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„Platz“, befahl mein Herr mir, als wir die Mitte der Diele erreicht hatten, ließ mich zurück und öffnete die Haustür. Auf der Schwelle stand eine Frau mittleren Alters. Sie war rundlich und einfach gekleidet.
Ihre Füße steckten in orthopädischen Gesundheitsschuhen. „Guten Tag, Frau Berger“, wurde sie vom Hausherrn begrüßt. „Schön, daß Sie da sind. Und so pünktlich! Treten Sie ein!“
Die Frau betrat die Diele und sah sich um. Mich streifte sie lediglich mit einem flüchtigen Blick, als sei eine nackte menschliche Hündin mit Maske und Schwanz, die reglos auf dem Boden lag und einen roten
Plastikball im Maul hielt, das Natürlichste von der Welt. „Das ist Bella“, sagte mein Mann, und die Frau nickte. Dann gingen die beiden ohne mich weiter zu beachten an mir vorbei ins Wohnzimmer. Ich hörte die
Tür hinter ihnen schließen.
Während der nächsten Viertelstunde wagte ich mich nicht zu rühren, lediglich den Ball ließ ich endlich fallen. Fetzen einer Unterhaltung drangen an mein Ohr, aber ich konnte mir keinen Reim darauf machen. Wer
mochte die Frau sein? Und warum war sie hier? Offensichtlich hatte mein Herr ihr von meiner hündischen Existenz berichtet; wie sonst wäre es zu erklären, daß sie so wenig erstaunt bei meinem Anblick war. Mir war
sehr unbehaglich, ich schämte mich meines Hundedaseins und hatte Angst vor dem, was auf mich zukommen könnte. Plötzlich verwünschte ich meine erniedrigende Aufmachung und demütige Haltung und wünschte mich
weit weg von hier. Dennoch rührte ich mich nicht von der Stelle.
Endlich kamen sie aus dem Wohnzimmer zurück in die Diele. Christian öffnete den großen eingebauten Wandschrank. „Hier drin ist alles, was Sie brauchen“, erklärte er der Frau. „Sie können bis vier Uhr am
Nachmittag bleiben? ... Gut.“ Dann wandte er sich mir zu und rief „Bella, bei Fuß“. Sehr zögernd, mit schamrotem Kopf und mit ängstlich zitternden Knien kam ich auf die beiden zu, die Augen fest auf den
Boden geheftet. Etwa zwei Schritte vor meinem Herrn blieb ich stehen.
„Sie dürfte Ihnen keine Schwierigkeiten machen, Frau Berger“, sagte er. „Sie ist zwar noch lange nicht vollständig erzogen, aber gutartig. Lassen Sie sie, wenn sie Sie nicht bei der Arbeit stört, in Haus und
Garten ruhig ohne Leine laufen.
Sie reagiert auf die gängigen Befehle. Wenn sie Ihnen nicht gehorcht, ziehen Sie ihr mit der Hundepeitsche eins über oder sperren sie in den Käfig.
Gefressen hat sie heute morgen nicht, aber räumen Sie das Futter ruhig ab. Füttern Sie sie wieder gegen zwei Uhr, so wie wir es besprochen haben. Meinen Sie, Sie kommen klar?“
„Aber ja“, erwiderte die Frau, dann beugte sie sich zu mir herunter und streichelte meinen Rücken. „Na, Bella, braver Hund“, sagte sie lobend zu mir und fügte, zu meinem Herrn gerichtet, hinzu: „Sie ist
ein schönes Tier. Kann ich ihr zur Begrüßung ein Leckerchen geben?“
„Solange es bei dem einen bleibt“, nickte er. „Verziehen Sie sie mir nicht!“
Die Frau schüttelte den Kopf. „Keine Sorge. Ich habe ja selbst zwei Hunde, wie Sie wissen. Einen Mischling und einen Cockerspaniel.“
„Behandeln Sie Bella nur genau wie Ihre beiden, dann wird es schon recht sein“, sagte mein Herr.
Die Frau zog eine Praline aus ihrer Handtasche. Sie wickelte sie aus dem Papier und hielt sie mir in der geöffneten Hand entgegen. „Komm, Bella, komm her“ lockte sie. Auch ihre Stimme änderte sich, als sie zu
mir sprach. Ich machte einen Schritt vorwärts, streckte den Hals vor und fraß die Praline aus ihrer Hand. Sie schmeckte köstlich und erinnerte mich zugleich daran, daß ich mittlerweile ziemlich hungrig war.
„So ist’s recht. Gutes Mädchen“, lobte mich die Frau freundlich. Von meinem Herrn hingegen erhielt ich einen harten Klaps auf mein Hinterteil. Erschrocken drehte ich mich zu ihm um. „Was macht der Hund,
wenn er sich freut?“ fragte er streng.
Ich hätte vor Scham in den Boden versinken mögen. Das Schwanzwedeln war mir verhaßt, und so sehr ich mich auch bemühte, meinen Schließmuskel so zu manipulierten, daß mein Schwanz wedelte, - es gelang mir
einfach nicht richtig. So wackelte ich denn nur ein wenig unbeholfen mit dem Hintern. „Brav“, lobte mich mein Herr und sagte zu der Frau: „Was Ihre Hunde ganz natürlich beherrschen, müssen wir ihr natürlich
noch beibringen.“
Dann ging er vor mir in die Hocke und nahm meinen Kopf zwischen seine Hände, so daß ich ihn direkt ansehen mußte. „Sei brav, Bella und gehorche Frau Berger, während ich im Büro bin. Tust du es nicht, wirst du
doppelt bestraft. Einmal von ihr, und dann abends noch einmal von mir. Also sei ein guter Hund, ja? Alles verstanden? Dann gib mir jetzt einen Hundekuß zu Abschied!“ Er streckte mir seine rechte Hand hin, und ich
leckte mit ausgestreckter Zunge darüber. Es war mir unendlich peinlich, daß die fremde Frau mir dabei zusah. Mein Herr drückte mich einmal an sich, lobte mich noch einmal, und ging dann hinaus.
Unschlüssig blieb ich stehen, starrte zu der Tür hin, die sich eben hinter ihm geschlossen hatte und hörte seine Schritte auf dem Gartenweg verhallen. Es war das erste Mal seit meiner Zeit als Hündin, daß er
mich allein ließ. Und ich hatte davon nichts gewußt, genauso wenig wie ich eine Ahnung gehabt hatte, daß die Frau ins Haus kommen würde. ‚Er hätte es mit mir besprechen müssen‘, fuhr es mir ärgerlich
durch den Sinn, doch dann mußte ich fast widerwillig lächeln. Menschen pflegen schließlich nicht mit ihren Hunden über ihre Arbeitszeiten zu diskutieren oder darüber, wen sie ins Haus holen.
Frau Berger hatte sich unterdessen am Wandschrank zu schaffen gemacht und hatte nun ein Staubtuch in der Hand. „Nicht traurig sein, Bella, Dein Herrchen kommt ja wieder“, sprach sie mich freundlich an, meine
Empfindungen nur knapp verkennend.
Sie begann die Kommode abzustauben, ohne mich weiter zu beachten. Ich war unschlüssig, was ich tun sollte. Im gleichen Raum wie sie zu bleiben, war mir unangenehm, und zudem hatte ich Durst. Also trottete ich
langsam zur Terrassentür, die ich jedoch verschlossen vorfand. Türen eigenmächtig zu öffnen war mir streng verboten, obwohl ich es wahrscheinlich trotz der Pfoten gekonnt hätte. Mein Wassernapf stand draussen
im Garten, und ich konnte nicht heraus. Was tun? Ich hätte winseln oder die Frau sonstwie auf mich aufmerksam machen können – aber ich wäre lieber verdurstet als mich so zu entwürdigen!
Also tappte ich weiter ins Wohnzimmer und legte mich auf die vor der Couch ausgebreitete Decke. Der Raum hatte Fußbodenheizung, die Decke war weich, und ich konnte mich behaglich ausstrecken.
Ich mußte ein wenig eingedöst sein, denn das plötzliche Geräusch des Staubsaugers ließ mich auffahren. Erschrocken und unwillkürlich sprang ich plötzlich auf, stand automatisch in voller Größe auf meinen
Beinen und starrte Frau Berger, die soeben das Zimmer betreten hatte, wortlos und voller Verlegenheit an.
Aber ob auf zwei Beinen oder auf vieren – für Frau Berger machte das offensichtlich nicht den geringsten Unterschied. Sie behandelte mich genau als das, was ich war – als eine Hündin.
„Oh du böser Hund“, schalt sie mich unverzüglich aus, ging zu mir hin und zog meinen Kopf an meinem Halsband so hart und so weit nach unten, bis ich wieder auf allen Vieren stand. „Schäm dich!“ Ich
schämte mich wirklich. Nicht nur dafür, daß ich mich von ihr so erniedrigen ließ, sondern auch für meinen Fehler. Verlegen und demütig senkte ich den Kopf zu Boden. Ich bekam einen leichten, versöhnlichen
Klapps auf meinen Po. „So ist es doch viel besser“, sagte die Frau, „warte nur, wir werden uns schon noch gut verstehen, Bella.“
Ich ahnte dunkel, daß sie Recht hatte, besonders, als sie nun einen Napf mit frischem Wasser vor mich hinstellte. Dankbar soff ich alles bis auf den letzten Tropfen aus, während sie mir dabei zusah. Nur zum
Schwanzwedeln konnte ich mich nicht überwinden – vielleicht verlangte sie es auch gar nicht von mir? Die Heftigkeit, mit der sie unvermittelt einen harten Ton anschlug, belehrte mich jedoch unverzüglich eines
Besseren. „Schwanzwedeln“, befahl sie mir scharf. Ich lief knallrot an und zierte mich ein wenig, bis ich dann widerstrebend, aber ergeben einen meiner kläglichen Versuche zustande brachte.
Frau Berger begann das Wohnzimmer aufzuräumen und zu putzen und ich sah ihr verstohlen dabei zu. Sie arbeitete zügig und gründlich und schenkte mir keine weitere Beachtung bis zu dem Moment, als sie den Boden
saugte und dem Platz näher kam, auf dem ich lag. „Ab in den Garten mit dir“, befahl sie, und ich tappte hinaus. Diesmal fand ich die Terrassentür offen vor. Der Frühstückstisch war abgeräumt, anstelle des
Geschirrs prangte nun ein hässlicher Blumentopf, der meine Augen beleidigte, auf der Tischmitte. Vor einer Woche noch, als Hausherrin, hätte ich ihn unverzüglich durch ein geschmackvolleres Arrangement ersetzt
und außerdem die Haushälterin lächelnd aber bestimmt angewiesen, die Dekoration doch lieber künftig mir zu überlassen. Ich sann erstaunt darüber nach, daß ich in meiner jetzigen Position noch nicht einmal
mehr die Möglichkeit hatte, einen Blumentopf zu entfernen. Ich konnte nur ergeben seufzen und den Blick abwenden.
Es war ein warmer, sonniger Tag, und ich schickte sehnsüchtige Blicke hinüber zur Sonnenliege am anderen Ende der Terrasse. Plötzlich hatte ich den heftigen Wunsch, mit einem Eiskaffee, einer Zeitung und einem
Walkman ein Sonnenbad zu nehmen. Das war natürlich unmöglich,- aber ob ich mich nicht wenigstens auf die Liege legen sollte?
Mein Herr hatte mir menschliche Möbel ausdrücklich verboten, es sei denn, er forderte mich gesondert auf. Ich war mir ziemlich sicher, daß er Frau Berger genau über die Regeln informiert hatte, die mein
hündisches Dasein bestimmten. Und bei aller Freundlichkeit hatte sie eben erst bewiesen, daß sie auch streng sein konnte, wenn ich mich daneben benahm. Ich beschloß, erstmal keine weitere Verfehlung zu riskieren
und legte mich stattdessen auf den Rasen. Die Sonne brannte heftig. Und während ich noch überlegte, daß ich einen Sonnenbrand bekommen würde, sah ich Frau Berger mit einer Tube Sonnencreme in der Hand auf mich
zukommen. Ich war so dankbar, daß ich diesmal freiwillig mit dem Hintern wackelte, um mit meinem Schwanz zu wedeln.
Sie rieb unter leisem, freundlichen Gemurmel meinen ganzen Körper sorgfältig mit der Creme ein,- eine wunderbare, wohltuende Massage, die mich zugleich wieder tropfnaß werden ließ. Peinlich wurde mir mein Geruch
bewußt, der allzu deutlich in der Luft hing und unverkennbar von meiner Geilheit kündete, aber entweder bemerkte sie ihn nicht, oder sie nahm ihn nicht weiter zur Kenntnis.
Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, und ich mußte länger als eine Stunde auf dem Rasen gelegen haben, als ein wunderbarer Duft von Gebratenem aus der Küche zu mir herüberzog. Augenblicklich erinnerte mich
mein Magen durch lautes Knurren daran, daß er heute noch nichts bekommen hatte. Ich richtete mich auf alle Viere auf und trottete zur Küchentür. Auf der Schwelle blieb ich zögernd stehen. Frau Berger warf mir
einen freundlichen Blick zu und sagte: „Jetzt gibt es bald dein Fresschen, Bella. Geschnetzeltes Steak, Gemüse und gestampfte Kartoffeln.“ Hmm, das klang wunderbar, ganz besonders nachdem mein Herr mir heute
morgen Hundefutter zumuten wollte. Ich schenkte ihr freiwillig die Andeutung eines Schwanzwedelns. Und beobachtete Frau Berger, wie sie sorgfältig in der Pfanne rührte, etwas würzte, abschmeckte und wenig später
einen Teller für sich selbst sowie meinen Napf füllte. Sie streute noch einen guten Eßlöffel Weizenkleie über mein Futter. Dann ging sie zum Kühlschrank und holte eine bereits geöffnete Dose heraus. Es war
– das Hundefutter! Sie nahm einen Eßlöffel von dem ekligen Zeug und mengte es meinem Fressen gründlich unter. Dann stellte sie den Napf auf den Boden, setzte sich selbst an den Küchentisch und begann zu essen,
ohne weiter auf mich zu achten. Ich hockte immer noch unschlüssig in der Sitzstellung auf der Türschwelle und konnte mich nicht überwinden, näher zu kommen. Zwar hatte ich mittlerweile wirklich großen Hunger,
aber durch das Hundefutter war das Fressen für mich ungenießbar geworden. Allein bei dem Gedanken an die unappetitliche Masse schüttelte es mich! Jedoch - der köstliche Geruch erfüllte noch immer meine Nase und
ließ mir das Wasser im Mund, besser gesagt, in der Schnauze zusammenlaufen. Vorsichtig kam ich näher und besah mir den Napfinhalt aus der Nähe. Vielleicht, wenn ich mit den Zähnen nur ein Stück Möhre und ein
Stück Fleisch herausziehen würde... aber nein, es war ein gar zu scheußlicher Gedanke! Zudem roch ich jetzt deutlich das Hundefutter, das alle anderen appetitlichen Aromen penetrant überdeckte. Vor Wut und
Enttäuschung kamen mir beinahe die Tränen, und für einen Moment war ich heftig versucht, mich aufzurichten und mich selbst am Kühlschrank zu bedienen. Vielleicht hätte ich es sogar wirklich getan, wenn ich nur
meine Finger hätte benutzen können! Zugeschnürt, wie meine Pfoten waren, würde ich wahrscheinlich noch nicht einmal die Kühlschranktür öffnen können, geschweige denn mich mit dramatischen Gesten von meinem
Schwanz und den anderen Accessoires befreien, die mich zur Hündin machten! So blieb mir denn nichts anderes übrig als lediglich ein klägliches Winseln. Dies fand jedoch wenig Beachtung außer der aufmunternden
Bemerkung: „nun friß schön, Hundi“.
Erst als Frau Berger zuende gegessen hatte, beugte sie sich zu mir herunter. Sie streichelte über meinen Kopf, verstärkte dann den Druck ihrer Hand und drückte meinen Kopf mit sanfter Gewalt hinunter, bis meine
Lippen das beinahe erkaltete Futter berührten. „Besser du gewöhnst dich daran,“ sagte sie in mitfühlendem Ton zu mir. „Dein Herrchen hat beschlossen, deine Ernährung umzustellen. Du wirst von jetzt an
nichts mehr zu fressen bekommen, dem kein Hundefutter beigemischt ist. Und mit jeder Mahlzeit werde ich das Verhältnis ändern. Heute ist es nur ein Löffel auf einen Napf. Morgen werden es zwei Löffel sein,
übermorgen drei. Und binnen einer Woche wirst du nur noch Dosenfutter fressen müssen. Also sträube dich jetzt besser nicht, sondern friß gehorsam.“ Ich schüttelte verstockt den Kopf, was ein Fehler war, da
sie ihn immer noch festhielt und nun noch etwas mehr nach unten drückte, so daß mein Mund jetzt im Futter steckte.
Sie lockerte ihren Griff, mein Kopf schnellte in die Höhe. Auf den Lippen und um die Mundpartie klebte das Futter. „Leck dir die Lippen ab, Bella“, sagte sie, und es klang mehr wie ein gütlicher Vorschlag als
ein Befehl. „Du wirst sehen, es ist gar nicht so schlimm. Ich habe in meinem Leben schon manches Fertiggericht gegessen, das bestimmt viel schlimmer war als das hier“, fügte sie mit einem gespielten Seufzer
hinzu und stemmte die Hände in ihre fülligen Hüften. „Kennst du diese Diätmahlzeiten aus der Dose? Dagegen ist das hier eine Schlemmermahlzeit!“ Unwillkürlich mußte ich lachen, und sie tadelte mich nicht
für meinen ‚menschlichen‘ Ausbruch, sondern stimmte fröhlich und warm in mein Lachen ein. Dann nahm sie mit den Fingern ein Fleischstück aus dem Napf und hielt es mir hin. „Komm, sei ein liebes Hundi“,
lockte sie mich – und nach kurzem Zögern überwand ich mich und fraß es ihr aus der Hand. „Das war brav“, wurde ich unverzüglich gelobt und bekam nun ein Stück Zucchini, dann wieder ein Stück Fleisch. Die
Brocken hatten zwar einen unangenehmen Beigeschmack und rochen nach dem Hundefutter, aber es war bei weitem nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte. Ich sah erwartungsvoll zu ihr auf in der Hoffnung, noch ein
weiteres Stück zu bekommen, aber nun wies Frau Berger auf meinen Napf. „Den Rest kannst du alleine fressen. Und wenn du alles auffrißt, dann bekommst du auch eine Portion Eiscreme, die du schlabbern darfst.“
Das klang zwar verlockend, und ich war nach wie vor hungrig, aber noch immer konnte ich mich nicht überwinden. Stattdessen soff ich den Wassernapf leer und legte mich danach auf den Boden, während Frau Berger
geschäftig in der Küche hantierte.
Nach kurzer Zeit machte sich meine Blase drängend bemerkbar. Ich blickte zur Gartentür – sie war wieder verschlossen. Dennoch trottete ich hinüber und stellte mich in der Hoffnung, Frau Berger würde mich
hinauslassen, schweigend davor. Sie aber ignorierte mich. Hatte sie mich nicht bemerkt oder ignorierte sie mich absichtlich? Ich blieb eine Weile stehen, bis ich mich überwand, mit der rechten Vorderpfote an die
Tür zu kratzen und dabei zu winseln. So hatte mein Herr es mich gelehrt, mich bemerkbar zu machen, wenn ich ‚Gassi‘ gehen mußte, wie er es nannte.
„Na dann lauf“, sagte Frau Berger auch gleich und sperrte mir die Tür auf. Erleichtert registrierte ich, daß sie mir nicht folgte, und so wagte ich es, hinter ein Gebüsch zu kriechen, um mich auch ihren
eventuellen Blicken zu entziehen, falls sie mich durch das Fenster beobachtete. Ich pinkelte hockend auf den Rasen und begann dann meine Runde durch den Garten. Die verblühten Päonien mußten zurückgeschnitten
werden, und der Rittersporn würden bald von Winden überwuchert sein, wenn Christian nicht bald jätete. Der Garten war mein Ressort,- mein Mann (nein, mein Herr, verbesserte ich mich selbst sogleich) konnte ein
Unkraut nicht von einer Rose unterscheiden. Nun, für die nächsten zwei Wochen würde ich mich wohl damit abfinden müssen, daß nichts getan werden würde, dachte ich seufzend.
Der Nachmittag verging allzu langsam. Das Nichtstun ging mir auf die Nerven, und die Zeit zog sich wie Kaugummi dahin. Frau Berger sah ich nur einmal aus der Entfernung, als sie im Garten die Wäsche aufhing. Ich
hätte gerne ein wenig Gesellschaft gehabt, aber ich traute mich nicht, zu ihr hinzugehen und mich bemerkbar zu machen. Endlich schlug die Kirchturmuhr vier Uhr – das war die Zeit, in der Christian nach Hause kam.
Ich kroch durch die Küche in die Diele und legte mich wartend vor die Tür. Kurz danach kam Frau Berger hinzu und lachte. „So ein braver Hund. Wartet auf sein Herrchen!“ rief sie aus und tätschelte mein
Hinterteil.
Nach einer Weile hörte ich die lang ersehnten Schritte meines Herrn. Diesmal kam – zu meiner leisen Verwunderung - das Schwanzwedeln ganz automatisch, so sehr freute ich mich über seine Rückkehr.
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