Viertägiger Staatsbesuch in Mexiko
"Es gibt viele Chancen für Zusammenarbeit"
Mexico City - Militärische Ehren und rund 200
Schulkinder, die österreichische und mexikanische Fähnchen schwenkten:
Bundespräsident Heinz Fischer wurde Montag Vormittag (Ortszeit) im Palacio
Nacional von Mexico City freundlich willkommen geheißen. "Mexiko empfängt sie
mit offenen Armen", sagte Präsident Vicente Fox. Die Staatsoberhäupter
erinnerten daran, dass beiden Ländern eine besondere Funktion bei dem für Mai
kommenden Jahres in Wien geplanten Gipfel "EU-Lateinamerika-Karibik"
zukomme.
Fischer meinte, dass Österreich und Mexiko bei diesem Dialog eine
"Koordinationsrolle" einnehmen würden. "Wir erwarten Impulse aus diesem Teil der
Welt für die Europäische Union", sagte der Bundespräsident und lud Fox
anlässlich des geplanten Gipfels zu einem Gegenbesuch in Wien ein. Mexiko sei
wegen seines enormen Wachstumspotenzials für Österreich und andere europäische
Länder besonders wichtig. "Immer mehr Firmen erkennen die Attraktivität des
mexikanischen Marktes."
Neben dem ökonomischen Aspekt gebe es auch einen regen Austausch im
kulturellen Bereich, meinte Fischer. "Es gibt viele Chancen für die
Zusammenarbeit. Wir werden uns anstrengen, dass diese auch genützt werden. Fox
erinnerte zudem an den Protest Mexikos beim Völkerbund gegen den Anschluss
Österreichs an Nazi-Deutschland im Jahr 1938 sowie an die "Künstler,
Intellektuellen, Wissenschafter und Unternehmer, die in Mexiko 'Zuflucht'
fanden. Sie haben unsere kulturellen und freundschaftlichen Beziehungen
gestärkt."
Weitgehend Einigkeit herrschte zwischen Fox und Fischer auch bei den
Vorstellungen bezüglich einer "demokratischen" Reform der Vereinten Nationen.
"Wir brauchen eine starke UNO, um den Herausforderungen der Zukunft gerecht zu
werden, sagte Fox. Fischer erklärte, die UNO müsse so stark sein, dass sie
entscheiden könne, wo ein militärischer Schlag vorgenommen werden könne und wo
nicht.
Fox von der konservativen Mitte-Rechtspartei PAN (Partei der nationalen
Aktion) hatte als Kandidat einer "Allianz für den Wandel" im Jahr 2000 die 71
Jahre dauernde Herrschaft der Partei der Institutionalisierten Revolution (PRI)
beendet. Für die Präsidenten-Wahlen im Juli 2006 gilt aber der populäre
Bürgermeister von Mexico City, Andres Lopez Obrador, als einer der Favoriten. Er
traf mit Fischer ebenfalls zu einem Handshake zusammen.
Lopez Obrador gehört der PDR (Partei der Demokratischen Revolution) an. Seine
Gegner sehen in ihm einen Linkspopulisten, seine Anhänger halten ihm zu Gute,
dass er die sozialen Probleme des Landes ernst nimmt. Rund 50 Prozent der
Bevölkerung gilt als arm. Die Schere zwischen den armen und den wohlhabenden
Schichten klafft zunehmend auseinander.
Fox und Lopez Obrador waren jüngst in einen Clinch geraten. Fox wollte Lopez
Obrador wegen Missachtung eines Gerichtsurteils - Letzerer hatte gegen eine
Entscheidung der Justiz den Bau einer Straße durchgesetzt - klagen und damit
dessen Immunität aufheben. Politische Gegner sahen darin ein Manöver, um den
Linkspolitiker von den Präsidentenwahlen fernzuhalten. Nach Massenprotesten zog
Fox letztlich zurück. Einer Kandidatur von Lopez Obrador steht nichts mehr im
Wege.
Die Frau des Bundespräsidenten, Margit Fischer, absolvierte mit Marta Sahagun
de Fox unterdessen ein Damenprogramm. Es führte die beiden "First Ladies" unter
anderen zum Templo Mayor, zur Kathedrale und in traditionsreiche "Cafe Tacuba".
Im weiteren Verlauf des Montags eröffnete Fischer die Ausstellung
"Österreichische Zeitgenössische Kunst aus der Sammlung Essl" im Museo de Arte
Moderno in Mexico City. Die Exposition zeigt einen Querschnitt der
Sammlungsbestände und damit die wichtigsten österreichischen und internationalen
Kunstentwicklungen der vergangenen 50 Jahre in der Malerei.
Der Bundespräsident wird von Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat und
Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (beide V) sowie einer
Wirtschaftsdelegation, die rund 30 Unternehmen umfasst, begleitet. Am Dienstag
beginnt ein bilaterales Wirtschaftsforum. Bartenstein strich im Vorfeld hervor,
dass Mexiko nach Brasilien der zweitwichtigste Handelspartner Österreichs in
Lateinamerika ist. ed/ade
Mexiko und Österreich, Teil 2: Auch "Krone Montezumas" noch immer ein
Thema
"Liegt nicht in der Kompetenz des Präsidenten" - Fischer eröffnete
Essl-Ausstellung
Mexico City - Österreich ist im Jubiläumsjahr 2005 durch
einen Kultur-Schwerpunkt in Mexiko präsent. Bei dem Besuch von Bundespräsident
Heinz Fischer am Montag (Ortszeit) bei Staatspräsident Vicente Fox wurde aber
auch ein eher unangenehmes Thema angesprochen. Ob Österreich gewillt sei, den
als "Federkrone Montezumas" bekannten Kopfschmuck aus dem Bestand des
Österreichischen Völkerkundemuseums zurückzugeben, wollte eine mexikanische
Journalistin wissen.
"Das Problem ist uns bewusst", sagte Fischer. Das Anliegen sei verständlich,
doch liege es nicht in der Kompetenz des Präsidenten, diese Frage zu lösen.
Jedenfalls handle es sich um ein Problem, dass nicht allein die "Federkrone
Montezumas" betreffe. Viele Museen in Europa würden über Bestände verfügen, die
einst aus anderen Ländern, etwa aus Übersee, herbeigeschafft wurden.
Mexiko fordert seit Jahren die Rückgabe der vermeintlichen Krone des
Aztekenkönigs. Die Authentizität des mit Quetzalfedern und Goldplättchen
geschmückten "penacho" ist jedoch nicht erwiesen ist. Experten bezweifeln, dass
der 1519 nach Wien gebrachte Kopfschmuck je das Haupt des letzten
Aztekenherrschers Montezuma II. geschmückt hat.
Im Zuge seines Kulturprogramms eröffnete Fischer Montag Abend (Ortszeit) auch
die Ausstellung "Österreichische Zeitgenössische Kunst aus der Sammlung Essl" im
Museo de Arte Moderno in Mexico City. Sie zeigt einen Querschnitt der
Sammlungsbestände und damit die wichtigsten österreichischen und internationalen
Kunstentwicklungen der vergangenen 50 Jahre in der Malerei. "Weil in der
Sammlung Essl Malerei der Zweiten Republik in sehr ausgewogener Weise präsent
ist, kann es nur sehr nützlich sein, sie auch hier in Mexiko zu zeigen",
erklärte Fischer.
In der Stadt Guadalajara (fünf Millionen Einwohner) im Bundesstaat Jalisco
werden derzeit klassische und elektronische Musik, Jazz, DJs, Literatur, Tanz,
Filme, ein Opern-Air-Festival und verschiedene Ausstellungen aus Österreich
präsentiert. Mit dabei sind u.a. das Altenberg Trio, Ernst Ottensamer
(Soloklarinettist der Wiener Philharmoniker) oder Attwenger, die Sofa Surfers,
die Architektengruppe Coop Himmelblau oder die Regisseure Ulrich Seidl und
Michael Haneke. Der Dichter Manfred Chobot sowie eine Präsentation von Elias
Canetti stehen für den literarischen Teil der Österreich-Vorstellung.
Fischer hatte zwar keine Zeit nach Guadalajara zu fahren, doch wurde er in
der "Casa Jalisco" in der Hauptstadt Mexiko City von Gouverneur Francisco
Ramirez Acuna bewirtet. Für die musikalische Untermalung sorgte stilgerecht eine
Mariachi-Band. (Schluss) ed/za
Quelle: APA
Mexiko und Österreich, Teil 3: Heinz Fischer sieht keinen Imageverlust der EU in
Lateinamerika
"Unheimliches Ansehen" - "Der EU ähnliche strukturierte Zusammenarbeit
angestrebt"
Mexico City - Bundespräsident Heinz Fischer sieht trotz
der negativen Haltung der Franzosen zur EU-Verfassung und ähnlicher
Umfrage-Ergebnis in den Niederlanden oder Österreich keinen Verlust des Ansehens
der Europäischen Union in Lateinamerika. "Ich kann von keinem Imageverlust
sprechen, weil die EU hier ein unheimlich hohes Ansehen hat", sagte Fischer am
Dienstag anlässlich seines Staatsbesuches in Mexiko.
Der mexikanische Präsident Vicente Fox habe ihm gegenüber betont, dass es
"unglaublich erstrebenswert" wäre, wenn auch in Lateinamerika "so etwas wie die
EU" aufgebaut werden könnte, erzählte Fischer. Leider gebe es jedoch historische
und andere Gegebenheiten, die das nicht so einfach machten. "Die diesbezüglichen
Bemühungen sind sehr erschwert."
Dennoch habe Fox erklärt, dass eine der EU ähnliche strukturierte
Zusammenarbeit am lateinamerikanischen Kontinent erstrebenswert erscheine. Über
die EU selbst und die Folgen des "Nein" beim Referendum in Frankreich herrsche
in Lateinamerika und Mexiko noch ein Informationsbedarf, meinte Fischer.
Allerdings sei ja auch in den EU-Ländern selbst und damit auch in Österreich der
Diskussionsprozess nicht abgeschlossen.
Der Bundespräsident besuchte am Dienstag als "Tourismusprogramm" die
Pyramiden von Teotihuacan. Anschließend nahm er an einem bilateralen
Wirtschaftsforum in Mexico City teil. Am Nachmittag (Ortszeit) reiste er nach
Morelia im Bundesstaat Michoacan weiter. Für Mittwoch waren zum Abschluss des
Staatsbesuchs Firmenbesuche bei der VA-Tech (Morelia) und der Firma Alpla in
Toluca geplant. Der Gebindeproduzent Alpla versorgt in Mexiko unter anderem Coca
Cola. ed/mp
Quelle: APA
Mexiko und Österreich, Teil 4: Heinz Fischer in Atlacomulco: Festakt zur Erinnerung an Isidro
Fabela
Bundespräsident legte an Denkmal Blumengebinde nieder - Erinnerung an
Mexikos Protest gegen Anschluss 1938
Atlacomulco - Es war ein großer Bahnhof, der
Bundespräsident Heinz Fischer am Dienstag (Ortszeit) in der kleinen Stadt
Atlacomulco im Bundesstaat Mexico bereitet wurde. Mit Fähnchen winkende Kinder
in Schuluniform und Volksweisen aufspielende Mariachis bildeten das Spalier zum
Denkmal von Isidro Fabela. Dort legte Fischer gemeinsam mit Gouverneur Arturo
Montiel Rojas ein Blumengebinde nieder. Fabela hatte 1938 im Namen der
mexikanischen Regierung gegen den Anschluss Österreichs an Hitler-Deutschland
protestiert.
Als Zeichen der Freundschaft zwischen Österreich und Mexico ließen Mädchen
zwei weiße Tauben frei. Ein Straßenschild mit der Aufschrift "22. Isidro
Fabela-Promenade" erinnerte daran, dass am 20. Mai in Wien eine Promenade nach
dem mexikanischen Politiker und Diplomaten benannt wurde. Die Promenade führt im
Bereich der Donau-City vom Platz der Vereinten Nationen in Richtung
Donauinsel.
Fabela wurde 1882 geboren. Als Professor für Rechtswissenschaft und
Geschichte wurde er Botschafter seiner Heimat unter anderem in Frankreich,
Großbritannien, Italien und Deutschland. Seine entscheidende Rolle spielte
Fabela aber in seiner Funktion als Mexikos Ständiger Vertreter beim Völkerbund
von 1937 bis 1940.
Mexiko protestierte unter Staatspräsident Lazaro Cardenas (1934-40) in einer
offiziellen Resolution gegen die Annexion Österreichs durch Nazi-Deutschland
1938, die von Fabela am 19. März dem damaligen Generalsekretär des Völkerbundes,
Josephus Avenol, übergeben wurde. Fabela galt als Kenner des "Roten Wiens" der
1920er Jahre, dessen Sozial- und Bildungspolitik er für seine Heimat als
vorbildlich pries.
Im Jahr 1938, in dem Fabela die Protestnote verfasste, wurde er Richter am
Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Als Richter war er tätig bis zu seinem
Tode in Mexiko-Stadt im Jahr 1964. (Schluss) ed/za
Quelle: APA
Mexiko und Österreich, Teil 5: Heinz Fischer beendet Besuch mit Firmenbesuchen
Bundespräsident bei Werken von VA Tech und Alpla
Mexico City - Bundespräsident Heinz Fischer hat Mittwoch
Abend (Ortszeit) seinen Staatsbesuch in Mexiko beendet, in dessen Rahmen er
unter anderen mit Präsident Vicente Fox und dem Bürgermeister von Mexico City,
Andres Manuel Lopez Obrador, zusammengetroffen war. Am letzten Tag der
viertägigen Reise besuchte der Bundespräsident die mexikanischen Werke der
österreichischen Unternehmen VA Tech (Morelia) und Alpla (Toluca).
Der weltweit operierende Technologie-Konzern VA Tech ist in Mexiko
Marktführer beim Service und der Modernisierung hydrotechnischer Anlagen, Zentralamerika sowie die Karibik und fertigt zudem Kernkomponente für
Turbinenlaufräder. In Mexiko sind bei der VA Tech 152 Personen beschäftigt. Der
Jahresumsatz beträgt 15 Mio. US-Dollar.
Die an sich in Voralberg ansässige Firma Alpla betreibt in Toluca mit Imer
(Industria mexicana de reciclaje) ein führendes Werk zum Recycling von
Plastikgebinden. Ein Hauptpartner ist Coca Cola.
Der Vizepräsident der Wirtschaftskammer, Richard Schenz, betonte zum
Abschluss die Ähnlichkeiten zwischen Mexiko und Österreich. Österreich habe eine
Brückenfunktion zu Südosteuropa, Mexiko sei bezüglich Nord- und Südamerika in
einer ähnlichen Situation.
Für österreichische Firmen bietet sich damit neben den neuen Geschäftschancen
im NAFTA-Land (Nordamerikanische Freihandelszone) Mexiko selbst möglicherweise
auch ein leichterer Zugang zum amerikanischen Markt. Mexiko exportiert 90
Prozent seiner Güter in die USA. Rund zwei Drittel davon stammen aber ohnehin
von US-Firmen, die in Mexiko produzieren lassen. (Schluss)
ed/za
Quelle: APA
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