Wasserstoffprojekte 1999
Sowohl in Deutschland als auch international gibt es zahlreiche Projekte, die auf eindrucksvolle Weise beweisen, daß eine Energiewirtschaft auf Basis von Wasserstoff möglich sein wird. Die Projekte zielen zum einen auf die Produktion von Wasserstoff unter Ausnutzung der Sonnenenergie sowie auf die Nutzung von Wasserstoff zur Erzeugung von Wärme, Wasserdampf und Elektrizität. Einige Aktivitäten werden im folgenden dargestellt.
Solarer Wasserstoff
Seit 1990 wird in Neunburg vorm Wald in einem weltweit einzigartigem
Pilotprojekt die Solar-Wasserstoff-Technologie getestet [Szyszka, 1996]. Betreiber
ist die Wasserstoff-Bayern GmbH. Die Forschung erstreckt sich auf die Erzeugung
von Solarstrom sowie die Gewinnung, Speicherung und Einsatzmöglichkeiten von
Wasserstoff. Eine Photovoltaikanlage von ca. 3000 m2 produziert jährlich 270.000
kWh Strom, der zur Elektrolyse genutzt wird. Die Elektrolyseure produzieren ca.
25 m3 Wasserstoff pro Stunde der in Druckbehältern gespeichert wird. Untersucht
wird u.a. die Nutzung des Wasserstoffs in kleinen Blockheizkraftwerken zur Strom-
und Wärmeerzeugung sowie Betankung von wasserstoffbetrieben Kraftfahrzeugen.
Das Projekt Neunburg vorm Wald ist auf eine langfristige Technologieentwicklung
ausgelegt.
Brennstoffzellen-Blockheizkraftwerk
Die Hamburgische Electricitäts-Werke AG und die Hamburger Gaswerke GmbH
betreiben seit 1997 ein wasserstoffbetriebenes Blockheizkraftwerk [www.hew.de].
Es dient der integrierten Strom- und Wärmeversorgung und hat eine elektrische
Ausgangsleistung von 200 kW und eine thermische Ausgangsleistung von 220 kW.
Über einen Wärmetauscher wird die nutzbare Wärme dem vorhandenen Versorgungsnetz zugeführt.
Der erzeugte Gleichstrom wird in Wechselstrom umgewandelt und in das 10
kV-Mittelspannungsnetz der HEW-Netz eingespeist. So reicht die Kapazität der
Anlage aus, um ca. 40 Wohnungen mit Wärme und etwa 100 mit Strom zu
versorgen. Durch den Betrieb der Phosphorsauren-Brennstoffzellen mit
Wasserstoff entstehen keine Schadstoffemissionen. In unmittelbarer Nähe der
Anlage ist ein 64.500 l fassender Flüssig-Wasserstoffbehälter aufgestellt, aus dem
die Brennstoffzelle kontinuierlich versorgt wird (rund 180 m3/h). Der erforderliche
Sauerstoff wird der Umgebungsluft entnommen. Die Umweltvorteile dieser
Technologie liegen in der direkten chemischen Umwandlung des Energieträgers in
elektrische Energie. Mechanische Arbeit wie bei herkömmlichen Kraftwerken
entfällt. So ist ein elektrischer Wirkungsgrad von über 40% möglich. Rechnet man
die Nutzung der abgegebenen Wärme hinzu, so wird ein Gesamtwirkungsgrad von
mehr als 85 % erreicht.
Wasserstoffbetriebene Elektroautos
Für den Antrieb von Kraftfahrzeugen mit Wasserstoff stehen zwei Möglichkeiten
zur Verfügung: der Wasserstoff kann in Verbrennungsmotoren verbrannt oder
durch Brennstoffzellen zum Antrieb von Elektromotoren genutzt werden. Da auch
wasserstoffbetriebene Verbrennungsmotoren eine, wenn auch reduzierte,
Schadstoffemission aufweisen, konzentriert sich derzeit die Entwicklung auf
Elektroautos mit Brennstoffzellen [Kuckuck, 1996]. Konzepte dieser Art liegen
bereits bei General Motors, Renault, Mazda, Ford und VW vor. Führend auf diesem
Gebiet ist jedoch die Daimler-Crysler AG. Mit der Übernahme eines 25%-Anteils
an dem kanadischen Brennstoffzellen-Hersteller Ballard Power Systems hat das
Unternehmen (damals Daimler-Benz) frühzeitig die Weichen in Richtung Zukunft
gestellt. Eingesetzt werden Membran-Brennstoffzellen, die sich durch ihre geringe
Arbeitstemperatur und hohe Leistungsdichte auszeichnen. Der erste Prototyp
wurde 1994 als Necar I (New Electrical Car) vorgestellt. Damals verschlang die
aufwendige Technik noch den gesamten Raum eines Transporters. 1996 wurde das
Necar II auf Basis eines Vans der V-Klasse präsentiert. Dieses Fahrzeug kann
sechs Personen rund 250 km weit befördern. Das neueste Forschungsfahrzeug ist
das Necar III, ein Mercedes-A-Klasse Fahrzeug. Um Platz zu sparen ist das Necar
III mit einem Methanolreformer ausgerüstet. Mit dieser Technik wird im Fahrzeug
Methanol in Wasserstoff umgewandelt: CH3OH + H2O -> CO2 + 3H2 Mit einer
Tankfüllung von 38 l Methanol fährt das Fahrzeug rund 400 km weit. Der Treibstoff
wird heute überwiegend aus Erdgas und Kohle hergestellt. Er ließe sich aber auch
ohne weiteres aus Biomasse produzieren, was sich positiv auf die
Kohlendioxid-Bilanz auswirken würde.
Wasserstoff-Tankstelle
Im Januar dieses Jahres wurde in Hamburg die erste öffentliche
Wasserstoff-Tankstelle Europas eröffnet. Realisiert wurde das Projekt durch die
Hamburger Wasserstoffagentur GmbH [WaGa, 1999]. Getragen wird das
zukunftsweisende Projekt mit dem Namen W.E.I.T. (Wasserstoff-Energie Island
Transfer) von 12 namhaften privaten und kommunalen Unternehmen. Die Partner
tragen die Kosten, bringen Dienstleitungen ein, stellen die wasserstoffbetriebenen
Fahrzeuge zur Verfügung und setzen sie im Alltagsbetrieb ein. Ihr gemeinsames
Ziel: die Nutzung von Wasserstoff als umweltfreundliche Antriebsenergie im
innerstädtischen Straßenverkehr zu demonstrieren und zu testen. Außerdem solle
dieses Projekt das Vertrauen der Bevölkerung in die Alltagstauglichkeit,
Bedienungsfreundlichkeit und den hohen Sicherheitsstandard der
Wasserstofftechnologie fördern. Noch wird der Wasserstoff aus Hamburger
Industrieproduktion bezogen. Nach einer einjährigen Testphase soll dann in Island
aus Wasserkraft erzeugter Wasserstoff per Schiff nach Hamburg transportiert
werden. Nach dem Umbau der Originalmotoren der Lieferwagen auf
Wasserstoffbetrieb werden nur Wasserdampf und verschwindend geringe
Stickoxid-Emissionen freigesetzt. Der Tank besteht aus drei Druckgasflaschen. Mit
einer Reichweite von ca. 150 km und Treibstoffkosten von 22 Pfennig pro km sind
die Kosten nur 7 Pfennig teuerer als beim Diesel.