswandern fuer mich gar keinen Vorteil hat. Nach diesem Jahr muss ich selber zugeben, dass meine "Fruehpensionierung" wohl etwas zu frueh war. Hätte ich gewusst, dass das neue Steuergesetz im Kanton Aargau erst am 1.1.2001 in Kraft treten wuerde, haette ich wohl mindestens ein Jahr laenger gearbeitet. Es hat jedoch keinen Sinn, ueber Wenn und Aber zu studieren. Was ich im vergangenen Jahr erleben durfte, kann mir niemand nehmen, passiere was wolle.
Lohnerhoehung
Durch die negative Entwicklung der Boerse endete das 1. Geschaeftsjahr meines Unternehmens "Auswandern" mit einem katastrophalen Ergebnis. Statt des erhofften Gewinns von 5000.- resultierte ein Verlust von 2000.-. Dennoch habe ich beschlossen, mir auf Anfang Jahr eine kleine Lohnerhoehung zu geben, zumindest den Teuerungsausgleich! Nicht, dass ich das Schweizer Fernsehen oder die Tagesschau vermissen wuerde, dennoch liess ich es mir nicht nehmen, ab und zu um 07.00 Uhr das Telejournal auf TV 5 Asien anzuschauen. Als an einem Sonntagmorgen ein Reporter im dichten Schneetreiben ueber das Wirtschaftsforum aus Davos berichtete, lief mir ein Schaudern ueber den Ruecken. Brrr! Wie kann man nur so in einer Kaelte leben ? Um mich von diesem Schock zu erholen, legte ich mich unter dem Palmendach auf einen Liegestuhl. Das azurblaue Wasser des Swimmingpools glitzerte in der schon heissen Morgensonne. Stundenlang haette ich den beiden majestaetischen Palmen zuschauen koennen, wie deren Kronen durch den Morgenwind gestreichelt wurden. Ach, wie schoen eigentlich das Leben sein kann! Aus den vorgesehenen Reisen nach Palawan und Malapascua Island wurde nichts (das naechste Mal). Praktisch den ganzen Monat Dezember war ich damit beschaeftigt, meinen Situationsbericht ueber die Lage 10 Jahre nach dem Vulkanausbruch des Mt. Pinatubo zu verfassen. Durch Buecher und lokale Zeitungsartikel habe ich auch viel ueber die Aetas, die Eingeborenen, die Aborigenies von Zentral Luzon, gelernt, welche vor dem Ausbruch an den Haengen des Vulkans von der Jagd und Landwirtschaft lebten. Den 2. Teil meines Aufenthaltes habe ich mehr genossen und lebte etwas ueber meinen Verhaeltnissen. Ob ich nun ein Paar Hundert Franken mehr oder weniger im Minus bin oder nicht, spielt nun auch keine Rolle mehr, soll mein Geld etwas besser arbeiten! Von den politischen Wirren in Manila hat man in Angeles nicht viel bemerkt, ausser dass der Bus "Fly the Bus" durch die Massenkundgebungen in der Hauptstadt statt 2 1/2 Stunden nun bis zu 6 Stunden brauchte. Positive Folge fuer die Auslaender war der eklatante Kursverlust des philippinischen Pesos. Noch vor einem Jahr bei 40 Pesos fuer einen US $, erreichte der Kurs seinen Hoehepunkt kurz vor dem Ruecktritt Estradas mit sage und schreibe 54.80 Pesos!
35 Grad Celsius
Gerade als ich mit der Landessprache Tagalog einigermassen wieder zurecht kam, war es schon wieder Zeit, das Land zu verlassen. Um dieses Mal einen weiteren Visa-Trip in Thailand zu vermeiden, besorgte ich mir vorsorglicherweise ein Visa. Die Kontrollen des Handgepaecks im Ninoy Aquino Internationale Airport werden nach wie vor sehr strikte gehandhabt. Auch dieses Mal wurde mein Gepaeckstueck zurueckgewiesen, weil es ein Kilo ueber dem erlaubten Gewicht von 10 Kg lag. Erstmals sass ich in einer Boeing 747-400 weit vorne (Reihe 19), wodurch ich ein total neues Gefuehl beim Start erlebte. Ich haette schwoeren koennen, dass die Maschine mit der erreichten Geschwindigkeit nicht abheben koennte. Ich war voll auf einen Abbruch des Starts gefasst. Scheinbar hat mich der geringe Laerm der Triebwerke getaeuscht. Die Maschine hob wunderbar ab und drehte eine Runde ueber dem Lichtermeer der 11-Millionenstadt von Metro-Manila, bevor sie in der Dunkelheit der Nacht verschwand. Zum Glueck war ich nicht am Vortag nach Bangkok geflogen. Infolge starken Nebels (Sicht nur 350 Meter) mussten 13 Fluege zwischen 06.00 und 09.00 nach U-Tapao, Chiang-Mai oder Phuket umgeleitet werden. In der Zwischenzeit fanden in Thailand Wahlen statt, die der reichste Mann des Landes, Thaksin Shinawatra (Vermoegen 574 Mio US $) gewonnen hat. Bereits vor den Wahlen musste er von einem Antikorruptionskommission zugeben, dass er "einfach" vergessen hatte, 15 Mio US $ den Steuerbehoerden zu deklarieren. Die Richtung seiner Politik gegenueber den im Lande lebenden Auslaendern ist noch nicht ganz klar, wenn man einmal davon absieht, dass er der Chef der "Thai lieben Thai" - Partei ist. Viele der seit lange in Thailand lebenden Auslaender sind sich jedoch sicher, dass die neue Regierung unter Thaksin anders sein wird. Ob wesser oder schlechter, bleibt abzuwarten. Mit der Ankunft in Bangkok wurde es wieder eine Spur heisser, 35 Grad Celsius! Da gab's nur eines: sofortige Flucht an die Kueste nach Pattaya. Wie bei meiner Ankunft in Angeles bin ich in Pattaya vorerst erschrocken. Diese Masse von Touristen! Schrecklich! Da war es im Sommer doch ganz anders, aber eben, so ist es halt in der Hochsaison. Der Moral zuliebe fuehrte mich eine meiner ersten Schritte ins Tops, um milden Gorgonzola, ein Pariserbrot sowie ein Yoghurt zu kaufen.
Fortsetzung folgt
6.2.2001/wb